Die Galamus-Schlucht – oder das große Zittern!
Ein Wohnwagen sollte einem besser nicht entgegenkommen, wenn man sich mit dem PKW durch die Galamus-Schlucht wagt – eine der atemberaubendsten Schluchten Frankreichs!
Die überaus kurven- und felsenreiche Passage, die ein spanischer Bauunternehmer, namens Ventura, gemeinsam mit seinen fünf Arbeitern gebaut hat (mit Spitzhacke und Schaufel und reichlich Dynamit), erstreckt sich zwar “nur” über zwei Kilometer, ist aber nichts für empfindliche Mägen oder schwache Nerven. Zwar gibt es einige Ausweichbuchten, wenden oder zurückfahren ist jedoch nicht möglich.
Eine Passage lohnt sich dennoch, egal in welche Richtung, und am besten natürlich zu Fuß – wie einst die Katharer! Die Galamusschlucht liegt nämlich in der Nähe ihrer Fluchtburgen und damit im Herzen der Corbières, einer der schönsten und geheimnisvollsten Gegenden Südfrankreichs (Departements Aude und Pyrénées Orientales).
Die gesamte Region rings um die Galamus-Schlucht ist heute ein Naturpark.
Wer sich virtuell auf den Weg durch die Galamus-Schlucht machen möchte – der kleine you-Tube-Film meines Freundes Michael Meurer (dankeschön!) macht es möglich.
Voila …
//www.youtube.com/watch?v=VG0GrYIvHbE
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Wie entstand eigentlich diese Schlucht? Schuld daran trägt der Agly, ein wilder Fluss, der – vom Pic Bugarach herkommend – tiefe Auswaschungen in den oft schneeweißen Stein gegraben hat. Heute fließt er am Grund der Schlucht und kann mit dem Kanu befahren werden, wenn man waghalsig genug für diesen Sport ist.
Bekannt ist die Galamus-Schlucht aber nicht nur aufgrund gelegentlichen Zitterns und Zagens bei der Durchfahrt – die Besorgnis, ein Wohnwagen könnte einem begegnen, ist tatsächlich nicht unbegründet, aber es ging alles gut aus! -:
Es gibt dort noch eine weitere Sehenswürdigkeit:
EIN HEIDNISCHES RÄTSEL
in der Höhlenkapelle der altehrwürdigen Eremitage von Saint-Antoine (7. Jahrhundert):
Die Eremitage wird von Pilgern vor allem am Ostermontag aufgesucht. Die Legende besagt, ein Troubadour namens Jehan Cantalauze, sei der erste Eremit gewesen. Man rief ihn auch Gadamus – was “lasst uns freuen” bedeutet.
Aus Gadamus wurde irgendwann Galamus …
Weitere Eremiten folgten seinem Beispiel und zogen sich bis an ihr Lebensende in diese Einsiedelei zurück.
Nachfolgend einige Aufnahmen aus dem Inneren des Heiligtums, die mir Freunde zur Verfügung gestellt haben:
Die Grotte Saint-Madeleine – ist sie ein vorchristliches Brunnenheiligtum? Vieles spricht dafür.
In dieser Grotte steht eine wirklich außergewöhnliche Maria Magdalena mit hoher Symbolkraft, denn sie sieht mit verbundenen Augen in den Spiegel … (Die römisch-katholische Männerkirche hat Maria Magdalena jahrhundertelang als Hure verunglimpft – doch vielleicht hatte sie nur die Kraft, mit dem Herzen zu sehen.)
Wo sich ein altes Brunnenheiligtum mit dem Magdalenenkult verbindet – ist eine Schwarze Madonna (Romanische Sitzmadonna) nicht weit! Im Gegensatz zur Muttergottes, die hinter oder über ihr steht (Maria trägt vorschriftsmäßig weiß und marienblau!) ist die Romanische Madonna in ein (heute verbotenes!) rotes Gewand gekleidet – eine Hommage an die Göttinnen der Vorzeit?
Und nun zum heidnischen Rätsel – dem sog. “Magischen Quadrat”: SATOR-AREPO-TENET-OPERA-ROTAS – Wörter, die sowohl horizontal als auch vertikal, vorwärts und rückwärts gelesen werden können. Man nennt es ein “vierfaches Palindrom”. Dieses Quadrat, das man bereits in Pompeii fand, soll magische Eigenschaften besitzen und vor Seuchen und Unheil schützen.
Unwillkürlich fragt man sich dennoch, was das Quadrat ausgerechnet in einer katholischen Kapelle zu suchen hat.
Sator soll Sämann bedeuten … Auch Jesus wird als Sämann bezeichnet. Ist es die Abbildung seines Hauptes, die über dem Rätsel wacht? Schmückt man deshalb diesen Ort noch heute täglich mit frischen Blumen?
Vielleicht hätte der alte Eremit Saint-Antoine mehr darüber gewusst, doch der schweigt für immer – hier liegt er begraben:
Ein letztes Landschaftsfoto, ganz in der Nähe aufgenommen: Im Hintergrund ragt der markante Wohnbergfried der Burg Queribus in den Himmel. Diese Burg war eine der letzten Zufluchtsstätten der Katharer. Im Jahr 1020 zum ersten Mal erwähnt, wurde dass Bollwerk gegen Ende des 13. Jahrhunderts – zusammen mit den Burgen Peyrepertuse, Puilaurens, Aguilar und Termes – zu einer der sog. Fünf Söhne von Carcassonne (königliche Festungen, die die Grenze zwischen Frankreich und Spanien schützen sollten).
Die Burg ist für Besichtigungen geöffnet; der Aufstieg über Trampelpfad und steile Treppe ist bei starkem Wind jedoch nicht ungefährlich.
(Fotos HLK – sowie Michael Meurer, Olaf Jacobskötter und Jürg Caluori – mit bestem Dank für die Zurverfügungstellung!)
Viel Spaß bei der Zitterpartie durch die Galamus-Schlucht!
Helene L. Köppel
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