Die Kathedrale von Albi – ein Bollwerk gegen die Katharer

Kathedrale Sainte-Cécile, 13. Jh. - ein Meisterwerk der Gotik

Die Stadt Albi, von den Franzosen “Albi-la-Rouge” genannt (wegen der vielen roten Backsteinhäuser), ist die Hauptstadt des Départements Tarn in der Region Okzitanien – und unfreiwillige Namensgeberin der Katharerbewegung. Hier steht die mächtige, burgartige, Kathedrale Sainte-Célile, die im Auftrag von Bischof Bernard de Castanet – nach den sog. “Albigenserkriegen” (1209 bis 1229) – als Bollwerk gegen die Katharer erbaut wurde. Sie steht auf dem Platz einer älteren Kathedrale, deren Kreuzgang jetzt der Bischofsgarten ziert (s. letztes Foto).
Die Mauern der Kathedrale sind bis zu sechs Meter dick.
Der Glockenturm wurde etwas später, im 14. Jh., errichtet.

Das beeindruckendste Bauwerk ist heute die Kathedrale des französischen Erzbistums Albi und eine der größten Backsteinkirchen der Welt.

Lettner im Flamboyant-Stil (anklicken zum Vergrößern)

Die Heilige Cécile – Namensgeberin der Kathedrale von Albi

Der Tradition zufolge war die Heilige Cécile eine Jungfrau und Märtyrerin, die im 3. Jh. nach Christus in Rom gelebt haben soll. Nach der Bekehrung ihres Mannes und dessen Bruder zum Christentum, beteiligten sich diese an der verbotenen Bestattung hingerichteter Christen und wurden daraufhin selbst ins Gefängnis geworfen und getötet. Cécile wurde ebenfalls verhaftet und in kochendes Wasser getaucht, das ihr aber – der Legende nach – nichts anhaben konnte. Als der Henker daraufhin versuchte, sie zu enthaupten, gelang es ihm nicht, ihr den Kopf abzutrennen. Schwer verwundet, lebte sie noch drei Tage und verteilte ihre Reichtümer unter den Armen.

 

Die Wandgemälde

wurden zu Beginn des 16. Jh. von italienischen Künstlern ausgeführt. Das Fresko “Das Jüngste Gericht” an der Rückwand der Westfassade misst 20 x 15 Meter und ist eine französische Arbeit. Die Darstellungen von Purgatorium, Hölle und Paradies sind noch im Original erhalten.

Das sog. Purgatorium - oder der Reinigungsort der Seelen
(anklicken zum Vergrößern)

Die Verehrung des Heiligen Dominikus (rechts)

(Romanauszug aus “Rixende – Die Geheimen Worte”, S. 27)

“Dominikus von Caleruega kam ihm in den Sinn, der Ordensgründer, der auf eine andere Weise die Katharer hatte bekehren wollen, die so sehr die Ordnung der Heiligen römischen Kirche störten: mit ruhigem, friedlichem Gespräch von Mann zu Mann; Überzeugung, keinesfalls Gewalt, mit vorbildlichem, asketischem Leben, gleich den katharischen parfaits. Nun ja, dachte Saint-Georges, und er verzog ein wenig spöttisch den Mund, Dominikus in allen Ehren, er hatte es gut gemeint, doch den Menschen das Evangelium predigen in härenen Kutten und Sandalen, wie lächerlich! Die Zeiten waren andere geworden, dem Herrn sei Dank. Zwar erzählte man sich noch immer, dass Dominikus’ Mutter, bevor sie ihn empfing, geträumt hatte, sie trüge ein Hündlein in ihrem Schoß, das eine brennende Fackel in seinem Munde hielt, welche – sobald es ihren Leib verließ – die ganze Erde zu entzünden schien. Doch der freundliche, brave Mann war sein Leben lang ein zahnloser Hund geblieben und hatte nur wenige Ketzer mit seinen Reden überzeugt, obwohl er selbst bei glühender Hitze bergauf und bergab auf holprigen Straßen gezogen war, um auf den Marktplätzen das Predigtwerk Christi zu verkünden …”

Die Dominikaner zeichneten sich bei der Bekämpfung der Katharer (Inquisition) durch besondere Härte aus. Aus diesem Grund bezeichnete man die Mitglieder auch als domini canes (Hunde des Herrn).

