Ein Streifzug durch die Katharerzeit

Welche Gründe hatten die Menschen im Mittelalter ihrer Kirche den Rücken zu kehren?

(Foto Saint-André, “Simiot” – ein Höllentier)

Neben den bereits erwähnten Glaubensunterschieden lag es an der immer weiter um sich greifenden Prunksucht und Vetternwirtschaft der Katholischen Kirche, dass sich die Menschen von ihr abwandten. Nicht wenige Priester traten mit ihrer Lebensweise, ihren Machtansprüchen, ihrer Gier, ihrem Geiz, das „wahre Evangelium“ mit den Füßen. „Sie leben vom Schweiße anderer“ – solche und ähnliche Aussagen über die katholischen Würdenträger konnte man im 12. Jahrhundert nicht nur in Südfrankreich vernehmen.

Auch aus den Liedern der Troubadoure sprach nicht selten der tiefe Hass auf Rom, der in den Herzen vieler Menschen schwelte:

„Rom, dein Netz, das weißt du wohl zu werfen und Dinge, die dir nicht gehören, wohl zu raffen, denn hinter dem Gesicht des zarten Lammes – Herz eines hungrigen Wolfes und eine Schlange unter der Mitra! Vipern und Teufel gesellen sich in deiner Kammer zu infernalischer Freundschaft!“ (Guilhem Figuera)

“Satan schickt seine Dämonen aus, um die Liebhaber zu verschwenderischen Gelagen und unzüchtigen Umwerbungen der Damen zu verleiten.”
(Aus dem Bilderzyklus des Breviari d’Amor von Matfré Ermengaud, einem 34.000 Verse umfassenden Lehrgedicht, 14. Jhd; (Quelle Netz: Informationsdienst Wissenschaft )

Die katharischen Vollkommenen (Perfekte/Parfaits) hingegen, zogen zu zweit im Land umher, barfüßig oder in Sandalen, mit einem schwarzen mönchsähnlichen Rock und Kapuze angetan. Sie hielten nichts von denen, die Reichtümer ansammelten oder das Schwert im Gürtel trugen. Sie arbeiteten auf den Feldern mit, lehrten die Kinder, pflegten die Kranken. Dabei gingen sie auf Seelenfang. Sie verbreiteten ihre gnostische Lehre und das Neue Testament, das von katharischen Gelehrten vom Lateinischen in die okzitanische Sprache übersetzt worden war. Verachteten die Katharer zu Beginn ihres Wirkens noch die Bildung, stellten sie sich bald um. Unterstützt vom Adel wurden rhetorisch begabte Anwärter zum Studium nach Paris geschickt. Studiert wurden Philosophie, Theologie, Latein, Griechisch, Arabisch, Hebräisch. Vieles wurde an das einfache Volk weitergegeben, so dass die Inquisition später behauptete. “Wer lesen kann, der MUSS Katharer sein!”

Südfrankreich und die Paratge:
Dieser Begriff bedeutet vereinfacht: Achtung vor jeder Person und Gleichheit der Seelen.  In Okzitanien gab es so gut wie keine Leibeigenen. Jeder Bauer konnte zu Grund und Boden gelangen, jeder Bürger Ritter werden. Frauen durften selbständig Handel treiben und ihre Meinung kundtun. Die Grafen teilten sich ihre Macht mit frei gewählten Konsuln.

Ein weiterer Dorn im Auge der Okzitanier waren neben der Prunksucht der Geistlichen, die hohen Abgaben. Die katharische Kirche verlangte den Zehnten nicht, während die katholische obendrein noch ein Achtel der Getreideernte einforderte.

Die Frauen im Süden Frankreichs

Auffällig war es, dass es besonders viele Frauen zu den Katharern zog, Witwen, unverheiratete Frauen, Ehefrauen, auch sie konnten sich schulen lassen, studieren, die Geistweihe erhalten und predigen – was die katholische Kirche noch heute nicht gestattet. Durch das überlieferte Recht, von der Erbfolge nicht ausgeschlossen zu sein – ein Erstgeburtsrecht gab es in Okzitanien nicht – kamen nicht wenige adelige Frauen in den Besitz der väterlichen Burg oder eines Domizils ihrer Ahnen. In diesen Katharerhäusern bildete man lange Zeit offen, später natürlich heimlich, die Kandidaten für das Consolamentum (Geistweihe) aus, dort bereiteten sich die Vollkommenen auf ihre Pflichten vor.

