Und der Größte unter ihnen war der Hund …

Die Baumeister aus dem Mittelalter

Noch immer umgibt die Baumeister aus dem Hochmittelalter – vor allem diejenigen, die die neue Kunst des Kathedralbaus beherrschten – eine geheimnisvolle Aura. Ich bin ihnen seit Jahren auf der Spur, fotografiere ihre persönlichen Zeichen, die manchmal Runen ähneln oder eben Freimaurer-Symbolen, wie zum Beispiel in der Kirche von Orcival (Auvergne).

Goethe schreibt über die Baumeister aus dem Mittelalter:

Ihre großen Vorteile: durch geheime Zeichen und Sprüche sich den ihrigen kenntlich zu machen … organisiert denke man sich eine unzählbare Menschenmasse durch alle Grade der Geschicklichkeit dem Meister an die Hand gehend, durch Religion begeistert, durch Kunst belebt, durch Sitte gebändigt; dann fängt man an zu begreifen, wie so ungeheure Werke konzipiert, unternommen und, wo nicht vollendet, doch immer weiter als denkbar geführt worden…”
(Über Kunst und Altertum in den Rhein- und Maingegenden)

Das verborgene Wissen der Baumeister

steckt ganz sicher auch in der Symbolkraft ihrer Arbeit und ihrer Werkzeuge z.B. Zirkel, Senklot, Richtscheit, Wasserwaage, Winkelmaß.

(Baumeister aus dem Mittelalter mit Phrygischer Mütze, Holzschnitt von Jost Amann)

In der gotischen Ritterkapelle von Haßfurt (1431 – 1465 + spätere Renovierungen) habe ich auf dem Fenster hinter dem Altar einen solchen Baumeister entdeckt: 

Nikolaus, so sein Name, misst mit der rechten Hand den Winkel (oder handelt es sich um den geheimen Lehrlingsgruß?), mit der linken hält er das Senklot. Sein persönliches Zeichen (schwarz auf gelbem Grund) befindet sich etwas unterhalb auf dem grauen Baumeisterschurz (?).

Je nach dem Grad seiner Weihen wurde ein sog. Dévorant (ein Mitglied der jeweiligen Baumeisterbruderschaft (wie z.B. die Kinder Salomos) FUCHS, WOLF oder HUND genannt, wobei es heißt, der HUND sei der Baumeister mit der größten Würde gewesen.

Der französische Autor Gérard de Sède (1921-2004) schreibt darüber, dass der Eingeweihte des ersten Grades FUCHS  hieß, der des zweiten Grades WOLF, aber nur derjenige, der nach fünf Jahren Probezeit sein Meisterstück vollendet hätte, würde auch die Weihen des dritten Grades erreichen und HUND genannt werden.

Dass ich in der Ritterkapelle tatsächlich auf einen solchen HUND traf, hoch oben im Konsolenbereich, hat mich dennoch überrascht.
Er ist so schwarz wie das Wams und der Hut des Baumeisters, der einen Ehrenplatz auf dem Kirchenfenster der Ritterkapelle zu Haßfurt erhielt.

Aber gab es denn in Haßfurt überhaupt eine Baumeister-Zunft in dieser Zeit?

Das, was Dr. Jürgen Lenssen, Domkapitular in Würzburg, in der kleinen Broschüre über die Ritterkapelle zu Haßfurt schreibt, deutet für mich stark auf eine solche Bruderschaft hin:

“An der Stelle der ehemaligen Pfarrkirche von Haßfurt errichtete die 1402 vom Stadtpfarrer Johann Ambundi und dem Ritter Dietrich Fuchs von Wallburg gegründete Bruderschaft von Klerikern und Laien eine Marienkapelle, deren Chor 1431 begonnen und 1465 geweiht wurde.”

