Alet-les-Bains:
Unter dem Vorsitz einer Leiche …

Unter dem Vorsitz einer Leiche …
(Une histoire macabre!)

Der kleine südfranzösische Ort (einst Kurort) Alet-les-Bains liegt im Aude-Gebiet, fünf Kilometer südlich von Limoux und ungefähr 25 Kilometer von Carcassonne entfernt. Es ist noch heute von einer geheimnisvollen Atmosphäre umgeben – nicht zuletzt, weil es sich hierbei (nach Sabina Marineo) um das alte “Electa” der Römer handelte, die hier ihre Thermalbäder genossen (ähnlich wie im nahegelegenen Rennes-les-Bains). Unter den eindrucksvollen Ruinen der Kirche Notre-Dame-d`Alet (s. Eingangsfotos) befand sich einst ein Tempel der Göttin Diana. Dieser hatte vermutlich einen runden oder achteckigen Grundriss. Im Jahr 1096 begab sich Papst Urban II. nach dem Konzil von Clermont nach Alet, um die Abtei Sainte-Marie zu besichtigen. Abbé Lasserre, der französische Gelehrte, der im 19. Jh ein Buch über Alet verfasste, bemerkt in diesem Zusammenhang: “Die alte Stadt von Alet musste schon sehr wichtig sein, da sie durch einen Besuch des Papstes geehrt wurde …” 

Zu besichtigen sind heute vor allem die Ruinen der ehemaligen Kirche Saint-Marie, die vermutlich auf das 8. Jh. zurückgehen. Es handelte sich um eine Basilika mit drei Schiffen, diversen Seitenkapellen und einem Querschiff. Das Mittelschiff wurde von den Seitenschiffen durch elegante Säulen mit Rundbögen getrennt. Erbaut wurde die Basilika aus dem gelben Quarzsandstein von Alet, der in der Sonne einen leuchtenden Goldton annimmt.
Im 12. Jh. gewann Alet-les-Bains, obwohl es im Katharerland lag (sogar mitten im Gebiet der “Erzketzer”), an Einfluss und Macht. Der in Glaubensfragen eher tolerante Abt von Alet-les-Bains, Pons Amiel (1167-1197) befestigte daraufhin den Ort mit einer Mauer und vier Stadttoren. Über diesen Pons Amiel und seinen Nachfolger gibt es eine makabre Geschichte, die mit den Katharern zu tun hat.
Ich zitiere aus meinem Roman “Alix: Das Schicksalsrad”:

“Nach dem Tod eines bis dahin duldsamen Abtes hatte das Kapitel plötzlich einen unerbittlichen Katharerfeind gewählt. In ihrer Verzweiflung riefen die Leute Bertrand von Saissac zu Hilfe. Der Oheim des Trencavel, damals noch jung, drang unerschrocken in die Abtei ein und warf den neu gewählten Abt in den Kerker. Er ließ den Leichnam des Vorgängers ausgraben, kleidete ihn ein und band ihn, damit er nicht in sich zusammenrutschte, auf seinem Thronsessel fest. Unter dem wahrlich nicht alltäglichen Vorsitz eines priesterlichen Leichnams, wählte das Kapitel rasch einen anderen Abt, einen Mann, der den Katharern wohlgesonnener war. Im ganzen Land hatte man daraufhin Saissacs Schläue gepriesen …”

(Fotos bitte anklicken zum Vergrößern)

Ein feiner Kirchenschatz

Im Inneren der im 19. Jh. restaurierten Pfarrkirche Saint-André, die sich in unmittelbarer Nähe der alten Abtei befindet, entdeckt man alte Fresken, prachtvolle Buntglasfenster in Form des Siegels Salomons (mit Darstellungen der 4 Evangelisten) – sowie andere wertvolle Gegenstände, darunter auch eine goldene Madonnen-Figurine aus dem 16. Jh., mit Kind:

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Abschließend der Link zu meinem o.g. Historischen Roman “Alix”, der explizit auf das Schicksal der Städte Béziers und Carcassonne eingeht, die im Visier der anrückenden Kreuzfahrer stehen (Albigenserkreuzzug 1209).