In einigen Gegenden Südfrankreichs gab es sogar deutlich ausgeprägte Frauenrechte, eine Art Matriarchat. Zog beispielsweise ein Mann in das Haus seiner Frau ein, so übernahm er den Namen der Schwiegermutter, die nicht selten den Ehrentitel “Na” (für Domina) trug.

Dennoch hatte die Erlaubnis der Frauen, sich zur Vollkommenen, zur parfaite, weihen zu lassen, nichts mit Emanzipation, wie wir es heute verstehen, zu tun. Die Engelseele steckte nach katharischem Verständnis in ihrem irdischen Gefängnis, dem Körper. Einen Engel wagte man sich aber ausschließlich von männlichem Geschlecht vorzustellen. Deshalb behaupteten die katharischen Gelehrten (Notlösung?), dass die weibliche Seele  durch die Geisttaufe zu einer männlichen würde.

Die Waldenser (eine weitere christliche Laienprediger-Bewegung aus dem Süden Frankreichs, gegründet von Petrus Waldes, einem reichen Kaufmann aus Lyon), dachten konzilianter über diese Fragen. Einer ihrer Vertreter, Raymond de la Cóte, bestritt ausdrücklich die Möglichkeit (und damit wohl auch die Notwendigkeit) eines solchen postumen Geschlechtswandels der Frauen. „Jeder“, sagte er, „wird in seinem eigenen Geschlecht wiedergeboren!“
Das Glaubensbekenntnis der Waldenser wich übrigens in vielen Fragen nicht annäherend so wesentlich von der katholischen Lehre ab, wie das katharische.

Roms Antwort

Roms Antwort auf diese für die katholische Kirche gefährliche Bewegung bestand aus Feuer und Schwert – und irgendwann aus Schweigen. Dem Verschweigen unbeschreiblich grausamer Vorgänge, die die fast vollständige Ausrottung der Ketzer zur Folge hatte.

 

„Der Katharismus lehrte allein die Rettung der Seele und lehnte die Welt als Werk des Teufels ab. Der Katholizismus vertrat die Erlösung des Leibes und der Seele und sah in der Welt die Schöpfung Gottes.“
(M. Benad, Domus und Religion in Montaillou, S. 310)

***

Die Historischen Romane von Helene L. Köppel gibt es als Taschenbuch bei BOD als als Kindle-E-book bei Amazon. 

Liebster-Award (2017)

Karl-Heinz Stabel, verantwortlich für den wunderbaren Blog

PROVENCE IN WORT UND BILD
////www.provenceinwortundbild.de/liebster-award/

hat mich für den Liebster-Award nominiert und mir

11 Fragen

gestellt, die ich hier gerne beantworten will.

(Ich habe vor drei Jahren schon einmal am Liebster-Award teilgenommen, aber damals ging es ums reine Bücherschreiben.)

Vielen Dank, lieber Karl-Heinz Stabel, dass Du an mich gedacht hast!

 

 

Und hier geht es zu den Fragen:

1. Was war der ursprüngliche Grund für Dein Blog?
Eine echte Leidenschaft hat mich jedenfalls nicht dazu getrieben, neben dem Schreiben von Romanen eine eigene Website + Blog zu gestalten. Zuerst hatte ich nur auf meine Bücher aufmerksam machen wollen, dann habe ich gemerkt, wieviel Spaß es macht, auch über meine Reisen nach Frankreich zu berichten.

2. Was reizt Dich besonders am Reisen?
Vor allem Frankreich inspiriert mich. Dieses Land bietet mir seit Jahren alles, was ich zum Schreiben, aber auch zum Durchatmen brauche: eine vielfältige Landschaft, alte Geschichte und Geschichten, reichhaltige Kultur und große Herzlichkeit. Die berühmte Kollegin Donna Leon hat ihren Inspektor Brunetti in Venedig angesiedelt; mein Kommissar Claret wirkt in Toulouse, in Collioure, in Arles, am Canal-du-Midi oder in den Pyrenäen – also überall dort, wo ich mich auskenne.

