Spannung auf hohem Niveau!
“Die Sache des Fuchses”:
ACHTUNG: Sonderausgabe des Romans “Die Affäre C.”,
mit Originaltexten im Anhang.
Wie der Hase läuft, ist ganz allein die Sache des Fuchses …
Die 33jährige Juristin Sandrine fährt nach Toulouse, um das Erbe Ihrer Tante anzutreten: Vergilbte Dokumente, die die Affäre Calas beleuchten, einen Justizskandal aus dem 18. Jahrhundert. Sandrine will den rätselhaften Fall aufklären, stößt in Toulouse aber nur auf Misstrauen und Ablehnung. Auch ihr Jugendfreund Henri, mit dem sie eine Affäre beginnt, benimmt sich zunehmend sonderbar.
“Liest sich wie ein guter französischer Film, bei dem Alfred Hitchcock der Co-Regisseur war!”
(Klara Bellis, 12.10.2014)
Zum Reinlesen:
Gerade als wir das Zimmer verlassen wollten, klingelte mein Handy.
Sam war am Apparat. Henri verdrehte die Augen, als er mitbekam, mit wem ich telefonierte. Ich legte den Finger auf den Mund, daraufhin verließ er leise das Zimmer.
„Wo bist du?“, fragte Sam. „Ich hab dich nicht richtig verstanden!“
„In Collioure, am Meer!“
„Was machst du dort? Bist du alleine?“
„Was soll das heißen: Bist du alleine? Was geht es dich an?“ Heftig begann mein Herz zu klopfen.
„Wie sprichst du eigentlich mit mir, Sandrine?“ Die Bestürzung, die in seiner Stimme lag, war wohl nicht gespielt.
„Hör zu, Sam. Ich bin nicht hierher gefahren, um mich über dich zu ärgern. Ich will mich über die Feiertage hier erholen. Wenn du nichts Wichtigeres zu tun hast, als mir wegen meiner Reise Vorhaltungen zu machen, so lege ich jetzt auf.“
„Nichts Wichtigeres, sagst du?“ Sam schnaufte komisch. „Mit Gwen ist es aus.“
„Ach, du kannst einem richtig leidtun, Sam!“ Mein Spott sollte über meine Erleichterung hinwegtäuschen und insgeheim triumphierte ich, schmetterten die Siegesfanfaren, und jetzt auch noch mit Henri an meiner Seite, mit Henri in meinem Bett …
Sam schien nervös, er räusperte sich laut. Ich konnte ihn direkt vor mir sehen, wie er unruhig das Telefonkabel unseres alten Apparates entwirrte, der auf dem Sekretär in der Diele stand, um es gleich darauf um seinen Finger zu wickeln. Sicherlich trug er einen seiner Armani-Anzüge, vielleicht den hellgrauen, ein gleichfarbiges Seidenhemd und die perfekt dazu passende grau-rot gesprenkelte Krawatte. Tadelloser Eindruck, kein Fältchen, keine Schweißflecken. Perfekt. Nach außen und nach innen … und dennoch hatte Gwen ihn verlassen.
„Es tut mir wirklich leid“, wiederholte ich jetzt ernst, weil Sam schwieg.
„Es tut dir leid? Warum fragst du nicht nach dem Grund?“
„Ich finde es dreist, Sam, dass du mich anrufst, um dich bei mir über Gwen zu beschweren. Was geht mich die Entscheidung dieser Frau an?“
Er begann zögernd: „Nun, es gibt doch stets einen Grund …“
„Ich will aber ihre Gründe gar nicht wissen.“ Ich wollte vielmehr schnell hier weg, Henri hinterherlaufen, mit ihm lachen, reden, Steine ins Meer werfen, Muscheln essen. Kein Sam. Keine Gwen. Keine Affäre Calas. Weit und breit nur das unendliche Meer.
„Du bist der Grund, Sandrine! Du!“ Sams vorwurfsvolle Stimme überschlug sich.
„Ach komm, Samuel Feuerbach, jetzt mach einen Punkt. Du bist gekränkt und verletzt, weil dir deine Geliebte den Laufpass gegeben hat. Lass mich gefälligst in Ruhe und such dir irgendwo jemand anderen, bei dem du dich ausheulen kannst.“
„Sandy, ich bin entsetzt. Du hast dich sehr zu deinem Nachteil verändert, seit du da unten bist. Daran ist bestimmt dieser Kerl schuld. Komm wieder nach Hause, ich bitte dich. Setz dich ins Flugzeug … oder nimm meinetwegen das Auto.“Nach einer kurzen Weile des Schweigens, nicht des Überlegens, sagte ich leise: „Sam, dieser Kerl, wie du ihn nennst, fickt mich, und zwar ganz wunderbar, und ich komme sicherlich so schnell nicht wieder nach Hause.“
Ich hörte wie Sam scharf die Luft einsog. Es war nie meine Art gewesen, so zu reden, doch ich hatte das Gefühl, sehr deutlich sein zu müssen.
„Ist das dein letztes Wort?“, stieß er hervor.
Ich schaltete das Handy aus.