Das keltische Oppidum Ensérune, die Via Domitia – und der Kanaltunnel von Malpas

Das alte Oppidum Ensérune – seine Geschichte und die Geschichte seiner Wiederentdeckung

Inmitten einer brettflachen Umgebung liegt auf einem langgestreckten und mit Zypressen reich bestückten Hügel das ehemalige Oppidum Ensérune – das im Altertum einige Bedeutung besaß.
Heute ist der Ort, westlich von Béziers gelegen – eine Art Freilandmuseum – eine historische Sehenswürdigkeit, denn Ensérune gilt als typisches Beispiel für die in der Eisenzeit begehrten Siedlungsstätten.

Von hier oben, auf 120 Meter Höhe, hatten die Kelten, die Ensérune ursprünglich besiedelten, einen ausgezeichneten Panoramablick über das umliegende Land. Ensérune beherrschte die Landenge zwischen dem Etang de Vendres und dem Etang von Capestang, lag also an einer wichtigen Verkehrsachse, auf der schon in grauer Zeit zahlreiche Völkerwanderungen stattfanden. So zogen hier auch die Volksstämme der sog. “Urnenfelderkulturen” vorüber. Später die Iberer und Kelten.

Kleiner Rundgang durch die Archäologische Stätte

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Herkules, Hannibal – und dann die Römer

Der Legende nach soll die ursprüngliche Straße, die an Ensérune vorbeiführt, der antike Weg gewesen sein, den Herkules bei seiner 10. Arbeit benutzte, als er das Vieh von Geryon aus Erytheia (Cadiz, Spanien) holte und zurück nach Mykene (Peloponnes, Griechenland) brachte.

Während des Zweiten Punischen Krieges*, um das Jahr 218 v. Chr., marschierte hier Hannibal vorüber, auf dem Weg über die Pyrenäen nach Italien. In seiner Begleitung fünfzigtausend Soldaten, neuntausend Reiter und siebenunddreißig Schlachtelefanten.

* Der Zweite Punische Krieg wurde von 218 v. Chr. bis 202 v. Chr. zwischen den Römern und den Karthagern (lateinisch Punier) ausgetragen.

Die “Via Domitia” – die erste Römerstraße in Gallien

Hundert Jahre nach Hannibal erschien der römische Prokonsul Domitius Ahenobarbus auf der Bildfläche, der Narbonne gründete.
Domitius baute die vorhandene alte Straße aus, die später seinen Namen erhielt: “Via Domitia”.
Danach war hier der Teufel los: Ob Eroberer, Händler oder Menschen auf der Flucht, alle nutzten diese Straße: Westgoten, Sarazenen, Franken und etappenweise auch Santiago-Pilger.
(Karte rechts: Wikipedia)

Irgendwann wurde Ensérune aufgegeben. Vermutlich nach und nach. Der Grund dafür ist nicht bekannt.
Um das Jahr 1248, also im Hochmittelalter, wurde schließlich auch der riesige Teich aufgegeben, der unterhalb des Hügels inmitten von Feldern und Weingärten lag. Das Areal, das heute ausschaut wie ein überdimensionaler Strahlenstern, senkt sich auffällig zur Mitte ab, was an den Abzugsgräben liegt, deren Wasser ein unterirdischer Kanal zum einstigen Etang von Capestang leitet. (Foto unten)

Ensérune – die Wiederentdeckung der verschwundenen Stadt im Jahr 1915


Dass Ensérune – ein Hügel mit nur 750 Meter Länge und 150 Meter Breite – eine alte Geschichte hat und ein “Vorposten Galliens” war, beweist auch der Reichtum der vielen ausgegrabenen Funde: Grabbeigaben aus der Eisenzeit, Eisenschwerter und andere Waffen, attische Vasen, römische Amphoren, medizinische Instrumente, Bronzestatuetten und -schmuck, Münzen
Gegraben wurde hier ab dem Jahr 1915, und zwar auf Veranlassung des damaligen Grundeigentümers, der eigentlich nach seltenen Pflanzen suchte – und plötzlich im Dickicht eine unter den Sedimenten verborgene Stadt entdeckte, die in ihrer Blütezeit acht- bis zehntausend Einwohner beherbergte.
(Foto links unten, das kleine Museum)

Ensérune und seine Vorratshaltung


Die ersten Menschen, die auf Ensérune siedelten, hausten wohl verstreut in einfachen Hütten. Erst in der zweiten Besiedlungszeit, die bis 220 v. Chr. dauerte, entstand eine richtige Siedlung mit engen Gassen und schlichten Steinhäusern – darunter aber auch Bauten nach griechisch-römischem Vorbild mit Säulengalerien. Ringsum zog sich ein Zyklopenmauerwerk. An den Hängen hat man Terrassengärten angelegt.
Doch je mehr Menschen sich hier niederließen, umso wichtiger wurde die Bevorratung. Auf dem markierten Rundweg durch die archäologische Stätte kann man noch die alten Silos für das Getreide sehen, zur Hälfte in den Boden eingegraben. Aufgrund der problematischen Wasserversorgung auf dem Hügel hatte man ein ganzes System an Zisternen angelegt. Über 40 Regenspeicher wurden bislang entdeckt, der größte 5 Meter tief.

Der Kanal-Tunnel von Malpas

Für den Fall, dass es auch Sie irgendwann nach Ensèrune verschlägt:

Grüßen Sie bitte den netten Esel von mir 🙂 – und besuchen Sie auch den in der Nähe gelegenen Kanaltunnel von Malpas am Canal-du-Midi!
Der Tunnel – eine der Meisterleistungen von Riquet* – führt unter dem Hügel von Ensérune hindurch. Er gilt als der erste gebaute Kanaltunnel weltweit.

* Pierre-Paul Riquet (1609-1680) war der Erbauer des 240 km langen Canal-du-Midi, der die Stadt Toulouse mit dem Mittelmeer verbindet.

Ahoi, und Danke für Ihre Begleitung!