3. Welche Ziele verfolgst Du mit Deinen Reisen?
Ich interessiere mich besonders für die jeweilige Kultur der Länder, die ich bereise – und für ihre Geschichte. Immer nur am Strand herumliegen, gefällt mir nicht. Ich muss unterwegs sein. Aber ich sitze auch mal gerne im Café, beobachte die Leute um mich herum und mache mir Notizen.

4. Wo würdest Du am liebsten leben?
Das ist schnell beantwortet: In Collioure – meiner Wahlheimat!
Collioure ist ein bezauberndes Hafenstädtchen im Roussillon (Südfrankreich), wo die Pyrenäen gewissermaßen ins Meer fallen. Zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen – an einem neuen Roman zu arbeiten und dabei die Beine baumeln zu lassen – das ist für mich das ultimative Urlaubsparadies! ?

5. Wie planst Du Deine Reisen?
Stoße ich in meinen Büchern/Rechercheunterlagen auf einen interessanten Ort, den ich gerne besuchen möchte, setzte ich diesen auf eine Liste. Ein halbes Jahr vor Reiseantritt wird nachgeschaut, was zeitlich und entfernungsmäßig machbar ist. Dann buche ich im Internet die jeweiligen Unterkünfte und bereite mich weiter auf die Reise vor.

6. Was ist Deine Lieblingsbeschäftigung?
Kurz zusammengefasst: Reisen, Recherchieren und Schreiben!

 

7. Welche Erlebnisse hattest Du mit fremden Menschen bei Deinen Reisen, positiv wie negativ?
Spontan erinnere ich mich – nein, nicht an die Bergziege, die ich fast überfahren hätte! -, sondern an eine lustige Begegnung, die jedoch Folgen hatte: Als ich vor drei Jahren erstmals das Kloster Marcevol (Pyrenäen) besuchte – den Schauplatz meines letzten Thrillers, lag vor dem Eingang, mitten im Gras, ein schlafender Mann. Das gefiel mir – und ich habe nach meiner Rückkehr dem Fremden spontan eine Rolle in meinem Roman verpasst.

Pst! Keine Angst: Er gehört zu den Guten!

8. Was würdest Du jedem Reisenden vor einer Reise empfehlen?
Die Augen offenzuhalten.

9. Was alles nimmst du mit auf deine Reisen?
Neben dem üblichen Kram, packe ich meine Kiste mit Reiseführern ins Auto, meinen Laptop, Fotoapparat etc., und meinen Reader. Ah, das Wichtigste hätte ich jetzt fast vergessen: MEINE TASCHENLAMPE – für die finsteren Ecken in den Burgen oder Kirchen!

10. Welches sind Deine Informationen um das richtige Reiseziel zu finden?
Meine Informationen hole ich mir oft aus den einschlägigen Reiseführern, aus Foren und Blogs.

11. Wie würdest Du Dich selbst beschreiben?
Neugierig und offen.

Jetzt überlege ich mir noch, welche mir bekannten Blogger ich an dieser Stelle nominiere und stelle auch gleich meine Fragen:

  1. Blogger sind neugierige Menschen. Wie sieht Dein Alltag für gewöhnlich aus?
  2. Den Seinen gibt`s der HERR im Schlaf? Wie kamst du zum Bloggen?
  3. Gibt es Vorbilder, die Dein Leben und Deine Arbeit beeinflusst haben?
  4. Ich bin ein Mensch. Nichts Menschliches ist mir fremd … Gestattest Du Dir gelegentlich die eine oder andere Torheit?
  5. Über welches Thema brütest Du am liebsten?
  6. Hannibal überquerte die Alpen. Welche Reisen haben Dich nachdrücklich beeinflusst?
  7. Nichts ist so schwierig, als dass es nicht erforscht werden könnte! Wieviel Kraft und Zeit steckst du für gewöhnlich in die Recherche für Deinen Blog?
  8. Welche Hobbies pflegst Du außerhalb des Bloggens?
  9. Luxuria. Was zählt für dich zu den Annehmlichkeiten des Lebens?
  10. Frisch begonnen, ist halb gewonnen? – Bist du ein Morgen- oder ein Nachtblogger?
  11. Hast du ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch deine Blogs zieht?