Die Stadt Albi – als Namensgeber für die Katharer.
Die Kathedrale von Albi – als  Symbol für den Sieg über die Katharer?

Der Sieg jedoch war brüchig. Möchten Sie erfahren, wie es mit den Katharern nach dem Fall des Montségur und der jahrzehntelangen Verfolgung durch die Dominikaner-Inquisitoren weiterging?
Dann empfehle ich Ihnen meinen neuen Roman “Béatris – Kronzeugin der Inquisition”
(Taschenbuch und E-book)

Ein Blick zum Schluss in den Garten des benachbarten Bischofspalastes, auf den Fluss Tarn und die im freundlichen Rotbraun leuchtenden Häuser der Stadt:

Vielen Dank für Ihr Interesse!

Ein kleiner Hinweis noch: Die Kathedrale wird am Abend um 18.30 Uhr geschlossen.

Besançon – das römische “Vesontio”

Julius Cäsar berichtet in “De bello Gallico”, dass er die Stadt Besançon – damals noch Vesontio genannt – aufgrund ihrer strategisch günstigen Lage im Jahr 58 v. Chr. zum Stützpunkt im Kampf gegen die Germanen machte.

 

Cum tridui viam processisset, nuntiatum est ei Ariovistum cum suis omnibus copiis ad occupandum Vesontionem, quod est oppidum maximum Sequanorum, contendere triduique viam a suis finibus processisse …

 

Heute ist die malerische Stadt – an einer Schleife des Doubs gelegen – Universitätsstadt und das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der Region Franche-Comté.

Quai Vauban und Doubs

Altstadt

Besançon verdankt sein heutiges Aussehen dem umtriebigen Festungsarchitekten Ludwigs XIV., Vauban. Seine raffinierte Befestigungstechnik – eine Zitadelle und drei aufeinanderfolgende Wehrgänge – ist noch zu sehen. Der Quai, mit Umwallung und einer schier endlosen Reihe mit Arkaden versehenen Gebäuden, trägt Vaubans Namen.

Sébastien Le Prestre, Seigneur de Vauban (auch Marquis de Vauban) - 1633 - 1707 - war ein französischer General, Festungsbaumeister Ludwigs XIV. und Marschall von Frankreich.

Die sehenswerte Altstadt besitzt aber auch noch zahlreiche Zeugnisse aus der Römerzeit – wie die Säulen des Square Castan (s. erstes Foto) und – in der Nähe der Kathedrale – die Porta Nigra (auch Porte de Mars genannt), die mit ihren Skulpturen und dem zweigeschossigen Aufbau an einen prachtvollen Triumphbogen erinnert – und das zu Recht:

Die Porta Nigra – geschmückt mit Pflanzenornamenten, Mythologie- und Kampfszenen – wurde einst dem römischen Kaiser Marc Aurel gewidmet.

Marc Aurel oder Marcus Aurelius, war von 161 bis 180 römischer Kaiser und als Philosoph der letzte bedeutende Vertreter der jüngeren Stoa.
Als Stoa (Στοά) wird eines der wirkungsmächtigsten philosophischen Lehrgebäude in der abendländischen Geschichte bezeichnet.

In Besançon, einer Stadt der Künste, lebt das Andenken an zwei berühmte Namen fort, Männer, die hier geboren wurden:
Die Brüder Lumière (1862 und 1864) – die “Erfinder des Cinématographen” (s. Foto rechts)
und der berühmte Schriftsteller Victor Hugo (1802), der den Franzosen (nach Voltaire) als ihr größter Autor gilt. Hugo schrieb u.a. “Der Glöckner von Notre-Dame” und “Die Elenden” (Les Miserables).

rechts das Geburtshaus von Victor Hugo

Blick auf den Turm der Kathedrale Saint Jean (12. Jh.)