Rennes-les-Bains (Aude) – die Römer und der merkwürdige Abbè Boudet

“Wie im Einschnitt einer unreifen Frucht lag das langgezogene, etwas düstere Rennes-les-Bains unter ihnen, als sie nach einer guten Stunde Fahrt dort ankamen …”

(Aus “Talmi” v. H. L. Köppel, S. 307 ff)

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Romanschauplatz Rennes-les-Bains

Rennes-les-Bains liegt im Aude-Gebiet, im Tal des Flusses Sals, 48 km südlich von Carcassonne und 20 km von Limoux entfernt. Der malerische Ort, keltisch-römischen Ursprungs, lag im Mittelalter im Herzen des Katharerlandes. Er ist berühmt geworden als “Badeort der Römer”*, aber auch als “Schwesterstadt” des 3 km entfernten Bergnestes Rennes-le-Château – und nicht zuletzt aufgrund des rätselhaften Buches seines früheren Pfarrers Henri Boudet (1837-1915): “Die wahre Sprache der Kelten und der Kromleck von Rennes-les-Bains”. Ein Buch, das nach seiner Veröffentlichung im Jahr 1886 von der Fachwelt als “unseriöse und urkomische Schrift” bezeichnet wurde. Zwischen den Zeilen jedoch blitzt das “Geheimnis einer lokalen Geschichte” auf.
Ich selbst kenne Rennes-les-Bains seit mehr als zwanzig Jahren. Der Ort ist zum Schauplatz in meinem Historischen Roman “Marie – die Erbin des Grals”** geworden und fand auch Eingang in meinen Thriller “Talmi”.

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* Im Jahr 121 v. Chr. besetzten die Römer dieses Gebiet, das den Namen “Gallia Togata” oder “Gallia Narbonnensis” erhielt.
** Die Geschichte der Marie Denarnaud, Haushälterin und Geliebte des benachbarten Priesters von Rennes-le-Château; Einfluss von Boudet auf Saunière etc.

Rennes-les-Bains und die Region “Rhedesium”

Die Region des sogenannten “Rhedesiums” (später Razès genannt) ist sehr alt: Iberer, Kelten, Griechen, Römer, Westgoten und Karolinger haben hier ihre Spuren hinterlassen.
Der Name “Rennes” wurde sowohl von Rennes-le-Château als auch von Rennes-les-Bains übernommen, um an den Aufenthalt einer Königin (fr: reine) zu erinnern. Um welche es sich gehandelt hat, weiß man nicht mehr: Zur Auswahl stehen Blanche de Castile und Blanche de Bourbon, die unglückliche Frau von Peter dem Grausamen. Vermutlich war es letztere, die auf ihrem Weg nach Puilaurens, zu ihrer Hochzeit, hier noch einmal badete.
Bis zum 18. Jahrhundert war Rennes-les-Bains unter dem Namen “Les Bains de Monferan” (Die Bäder von Monferan/Montferrand) bekannt. Montferrand ist ein Dorf auf einem Hügel im Nordwesten. Ausgrabungen haben dort eine gallorömische Fundstätte ans Tageslicht gebracht. Doch Rennes-les-Bains hat Montferrand den Rang abgelaufen. (Antike Dokumente beziehen sich aber immer auf Monferan/Montferrand.)

Der Kopf der keltischen Quellgöttin Damona?

Ein besonderes Überbleibsel vermutlich aus Keltischer Zeit befand sich noch im Jahr 1992 (oder 1972?) an der Ostwand des Pfarrhauses. Abbé Boudet hat den Kopf dort anbringen lassen, nachdem er ihn östlich von Rennes-les-Bains entdeckt, wohl mit der Spitzhacke vom Sockel geschlagen und mitgenommen hatte. Der Fundort, ein uraltes Quellheiligtum, war unter dem Namen “Pla de las Brugos” bekannt: “Hexenplatz”. Hier wurde früher vielleicht die keltische Göttin Damona verehrt. Die Ähnlichkeit (Frisur) mit Abbildungen dieser Göttin ist frappant.
Dass Boudet den steinernen Kopf kurzerhand in “Tête de l’homme” umbenannte – “Kopf eines Mannes” – sollte Jahrzehnte später den Gerüchtetopf in halb Europa zum Aufwallen bringen: Die einen mutmaßten, es handle sich um die Abbildung von Jesus Christus, der hier irgendwo begraben sei, andere sahen in ihm den Kopf des Merowingerkönigs Dagobert II.

Für einige Zeit befand sich der halbverwitterte Kopf noch – neben vielen Fundstücken aus der Römerzeit – im örtlichen Museum. Doch dieses existiert heute leider nicht mehr. Schade eigentlich!

Rennes-les-Bains und die Römer

Unzählige Münzen und archäologische Funde, darunter auch antikes Glas, beweisen, dass das Heilbad Rennes-les-Bains bei der römischen Kolonie COLONIA NARBO MARTIUS** äußerst beliebt war. Ein ehemaliger Priester (Antoine Delmas) hat im Jahr 1709 einen Bericht über Rennes-les-Bains verfast, in dem er die Ruinen der römischen Thermalbäder beschreibt (heute verschwunden) und auch auf die Funde näher eingeht. Er berichtet von Münzen aus Gold, Silber und Bronze, u.a. von Domitianus, Justitian, Gordianus, Tiberius, Julius Caesar, Claudius, Gratianus etc. Auch Statuetten von römischen Kaisern und den Göttern Jupiter und Mercurius wurden gefunden, sowie römische Lampen, Mosaikböden, alte Instrumente, gallo-römische Amphoren und Fragmente von Statuen. Ein weiterer Pfarrer und Archäologe, der Rennes-les-Bains in dieser Zeit besuchte, berichtete über mehr als 400 Gold- und Silbermünzen aus der Römerzeit, die er in der Gegend gefunden haben will. Es wurde hier also schon früher fleißig gesucht und gegraben. Sogar ganz offiziell: So erhielt ein gewisser Henri-Paul Elie im Jahr 1857 die Silbermedaille der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (Toulouse) für seine Entdeckungen in Rennes-les-Bains: Zwei Räder und diverse Fragmente eines bronzenen Streitwagens, die auf dem Gebiet der Gemeinde entdeckt wurden.
Mit seinen neun Quellen und unterschiedlichen Wassertemperaturen lag Rennes-les-Bains in einer der ersten Provinzen, die überhaupt von den Römern besetzt wurden. Das Teilstück einer ihrer Straßen ist noch auffindbar. Von Montferrand aus führt der Weg, der mit großen Quaderpflastern belegt ist, rechts in den Wald. Vermutlich handelt es sich um einen Abschnitt einer einst großen Straße, die Carcassonne mit der katalanischen Küste verband und über den Col Saint Louis, wie der Passübergang heute heißt, führte.

** – ein Gebiet, das dem heutigen Languedoc und der Provence entspricht.

Die römischen Bauwerke in Rennes-les-Bains (ohne Gewähr!)