Troyes – ein zweites Rom?

(Alles Fotos von HLK können angeklickt und vergrößert werden)

Troyes ist eine interessante und sehenswerte Stadt im Nordosten Frankreichs, Verwaltungssitz des Départements Aube in der Region Grand Est. Troyes liegt an der Seine und hat ca. 60 000 Einwohner.

Geschichtliches:

Der ehemalige Hauptort des Keltenstammes der Tricassen (Tricassii oder Tricasses) wurde von den Römern Augustobona Tricassium oder Augustomana Tricassiorum genannt (bei Ptolemaeus).
Im 4. Jahrhundert wurde die Stadt Bischofssitz. Westlich von Troyes fand 451 die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern zwischen Attila und Aëtius statt.
 

Die berühmte Ruelle des Chats – das Katzengässchen

Im 10. Jh. Residenzstadt der Grafen der Champagne – im Besitz des Grafenhauses Vermandois, einer Linie der Karolinger.

Unter der Herrschaft der Grafen der Champagne organisierte sich einer der ersten Geldmärkte Europas.

In Troyes wirkte unter anderem Raschi (1040–1105), einer der bedeutendsten jüdischen Gelehrten des Mittelalters. Seine Familie besaß einen Weinberg, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestritt. Sein Vater war ein Gelehrter und der erste Lehrer seines Sohnes.
1055 ging Raschi zunächst nach Mainz und dann nach Worms, um dort an den jüdischen Lehrhäusern, die zu den bedeutendsten in Europa gehörten, zu studieren.

Seine berühmten Kommentare, die er in Troyes niederschrieb, werden noch heute in den meisten jüdischen Bibeln und im Talmud mit abgedruckt.

Moses mit den Gesetzestafeln

Troyes – ein zweites Rom?
Nicht nur im Mittelalter, auch noch während des ganzen 16. Jh, trafen sich in Troyes die besten Baumeister, Steinhauer, Holzschnitzer und Glasbläser ihrer Zeit.

Es gab hundert Türme in der Stadt, was ihr tatsächlich den Ruf eines zweiten Roms eintrug.

 Nachstehend das runde Haus des ehemaligen Goldhändlers Rouze

Auf der Suche nach dem Heiligen Gral

Im Jahr 1129 fand hier das Konzil von Troyes statt. Heute ist nur noch einer der damals verhandelten Tagesordnungspunkte bekannt: Der Orden der Tempelritter (Arme Ritterschaft vom salomonischen Tempel) erhielt hier seine feste Regel. Anwesend waren die Templer Hugo von Payns und Andreas von Montbard. Umstritten war lange die Bedeutung, die Bernhard von Clairvaux auf dem Konzil spielte.
Etwa zur gleichen Zeit wie das Konzil wurden in Troyes zwei der sechs Jahrmärkte oder Messen abgehalten, für die Champagne berühmt war. Hier wurden Waren von den Niederlanden (Tuch) bis Italien (Seide, orientalische Waren) gehandelt.

Chrétien de Troyes

Als Troyes Residenz der Grafen von Champagne war, wirkte hier der mittelalterliche Dichter Chrétien de Troyes (etwa 1140–1190). Auf ihn geht die Parzival-Erzählung um die Suche nach dem Heiligen Gral zurück.

Troyes ist heute eine Wohlfühlstadt: Die vielen farbenprächtigen mittelalterlichen Häuser mit ihren Fachwerkmauern, Spitzgiebeln, Erkerbauten und Türmchen sind eine Augenweide!
Als ich mich im September 2015 für zwei Tage hier aufhielt, erinnerte ich mich an meinen ersten Besuch im Jahr 2004 und daran, dass ich hier den besten Cappuccino meines Lebens getrunken hatte. Und siehe – ich entdeckte das Café wieder und der Cappuccino war noch immer extrem lecker! (Lag aber vielleicht an der großen Portion Sahne obenauf oder auch nur daran, dass ich hundemüde war vom vielen Herumlaufen und Fotografieren.)