Sainte-Marie d’Alet aus dem 12. Jahrhundert

Die freundlich lächelnde Schutzpatronin von Alet, die im Hochmittelalter im Chor der Basilika stand und wahre Pilgerscharen anzog, befindet sich heute, gut gesichert, in der Schatzkammer der Pfarrkirche Saint-Andrè. Sie ist etwas Besonderes, hält vermutlich einen Pilz (?*) in der Hand, während das Jesuskind einen roten Apfel (Erbsünde?) an sich drückt. Außergewöhnlich fand ich auch das schlangenförmige Tuch auf dem Knie und die Kopfbedeckung des Kleinen, die spontan an einen Raumfahrerhelm erinnert.
Brandaktuell: Die Vermutung mit dem Pilz scheint zu stimmen. In Marienfels (Hessen, Nassau) befindet sich eine Madonna, die ebenfalls einen Pilz in der Hand hält – als Zeichen der Fruchtbarkeit! Vielen Dank in die Niederlande für den Hinweis!

Die Templer von Campagne-sur-Aude

Im Mittelalter war Campagne-sur-Aude eine Niederlassung der Tempelritter …

Campagne-sur-Aude liegt in Südfrankreich, in der Region Okzitanien, ungefähr 35 km von Carcassonne entfernt (der Hauptstadt des Départements Aude). Der kleine Ort liegt inmitten von ausgedehnten Weinbergen und Weingärten, am schattigen Ufer des Flusses Aude.

Das Besondere an Campagne-sur-Aude ist eine kreisrunde Befestigung im Zentrum des Ortes:
Früher eine Festung im Dorf – heute ein Dorf im Dorf – das aber noch immer “le Fort” genannt wird.

Die ehemalige Templerburg, die eine Kirche beherbergt, diente den Rittern als Wohnsitz. Der Donjon (Wohnturm) ist der heutige Glockenturm.
Das Ensemble war einst von tiefen Gräben umgeben.

Im 14. Jh. wurde der Orden der Tempelritter aufgelöst und sein Besitz ging an die Hospitaliter über.
Doch erst vierhundert Jahre später riss man die ehemalige Festung ab. Die Dorfbewohner übernahmen das Terrain und bauten auf den Resten ihre Häuser. Aus den Gräben wurden Straßen.

Das charakteristische Erscheinungsbild der “runden” Templerfestung blieb bis heute erhalten!

Ein alter Brunnen, geheimnisvolle Zeichen und der letzte Tempelritter von Campagne-sur-Aude …
(die Fotos zum Vergrößern bitte anklicken!)

Links – ein wenig versteckt! – der Eingang zum alten Brunnen,
oben der Eingang zur Kirche.

(Das achtspitzige Kreuz der Hospitaliter am Brunnen (s. Foto unten) – unterscheidet sich vom Tatzenkreuz der Templer!)

Impasse des Chevaliers – Die Sackgasse der Ritter

Heute ist Campagne-sur-Aude ein Dorf mit gut 600 Einwohnern, man verkauft u.a. Bio-Fleisch (Lamm und Kalb) und baut die begehrte Champagner-Traube namens “Blanquette” an, mit der sich schon die benachbarte Stadt Limoux einen ausgezeichneten Ruf erworben hat.
Das wohl beliebteste Ausflugsziel in der Nähe ist Rennes-le-Chateau.

Wer die Geschichte des “verrückten” Pfarrers von Rennes-le-Chateau noch nicht kennt, dem empfehle ich wärmstens meinen Roman
“Marie: Die Erbin des Grals”
.

Aber dies nur ganz am Rande …

Vielen Dank für Ihr Interesse!

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Die Maurenburg von Catalayud

Aragón ist das Burgund Spaniens …
schrieb ich eingangs in meinem Beitrag zu Spanien. Und tatsächlich stieß ich nicht nur in Zaragoza, sondern auch in Catalayud auf buntglasierte Kirchtürme. Aber auch die Schwarzen Jungfrauen sind hier vertreten. Eine von ihnen – La Morena genannt – befindet sich in der Kollegialkirche Colegiata Virgen de la Peña von Catalayud. Sie gilt als Patronin der Stadt.

Blick auf Catalayud

Catalayud – ehemalige Maurensiedlung unterhalb der Burg

Keltiberer – Römer – Westgoten

Die ersten Einwohner der Gegend um Catalayud waren Keltiberer (die Lusones), die mit den Römern zusammenarbeiteten.
Unter Augustus erhielt die Ansiedlung den Rang eines Municipium, genannt Augusta Bilbilis. Unter Tiberius wurden öffentliche Bauten wie Tempel und Forum errichtet. Später wurde die römische Stadt wieder verlassen. In der westgotischen Epoche gab es nur noch kleine Ansiedlungen in der Nähe der alten Römerstadt.