Mein Urteil:
Besançon hat wesentlich mehr zu bieten als nur ein Hotelzimmer für die Nacht vor der Weiterreise in den Süden!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Estella – auf dem alten Sternenweg nach Compostela

Ich hatte bei Ean Begg gelesen, dass sich in der Real Basilica von Estella (Provinz Navarra) eine polychrome (mehrfarbige) Holzstatue aus dem 8. Jahrhundert (vermutlich eher 12. Jh.?) befinden soll, die rundum versilbert ist: Pilger aus ganz Europa hätten sie auf ihrem Weg nach Santiago de Compostela aufgesucht.
Das hat mich neugierig gemacht!

Ursprünglich war Estella eine römische Siedlung. Im 11. Jahrhundert gründete König Sancho Ramirez nach dem Erscheinen eines Sternenzeichens die Stadt. Dabei stellte er sicher, dass ein Pilgerweg (damals noch der “Alte Sternenweg”) durch Estella führte.
Heute liegt Estella (baskisch Lizarra) am Camino Francès. Die Kleinstadt ist berühmt für ihre alten Kirchen, Paläste und Klöster, weshalb sie auch das “Toledo des Nordens” genannt wird.
Beide Namen, Estella und Lizarra, bedeuten Stern und werden amtlich benutzt.

No se ve Estella hasta llegar a ella …

In einem spanischen Sprichwort heißt es, dass man Estella seiner Berge wegen erst dann sieht, wenn man schon dort ist:  Der Bergring, der Estella umgibt, schützt die Stadt vor kalten Winden und ist damit für Estellas mildes Klima verantwortlich.

Foto links: Auf dem Weg zur RealBasilica – eine Säulenmadonna

Und wohin man auch sah: Sterne, Sterne, Sterne
(Eingangstür der RealBasilika von Estella)

Der Alte Sternenweg – kurzer Romanauszug aus “Talmi”:
… Als es um den Ausspruch “Das Siegel der Meister ist der Stern” ging, kam Sabot auf die alten Initiationswege zu sprechen: “Zu diesen Wegen zählte auch der sogenannte Sternenweg in Richtung Santiago de Compostela. Aber Achtung: Er ist nicht deckungsgleich mit dem heute bekannten Jakobsweg. Wobei sich mir der Verdacht aufdrängt” – Sabot schmunzelte -, “dass man den Pilgerstrom absichtlich vom alten Weg fernhält.”

“Und weshalb?”, fragte Maury.
“Nun, der Sternenweg hat offenbar mit dem Christentum nur wenig gemein. Leider weiß man heute den Grund nicht mehr, weshalb Menschen in grauer Vorzeit ihn beschritten haben. Das Wissen ging verloren … Es gab übrigens noch andere Wege”, sagte er. “Einer ging von England aus und ein weiterer von Sainte-Odile im Elsaß. Alle Wege führten durch Gegenden, die von Megalithen und Dolmen bedeckt sind. Die Steine verbinden gewissermaßen die heiligen Orte … Bleiben wir beim Sternenweg. Historiker vermuten, er gehörte ursprünglich zu einem riesigen Labyrinth, das sich über die gesamte Pyrenäengegend spannte – eine Art Initiationssystem …”

Real Basílica de Nuestra Señora de El Puy
Im Inneren eine freundlich lächelnde Jungfrau mit Kind und Krone, auf einem Schemel sitzend (s. Foto unten). In ihrer Hand ein blühender Dornzweig, unter ihren Füßen eine große Mondsichel.  Die in Estella verehrte Madonna (vermutlich eine ihrer Vorgängerinnen) wurde im Jahr 1085 in einer Höhle gefunden, nach der Marienerscheinung einiger Hirten. “Mondsichelmadonnen” gibt es viele. Aber was hat es mit ihnen auf sich? Eine Spur führt geradewegs zur Apokalypse – zur Offenbarung des Johannes:

„Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt. Sie war schwanger und schrie vor Schmerz in ihren Geburtswehen. Ein anderes Zeichen erschien am Himmel: ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen auf seinen Köpfen. Sein Schwanz fegte ein Drittel der Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde herab. Der Drache stand vor der Frau, die gebären sollte; er wollte ihr Kind verschlingen, sobald es geboren war. Und sie gebar ein Kind, einen Sohn, der über alle Völker mit eisernem Zepter herrschen wird. Und ihr Kind wurde zu Gott und zu seinem Thron entrückt. (Offb, 12,1–5)

Aber eigentlich begann alles noch viel früher:

Barbara G. Walker schreibt in ihrem Lexikon “Das Geheime Wissen der Frauen” folgendes:

“Ägyptische Inschriften verkünden:
´Am Anfang war Isis, die Älteste der Alten.
Sie war die Göttin, aus der alles Werden wuchs.
Als Schöpfergöttin gebar sie den Sonnenstern,
als er das erste Mal über der Erde aufging`.

 

Das Christentum übernahm also die Sterne. Das sog. “Mondschiff” der Isis jedoch – ihre Barke, die sie so stolz auf dem Kopf trug – tritt die Mutter Gottes heute mit Füßen!

Vielleicht als Zeichen des Sieges über ihre heidnische Vorgängerin?

Fest steht, dass Isis und ihr Sonnenstern vom Christentum weniger verdrängt als erfolgreich absorbiert wurde …

(s.a. mein Artikel “Die Freundinnen der Frauen – Schwarz bin ich, aber schön …)

(Fotos bitte durch Anklicken vergrößern!)

Das Kircheninnere ist gotisch – und wie ein einziger Stern konzipiert!
*

(Foto links – eine Kopie der der Nostra Seniora del Puy)

Vielen Dank für Ihr Interesse!

Helene L. Köppel

Ein Kultplatz aus alter Zeit – Santuari de la Mare de Déu del Far

Eine Zufallsentdeckung im September 2015

Wir befinden uns in Katalonien, in einer schwer zugänglichen Gegend zwischen den Regionen Garrotxa und La Selva, und zwar im Gemeindebezirk Susqueda, wo sich das Heiligtum de la Mare de Déu del Far befindet. (Mare de Déu = Mutter Gottes, Far = Licht, Leuchtturm)
Dieser verschwiegene Ort liegt oberhalb einer Steilklippe, etwa
elfhundert Meter über dem Meeresspiegel. Die Landzunge selbst ragt wie ein Schiffsbug in die Landschaft. Vom Mirador aus erwartet den Besucher eine atemberaubende Rundumsicht auf Wälder, Wasserfälle, Tafelberge, Vulkane – sowie auf die schimmernden Susqueda Wasserreservoirs.

(Blick von der Aussichtsplattform auf die Umgebung. Alle Fotos können durch Anklicken vergrößert werden!)

Die Kapelle del Far

ist von außen eher unspektakulär. Das ursprüngliche Gebäude aus dem Jahr 1269 wurde durch ein Erdbeben zerstört. Der Neubau – ein rechteckiges Schiff mit Gewölben erinnert an eine steinerne Grotte. Es bildet einen Komplex mit einem weiteren Gebäude – dem Haus eines ehemaligen Eremiten.

Mare de Déu del Far

Verehrt wird hier eine ganz besondere Madonna: Der Korpus ist aus Alabaster gefertigt, eine Gipsart, weicher als Marmor, die hier überall abgebaut wird. Auch die Romanischen Madonnen, die im Episkopal-Museum von Vic stehen, sind teilweise aus Alabaster. Die Far-Madonna stammt angeblich aus dem 11. Jahrhundert. (Ich selbst hätte sie im 13. Jh. verortet.) Sie wurde im Jahr 1922 restauriert und farbig bemalt.

(Foto rechts – die Alabaster-Madonna aus dem 11. Jh.
Foto unten eine Votivgabe)

 

Neugierde siegt

Meine langjährige Gewohnheit, bestimmte Kirchen mindestens in einer Richtung fußläufig zu umrunden, hat sich auch hier ausgezahlt: Ich saß bereits im Auto, weil es regnete, als mein Blick auf eine Art “Hain” fiel. Ich stieg wieder aus und betrachtete mir die Sache näher. Dabei entdeckte ich das ursprüngliche Santuarium del Far, das in keinem mir vorliegenden Reiseführer Erwähnung fand. Der steinreiche Kultplatz ist heute ein Ort der Stille und Einkehr …

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(Foto durch Anklicken vergrößern!)