Es existiert ein weiterer Troyes-Bericht über die interessante Kirche Sainte-Madeleine!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Helene L. Köppel

Ein weiteres Interview (2017)

Meine geschätzte Autorenkollegin Helga P. Schubert hat mir fünf Fragen über meine Arbeit gestellt – hier geht es zum Interview:

//hpsch.blogspot.de/

Vielen Dank, Helga!

Was bedeutet für dich das Schreiben?

Das Schreiben ist für mich eine ständige Herausforderung – aber ich knacke gerne harte Nüsse. So verknüpfe ich z.B. meine Gegenwartsthriller oft mit mysteriösen Geschichten aus der Vergangenheit: Geschichte hinter den Geschichten. Von Anfang an war für mich das Romanschreiben aber auch ein Ausdrucksmittel für Emotionen. Meine Figuren zum Leben zu erwecken, ihr Innerstes nach außen zu kehren, das gefällt mir. Dass man dabei auch seine, ach so sensible Autorenseele aufblättert, ist bekanntlich kein Gerücht, sondern eine Tatsache.

Deine Romane spielen in Frankreich. Was hast du für eine Beziehung zu dem Land?

Frankreich inspiriert mich. Dieses Land bietet mir seit Jahren alles, was ich zum Schreiben, aber auch zum Durchatmen brauche: eine vielfältige Landschaft, alte Geschichte und Geschichten, reichhaltige Kultur und große Herzlichkeit. Die berühmte Kollegin Donna Leon hat ihren Inspektor Brunetti in Venedig angesiedelt; mein Kommissar Claret wirkt in Toulouse, in Collioure, in Arles, am Canal-du-Midi oder in den Pyrenäen – also überall dort, wo ich mich auskenne.

Wie läuft üblicherweise die Recherche für deine Bücher ab?

Ich bin neugierig, will immer alles genau wissen. Deshalb recherchiere ich gerne. Stoße ich auf eine Story, für die es sich lohnt, ein, zwei Jahre am Schreibtisch zu sitzen, besorge ich mir zuerst die entsprechende Begleitliteratur. Ich plotte, schreibe die Rohfassung – und mache mich dann erst auf den Weg nach Frankreich zu den Romanschauplätzen. Neue Erkenntnisse, Landschaftsbeschreibungen etc. arbeite ich später ein – und manchmal auch private Reiseerlebnisse. Diese sind dann oft “das Salz” im Roman, denn: Wer nichts erlebt hat, hat auch nichts zu erzählen!

Wie erzeugst du eigentlich ganz allgemein die Spannung in deinen Romanen?

Den Spannungsverlauf im Roman so hinzubekommen, dass der Leser später “nägelkauend” im Sessel sitzt, ist für jeden Autor eine Herausforderung. Ich versuche, die Spannung weniger durch blutige Szenen zu steigern, sondern durch subtilen Nervenkitzel und geschickten Szenenwechsel. Dabei verlasse ich mich weitgehend auf mein Bauchgefühl – und auf meine Figuren, die ich sehr gut kennen muss. Nur wenn ich weiß, wie mein Personal “tickt”, kann ich die “Stellschraube Spannung” anziehen oder lockern, je nach dem.

Schmiedest du schon neue Pläne für ein weiteres Buch?

Ja, ich schmiede … Im Juli 2017 erscheint ein neuer Historischer Roman, ein Herzensprojekt, an dem ich zwei Jahre gearbeitet habe. Dieses Buch bringt meine Katharer-Romane zum Abschluss; danach plane ich eine Taschenbuch-Neuauflage der nun 6-bändigen Reihe. Parallel befasse ich mich im Kopf mit Band 5 meiner HLK-Südfrankreich-Thriller. Maurice Claret, der als Kommissar übrigens eine eigene Facebook-Seite pflegt, scharrt schon ungeduldig mit den Füßen. Langfristig plane ich etwas völlig Neues, nämlich einen fetzigen Reisebegleiter für Südfrankreich-Fans.

Vielen Dank!