Dann kamen die Mauren

Im 8. Jahrhundert errichteten die Mauren in der Nähe des römischen Bilbilis eine große Festung. Man nannte sie Burg des Ajub, benannt nach einem hochrangigen Adligen. Sie gibt Catalayud noch heute ihren Namen.
Die Stadt gehörte bis zum Jahr 929 zur Obermark des Emirats, bzw. Kalifats von Córdoba.
Bemerkenswert: Auf der Iberischen Halbinsel existierten wie selbstverständlich Christen, Muslime und Juden nebeneinander. So gab es auch in Catalayud eine Moreria (Maurenviertel) und eine Judéria (Judenviertel).

Das Castillo Mayor o de Ayub

wurde vom 9. bis 10. Jahrhundert erbaut.
Zu dieser Zeit war Catalayud eine der wichtigsten Städte im muslimischen Spanien und während der Taifa Ära wurde es für kurze Zeit die Hauptstadt.

(Fotos anklicken u. vergrößern!)

Interessanter Hufeisenbogen des Kalifattyps

Bereits 1031 war Calatayud eine der wichtigsten Städte des Taifa-Königreichs von Zaragoza, eine Epoche von großer wirtschaftlicher und kultureller Pracht, die bis etwa 1110 andauern sollte.

Die Reconquista – die Rückeroberung
Im Verlauf des 9. bis 11. Jahrhunderts erlangten die christlichen Königreiche allmählich wieder die Herrschaft über weite Teile der Iberischen Halbinsel. Im Jahr 1110 versuchten die Almoraviden den Vormarsch der Rückeroberung einzudämmen …

Aber es gelang ihnen nicht. Im Jahr 1120 – zwei Jahre nach der Einnahme von Zaragoza – ergab sich auch das unter maurischer Herrschaft stehende Catalayud.

Bemerkenswert die Türme

Die prachtvolle Maurenburg von Catalayud steht auf einer Mergel- und Gipsplattform. Das Herausragendste sind die hohen Mauern, die Zugangstreppen (früher befanden sich hier zwei Zugbrücken) und die Türme – vor allem der halboktogonale Turm besticht durch seine Höhe.

Atemberaubender Blick auf die umliegenden Berge

Vielen Dank für Ihr Interesse!

“Fort mit euch!”
– Die Vögel im verbotenen Evangelium

Das “makabre” Evangelium des Philosophen Thomas

Wenn man auf Reisen die Augen offen hält, kann man in Romanischen Kirchen mitunter auch Zeugnisse aus den sog. “verbotenen Evangelien” (Apokryphen) entdecken (z.B. im Kloster del Fai, s. unten)

Zu den Apokryphen – Texte, die nicht in den biblischen Kanon aufgenommen wurden – zählt auch das “makabre Kindheitsevangelium nach Thomas”. Achtung: Dieses Evangelium hat nichts mit dem Thomasevangelium (unbekannte Jesus-Sprüche), zu schaffen, das man in Nag Hammadi entdeckt hat. Die Schriften sind völlig unterschiedlich.
Der Autor und Philosoph Thomas stellt sich am Anfang selbst vor:

“Ich, Thomas, der Israelit, hielt es für notwendig, allen Brüdern in der Welt die Kindheit und Großtaten unseres Herrn Jesus Christus zu berichten, die er, geboren in unserem Land, vollbracht hat. So fing diese Sache an: …”


Aber weshalb “makaber”?

Dieses verbotene Evangelium (das wohl im 2. Jh. n. Chr. entstanden ist – der Kirchenvater Irenäus bezieht sich in einer Schrift darauf –, aber erst im 6. Jh. bezeugt wurde) enthält wahre Schauergeschichten aus der Kindheit Jesu. Es war in griechischen, syrischen, hebräischen, lateinischen, georgischen und altbulgarischen Handschriften weit verbreitet. Unbekannt ist die Sprache der Originalschrift; die älteste erhaltene Handschrift ist auf Syrisch.

Die Geschichten zeigen Jesus als – “einen Jungen, der eigentlich ist wie fast jedes Kind in seinem Alter – vorlaut, frech, trotzig, boshaft, auch naiv, neugierig, unternehmungslustig, hilfsbereit, verspielt –, dazu aber mit einer Macht ausgestattet, die ihn zu einem enfant terrible werden lässt: Da muss beispielsweise das Kind des Schriftgelehrten Annas nur deshalb sterben, weil es Jesus angerempelt hat und daraufhin von ihm verflucht wird.” (Ceming, Werlitz “Die verbotenen Evangelien”, S. 101)

Weitere Beispiele: (bitte Bilder zu Vergrößern anklicken!)