“Der Pfarrer Boudet hütet ein Geheimnis,
das die größten Umstürze verursachen könnte!”

Das Tor des Geldes, das Tor des Goldes und das Tor der Myrrhe” – Zugänge zu einem unterirdischen Heiligtum?

Bereits antike Autoren wie Strabo, Prokopios von Caesarea oder Pomponius Mela (der in der Nähe des Bugarachs eine alte Goldmine verortete) zeigten ein auffälliges Interesse an der Umgebung der beiden Rennes. Und fast immer ging es um Gold und wertvolle Schätze. Oder um ein Geheimnis. Der Autor Labouisse-Rochefort (1778-1852) schreibt z.B. in seinem Buch Voyage à Rennes-les-Bains (Reise nach Rennes-les-Bains) von einem vom Teufel bewachten Schatz in der Nähe des Château de Blanchefort*. (Ruine Blanchefort s. Foto oben). Und folgt man einer alten örtlichen Legende, so geht es um drei Tore: Das Tor des Geldes, das Tor des Goldes und das Tor der Myrrhe, drei geheime Zugänge zu einem unterirdischen Heiligtum.
Gefunden hat sie bislang niemand.

Es war aber Abbè Henri Boudet (1837-1915), der wohl berühmteste Priester von Rennes-les-Bains, der – gemeinsam mit seinem Kollegen Bérenger Saunière – die Schatzsuche kräftig anheizte. Dass bereits ein Zeitgenosse, der Priester R. P. Vannier, über ihn sagte: “Der Pfarrer Boudet hütet ein Geheimnis, das die größten Umstürze verursachen könnte”, lässt die Menschen bis heute aufhorchen, nachdenken und spekulieren. Manchmal schreiben. Und manchmal graben, in alten Büchern oder vor Ort.
In Boudets Buch “La Vraie langue celtique: et le cromleck de Rennes-les-Bains”, das im Jahr 1886 veröffentlicht wurde, spielt u.a. der benachbarte Berg Serbairou eine Rolle. Dort fand er vermutlich nicht die gesuchten drei Tore, auch nicht “das Grab Christi”, wie manche Autoren es ihm unterstellen, sondern einen riesigen “Kromleck”. (Mit Cromlech bezeichnet man im Kreis angeordnete aufrecht stehende Steine, also Menhire.)
Entdeckte der passionierte Wanderer ein keltisches Quellheiligtum auf dem Berg? Einen Platz, an dem sich die Druiden versammelten – “die gelehrten Mitglieder des Neimheid”, wie Boudet selbst schreibt? Ausgeschlossen ist dies nicht. Vielleicht hat es sich ursprünglich um eine auf natürliche Weise entstandene Felsformation gehandelt, der die Kelten für ihre Zeremonien weitere Menhire beigesellten. Überall um Rennes-les-Bains gibt es ja diese auffälligen Steine, aber eben auch zahlreiche Schluchten, Höhlen, Grotten und Stollen, wo man Schätze vermutet. Selbst aufgelassene Minen hat man entdeckt, in denen z.B. Gagat abgebaut wurde (für Jett-Schmuck).
Immerhin was Glänzendes! 🙂

Boudet, der bereits von seinen Zeitgenossen als Gelehrter betrachtet wurde, beschäftigte sich jedoch nicht nur mit keltischen Monumenten und uraltem Wissen, sondern auch mit alten Sprachen, d.h. er suchte nach Ähnlichkeiten des Südfranzösischen mit der keltischen Sprache. Leider hat er sein Buch in einer “codierten Sprache” ** verfasst, d.h. er bediente sich eines gewissen Jargons, der einem als Laien das Lesen und Verstehen erschwert. Aber gerade das scheint die Fantasie vieler Menschen bis heute anzuregen. Es ist ein seltsames Buch, in dem Boudet aber ganz offen den Zweck der Aufwendungen ankündigt: “Durch die Interpretation eines in einer fremden Sprache gebildeten Namens in das Geheimnis einer lokalen Geschichte eindringen …”
Nun, es darf fröhlich weiter gerätselt werden!
In seinem Buch gibt Boudet aber auch wertvolle Hinweise auf sehenswerte Kirchen in der Umgebung, wie z.B. Notre-Dame-de-Marceille und Notre-Dame-du-Cros.
Beide Kirchen besitzen ebenfalls heilkräftige Quellen, sind reich an Mythen und Legenden und einen Besuch wert!

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*Herkunftsort eines gleichnamigen Templer-Großmeisters, s. Foto oben
**Boudets “codierte Sprache” weist Ähnlichkeit mit der vom Schriftsteller Jonathan Swift entwickelten “punischen Sprache” auf. Die punische Verschlüsselung ist einem Wortspiel ähnlich.

Die neun Quellen von Rennes-les-Bains

Schon seit Jahrtausenden geniesen die Menschen heißes Quellwasser. Die alten Römerthermen von Rennes-les-Bains sowie das alte Thermalgebäude wurden aufgegeben, aber die 9 Quellen, 5 warme (von 37-40°) und 4 kalte, sprudeln hier noch immer.
Es gibt inzwischen ein neues Thermalschwimmbad, das eine natürliche Temperatur von 33 ° hat, und auch ein Jacuzzi und einen Hammam anbietet.
Unten am Fluss kann man sich jederzeit gratis unter die warme Dusche legen.
Kleiner Hinweis: Um an dieser exponierten Stelle zu baden, steht man auch gerne mal in der Sals Schlange! 🙂



“Les Bains Doux” – eine der warmen Quellen ( 37° ) entspringt beim ehemaligen Thermalgebäude

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Die Gärten der Königin, elegante Kurgäste und eine “Liebesquelle”

In den “Gärten der Königin” (Foto unten links) entspringt eine warme Quelle direkt im Fluss Sals.
Das mittlere Foto nimmt uns mit in eine Zeit, in der die eleganten Kurgäste aus aller Welt in Rennes-les-Bains weilten. Es gab ein Grand Hôtel!
Rechts unten werfen wir einen Blick auf die romantische “Fontaine des Amours”, eine weitere (allerdings kalte) Quelle mit Kaskaden, die etwas außerhalb von Rennes-les-Bains liegt, in Richtung Bugarach.

(Eine bestimmte Szene in meinem Roman “Talmi” spielt an der “Fontaine des Amours.)

Rennes-les-Bains hat viele Gesichter, zuviele?


