WELTUNTERGANG am 21. Dezember?

Oder: DER GEHEIMNISVOLLE BERG BUGARACH

Wenn man den alten Maya-Kalender so interpretiert, wie das einige Leute tun, wird es (Anfang Dezember 2012) wohl langsam Zeit, den Weinkeller zu entstauben. Muss ja nicht gleich ein “Château Mouton Bestlage” sein, mit dem man sich über die letzte Stunde hinwegrettet, ein guter, bodenständiger Landwein tut’ s zur Not auch.

Ich selbst glaub natürlich nicht dran – an den Weltuntergang, meine ich. Iwo!

On va voir sagt der Franzose, man wird sehen! Faszinierend finde ich allerdings, dass gerade jener Berg von der Apokalypse verschont bleiben soll, der es mir seit langem angetan hat. Nein, ich meine jetzt nicht den Montségur – der von seiner Bedeutung her tatsächlich mit einer “Bestlage” verglichen werden kann -, ich meine den eher “bodenständigen” BUGARACH.

Aber ist er das wirklich? Bodenständig? On va voir …

(Foto HLK 2008, Bugarach + Wolken-Ufo)

Der Pic de Bugarach liegt In Südwestfrankreich, Departement Aude, Region Languedoc-Roussillon, genauer – im Bergland der wunderschönen Corbières. Mit seinen 1230 m ist er die höchste Erhebung dieses Landstrichs. Und – er hat tausend Gesichter! (s. nächstes Foto)

(Foto HLK Bugarach, 2009)

Stichtag “Weltuntergang”

Die am Fuß des Berges liegende gleichnamige Ortschaft Bugarach hat ungefähr 200 Einwohner. Und diese sind derzeit (Stand Dez. 2012) – verständlicherweise – not amused!
Sie rechnen – Zeitungsberichten zufolge – mit Zigtausenden Endzeitjüngern und Neugierigen, die dort pünktlich zum Stichtag “Weltuntergang” einfallen werden. Alle Zimmer sind ausgebucht und rund um den Berg haben die Sicherheitskräfte weiträumige Sperrungen angekündigt.

Also nicht traurig sein, liebe Leserin, lieber Leser, wenn Sie kein Zimmer mehr bekommen – ab in den häuslichen Weinkeller, Sie wissen schon … :-), dann noch ein spannendes Buch, und es kann doch eigentlich nichts schiefgehen, oder?

Dennoch stellt sich die Frage, was treibt all diese Leute an, die gerade ihre Koffer und Rucksäcke zu packen? Die Angst? Der Herdentrieb? Die Gaudi? Die Hoffnung auf Erlösung? Auf ein besseres Leben in einer anderen Dimension? Ritterromantik? Teufel, Tod und Drachen?

Berg auf Berg ab
Berg auf und Berg ab und Tal aus und Tal ein,
Es reiten die Ritter. Ta! Ta!
Und bläuen sich Beulen und hacken sich klein.
Es fliegen die Splitter. Ta! Ta!
Ein Ritter, auf seiner Prinzessin Geheiß,
Beut Drachen und Teufeln den Krieg.
Dara ta!
Wir schonen das Blut und wir sparen den Schweiß,
Gewinne auf ander und andere Weis
Im Feld und der Liebe den Sieg.
Dara ta!

Johann Wolfgang von Goethe

Ta Ta! Dara ta!

Aber was hat der BUGARACH damit zu tun? 

Die Geschichten, die sich um diesen Berg ranken, sind wirklich SEHR ALT –  und mehr als “abgehoben”. Da fliegen in der Tat die Splitter! 🙂 🙂 🙂

Stairway to heaven Es heißt, der markante Bugarach mit seinen steilen Flanken ähnele vom Aussehen her dem biblischen Berg Sinai, auf dem Gott zu Moses hinabstieg, um den Menschen seine Gebote zu überreichen. Allerdings ist die genaue Lage des biblischen Sinai-Berges gar nicht bekannt. Dennoch: Zumindest ähnelt der Berg, den man heute für den Sinai-Berg hält, stark dem Bugarach.

Ufo-Station … Auf dem BUGARACH soll sich ein Stützpunkt außerirdischer Mächte befinden. Werden die Aliens tatsächlich rechtzeitig am 21. Dezember eintreffen, um ihre gläubigen Jünger vor dem Weltuntergang zu retten? Es soll in der Vergangenheit zahlreiche Ufo-Sichtungen gegeben haben – ich selbst kann mit dem unwiderlegbaren Beweis aufwarten, dass sie ihre Raumschiffe überaus raffiniert hinter Wolken verstecken – s. mein Foto von 2009, ein Schnappschuss, der mir von Rennes-le-Château aus gelang. 🙂 🙂 🙂

Tor in eine andere Dimension?  Sprung im Raum-Zeit-Gefüge? Feen und Wichte? Karneval der Müller? Magische Hutmacher?