  1. Beim Spielen fällt das Kind Zenon vom Dach eines Hauses, zwei Juden beschuldigen Jesus, ihm einen Stoss gegeben zu haben.

2. Jesus erweckt das tote Kind wieder, damit es den Anschuldigern gegenüber Jesu Unschuld bezeugt.

3. Jesus fängt mit anderen Kindern am Sabbat Fische. Ein Jude, der die Kinder darob tadelt, fällt auf der Stelle tot um.

4. Die Kinder verklagen Jesus deshalb bei erwachsenen Juden. Auf die Bitte Marias und Josephs erweckt Jesus den Toten wieder.

Jesus sagt: “Fort mit euch!”

Zurück zu meiner Entdeckung im Kloster del Fai:

Das Kloster aus dem frühen 11. Jh. liegt ca. 50 km von Barcelona entfernt, oberhalb der Flüsse Tenes und Besos und ist umgeben von weinroten felsigen Klippen, viel Grün und Wasserfällen …

Hier traf ich auf die Geschichte mit Jesus und den Spatzen aus Lehm:

“Als der Knabe Jesus fünf geworden war, spielte er an der Furt eines Baches; er leitete das Wasser in Gruben um und machte es sofort rein – mit dem Wort allein gebot er ihm. Dann bereitete er sich weichen Lehm und formte daraus zwölf Spatzen. Es war aber Sabbat, als er dies tat, und viele andere Kinder spielten mit ihm.
Als ein Jude bemerkte, was Jesus beim Spielen am Sabbat tat, eilte er sofort zu dessen Vater Joseph und berichtete ihm: “Joseph, dein Sohn ist am Bach. Er hat Lehm genommen und daraus Vögel geformt und so den Sabbat entweiht.” Als nun Joseph selbst an den Ort gelangt war und es gesehen hatte, herrschte er den Knaben an: “Weshalb machst du am Sabbat etwas, das man nicht tun darf?” Jesus aber klatschte in die Hände und rief den Spatzen zu “Fort mit euch!” Und schon erwachten die Vögel zum Leben, öffneten ihre Flügel und flogen davon. Die Juden aber, die dies gesehen hatten, staunten und berichteten ihren Ältesten davon.”

 

Wie man sich vorstellen kann, wurden solche Wundergeschichten bei jedem Erzählen noch einmal kräftig ausgeschmückt!

Die Madonna del Fai ist eine der seltenen Madonnen,
bei denen das Jesuskind einen Vogel in der Hand hält.

Der Strahlkraft des verbotenen Kindheitsevangeliums war groß, nicht zuletzt aufgrund der Machtdemonstrationen des jungen Jesus, die an “Göttersöhne” aus indischer Tradition erinnern, z.B. an Rama oder Krischna.

Die Vögel im Koran
Die Geschichte von Jesus und den Vögeln fand auch Eingang in den Koran, wo Jesus  – in diesem Fall Isa bin Marjam (Jesus, Sohn der Maria) – eine herausragende Stellung als Prophet einnimmt: (Sure 3, 48)

“Jesus erwies sich gegenüber den Kindern Israels als Gesandter Allahs: “Ich gebe euch ein Zeichen von eurem Herrn, indem ich aus Lehm etwas schaffe, was Vögeln gleicht. Dann werde ich hineinblasen, und es werden mit Gottes Erlaubnis lebendige Vögel sein …”

Mit einem Blick auf das alte Kloster del Fai bedanke ich mich herzlich für Ihr Interesse!

Nachtrag: Im September 2022 entdeckte ich auf meiner Andalusienreise eine weitere Darstellung “Jesuskind mit Vogel in der Hand”, und zwar in Ronda, in der Kirche Santa Maria la Mayor:

Quellen: K. Ceming, J. Werlitz, “Die Verbotenen Evangelien”, Wiesbaden 2007;
H. Santler, “Die Un-Heilige Schrift”, Langenlois, 2012
Abbildungen: Von Unbekannt – //www.e-codices.unifr.ch/de/sbs/0008/26v, Gemeinfrei, //commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=45149661;
Grafik Jesu Kindheit: Corbis;
Fotos: Helene L. Köppel, 2017.