Zwei Legenden um die Baumeisterwürden

FUCHS, WOLF und HUND

Der Sage nach soll ja der Teufel selbst den Kölner Dom entworfen haben – die Glocken jedoch seien unter seiner Anweisung in der Gießerei eines mysteriösen Schmiedes namens WOLF gegossen worden.
Die Chansons de gestes (11.-13. Jh) hingegen erzählen eine etwas andere Version, in der die Erbauer des Kölner Doms einen Helden (?) namens Renaud (FUCHS) töteten.
Ein weiterer Baumeister – dieses Mal mit dem Namen WOLF,  wird wiederum mit dem Bau der Gruft Karls des Großen in Aachen in Zusammenhang gebracht.

In Haßfurt gibt es viele Baumeisterzeichen …

Der Grüne Mann von Hassfurt

Drei Köpfe, darunter ein sog. “Grüner Mann” (heidnisches Fruchtbarkeitssymbol). Leider sind die grünen Blätter irgendwann übermalt worden. Auch hier hat sich wieder ein Baumeister “verewigt” (unterhalb des steinernen Zierrats):

Auf dem Foto oben gibt es gleich zwei Baumeisterzeichen zu bewundern. Über dem Kamel sinnigerweise eines in Pyramidenform.

***

Abschließend noch ein Foto vom gotischen Altar und dem dahinter liegenden farbigen Kirchenfenster, auf dem sich – direkt neben dem Kopf der Gottesmutter – Nikolaus, der HUND befindet, der Baumeister mit der größten Würde … 

  • Ein letztes Wort:

    Mittelalterliche Baumeister verzierten ihr wichtigstes Instrument, den Zirkel, gerne mit dem Wahlspruch:
    DIRIGO ET DIRIGOR – Ich lenke und werde gelenkt.
     

    In bedeutenden Kathedralen – wie zum Beispiel in Chartres (Nordfrankreich) war es oft der Bischof selbst, der mitunter den “HUND” gab und den Baufortschritt mit Zirkel und Argus-Augen überwachte – hier ein Fenster der Krypta, das Bischof Fulbertus von Chartres (925 – 1028) mit dem Stechzirkel zeigt:

(Empfehlenswerte, anschauliche Lektüre: “Was ist Gotik”, von Günther Binding; “Die Zeit der Kathedralen”, von Georges Duby; “Die Geheimnisse der Kathedrale von Chartres”, von Louis Charpentier; u. a.)

Alle Fotos von HLK, 2009, 2012 bzw. 2013)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Helene L. Köppel

 

“Er ist doch kein Zwerg und trägt auch kein Schellenkleid!”

„Weshalb nennt man Falk von Hagelstein einen Narren? Er ist doch kein Zwerg und trägt auch kein Schellenkleid“ – fragt eines Nachts der junge Graf von Toulouse seine Gemahlin Sancha.

Hartgesottene Fans und interessierte Leser von Historischen Romanen werden sich vielleicht nicht von den sechshundert Seiten meines 2013 erschienenen Werkes SANCHA – DAS TOR DER MYRRHE abhalten lassen – zumal dieser Geschichte wahre und zugleich spannende Ereignisse zugrunde liegen (Historie + Thrill).

Für den Fall jedoch, dass die Zeit oder die Lust zum Lesen meines neuesten Historien-Schmökers fehlt, gibt es jetzt die Möglichkeit zum Reinschnuppern und Kennenlernen:

  • Sechs kurzweilige, heitere und nachdenkliche Episoden um Sanchas blonden „Hofnarren wider Willen“, den das Rad des Schicksals im 13. Jahrhundert von Deutschland nach Frankreich verschlug. (ca. 90 Seiten, Amazon/Kindle E-book 86 Cent, oder in der gedruckten Amazon/Ausgabe 4.50 €)

Zur Figur des Hofnarren:

Wie der Zufall so spielt: Die Rohfassung des Romans Sancha – Das Tor der Myrrhe stand bereits, Falk von Hagelstein war längst erfunden, da fiel mir ein Foto in die Hand, darauf ein Narr aus Ton wie er prachtvoller nicht sein konnte – und im Gesicht pure Eitelkeit! Ich wusste sofort: Das war Falk von Hagelstein, der “Hofnarr wider Willen”!