Ein Hain, ein altes Quellheiligtum …

In alter Zeit waren Heilige Haine bestimmten Göttern oder auch Nymphen geweiht. Sie lagen stets im Schatten, im Schutz von Bäumen und Sträuchern, und dienten der Opferung und dem Gebet.
Über einen Heiligen Hain der Kelten in der Nähe von Marseille schreibt u.a. Annaeus Lucanus (39-65 n. Chr.), ein Neffe von Seneca d.J., in seinem Epos Pharsalia
(Caesar hatte den Befehl gegeben, den Hain abzuholzen, um Stämme für das Belagerungsgerät von Marseille zu bekommen):

“Ein Hain in der Nähe war seit Menschengedenken nicht mehr angetastet worden. Seine verschlungenen Äste umfingen und verdunkelten den Luftraum und spendeten kühlen Schatten, denn die Sonnenstrahlen wurden hoch oben abgeschirmt. Hier werden Götter mit barbarischen Riten verehrt; auf den Altären schichtet man schauerliche Opfergaben auf, und jeder Baum ist schon von Menschenblut bespritzt. Hier fürchten sich die Vögel zu sitzen und die wilden Tiere zu lagern. Weder der Wind noch die aus schwarzen Wolken geschleuderten Blitze trafen je diesen Wald, und obwohl die Blätter keinem Lufthauch ausgesetzt sind, zittern die Bäume von innen her. Es fließt auch viel Wasser aus dunklen Quellen, und düstere, kunstlos geschnitzte Götterstatuen ragen unförmig aus den Strünken …”

 

Wem wurden hier Opfer dargebracht? Der Göttin Isis?

Dass es sich einst um eine heidnische Stätte, einen Kultplatz, gehandelt hat, beweist auch die kleine uralte Figur hinter den Gitterstäben. Auffällig die hohe Krone und der ungewöhnliche – an ein Mieder oder gar an ein Musikinstrument erinnernde – Gegenstand unterhalb der rechten Brust. Auch diese Figurine ist aus Alabaster gefertigt. Möglicherweise handelt es sich bei ihr um die Vorgängerin der Madonna aus dem 11. Jahrhundert, die in der Kirche von Far verehrt wird. So zierlich und aufrecht stehend, mit dem auffälligen “Thronsitz” auf dem Kopf, könnte es sich um eine “Isis lactans” gehandelt haben, die dem Horusknaben die Brust reicht, ihm göttliche Stärke einflößt. Der Isis-Kult war in späthellenistischer bis nachchristlicher Zeit weit verbreitet. Erst vier Jahrhunderte später verwandelte sich Isis stillschweigend in “Maria mit dem Jesuskind”, wobei man Maria mitunter mit dem Mondschiff der Isis unter den Füßen darstellte, z.B. in Paris, Notre Dame.
(s. auch meinen Artikel “Schwarz bin ich, aber schön”)

Oder gar Kybele?