Veröffentlicht unter Kunst

Die alte Abtei von Sylvanès

Die alte Zisterzienserabtei von Sylvanès liegt in Frankreich in der Region Okzitanien, im Süd-Aveyron. Sie gehörte einst zu den Klöstern Mazan und Citeaux. Das noch heute bestehende Gebäude wurde im Jahr 1151 in geringer Entfernung vom früheren Standort errichtet.
Die einschiffige Kirche ist 48 m lang und – ohne die Seitenkapellen – 14 m breit. Das Querschiff misst fast 26 m.

Der Gründer der Abtei – ein ehemaliger Räuber!

Pons de Léras, der als Gründer der Abtei Sylvanès gilt (1120), wird in der Chronik des Mönches Hugues Francigena als ein Brigant beschrieben, ein Räuber und Gesetzloser, gewalttätig und gierig – bis er sich der Religion zuwandte und sühnte.
Er verkaufte seinen Besitz und leistete Wiedergutmachung. Zusammen mit sechs Begleitern verließ er sein Land und seine Familie und pilgerte nach Santiago de Compostela.
Auf dieser Reise besuchte er u.a. auch den Mont Saint-Michel, und das Kloster Saint-Guilhem-le-Désert.
Nach seiner Rückkehr in die Heimat lud ihn Arnaud von Pont de Camarès ein, auf seinem Land eine religiöse Gemeinschaft zu gründen. Sie rodeten das Land und errichteten eine rudimentäre Kirche und einige Hütten (Cellae) rund um die Silvanium-Therme (lateinisch silva, Wald), die sie in Salvanium umbenannten.

(alle Fotos bitte zum Vergrößern anklicken!)

Eine Romanische Madonna

Pons de Léras und seine Gefährten lebten in Kontakt mit der Natur und in Armut. Sie fühlten sich als Teil einer neuen Religiosität, die zu Beginn des XII. Jahrhunderts ganz im Gegensatz stand zur Opulenz des Mönchtums von Clunis. Diese neue Spiritualität spiegelte sich auch in der Entscheidung wider, die Kapelle der Jungfrau Maria zu weihen, der Beschützerin der gesamten Menschheit.

Im Jahr 1591 (Religionskriege) erlitt Sylvanès schwere Zerstörungen; 1791 lebten noch ganze vier Mönche im Kloster. Später wurde die Kirche zur Pfarrkirche ernannt – die anderen Gebäude wurden verkauft.

(Notre Dame de Assomption – Himmelfahrt)
Romanische Madonna, 11. Jh., Original)

Das 20. Jahrhundert: die Wiederentdeckung der Abtei

Obwohl die Abtei 1834 von Prosper Mérimée unter Denkmalschutz gestellt wurde, behielt sie ihre landwirtschaftliche Funktion bis zum Jahr 1970, als die Gemeinde Sylvanès sie zurückkaufte. Anfang der 70er Jahre entdeckte der Dominikanermönch André Gouzes die Abtei mit ihrem Kirchenschiff und ihrer außergewöhnlichen Akustik wieder. Er gründete einen Verein und die Renovierungsarbeiten begannen. Neben ihren religiösen Funktionen entdeckt die Abtei eine neue Berufung: die eines internationalen Kulturzentrums.

Ein Schwerpunkt des Kulturtourismus im Süd-Aveyron

Der Dominikaner André Gouzes komponierte in Sylvanès zahlreiche auf der byzantinischen Musik beruhende Messen sowie Wechselgesänge zum Stundengebet: Insgesamt rund dreitausend Kompositionen, die in Frankreich häufig im Rahmen der katholischen Liturgie aufgeführt werden.
Im Juli und August findet in der Abtei das Festival international de musique sacrée de Sylvanès statt.

Am 27. Mai 2017 hatte ich die Ehre, einer der Gesangsproben beiwohnen zu dürfen. Eine wirklich beeindruckende Akustik!

Mit einem letzten Blick auf die außergewöhnlichen Fensterossetten der Abteikirche von Sylvanès bedanke ich mich herzlich für Ihr Interesse!

Le Puy-en-Velay
– einst ein bedeutendes Druidenzentrum

Die französische Stadt Le Puy-en-Velay ist seit dem Mittelalter einer der Ausgangspunkte zum Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Hier führte eine der wichtigsten französischen Nord-Süd-Verbindungen vorbei, die alte via regordana.
Le Puy (wie die Stadt früher genannt wurde) liegt im Département Haute-Loire, in der Region Auvergne-Rhone-Alpes, hat knapp 20 000 Einwohner – und war in grauer Zeit ein bedeutendes Druidenzentrum!