 

“Es gibt eine Zeit, die nass macht …”

 

Jedes Jahr ein neuer Roman?

 

Bei meinen ersten beiden Romanen war das so, aber nur, weil ich in der Wartezeit bis zum Erscheinen meines Erstlings (2002) bereits am zweiten Roman schrieb, der dann im Jahr darauf auf den Markt kam. Heute – ohne Verlagsdruck – schreibe ich zwar noch immer schnell, oft sprudelt es nur so aus mir heraus, doch ich lasse mein jeweiliges Manuskript gern einige Monate reifen. Ganz im Sinne des Landstrichs, in der meine Romane angesiedelt sind, denn dort sagt man:

"Es gibt eine Zeit, die nass macht und eine, die trocknet."

 

Mein nächster Roman – nach einer wahren Geschichte, die sich im 14. Jh in einem abgelegenen Winkel der Pyrenäen zugetragen hat – erscheint daher erst im Sommer 2017.

Ich bitte also meine geschätzten Leserinnen und Leser um ein wenig Geduld!

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Herzlichst,
Helene L. Köppel

LESEN hält wach – garantiert!

 

Die Geduld hat sich gelohnt:
“Béatris: Kronzeugin der Inquisition” ist auf dem Markt

(E-book + Taschenbuch)

Der Montségur – die Synagoge Satans

Südfrankreich … hat nicht nur Sonne, Meer und Strände zu bieten, sondern auch Berge, Wälder und tiefe Felsenschluchten.
Es ist ein Land der Kontraste: Da gibt es die wildromantische Garrigue mit ihren knorrigen Zwergeichen und dem unvergleichlichen Duft nach Ginster, Rosmarin, Thymian und  Wacholder. Dann die Zistrosen, weiß oder rosafarben. Hier kann man viele Stunden wandern, ohne einem Menschen zu begegnen oder ein Haus zu entdecken. Allenfalls trifft man auf ein paar grasende Esel, wie man sie auch im Mittelalter, vermutlich schwerbeladen, auf dem Saumpfad hinauf zum Montségur hätte finden können …

Kaum eine Geschichte aus dem Hochmittelalter hat die Menschen so bewegt, wie der Fall des Montségur – des heiligen Berges der Katharer, von Rom als die “Synagoge des Satans” bezeichnet.

Der einzige Aufstieg zur Burg war seinerzeit nur über einen gefährlichen Grat möglich …

Auszug aus meinem Roman “Alix: Das Schicksalsrad” (S. 351):

“Als sie am zweiten Tag ihrer Reise aus dem dunklen Wald von Serralongue herauskamen, tauchte unvermittelt der Montségur vor ihnen auf.
´Seht nur, da vorne – das ist er! Dass ich das erleben darf!`, rief Bischof Simorre, der sie begleitete.
Alix zügelte ihren Rappen und reckte ebenfalls neugierig den Hals. Auf ihrem Weg hierher waren sie an etlichen Burgen vorübergeritten, hoch oben an den Fels geklammert, doch das Schauspiel, das jetzt vor ihnen lag, konnte mit nichts verglichen werden. Der Berg selbst war eigenartig: wild und kühn. Die neue Burg jedoch, errichtet von Menschen, die einem brennenden Glauben anhingen, war grandios. Sie lag in der vollen Mittagssonne, schwebte aber zugleich auf einer weißen Nebelbank, die den Pog umschmeichelte. Ein verlockendes Luftschloss, unwirklich, ätherisch …
Noch während sie alle über das seltene Naturschauspiel staunten, kamen die Männer des Burgherrn angeritten, um sie sicher hinaufzugeleiten.”

Der “Sichere Berg” der Katharer …

Der “sichere Berg” der ehemaligen Katharer befindet sich etwa 30 km von Foix entfernt, auf 1216 Meter Höhe. Die Besiedelung geht bis in die Jungsteinzeit zurück. Die Grundfläche der Burg, die von einer gewaltigen Ringmauer geschützt wurde, betrug zu Katharerzeiten ungefähr 700 qm. Es existierte ein mächtiger Bergfried. Auf der Nordseite des Berges wurden für die Verfolgten zusätzlich kleine Hütten errichtet. Die Burg wurde nach langer Belagerung im März 1244 den Franzosen übergeben.