Zuviel geht eigentlich gar nicht, wenn man in Südfrankreich auf Reisen ist!
Mal ist Rennes-les-Bains ein verrücktes südfranzösisches Nest, in dem sich neben sympathischen Alt-Hippies auch allerlei Forscher und Schriftsteller treffen, die sich mit vielfältigen Themen befassen, darunter, wie ich, auch mit der Geschichte der Katharer.
Die “Rennologen-Gemeinde” findet man zuverlässig auf dem schattigen Platanenplatz, meist vor dem Lokal “Chez Willi” sitzend, wo es – pst! – die besten Pizzen Frankreichs gibt … Wasserfreunde und Kinder hingegen lieben die Sals, die im Sommer auch zum Angeln und Fischen einlädt. Für Wellness sind die Quellen und Bäder da. Höhlenforscher, Wanderer und Kletterer – oder aber Schatzsucher! – zieht es in die umliegenden Berge und Wälder, z.B. zu den “Schwankenden Steinen” (Foto oben) und anderen Naturschönheiten. Auch Kunstfreunde kommen hier auf ihre Kosten, die Klöster und Kirchen in der Umgebung sind sehenswert. Und mitunter schreien hier des Abends die Pfaue, die oben auf den Hängen gehalten werden. Aber daran gewöhnt man sich schnell.
Noch was: Donnerstags und Samstags ist Markttag (auch regionale Produkte). Und in der Saison finden auf dem Marktplatz manchmal Konzerte statt.
Und dann steppt hier der Bär! 🙂

Das stille Gesicht von Rennes-les-Bains

Ein Gesicht von Rennes-le-Bains ist still. Sehr still.
Man entdeckt es am frühen Morgen, wenn die Katzen umherstreunen und nur das Rauschen der Sals zu hören ist. Dann bin ich oft auf den Beinen und streife mit meiner Kamera durch die menschenleeren Gassen …

Rennes-les-Bains – ganz, ganz still

Auf dem Friedhof hinter der Kirche liegen – einträchtig nebeneinander – die alten Familiengräber der “üblichen Verdächtigen in der Causa Rennes-le-Château & Rennes-les-Bains”. Mögen sie in Frieden ruhen!

Henri Boudet selbst liegt im benachbarten Ort Axat begraben, neben seinem Bruder Edmond.
Auf seiner Grabplatte, die einige unleserliche Inschriften aufweist, hat der Steinmetz das geheimnisvolle Buch des Priesters verewigt, für dessen Druck Boudet aus eigener Tasche mehr als 5000 Goldfranc aufgewendet haben soll. Der Erfolg blieb aus, einige hundert Bücher wurden als Geschenke an interessierte Priester verteilt, zwei gingen nach England (Oxford University und an Königin Viktoria), die Restauflage hat man auf Drängen des damaligen Bischofs vernichtet.
Die steinerne Ausgabe trägt die Aufschrift: “IXOYS” (= Ichthys), also die bekannten Anfangsbuchstaben der fünf griechischen Wörter für: Jesus Christos Gottes Sohn Erlöser.
Das einzig Seltsame dabei ist, dass der Steinmetz anstelle des Buchstaben (Y)psilon ein (I)ota verwendet hat – was natürlich ein allerletztes Rätsel aufwirft! 🙂

Vielen Dank für Ihre Begleitung durch die aufregenden Zeiten von Rennes-le-Bains!

Weitere spannende Orte in Südfrankreich können Sie hier entdecken! Eintritt frei!

Alphabetisch geordnet:
Albi, Alet-les-BainsArles, Arques, Arreau/Cagoten, AvignonBéziersBoule d’Amont, Cabestany, Canal-du-MidiCarcassonne, Campagne sur Aude, Collioure,  Collioure-EremitageElneEnsérune, Fontfroide, Galamus-Schlucht, Ille-sur-Têt, Limoux1,  Limoux2, Limoux3Marcevol, Minervois: ND du Cros, Mirepoix, Montaillou, Montségur, ND de Marceille, Palau-del-Vidre, Pérouges, Prieuré de Serabonne, Puivert, Puy-en-Velay, Rennes-les-Bains, Rennes-le-ChâteauRennes-le-Château/Presse/FotosRieux-Minervois, Rocamadour, Saint-André, Saint-Genis-des-Fontaines, Saint-Gilles-du-Gard, Saint-Guilhem-le-Désert, Saint-Hilaire, Saint-PolycarpeSylvanès, Saissac, Santa-Maria del Vilar.  Serres, Taurinya, Toulouse, 


Serres (Aude): Das Kreuz mit dem doppelten Kreuz und andere Merkwürdigkeiten

Inhaltsverzeichnis

Serres ist eine kleine südfranzösische Gemeinde im Département Aude, in der Region Okzitanien.

Der nur 70 Einwohner zählende Ort liegt am Flüsschen Rialsesse, das nach nur einem Kilometer in die Sals mündet, die ihrerseits in Couiza in die Aude fließt.

Nur vier Kilometer östlich liegt der prachtvolle Wohnbergfried von Arques, über den ich bereits geschrieben habe.

Geweiht dem “Heiligen Petrus in Ketten”

Die eher unscheinbare kleine Kirche von Serres, die “dem Heiligen Petrus in Ketten” geweiht ist, ist vermutlich romanischen Ursprungs (11./12. Jh.)
Sie beherbergt Kreuze, faszinierende Wandmalereien und zwei Altar-Figuren, die Rätsel aufwerfen. LiebhaberInnen von Geheimnissen, vor allem von solchen, die einfach nicht entschlüsselt werden wollen, kommen hier voll auf ihre Kosten! 🙂

Das Kreuz mit den zwei Kreuzen – bis heute ungelöst!

In dieser Kirche, mittig über dem Altarbogen, kann man zwei Kreuze entdecken, die durch ihre Querarme miteinander verbunden sind. Den Grund für diese Darstellung kennt niemand. Rätselhaft auch die in einer Art Kartusche stehende Inschrift “INRI” (das Akronym des lateinischen Satzes “Jesus Nazarenus Rex Iudaeorum”) – rätselhaft deswegen, weil auch das zweite Kreuz (s. Foto oben rechts) eine solche Kartusche aufweist, jedoch ohne eine Inschrift.

Eine Verschwörungstheorie der Tempelritter?