Als ich mir den wasserspeienden Löwen näher betrachtete, kam mir spontan die Göttin Kybele in den Sinn, deren Attribut der Löwe ist. Kybele war eine Magna Mata, eine universelle Göttermutter aus Phrygien, eine Berg- und Naturgöttin, in vielen Ländern und Städten beheimatet – z.B. in Madrid (Kybele-Brunnen) oder in der Stadt Lyon, wo ein bedeutender Kybele-Tempel stand, der stolze 86 auf 53 Meter maß. Verehrt wurde diese Göttin unter vielen Namen, auch unter “Artemis”.
Die Kirchenväter der “neuen Lehre” hassten Kybele: Der Heilige Augustinus nannte sie eine “Hurenmutter”, “die Mutter nicht der Götter sondern der Dämonen”. Doch der alte Kult trotzte dem Christentum: Im 2. Jh. n. Chr. gründete Montanus, ein Kybele-Priester, eine neue Sekte. Er gesellte Kybele den Knaben Attis zu, (ein Pendant für Jesus) und behauptete, dass Frauen, die in Kybeles Dienst standen, predigen und weissagen durften wie die Männer. Das konnte sich das christliche Patriarchat nicht bieten lassen! Im Jahr 380 erklärten die römischen Kaiser Theodosius I., Gratian und Valentinian II. das Christentum zur Staatsreligion – doch der weströmische Kaiser Eugenius (392-394) setzte weiterhin heidnische Senatoren ein, die die Magna Mater verehrten. Gleichwohl wurden die Anhängerinnen des Montanus zu Ketzerinnen erklärt und umgebracht, indem man sie in ihren Kirchen einschloss und sie bei lebendigen Leibe verbrannte. Im Jahr 431 versetzte man der Magna Mata endgültig den Todesstoß: Auf dem Konzil zu Ephesos wurde Maria zur Mutter Gottes (Theotokos – Gottesgebärerin) erklärt.

 

Und wie verhielt es sich jetzt mit der alten Quellgöttin von Far? Ich vermute, sie war einst keine Isis, auch keine Magna Mata, sondern “nur” eine kleine Bona Dea – eine von den Einheimischen verehrte Muttergöttin des Lichts! 🙂

Noch zwei kleine Hinweise:
Die Straßen in den Katalanischen Pyrenäen sind meist in einem sehr guten Zustand.
Hinter der Kirche del Far befindet sich ein Restaurant:

Adresse: Santuari El Far
Carretera del Santuari del Far S/N
17176 SANT ESTEVE D’EN BAS (SUSQUEDA)
Tel: 972190169
//www.santuaridelfar.com/santuari-de-la-mare-de-deu-del-far.aspx

Lost in Time – in Castellfollit de la Roca

Castellfollit de la Roca ist eine katalanische Gemeinde in der Provinz Girona im Nordosten Spaniens. Der Ort mit ca. 1000 Einwohnern liegt malerisch auf einem mehr als fünfzig Meter hohen Basaltmassiv, umgeben von den Flüssen Fluviá und Toronell und eingebettet in den einzigartigen Naturpark der Vulkanlandschaft von La Garrotxa. Die in engen, schattigen Gassen liegenden Häuser der Altstadt sind traditionell aus Vulkangestein erbaut.

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(Die Fotos können zum Vergrößern angeklickt werden)

Die Kirche San Salvador aus dem 13. Jahrhundert wurde möglicherweise von den Tempelrittern gebaut. Sie ist heute gänzlich ausgeräumt und dient als Museum. Von der davorliegenden Plaza Josep Pla, aber vor allem vom Turmfenster der Kirche aus (man darf hinaufsteigen!) bietet sich dem Besucher eine atemberaubende Rundumsicht auf die Garroxta …

Links unten – ein schönes Tatzenkreuz der Templer, rechts eines der vielen Häuser, die aus Vulkangestein erbaut wurden …

Verschlafene Gässchen in der Morgenruhe …

eine Heilige Barbara mit dem Turm …

… und im Museum ein Riese.

Der “Riesenkult” in Katalonien hat verschiedene Ursachen. In Olot, einer einer benachbarten Stadt – bekannt für ihren farbenprächtigen Umzug der Giganten -, hat man auf dem erloschenen Vulkan einen exorbitanten Fußabdruck entdeckt – den sog. Petjade del Gegant.
In meinem Thriller “SALAMANDRA” nehme ich Bezug auf die katalanische Tradition der Riesen:

“… Begonnen hatte der Hype aber bereits mit den ersten Fronleichnamszügen im 14. Jahrhundert. Schon damals war der gläserne Sarg mit der Christusfigur von einer Schar Symbolgestalten begleitet gewesen, teils mit biblischem Bezug, teils mit Anleihen aus örtlichen und heidnischen Legenden – worunter wohl auch der ´Kopf des Fliegenfängers` fiel, von dem Bernadette im Internet gelesen hatte …”

 

LOST IN TIME?
Als ich im Herbst 2014 Castellfollit de la Roca besuchte, war tatsächlich nichts los im Ort. Es langweilten sich selbst die Hunde … 🙂
Aber ich bin ehrlich: Mir gefiel das.