Hagelsteins Geschichte ist fiktiv. Authentisch ist jedoch der erwähnte Freidank, ein deutscher Dichter aus dem 13. Jahrhundert (+1233 im bayerischen Kaisheim). Die 3800 Verse seiner “Bescheidenheit” existieren noch heute.

(Künstler Dominique Friedrich, Foto Michael Meurer, mit freundlicher Genehmigung)

ZEIT: Beginn des 13. Jahrhunderts; ORT: Südfrankreich und Deutschland

INHALT: 6 Kurzgeschichten

I. Sancha und Falk lernen sich kennen
II. Falk erweckt das Misstrauen der Toulouser Knappen
III. Falk, sein Liebchen, die Templer und die Zwerge
IV. Falk trifft auf den Böhmen Boleslâv
V. Falk in Diensten bei Mätzli und Fritzo Rübsam
VI. Falk flieht vor dem Teufel Bodo

Im Anhang des neuen Büchleins finden Sie eine Historische Einführung, ein Personenverzeichnis, ein ausführliches Glossar, das Sie auch beim Lesen meiner Historischen Romane benutzen können, sowie einen Ausblick auf meine weiteren Romane.

Viel Spaß mit Falk von Hagelstein wünscht

Helene Luise Köppel
My fantasy is my castle

 

 

 

NEU: Web-Glossar zu meinen Historischen Romanen

EIN KLEINER SERVICE für meine Leserinnen und Leser! 

(Auch zum Ausdruck geeignet!)

Unabhängig vom jeweiligen Romananhang stelle ich auch hier ab sofort ein Glossar zur Verfügung, Es handelt sich um Erklärungen und Übersetzungen aus dem Lateinischen, Französischen und Okzitanischen.

ERKLÄRUNGEN

ALFAMA – heißes Bad, Dampfbad im maurischen Spanien.

ALPHABETUM KALDEORUM – bekannt Geheimschrift aus dem Mittelalter. Kaldeorum/Chaldäer.

ANATHEMA – Kirchenbann, die traditionelle Reaktion der Kirche auf Häresie nach der Exkommunikation.

AVERROISTEN – Der Averroismus entwickelte sich in Paris um 1250. Seine führenden Vertreter Siger von Brabant und Johannes von Jandun übernahmen Averroes` Lehren von der Ewigkeit der Welt und der einen, allen gemeinsamen Vernunft, was u.a. bedeutet, dass die Vorstellungen der Religion nur allegorische Verhüllungen der reinen philosophischen Wahrheit sind.

BIBLISCHER GARTEN – Ideengeber war der Biblische Garten der Martinskirche in Billigheim.

BRUCHE – (BROUCH, BRAIS) – Schamhose

CAGOTEN – verachtete Pyrenäenpopulation, im Hochmittelalter als “Crestians” bekannt.

CAMELOT – (deutsch Cemeltaft) Stoff aus Wolle und Seide.

CANONES – kirchliche Synodalbeschlüsse

CORPORIS – des Körpers (corpus – corporis)

CAVALLER – Chevallier, Ritter (span.)

CORTAL – einfache Schäferhütte, Verschlag

DANTE ALIGHIERI – 1265 in Florenz – 1321 in Ravenna, Autor der “Divina Commedia”, einer Art Vision, die das Leben der Seelen nach dem Tod in drei Reichen des Jenseits schildert. Hat die Feierlichkeiten anlässlich des Jubeljahres 1300 in Rom miterlebt (Die Hölle, 18. Gesang, 28-33). Wie die Katharer erbitterter Feind von Papst Bonifatius VIII.

DAVIDSTERN – benannt nach König David, Hexagramm, bereits im Alten Orient bezeugt, Bedeutung als magisches Zeichen in der Alchemie und Kabbala. Bezeichnung stammt aus einer mittelalterlichen Legende; später religiöse Bedeutung als Symbol des Judentums und des Volkes Israel.