Vierzig Jahre Montségur

Der französische Autor Michel Roquebert* bezieht sich auf die Primärquellen, die von mehr als tausend Personen berichten, die sich zwischen der ersten Gründung der Burg und der Eroberung des Montségur dort aufhielten.
Es handelt sich um eine Zeitspanne von ungefähr 40 Jahren.

Montségur heute:
Das Dorf liegt unterhalb der Burgruine

Das Zusammenleben auf dem Montségur im Mittelalter

Michel Roquebert * schreibt darüber folgendes:

“Die Aufgaben des Gemeinschaftslebens sind auf die verschiedenen Gruppen verteilt. Das castrum hat einen Portier, den Sergeanten Guillaume Gironda. Es gibt einen Müller, den aus Moissac gebürtigen Perfectus Pons Ais, und eine Bäckerin, die Perfecta Guillelme Marty aus Montferrier. Wir wissen, dass die Perfecti und Perfectae (Anmerk. geweihte Männer und Frauen) zum Arbeiten verpflichtet sind. Bei den Frauen gibt es Nähstuben. Die eine stellt unter der Leitung von Marguésia Hunaud de Lanta Frauenkleidung her – Schleier, Hemden, Handschuhe -, eine andere Beinkleider für die Männer. Die Perfecti verfügen über eine Schneiderei, die für die Soldaten Waffenröcke näht – d.h. gesteppte, dick gepolsterte Mäntel. Ein Perfectus, von Beruf Täschner, fertigt auch Schuhe an. Wieder ein anderer ist Barbier.”

Für die Zeitspanne der Belagerung sprechen die Quellen von mindestens 361 Personen, darunter 150 Laien – worunter sich auch die Mitglieder der Garnison befanden.
Allein 29 Personen zählten zur Familie der verantwortlichen Verteidiger des Montségur – es handelt sich um die Feudalherren Ramon de Pereille und Pierre-Roger de Mirepoix (sie waren für die Verwaltung, Verpflegung und die Sicherheit zuständig).
Die religiöse Führung des Montségur übernahm nach dem Tod des berühmten Katharerbischofs Guilhabert de Castres der Katharerbischof des Toulousain, Bertrand Marty (ab ca. 1240).

Auf Seiten der Belagerer zeichneten verantwortlich:
Hugues d`Arcis (der neue Seneschall von Carcassonne) – er wird später die Burg im Namen des Königs von Frankreich in Besitz nehmen -, der Bischof von Albi, der Inquisitor Ferrier und der Erzbischof von Narbonne, Pierre Amiel, der die Katharer 1244 vor die Entscheidung stellte, abzuschwören oder zu brennen. Quellen besagen, zehntausend Mann hätten seinerzeit den Berg belagert; doch ist die tatsächliche Stärke mittelalterlicher Heere schwer zu schätzen. Viele Chronisten dieser Zeit neigten zu Übertreibungen.

Zur Verpflegung der Burginsassen und der Siedlung an Abhang des Montségurs schreibt Roquebert:
“Abgesehen vom Fischfang, dem die Perfecti* im Lasset nachgehen konnten, lebte Montségur, das kein Ackerland besaß, seit 40 Jahren vom Handel mit den Bauern aus den Dörfern der Umgebung … Entgegen dem strikten Verbot der Kirche verkauften diese den Montségurern Wein, Getreide, Öl, Salz, Gemüse und andere Nahrungsmittel.”
(Perfekti=Katharische Vollkommene)

Die Eroberung der Burg Montségur

Kurz vor der Aufgabe der Burg: (aus “Esclarmonde: Die Ketzerin vom Montségur): ” … Die Wurfmaschine des Bischofs tut ihre Wirkung. Unablässig fliegen die Steinkugeln. Wumm … Die Situation für die Bewohner der Burg ist unerträglich geworden. Verrat liegt in der Luft! Die Zisternen hat jemand mit toten Ratten verseucht. Zu verführerisch waren die Versprechungen des Narbonners. Und der Wein – das einzige Getränk, das ihnen da oben bleibt – fängt an, in den Fässern zu gefrieren. So kalt ist jener Winter. Die Herren der Burg, Raymond de Pereille, Pierre-Roger de Mirepoix und der Bischof der Katharer, Bertrand d` en Marti, kommen an einem klirrenden Morgen mit der Friedensfahne den Berg herab. Sie wollen verhandeln. Sie bieten an, unter gewissen Voraussetzungen den Drachenkopf aufzugeben …”

Ein faires Angebot oder Heuchelei?