 

Links ND de France und rechts St. Michel d’Aiguille

Zwei beeindruckende Felsspitzen beherrschen die Stadt:
Der Rocher Corneille auf dem Mont Anis, wo sich die Kathedrale mit der darüber liegenden 16 m hohen Statue von ND de France erhebt – und St. Michel d’Aiguille, wo eine romanische Johanneskapelle an die Stelle des gallischen Merkur-Tempels getreten ist; am Fuße des Berges stand früher ein Tempel der Göttin Diana.

Die Kathedrale Notre Dame
Der Bau der romanischen Kathedrale von Le Puy (mozarabischer Einfluss) stammt aus dem 11./12. Jh. Eine alte Heilquelle hinter dem Hochaltar wurde in die Konstruktion einbezogen.
Und so fing alles an: Im Jahr 1095 hielt Papst Urban VII in Le Puy ein Konzil zur Vorbereitung des Ersten Kreuzzugs ab. Gut motiviert marschierten anschließend die Kreuzfahrer unter dem Salve Regina – der Hymne von Le Puy – aus der Stadt.
In den folgenden 70 Jahren besuchten 5 Päpste diese Kathedrale sowie 15 Könige  – darunter auch der Heilige Ludwig.

Heute ist die Kathedrale Bischofssitz des Bistums Le Puy-en-Velay und trägt den Titel einer Basilica minor – einer kleinen Basilika.
Kurioses am Rande: Die Treppe, die hinauf zur Kathedrale führt, setzt sich unter der Vorhalle fort. Sie endet mit einem Absatz, auf dem sich bis ins 18. Jh. die Goldene Pforte öffnete. Von da aus führten 18 Stufen in die Mitte des Schiffs – woraufhin das Geflügelte Wort entstand: “Man trete beim Nabel ein und gehe bei den Ohren wieder hinaus!”

Alle Fotos können durch Anklicken vergrößert werden!

Der Fieberstein

La Pierre des Fièvres: Beim sog. Fieberstein von Le Puy handelt es sich um den schwarzen Deckstein eines Dolmens, der sich einst auf dem Mont Anis befand.  Der Stein, der früher auf dem Hochaltar stand, soll im Jahr 430 n. Chr. eine Witwe von einem bösartigen Fieber geheilt haben. Heute hat er eine eigene Seitenkapelle links vom Altar.
Ich stöbere auch gern mal in alten Reiseführern und fand dort über den Fieberstein folgendes:

“Nach Meinung einiger Gelehrter handelt es sich bei diesem Stein um Reste eines alten Druidenaltars, der einer gallischen Göttin geweiht war, die jungfräulich gebären musste. Diese Auffassung besitzt einige Wahrscheinlichkeit dadurch, dass in Gallien tatsächlich an mehreren Orten die Verehrung einer jungfräulich gebärenden Göttin in vorchristlicher Zeit bekannt war …

Der wundertätige Stein von Le Puy war also schon seit frühester Zeit Anziehungspunkt für fromme Pilger. Andere Legenden besagen, dass das erste christliche Heiligtum auf dem Mont Anis von Engeln eingeweiht wurde – woher sich im Mittelalter die Bezeichnung CHAMBRE ANGELIQUE für den jeweils ältesten Teil der Kathedralen ableitet.

Die Schwarze Madonna von Le Puy

Die Schwarze Madonna von Le Puy-en-Velay
mit weißen Schutzhänden

Doch nun zur Schwarzen Madonna, die in Le Puy in vielerlei Gestalt verehrt wird: Nach der Überlieferung fand eine erste Madonnenerscheinung bereits im Jahr 46 n. Chr. statt, eine weitere im Jahr 420. Im Mittelalter betete man vor einem “Heiligen Bildnis”, vor dem auf Anordnung der Grafen von Toulouse (die später den Katharern nahestanden) ein ewiges Licht aufgestellt wurde.
Bei der  Madonna, die im Hochmittelalter verehrt wurde, handelte es sich vermutlich um eine Statue der Isis, die zu den Schätzen des Großsultans von Babylon gehörte, der sie dem Heiligen Ludwig schenkte. Sie ging während der französischen Revolution verloren; die heutige Madonna ist jedoch ein getreues Abbild. (Außergewöhnlich ist, dass auch das Kind weiße Schutzhände besitzt wie seine Mutter.)

Der Kreuzgang

Beeindruckend ist auch der Kreuzgang von Le Puy mit seinen herrlichen polychromen Fassaden. Er stammt ebenfalls aus dem 12. Jh., und man erkennt auch hier deutlich den spanisch-arabischen Einfluss.

Vielen Dank für Ihr Interesse!