Die zwei miteinander verbundenen Kreuze (aus rotem Ocker auf weißem Kalkgrund) sollen mit den Tempelrittern zu tun haben, sagt man – oder aber nach einem besonderen Vorkommnis angebracht worden sein. (Dabei könnte es sich um eine Epidemie im Ort gehandelt haben, vielleicht die Pest.) Das allein erklärt aber nicht die sonderbare Darstellung. Um einen Kalvarienberg (drei Kreuze mit Jesus in der Mitte) kann es sich eigentlich nicht handeln. Ein drittes Kreuz würde das Ensemble nach links abkippen lassen.
Doch was stellt dieses doppelte Kreuz (Jesus + ?) dann dar? Ein Hinweis auf die immer mal wieder auftauchende Theorie, nach der – statt Jesus – ein (namenloser?) Doppelgänger am Kreuz hing? Eine Verschwörungstheorie der Tempelritter?
Nach dem Kirchenvater Irenäus von Lyon vertrat ein gewisser Basilides von Alexandria (gnostischer Häretiker) die Lehre, dass Simon von Cyrene gekreuzigt wurde und nicht Jesus, weil Jesus die Gestalt des Simon angenommen habe und umgekehrt (Doketismus). Dass nicht Jesus hingerichtet wurde, sondern ein anderer, der ihm ähnlich sah, steht auch im Koran (Sure 4,157).
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Tempelritter der “Scheinleib-Theorie” anhingen. Schon gar nicht mitten im Katharerland*. Aber es gibt keine schriftlichen Aufzeichnungen, dass es sich bei der Kirche von Serres um eine ehemalige Templerkapelle handelt. Dafür sprechen nur die Bauweise und ein Tatzenkreuz (s. Foto oben), das sich an der Außenseite der Kirche befindet.
In der Nähe lag jedoch das Maison templière de Campagne-sur-Aude.

* Für die Katharer, die Dualisten waren, also an die Zweiteilung der Welt glaubten (gut und böse, oben und unten, schwarz und weiß), besaß Jesus auf Erden nur einen “Scheinleib”, denn sie sahen ihn als Engel und Prediger aus der geistigen Welt.

Eine weitere Theorie zum Doppelkreuz von Serres

Aus den sogenannten Pilatusakten des Nikodemus-Evangeliums kennen wir die Namen der beiden “Schächer” rechts und links von Jesus am Kreuz: Dismas, der Reue zeigt und zu Jesus aufschaut, worauf Jesus ihm das Paradies verspricht – und Kosmas, der Jesus verhöhnt und den Kopf von ihm abwendet. (Wobei “rechts und links vom Kreuz” von den Künstlern oft unterschiedlich dargestellt wird, d.h. entweder aus der Sicht von Jesus oder aus der des Betrachters.)
Zurück zur Theorie: Man weiß, dass sich um den “guten” Schächer Dismas seit dem Mittelalter ein Kult entwickelt hat: Sowohl in der katholischen Kirche (25. März) als auch in der orthodoxen Kirche (23. März) ist Dismas ein Gedenktag gewidmet. Er gilt zudem als Patron für Gefangene und Verurteilte, und stellt damit einen Bezug zu “Petrus in Ketten”, also dem Namensgeber der Kirche von Serres dar.

Es wäre jedenfalls eine nachvollziehbare Erklärung für das Doppelkreuz von Serres, wenn es sich hierbei um das Kreuz des “guten” Schächers Dismas handeln würde, der Jesus ins Paradies nachfolgte.

  • Serres
  • Kreuzigungsszene aus Limoux (Augustiner-Kapelle)
  • Serres



Auch eine Überlegung wert: Vielleicht hat man irgendwann den Namen in der zweiten Kartusche schlicht nicht mehr entziffern können, worauf ein verzweifelter Restaurator ihn unter den Tisch fallen ließ.
Fest steht: Alles ist möglich in Serres, nichts ist sicher! 🙂

Serres und die alten Fresken

Zum Rätseln laden auch die alten Fresken ein, die sich leider nicht im besten Zustand befinden.
Links eine befestigte Stadt, vielleicht Jerusalem? Bei den Figuren soll es sich um zwei männliche Personen handeln, die heilige Bücher in den Händen halten, bzw. einen Bischofsstab.
Einen ersten Bischofsstab, jedoch ohne Kreuz, trug der Legende nach bereits Petrus! Vielleicht ist ja er auf diesen Fresken dargestellt?
Bei einer Frau (mit Palme?) soll es sich um eine Märtyrerin handeln.
Ich selbst erkenne eine Schale in der Hand einer Frau.

Nachfolgend eine kleine Foto-Galerie aus dem Kircheninneren, anklicken zum Vergrößern ist möglich:

Serres:
Und dann auch noch ein Kreuz mit diesen beiden Figuren? 🙂

Die beiden unbekannten Heiligen von Serres,
rechts und links vom Altar geben ein weiteres Rätsel auf.

Wer auf diese Weise die Arme verschränkt, wie es weibliche Figur macht, gibt erst einmal nichts von sich preis. Schon gar keine Geheimnisse. Auch keine Namen. Nichts.
Bei der männlichen Figur handelt es sich für mich um den Namensgeber der Kirche von Serres, den Heiligen Petrus. Die überkreuzten Hände (sind ihm vielleicht soeben die Ketten abgefallen?) und der sehnsüchtige Blick nach oben, sprechen eine deutliche Sprache. Mit Petrus lässt sich aber eventuell auch das Rätsel um die Frau klären: Sie könnte den Engel darstellen, der Petrus gerade aus dem Jerusalemer Gefängnis befreit hat.

So weit so gut. Doch was, wenn jener Engel (ohne Flügel!) gar kein Engel war, sondern die Angetraute des Petrus?
Hat ihn vielleicht seine Frau aus dem Gefängnis befreit? War sie sein Engel in der Not?
Dass Simon Petrus, der Fischer vom See Genezareth, verheiratet war, ist bekannt. Er lebte zumindest zeitweise im Haus seiner “Schwiegermutter”. Über seine Frau schweigt sich die Bibel seltsamerweise aus. Kein Name. Nichts. Nur, dass sie einmal mit Petrus auf Reisen ging?
Doch nicht etwa hierher, nach Serres? 🙂

Wirklich alles sehr merkwürdig in dieser kleinen Kirche in Serres.

Kreuzlastig und doppeldeutig:

Das Doppelkreuz
Die Doppelgänger-Theorie
Die zwei Figuren mit ihren überkreuzten Armen bzw. Händen
Und die beiden Zwillings-Puttenköpfe am Altaraufsatz, die aber jüngeren Datums sind.