FARANDOLE – provencalischer Schlängelreigen

FLOIRE UND BLANCHEFLOR – altprovencalischer Liebesroman, Auseinandersetzung Orient-Okzident, erfreute sich bis ins 16. Jh in ganz Europa großer Beliebtheit.

GOUFE – Kopfbedeckung, die unter Helmen getragen wird.

DAS JUBELJAHR 1300 – nach dem Vorbild des alttestamentarischen “Jobeljahres” rief Bonifatius VIII. das Jahr 1300 zum Jubeljahr aus (das neue Jahr begann damals am Weihnachtstag, nicht am 1. Januar). Vollkommener Ablass aller Sünden (Bedingung: Beichte, Kommunion und Besuch der beiden Apostelgräber und zwar Einheimische dreißigmal an 30 verschiedenen Tagen, Fremde fünfzehnmal an 15 verschiedenen Tagen); gewaltige Pilgerströme aus aller Welt.

JUDE APELLA – Credat ludaeus Apella, non ego – “Das soll der Jude Apella glauben, ich nicht! (Horaz) Redewendung. Hintergrund dieses Ausrufs war ein Gerücht, es gebe in Apulien eine Weihestätte, wo sich Weihrauch ohne Feuer verzehre (Hubertus Kudla, Lexikon der latein. Zitate, München, 2007, S. 199).

KATHARER – bedeutende dualistische Ketzerbewegung im 12. und 13. Jahrhundert, hauptsächlich im Süden Frankreichs, aber auch in der Lombardei, in Flandern und in Deutschland (Köln). Nach neuesten Schätzungen zählte eine halbe Million Gläubige zu ihren Anhängern. Enge Übereinstimmung in der Lehre mit den bogomilischen Kirchen in Bulgarien, gemäßigte und (ab 1167) auch radikale Richtung (Zwei-Götter-Dogma); bewusst einfaches und gewaltloses Leben der Perfekten und Bischöfe. Dreiteilung der Katharischen Kirche in Gemeinde-Perfekt-Bischof. Den Katharern schlossen sich große Teile des okzitanischen Adels an (vor allem Frauen von gesellschaftlichem Rang). Albigenserkreuzzug (1209-1229), später Verfolgung durch die Inquisition, womit die Beherrschung Okzitaniens durch die Krone Frankreichs eingeleitet wurde. Trotz blutiger Verfolgung konnten die Katharer sich bis ins 14. Jh halten.

KOMPLET – Stundengebet im Kloster

LEGENDE DER DREI TORE – geht auf die Plünderung des Jerusalemer Tempelschatzes durch die Römer am Ende des Jüdischens Krieges (66-70 n. Chr.) zurück. Nach der Eroberung Roms durch die Westgoten (410) wurde, nach Prokop von Cäsarea, ein Teil dieses Schatzes in die Gegend von Carcassonne gebracht.

MAGI – biblische magi, die Weisen aus dem Morgenland

MANICHÄER – Der Perser Mani (215-274) stiftete – orientiert an den alten persischen Vorstellungen Zoroasters – eine gnostisch verstandene Religion (ausgeprägter Dualismus), die von der christlichen Kirche hart bekämpft wurde. Manichäische Gemeinden hielten sich jedoch bis ins Mittelalter.

MISELSUCHT – Aussatz, Lepra, im Mittelalter weit verbreitet. Gewöhnlich wurde ein Verdacht auf Lepra erst durch Gerüchte oder eine Anzeige des Nachbarn bekannt. Der Beschuldigte musste sich einer Untersuchungskommission stellen, die im Mittelalter aus dem Bischof, einem Geistlichen, einem bereits Erkrankten und einem Arzt bestand. Anzeigen wegen Lepra wurden im Mittelalter manchmal benutzt, um jemanden zu diskreditieren oder eine geschäftliche Konkurrenz auszuschalten.