Die Belagerer – Hugues des Arcis und der Erzbischof von Narbonne bieten den Katharern einen zweiwöchigen Waffenstillstand bis zur endgültigen Übergabe an. “Allen Katharern, die sich bekehren lassen”, hieß es, “allen Faidits” (Widerstandskämpfern aus dem Kleinadel) und Soldaten … bieten wir freien Abzug. Samt Waffen und Gepäck können sie von dannen ziehen!”
Es war jedoch der letzte Satz jenes ausgehandelten Vertrages, der jedermann klarmachte, wie die Geschichte unweigerlich zu Ende gehen würde. Dieser lautete: “Die Unbelehrbaren aber, die noch immer dem falschen Glauben die Treue halten, müssen auf dem Scheiterhaufen brennen!”
Der Erzbischof von Narbonne kannte längst die Unbeugsamkeit der Katharer.  Was er vermutlich nicht ahnte, war, dass 21 Männer – Verteidiger, Ritter, einfache Sergeanten und Knappen -, ebenfalls um die Geistweihe baten, um gemeinsam mit den Katharern zu sterben. Niemand war bereit, zum Katholizismus zurückzukehren.

M. Roquebert schreibt dazu: “Es gab weder ein Tribunal noch einen Prozess noch einen Urteilsspruch. Hugues d` Arcis und Pierre Amiel waren – der eine im Namen des Königs, der andere im Namen der Kirche – spontan zu den Scheiterhaufen des Kreuzzugs zurückgekehrt. Es war wie in den finsteren Tagen, als Simon de Montfort und Arnaud Amaury gemeinsam ´mit großer Freude` massenhafte Verbrennungen anordneten.”

Hohe, dicke Holzpfähle umgeben den Scheiterhaufen. Eine Leiter zum Hinaufsteigen wird angelehnt. Am 16. März 1244 ist es soweit: Hell lodern die Flammen, und der Schnee fängt an zu schmelzen …
Die Verbrennung der über zweihundert Katharer, die sich nach der Überlieferung singend ins Feuer stürzten, hat bis heute tiefe Spuren im Bewusstsein der Menschen hinterlassen. Am “Prat dels Cremats” (Feld der Verbrannten) wurde im Jahr 1960 eine Gedenkstele mit folgender Inschrift errichtet:

“Als Catars, als martirs del pur amor crestian” – “Den Katharern, den Märtyrern der reinen christlichen Liebe”

 

Am Fuße der Stele, dort wo einst der Scheiterhaufen stand, werden noch heute regelmäßig Blumen niedergelegt.
Manche Leute legen auch einen kleinen Stein nieder …

* Michel Roquebert, französischer Historiker und Autor: “L´ Epopée cathare” bzw. “Die Geschichte der Katharer”, Philipp reclam jun., Stuttgart 2012

Lesetipp: Mein “Montségur-Roman” steht zeitlich gesehen an der 3. Stelle meiner Historischen Romane: ESCLARMONDE – Die Ketzerin vom Montségur.

Wie es zum Kreuzzug gegen die Katharer kam und wie alles endete, erfahren Sie auf den nachstehenden Seiten
z.B. Zeittafel zur Geschichte, Teil 1
oder Zeittafel der Geschichte, Teil 2,
Empfehlenswert auch: Ein Streifzug durch die Katharerzeit.
Der Kampf um Toulouse: “Ai Tolosa,1”, und “Ai Tolosa 2”.
Die Geheimen Schriften, Scripta secreta
Die Katharer und ihr Glaube an die beste aller Welten”
Alles über den Kampf um den Montségur
Finale am Montségur
“Ein ketzerisch Lied”
Zu meinen Historischen Romanen