Nur eines scheint gesichert: Die weißen Altar-Figuren waren früher polychrom, also bunt bemalt, bis man sie irgendwann “überkalkt” hat.
Schade eigentlich …

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Aber dann gibt es auch noch seltsame Dokumente, s. unten!

Blick auf den nicht minder geheimnisvollen Berg Bugarach, Foto HLK 2017
Blick auf den nicht minder geheimnisvollen Berg Bugarach (Aude-Gebiet)

Und zum Schluss:
Allons-y! Goldsucher vor Ort aufgepasst!
(natürlich ohne Gewähr! 🙂 )

Drei kleine Anregung zum Weiterforschen für die interessierte Fan-Gemeinde:
Es existiert ein Auszug aus dem Dictionnaire Topographique du Département de l’Aude, der darauf hinweist, dass sich im Vatikan ein besonderes Dokument über Serres befinden soll. Es stammt aus dem Jahr 1347 und trägt den (geheimnisvollen?) Titel “Propositus de Serris”. (Studie zur Erforschung von Serres.)
( Alle Wege führen also nach Rom! 🙂 )

Ein Auszug aus dem SESA-Newsletter, Jahrgang 37 – 1933 besagt, dass “Der Sieur de Serres (bei Arques), Yves de Michel, dem Herzog Gaston d’Orleans eine Vorführung erweist hätte, und zwar über die reichen und reichlich vorhandenen Goldminen, die er zum Wohle des Königs genutzt hätte.

Last but not least existiert wohl auch ein Brief vom 23.5.1472 von König Louis XI. von Frankreich über das “Gold von Serres”.
Allons-y – und viel Glück! Aber nicht vergessen: Der Weg ist das Ziel! 🙂


Danke für Ihr Interesse!

Minervois: Notre Dame du Cros – reich an Legenden

Als ich im Jahr 2002 meinen Roman “Marie – Die Erbin des Grals” schrieb, befasste ich mich auch mit Henry Boudet, dem ehemaligen Priester von Rennes-les-Bains und einem der Drahtzieher im Geheimnis von Rennes-le-Château. Bei meinen Recherchen hatte ich erfahren, dass Boudet sein Vikariat (1862-1864) in der Region Caunes-Minervois durchlief – und zwar in der abseits gelegenen, kleinen Kirche Notre Dame du Cros.
Fünfzehn Jahre später machte ich endlich einen Abstecher hierher. Meine Neugierde war ungebrochen! 🙂
Von Minerve kommend, führte mich eine abenteuerliche Schotterpiste nach ND du Cros. Für die holprige Fahrt wurde ich allerdings voll entschädigt:

Eine stille, grüne Oase erwartete mich, flankiert von steilen Felswänden und einer Quelle. Eine Atmosphäre zum Durchatmen und Loslassen …

Alle Fotos können durch Anklicken vergrößert werden!

Notre-Dame-du Cros – ein altes Marienheiligtum und eine Wasserquelle?

Das passt sehr gut zusammen, denn im Mittelalter war man davon überzeugt, dass Quellen, Teiche und Brunnen Tore ins Jenseits darstellen, einen Zugang zu einer anderen (vielleicht göttlichen) Welt. Das Märchen von Frau Holle erzählt eine solche “Jungfrau-mit-Brunnen”-Geschichte. Frau Holle wird heute mit der alten Göttin Hulda gleichgesetzt – oder der Perchta, der Hel. Den Platz der alten Göttinnen hat längst die Jungfrau Maria eingenommen.

(Zwei weitere Beispiele für die Madonnenverehrung im Zusammenhang mit Brunnenheiligtümern: Notre Dame de Marceille, Ille-sur-Têt.)

Notre-Dame-du Cros – eigentlich ranken sich zuviele Legenden um diesen Ort:
In der ersten Legende geht der Ursprung der Kapelle auf das 6. Jahrhundert zurück, als eine Hirtin am Fuß der Klippe eine Quelle sprudeln sah und ihr krankes Kind daraus trinken ließ. Das Kind wurde sofort gesund. Daraufhin errichtete man als Zeichen der Dankbarkeit drei kleine Kapellen aus “trockenen Steinen”, die sogenannten “Capeletos”, und der Ort wurde fortan ein Wallfahrtsheiligtum.

(Alle Fotos können durch Anklicken vergrößert werden!)

Notre-Dame-du-Cros – jenseits der Legenden

Gegründet um das Jahr 900, erste Beurkundung auf einer Bulle des Papstes im Jahr 1118,
Hinterlassenschaften aus romanischer Zeit,
Altar für die Heilige Marguerite um 1280,
Glockenweihe 1607,
Prozession mit der Bitte um Regen 1612,
diverse Restaurationen und feierliche Einsetzungen im 18. und 19. Jahrhundert.

Eine andere Legende spricht von einer Jungfrau, die in der Höhlung eines Felsens gefunden wurde, an der Stelle der heutigen Kapelle. Weil dieser Ort zu weit abgelegen war, transportierte man die kleine Statue nach Caunes. Aber in der Nacht darauf verschwand sie wieder, um in ihre Felsenhöhle zurückzukehren. Der Versuch, eine Kapelle vor Ort zu bauen, scheiterte: Die tagsüber ausgeführten Arbeiten wurden in der Nacht systematisch zerstört. Schließlich wurde ein Hammer aus rotem Marmor in die Luft geworfen – und er fiel genau auf die Stelle, an der heute Notre-Dame-du-Cros steht.
(Auch die Legende des Hammers findet sich oft in alten heidnisch-christlichen Heiligtümern. Viele in frühen christlichen Gräbern aufgefundene Thorshämmer erinnerten an das christliche Tau-Kreuz.)

Eine dritte Legende, entnommen aus La minerve française, aus dem Jahr 1918, wurde von E. de Jouy berichtet: “Eine fromme Frau, die von Fieber und Durst gequält wurde, wagte es nicht, ihre Hände in die Mulde des Brunnens von Notre-Came-Du-Cros zu tauchen, um ihren Durst zu stillen. Sie rief die Jungfrau an und ein Becher kam aus dem Felsen. Sie trank und wurde geheilt. Seitdem haben Tausende von Menschen mit Fieber durch ihre Heilung die fiebersenkende Wirkung des Bechers von Cros bezeugt. Niemand konnte bislang erklären, aus welcher Materie dieser wundersame Becher besteht. Er soll aus einem unbekannten rötlichen Material sein (Anmerkung: der rote Marmor von Caunes?) und auf der Rückseite Zeichen tragen, die niemand entziffern konnte. Als Pilger versuchten, etwas davon wegzunehmen, glaubte der damalige Kaplan von Cros, der Abt Jaffus, ihn schützen zu müssen, indem er ihn mit einem silbernen Brustpanzer überziehen ließ.