OKZITANISCHE SPRACHE – im Mittelalter roman genannt, um sie vom Lateinischen und der Sprache der Nordfranzosen frances zu unterscheiden; wurde durch die Troubadoure des 12. und 13. Jh verbreitet. Dante bezeichnete sie als Lingua d `oco. Sie ist mehr mit dem Katalanischen und Italienischen verwandt als mit dem Französischen. Katalanisch und das mittelalterliche Okzitan sind fast identisch.

PATARENER ODER ALBIGENSER – andere Bezeichnung der Katharer. Bis 1167 befand sich in Albi der einzige katharische Bischofssitz in Südfrankreich, daher nahm man fälschlicherweise an, dass hier auch die Zentralgewalt der katharischen Kirche ihren Sitz hatte.

PARATGE – abstrakter Begriff, in okzitanischen Quellen genannt; Bedeutung: Ehre und Achtung vor der Gleichheit der Seelen. Menschen verschiedenen Standes können eine vergleichbare Ehre und Würde aufweisen (keine Gleichberechtigung im heutigen Sinn!)

PLURALIS MAJESTATIS – die Bezeichnung der eigenen Person im Plural als Ausdruck der Macht.

POMPONIUS MELA – Geograph der Römer (um 40 n. Chr.) hochgeschätzt, beschreibt in seinen Aufzeichnungen eine Schiffsreise durch das “mare nostrum”, das Mittelmeer.

PURGATORIUM – Reinigungsort, Fegefeuer.

SE CANTA – auch bekannt als Se Chanto oder Aqueras Montanhas, altes okzitanisches Lied (später Protestlied gegen die Vernachlässigung der Region); vermutlich von Gaston III. Febus (1331-1391) geschrieben, möglicherweise älter.

SKELETTFUND AUF DÉROUCA – bezieht sich auf den Roman “Alix – Das Schicksalsrad”

DAS THOMAS-EVANGELIUM – 1945 von ägyptischen Bauern in einem Tonkrug bei Nag Hammadi wiederentdeckt, ist eine Sammlung von 114 Aussprüchen Jesu, die auf schriftliche und mündliche Quellen kurz nach der Kreuzigung zurückgehen sollen. Erste Erwähnung durch Origines 233. Die in Ägypten gefundene Handschrift in koptischer Sprache wird auf das Jahr 400 datiert. Der ursprüngliche griechische Text ist verschollen. Ob der Jünger Thomas der Autor ist, ist nicht gesichert. Die Öffentlichkeit erhielt erst 1975 Zugang zur gesamten Textsammlung. Inzwischen in mehrere Sprachen übersetzt. Es gibt deutliche Hinweise auf den Gebrauch des Thomas-Evangeliums bei den Katharern, z.B. heißt es im berühmten katharischen Gebet “… ihr treulosen Pharisäer, die ihr an den Toren des Königreichs steht und verhindert, dass diejenigen, die eintreten möchten, es tun …” Dazu der 39. Logus des Thomas-Evangeliums: “Die Pharisäer und Schriftgelehrten haben die Schlüssel zur Erkenntnis erhalten, und sie haben sie versteckt. Sie sind auch nicht eingetreten, und die, die eintreten wollten, haben sie nicht eintreten lassen.”

THERIAK – spielte von der Römerzeit bis ins 19. Jh eine wichtige Rolle nicht nur als Arzneimittel, sondern auch als Droge (pflanzliche und tierische Wirkstoffe, Saft aus der Mohnkapsel). Im Mittelalter hatte Theriak den Ruf eines Allheil- und Wundermittels.

TOLLKISTEN – Geisteskranke wurden im Mittelalter vielfach in der Familie versorgt; die Obrigkeit sperrte sie jedoch oft in Türme oder in sog. “Tollkisten” (Dordenkisten), die vor den Mauern der Städte standen.