Eine kleine Tourist-Info zu den Preisen im spanischen Teil Kataloniens:

Eine Cornetto-Eistüte und eine große Flasche Mineralwasser in einem Tante-Emma-Laden kosteten in Castellfollit de la Roca zusammen 1.25 Euro! Da kann man nicht meckern!
Noch etwas: Auch die örtlichen Bäckereien sind nicht zu verachten! Lecker, lecker! 🙂

 

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Helene Köppel

Der Bahnhof von Canfranc – Doktor Schiwago lässt grüßen!

Canfranc ist ein kleiner Ort in den spanischen Pyrenäen an der Grenze zu Frankreich. Es liegt im Tal des Aragón, südlich des Somportpasses in der Provinz Huesca der Autonomen Gemeinschaft Aragonien …

Canfranc entstand im Mittelalter als Grenzstation. Den Namen Campus Francus (etwa: Freies Feld) soll es aufgrund der Aufgabe für seine Bewohner erhalten haben, den Weg für Reisende und Pilger stets frei von Hindernissen zu halten. Die Reste des im 12. Jahrhundert nahe der Pfarrkirche gegründeten Pilgerhospizes sind nicht mehr zu besichtigen. Doch hat man vor kurzem die Reste einer mittelalterlichen Burg ausgegraben.

Zur Geschichte des Bahnhofs

In meinem Roman Blut.Rote.Rosen erzählt der Tolouser Kommissar Maurice Claret über Canfranc folgendes:

” … Der Ort spielte im Zweiten Weltkrieg eine nicht unbedeutende Rolle. 1928 eröffnet, wurde die Bahnlinie, die von Pau nach Canfranc führte, bereits 8 Jahre später wieder eingestellt; ja die Frankisten mauerten damals sogar den Somport-Tunnel zu. Im März 1940 jedoch nahm man den Verkehr plötzlich wieder auf. Zum einen flüchteten über Canfranc zahlreiche Juden und Widerstandskämpfer. Zum anderen versorgte Franco auf dem umgekehrten Weg Hitler mit Eisen- und Wolframerz zur Waffenherstellung. Das geschah selbst noch 1943, als der Wolframerz-Handel von den Alliierten bereits verboten war. Im Gegenzug erhielt Spanien Gold. Tonnenweise!”

© H.L.Köppel

 

 

 

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Es war Gold, das die Nazis von KZ-Häftlingen erbeutet hatten, z.B. “Melmer-Gold”, von dem ein ganzer Lastwagen voll bis heute spurlos verschwunden ist. Wenn man sich die Umgebung anguckt, kann das noch immer irgendwo in den Bergen versteckt sein.

Canfranc – Filmkulisse für Doktor Schiwago

Den Grundstein für dieses imposante Gebäude inmitten der Bergwelt legte König Alfonso XII. Sein Nachfolger, Alfonso XIII. und der französische Präsident Gaston Doumergu weihten es nach über 70jähriger Bauzeit im Jahr 1928 ein. Das Bauwerk – Jugendstil gepaart mit Klassizismus – war einzigartig in Europa, ein Traum aus Stein, Glas und Marmor. Es beherbergte u.a. eine Bar und ein Nobelhotel. Exclusiv war vor allem der große Wartesaal mit seinen Marmorwänden und Jugendstillampen.

Hier lag wohl der Grund, dass man sich für Canfrac als weiteren Drehort und Hintergrund für den Film “Doktor Schiwago” entschied.

Ein Hinweis für Touristen: Die vielfach geplünderten Gebäude des Bahnhofs von Canfranc sind heute nur noch mit Führung zu besichtigen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Helene Köppel

(E-Book + Taschenbuch)

Auf der Weiterfahrt zum schönsten Bergdorf dieser Pyrenäenregion: LESCUN