Der Becher von Cros – eine Art Heiliger Gral? 🙂
Interessant finde ich in diesem Zusammenhang die Beschreibung der im Kloster San Juan de la Pena befindlichen Grals-Replik, die ebenfalls aus rötlichem Stein gefertigt ist (in diesem Fall aus Achat und mit Goldmonturen gesichert). Auch hier spricht man von einer mysteriösen Inschrift: “Es gibt eine arabische Beschriftung, deren Interpretation unsicher ist …” Welcher Becher sich zeitweise in ND du Cros befand, kann heute niemand mehr sagen. Der Abt Jaffus scheint sein Geheimnis mit ins Grab genommen zu haben. Dass Henry Boudet diese Legende kannte und vor Ort Nachforschungen betrieb, ist für mich jedoch so gut wie sicher. Er war Priester, er wurde von seinen Zeitgenossen als “Gelehrter” betrachtet, er beschäftigte sich ausgiebig mit alten Sprachen, Legenden und Archäologie …

Eine letzte, nicht weniger kuriose Legende erzählt von einem Feuer, das “am Dienstag, dem 30. Juni” aus dem Marmorsteinbruch kam und sich in “schwindelerregender Geschwindigkeit” seinen Weg zum Heiligtum bahnte. Es gab kaum Hoffnung, dass die Kapelle unversehrt bleiben würde. Doch am Mittwochmorgen blieb das Feuer auf wundersame Weise stehen – direkt vor dem Steinkreuz – dem “Cros” – das traditionell den Eingang zum Heiligtumshügel markiert.
Anmerkung: In den Jahren, in denen Henry Boudet sein Vikariat hier absolvierte, wurde das “Cros” durch eine Statue ersetzt. (Quelle: Sabina Marineo, Die verborgene Kirche des Grals)

Notre-Dame-du-Cros – Die Romanische Madonna
Im Kircheninneren fallen einem der prächtige rotgemaserte Marmor ins Auge, viele vergoldete Holzelemente und gemalte Leinwände – sowie die verschiedensten Marien-Darstellungen,
darunter auch die “wahre” Notre-Dame-du-Cros: eine kleine Romanische Madonna aus dem 12. Jahrhundert.

Hinweise für Wanderer und Bergsteiger:
In der Nähe von Notre-Dame-du-Cros befindet sich ein 16,6 Kilometer langer Rundweg. Er führt durch einen schönen Wald, vorbei an herrlichen Aussichtspunkten. Es gibt Wildblumen und auch Tiere lassen sich blicken. Aufgrund der Steigung und Distanz ist die Strecke jedoch als schwierig einzustufen. Die Route ist von März bis November zugänglich, Hunde sind erlaubt. Für passionierte Kletterer gibt es hier einen geologischen Canyon, eine felsige Schlucht und zum Klettern ausgestattete Felswände.

Vielen Dank für Ihr Interesse!




Normandie: “Fischerboote im Hafen von Honfleur”

Honfleur – und seine Künstler
“Fischerboote im Hafen von Honfleur” – so hat der Maler Claude Monet eines seiner vielen Bilder genannt, die er in der kleinen Hafenstadt an der Seinemündung gemalt hat. Honfleur, seit dem 11. Jahrhundert nachgewiesen, spielte nach dem Hundertjährigen Krieg* eine wichtige Rolle vor allem in der Kunst und der Literatur. So hielt sich der Schriftsteller und Lyriker Charles Baudelaire häufig hier auf (La danse macabre, Totentanz, entstand in Honfleur). Dem hier gebürtigen Küstenmaler Eugène Boudin (1824-1898) hat man sogar ein Museum gewidmet. Aber auch andere berühmte Maler wie Courbet, Sisley, Jongkind, Monet, Pissarro, Renoir und Cézanne kamen gerne und oft nach Honfleur. Sie trafen sich meist in einem alten Bauernhof, der Ferme St.-Siméon, die als eine der Geburtsstätten des Impressionismus gilt (heute ein Hotel). Nicht zu vergessen: Honfleur ist auch der Geburtsort des französischen Komponisten Erik Satie.

*Der Begriff „Hundertjähriger Krieg“ wurde von Historikern rückblickend eingeführt und bezeichnet traditionell die Zeit von 1337 bis 1453, in der englische Könige versuchten, ihre Ansprüche auf den französischen Thron mit Waffengewalt durchzusetzen. Dennoch bestand dieser Konflikt aus mehreren Phasen und einzelnen Kriegen, die erst später als ein einziger Komplex gesehen wurden. (Quelle Wikipedia)

Honfleur – das berühmte Vieux Bassin
Das stete Klackern der Bootsgestänge, das Schreien der Möwen und dieser unbeschreibliche Geruch nach Meer und frischen Austern, die man hier überall probieren kann … Das Hafenbecken, vor allem seine westliche Begrenzung – der Quai Sainte-Catherine – gehört wohl zu den meist besuchten und fotografierten Ansichten der Normandie. Die knapp fünfzig Häuser entstanden zusammen mit dem Hafenbecken nach 1630, auf Anordnung Colberts, der zuvor die alten Befestigungsanlagen beseitigen ließ. Die malerischen, teils vorkragenden Häuser sind mit Schiefer bedeckt.
Und die Maler? Nun, die stehen noch immer am Rand des Hafenbeckens, den Pinsel in der Hand!

Honfleur – Ein weiterer Tipp für Kunstinteressierte:
In zwei alten Lagerhäusern, den Greniers à Sel, die einst (1670) östlich des Vieux Bassin zur Salzlagerung erbaut wurden, werden heute Ausstellungen zeitgenössischer Künstler organisiert.

Honfleur – und sein Name
Die erste Erwähnung fand Honfleur im Jahr 1025. Im Namen steckt offenbar das normannische Wort fleu (fleur – Blume); es wird noch immer wie fleu “Küstenfluss” im altnormannischen Dialekt ausgesprochen. (Der Endvokal, also das “r” wurde erst im 19. Jahrhundert hinzugefügt.)
Eine andere Erklärung besagt, dass der Name von “Honna Flow” käme, wobei Honna ein Eigenname und Flow mit “kleine Bucht” übersetzt worden sei.