WALDENSER – christliche Laienprediger-Bewegung, gegründet von Petrus Waldes (gest. um 1217), einem reichen Kaufmann aus Lyon, der sein Hab und Gut verschenkte. Das Glaubensbekenntnis der Waldenser wich nicht annähernd so wesentlich vom katholischen ab wie das katharische.

WUNDERBEZEUGUNGEN – Die im Roman geschilderten Wunder (Kreuze in Toulouse, Staubteufel etc.) werden in der Historia Albigensis erwähnt.

ZINDELTAFT – sehr leichter Taft.

JERUSALEMSPEISE – mittelalterliches Fastengericht, z.B. Barsch in Mandelmilch und Zucker.

ÜBERSETZUNGEN (französisch, latein, oktizanisch usw.)

A lor! – Schlachtruf: “Für Euch!” (oc)

Alors – in der Bedeutung von “nun” (fr.)

As armas, chivaler! – zu den Waffen, Ritter (oc)

Au nome de Jésu-Christ – im Namenvon J.Chr. (fr.) okzitan. Schreibweise: Jhésu Crist

Audiartz/Audiart – Auditor/ Jünger, Schüler (lat)

Be siatz vos vengutz! – Herzlich willkommen (oc)

Bels fraire – lieber Bruder (oc)

Beth! – schön (oc)

Bien parlez – gut gesprochen (oc)

Desponsatio – im Roman “Verlobung” (lat)

Dieus aiuda – Gott möge helfen (oc)

Druerie – Galanterie, Spaß an der Liebe (altfranz.)

Ecclesiasticus – liber ecclesiasticus – das Buch Jesus Sirach (latinis. griechisch)

El nom del Payre e del Filh e del Sant Esperit – Im Namen d. Vaters u. d. Sohnes/oc)

Escoutatz – Hört! (oc)

Fatum – Schicksal (lat)

Filh de putan – Hurensohn (oc)

Frérèche – Verbrüderung (oc)

Foutredieu – Schimpfwort (Foutredieu de Bordel de merde) (fr)

Hélas – Ach! (oc, fr)

Ho! Hisse! – Hau-Ruck! (fr)

Hidalgo – niederer, spanischer Adel

Hyle – Materie (griech.)

Indult – Gnadenerweis (lat)

Juvenil – jugendlich (lat)

Kypros – Zypern

Lectio divina – Lesung heiliger Schriften (lat)

Litterae – Buchstaben (lat)

Ma Dame (oc) – Madame (fr) – Anrede

Mare de Deu – Mutter Gottes (oc)

Mère folle – Narrenmutter (fr)

Non possumus – “wir können nicht”, Weigerungsformel der röm. Kurie der weltlichen Macht gegenüber (lat)

Nunc est bibendum – Jetzt lasst uns trinken! (lat)

Òc – ja (oc)

Oculus Dei – das am Himmel stehende göttliche Auge (lat)

Outremer – von outre mer – jenseits des Meeres, gemeint sind die Kreuzfahrerstaaten (fr/oc)

Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten (lat)

Per exemplum – zum Beispiel (lat)

Puèg – Pog – Gipfel (oc)

Per la Verges Maria maire – Bei der jungfräulichen Mutter Maria (oc)

Putain de merde – schlimmes Schimpfwort (fr)

Que Dieus et Dreitz governa – Gott und Recht regieren (oc)

Racaille – Gesindel (fr)

Sénher / Senhors – Anrede Herr / Herren (oc)

Signa – Signum – Zeichen (lat)

Superbia, Avaritia, Gula, Luxuria – Hochmut, Habsucht, Völlerei, Wolllust (4 Todsünden)

Ta gueule! – Halts Maul! (fr)

Tue, tue! – Schlachtruf der Franzosen beim Kampf um Toulouse, von “tuer” – töten, schlachten. (fr)

Zulp – Schnuller (alte deutsche Bezeichnung)

Zur Geschichte Okzitaniens führt dieser Link:  KATHARER

 

 

 

VORSTELLUNG: “Sancha … Das Tor der Myrrhe”

Voila – mit einem Augenzwinkern (Fotomontage!) stelle ich hier meinen Historischen Roman “Sancha” und zugleich die Protagonistin SANCHA von Aragón vor. Sie lebte und wirkte zu Beginn des 13. Jahrhunderts an einem der zivilisiertesten und duldsamsten Höfe des Abendlandes, nämlich in Toulouse – auf das sich im Jahr 1211 der Kreuzzug der Franzosen zubewegt. Die Ketzerei soll getilgt, Südfrankreich annektiert werden.