Zahlreiche Legenden um den Bugarach berichten auch von Feen und äußerst tüchtigen Zwergen – worunter auch die Wichte Bug und Arach zählen, die man in dieser Gegend verehrt haben soll.  Dann gibt es noch die Story von den 13 (!) ehemaligen Tempelrittern, die angeblich auf dem Bugarach spurlos verschwanden … vermutlich in eine andere Dimension – mit dem Gral im Reisegepäck!

L’Affaire de Bettex:  Angeblich spurlos verschwunden ist bis heute ein Schweizer namens Bettex, der Ende des 20. Jahrhunderts in den Ruinen des alten Châteaus von Bugarach eine Inschrift entdeckte. Der Mann nahm Verbindung zu dem berühmten Katharerforscher Deodat Roché auf und machte sich anschließend, im verzweigten Höhlensystem des Bugarachs, auf die Suche nach der verschollenen Bundeslade.

Überliefert sind auch sonderbare Karnevalsbräuche – Los Fecos genannt –, die von den Müllern der Gegend ausgingen und den Hutmachern von Bugarach  – die auf schwarze Melonenhüte spezialisiert waren. Die Müller und Hutmacher galten als die Hüter einer sehr alten Tradition. Noch heute wird der Fasching drei ganze Monate lang gefeiert. Die alten Rituale wurden jedoch von der Kirche verboten.

Die Sache mit dem Karneval hat mich immer interessiert, doch über die Gründe des Verbots hüllt man sich vor Ort in Schweigen. Bei Emmanuel Le Roy Ladurie wurde ich schließlich fündig. In seinem Buch Karneval in Romans heißt es unter dem Stichwort “Limoux” (dieser Ort liegt ganz in der Nähe vom Buchgarach):

 

“Vom 16. bis 20. Jh. hat der Karneval des Languedoc (Montpellier, Limoux), ganz wie der römische, in völligem Einklang mit dem damaligen Katholizismus, die unglücklichen Juden oder Marranen der Gegend verspottet .

 

Logisch, dass da keiner drüber reden will.

(Fotos HLK, Limoux)

Natürlich darf auch Jules Vernes in dieser kuriosen Aufzählung nicht vergessen werden: Der berühmte französische Schriftsteller (1828-1905) gab dem Protagonisten seines 1896 erschienenen Romans “Clovis Dardentor” den Namen “Käpt`n Bugarach”.

Aber nun zu den FAKTEN
– und die haben tatsächlich mit dem Mittelalter (s. Goethe) und hier vor allem mit den KATHARERN zu tun!

BUGARACH und der Sentier Cathar: Einer der berühmten Katharer-Wege führte am Bugarach vorbei. Noch Ende des 13. Jahrhunderts, also lange nach dem Albigenserkreuzzug, gab es in dieser einsamen Gegend Katharer.

BUGARACH – Bougres: Bougres war einer der Schimpfnamen für die Katharer. (Die Katharer in Südfrankreich haben sich 1176 glaubensmäßig an die bulgarischen Bogomilen (Bougres) angeschlossen, s. auch meine Ausführungen unter Katharer.

BUGARACH – Nid d`Aigle: Die Katharer nannten den Bugarach Nid d`Aigle – Adlernest. Bis heute unvergessen ist der freche Ausspruch des berühmt-berüchtigten Katharer-Perfekten Pierre Authié: Der Leib Christi müsse längst von den (katholischen) Priestern aufgegessen sein – und wäre er so hoch wie der Nid d`Aigle!”

BUGARACH und der Montségur: Nach einer unbestätigten Quelle soll der Montségur (der heilige Berg der Katharer) auf den BUGARACH ausgerichtet gewesen sein; d.h. am Tag der Sommersonnenwende hätte – vom Montségur aus gesehen – das erste Sonnenlicht den Gipfel des Bugarach gestreift, bevor es in eine bestimmte Schießscharte des Donjons auf dem Montségur fiel.

(Foto HLK, Montségur)

BUGARACH und Saint-Polycarpe: Im 9. Jh gehörte der Ort Bugarach zur nahegelegenen Abtei Saint-Polycarpe. Hier soll es ein altes Oppidum aus vorrömischer Zeit gegeben haben. Ein römisches Aquädukt existiert noch heute. (s. nächstes Foto)

(Foto HLK, 2008) Saint-Polycarpe und das römische Aquädukt)

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