Honfleur – das Marinemuseum
In Saint-Etienne, der wohl ältesten Kirche von Honfleur, gegenüber dem Vieux Bassin, ist heute das Marinemuseum untergebracht. Eine bedeutende Sammlung von Schiffsmodellen, Stichen und anderen Objekten, die mit dem Meer zu tun haben.

Honfleur – zu Fuß
Häuser in Specksteinbauweise, das alte Gefängnis, Fachwerk, Kunst …
(Fotos können durch Anklicken vergrößert werden!)


Honfleur – und die Kirche Sainte-Catherine
Die wohl größte der selten erhaltenen Holzkirchen Frankreichs ist die Kirche Sainte-Catherine in Honfleur, die auf dem gleichnamigen Platz steht. Sie besitzt einen separaten Glockenturm und wurde, nach dem Abzug der Briten, in den Jahren 1468 – 1496 in Eigenregie von den Einwohnern und ansässigen Schiffsbauern (mit Holz aus dem Wald Touques) errichtet. Die Dachkonstruktion gleicht Schiffsrümpfen, bemalte Glasfenster und Kunstwerke komplettieren das interessante Bauwerk. Das seit 1879 unter Denkmalschutz stehende Gebäude zog die Aufmerksamkeit vieler Archäologen und Historiker auf sich.

Mit einem letzten Gruß aus dem schönen Honfleur bedanke ich mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit!



Normandie: Dieppe – seine Korsaren und Elfenbeinschnitzer

Dieppe – der Name und die Geschichte

Der Name Dieppe leitet sich aus dem angelsächsischen “deep” (tief) her, was die zwischen steilen Kreidefelsen eingebettete Lage beschreibt.
Die Stadt hat knapp 30 000 Einwohner und liegt im Département Seine-Maritime in der Region Normandie. Dieppe markiert den Beginn eines Küstenabschnitts, den man aufgrund der braungoldenen Farbtöne der Kreidefelsen, die sich hier auftürmen, “Côte d’Albâtre” nennt, die “Alabasterküste”.


Es waren die normannischen Könige Englands, die Dieppe zu einem wichtigen Hafen ausgebaut haben, womit diese Stadt, wie das bretonische Saint-Malo, zu einem Ausgangspunkt für Entdecker, Korsaren und reiche Handelsherren wurde.
Als ältestes Seebad an der Kanalküste konnte sich Dieppe zu allen Zeiten auch mit illustren Gästen schmücken: Wilhelm der Eroberer, Franz I., die beiden Kaiser Napoleon waren ebenso hier zu Gast wie die englischen Könige Johann Ohneland und Eduard VII. Erwähnt werden auch andere berühmte Zeitgenossen, z.B. Châteaubriand, Monet, Renoir, Pissarro, Oskar Wilde und Winston Churchill, die sich gerne in Dieppe sehen ließen.

Im Zweiten Weltkrieg (am 19.8.1942) versuchten die Alliierten Truppen am Strand von Dieppe zu landen. Die Stadt war zu diesem Zeitpunkt von deutschen Truppen besetzt. Fast Tausend Soldaten (darunter über 900 Kanadier) fielen, ungefähr 2000 kamen in deutsche Kriegsgefangenschaft.

Dieppe – und seine Korsaren

Im Jahr 1523 kaperte Jean Florin (oder Fleury), Kapitän der Seeräuberflotte des Reeders Jean Ango aus Dieppe, vor dem Kap Saint-Vincent eine Galeone, die den „Schatz des MOCTEZUMA“ nach Spanien brachte, den Cortez Karl V. schickte …”
“Ein anderer Hugenotte, Guillaume Le Testut, Mitglied der Kartographieschule in Dieppe, verbündete sich im März 1573 (oder 1572) mit dem berühmten englischen Kapitän Francis Drake. Sie bemächtigten sich eines beträchtlichen Gold- und Silbertransports aus Peru …”
(Thierry Durand-Gasselin)
Nun, vielleicht gibt es noch weitere spannende Geschichten um die Diepper Korsaren, wer weiß! 🙂

Fakt ist, dass von Dieppe aus, im 15. und 16. Jahrhundert, die Kapverdischen und die Kanarischen Inseln, Brasilien und Florida erfolgreich angesteuert, besiedelt und teilweise in Besitz genommen wurden.

Dieppe – und seine Elfenbeinschnitzer

Berühmt ist Dieppe auch für seine Arbeiten einheimischer Elfenbeinschnitzer vom 16. – 19. Jahrhundert.
Die Sammlung (Museum im Château de Dieppe) gilt weltweit als die wichtigste ihrer Art. Eines der wertvollsten Stücke ist ein Dreimaster, bei dem sogar die Segel aus Elfenbein geschnitzt sind. Der Ruf der Elfenbeinschnitzer von Dieppe war so legendär, dass ihnen fast alle Arbeiten am Hof Ludwigs XIV. übertragen wurden. Kein Wunder, dass bald das Gerücht umging, der Erfolg beruhe auf einem sorgsam gehüteten “Geheimverfahren zur Erweichung des harten Materials” vor der Bearbeitung. 🙂

Dieppe – die Kathedrale

Die Kathedrale Saint-Jacques wurde im 13. Jahrhundert, im gotischen Stil, an der Stelle einer der Heiligen Katharina geweihten romanischen Kapelle errichtet, die im Jahr 1195 während der Auseinandersetzungen zwischen Richard Löwenherz und Philippe-Auguste abbrannte. Saint-Jacques gilt heute als das “Herz” der Stadt. Von der alten Kapelle sind nur die Basen der Querschiffe und die beiden Portale erhalten geblieben, die allerdings durch Vorbauten stark verändert wurden.
Der Neubau dauerte bis ins 15. Jahrhundert, wurde von verschiedenen “See-Bruderschaften” unterstützt und mit dem 42 m hohen, dreigeschossigen herrlichen Südwestturm (Flamboyant-Stil, Foto unten) abgeschlossen. Der im großen Foto sichtbare Kuppelturm stammt aus dem 18. Jahrhundert.

Das untenstehende Gemälde “Die Kirche des Heiligen Jacques in Dieppe in der Morgensonne” stammt vom Maler Camille Jacob Pissarro. Er hat es im Jahr 1901 gemalt.

  • Gemälde Pissarro 1901
  • Ansicht der Kathedrale, Foto HLK aus 2012

Dieppe – der Strand
Mit einem Foto, das den berühmten Strand von Dieppe zeigt, schließe ich diesen Artikel. Danke für Ihr Interesse!