Getrieben vom heißen Wunsch, die bedrohte Stadt ihres blutjungen Gemahls zu retten, um sich Liebe und Anerkennung zu verschaffen, macht sich Sancha mit einigen Getreuen auf die Suche nach dem Tor der Myrrhe. Dort soll sich ein Gegenstand befinden, von dem es heißt, er würde selbst Päpste und Könige erschüttern.

Simon von Montfort, der charismatische Anführer der Kreuzfahrer, zwei hochrangige Prälaten und die Tempelritter sind jedoch ebenfalls hinter dem Geheimnis her. Jeder bespitzelt jeden.

Welches Lager steckt hinter dem grausamen Mord im Kloster Gellone? Und was hat es mit der Apokalypse des Johannes auf sich? Wer verbirgt sich hinter Falk von Hagelstein, jenem undurchsichtigen eitlen “Narren” aus Deutschland, der Sancha seit ihrer Kindheit nicht von den Fersen weicht?

Bald stehen die Kreuzfahrer vor Toulouse. Ein dramatischer Wettlauf gegen die Zeit beginnt …

Gelingt es Sancha, die Stadt mit einer List zu retten?

ZU TOULOUSE “von allen Städten die Blume und die Rose”, wie sie der Troubadour Guillaume de Tudèle einst beschrieb (Que de totas ciutatz es cela flors e rosa). Toulouse hatte im 12./13. Jahrhundert ca. 30 – 35 Tausend Einwohner. Die gleichnamige Grafschaft war das mächtigste aller Fürstentümer, die seinerzeit vom Kreuzzug bedroht waren. Zu den umfangreichen Ländereien der Raimundiner, wie man dieses Grafengeschlecht nannte, gehörte auch die Provence. Die Raimundiner nannten sich: “Graf von Toulouse, Herzog von Narbonne, Markgraf der Provence, Graf von Melgueil”.

Nachstehend eine der seltenen Abbildungen ihres Schlosses, des Château Narbonnais` – auch das “Rote Schloss” genannt, weil es ganz aus Backsteinen erbaut war (wie noch heute viele Häuser in Toulouse). Links im Bild die im Mittelalter, bei Hochwasser, gefürchtete Garonne.

Siegel und Wappen Raymonds VII. von Toulouse (Sanchas Gemahl, im Roman Roc genannt)

HISTORISCHER HINTERGRUND

Tötet sie alle, Gott wird die Seinen schon erkennen! Nach der Ermordung des päpstlichen Legaten Pierre de Castelnau marschiert im Jahr 1209 ein großes Kreuzfahrerheer in den bis dahin unabhängigen Süden Frankreichs (Okzitanien), um die „Erstgeborenen des Satans“, wie Rom die Katharer bezeichnet, auszurotten. Zum ersten Mal kämpfen Christen gegen Christen – wobei ein Teil der Kreuzfahrer aus Deutschland kommt. Innerhalb weniger Wochen werden die befestigten Städte Béziers und Carcassonne mit kaum vorstellbarer Brutalität erobert, das Umland verwüstet.

Zwei Jahre später hat der Kreuzzug gegen die Katharer schon mehr als 20 000 Tote gekostet und es geht nicht mehr ausschließlich um Religion. Die reiche und kulturell hochstehende Grafschaft Toulouse ist jetzt das Ziel der Barone und Prälaten des Nordens. Simon von Montfort, der militärische Befehlshaber der Kreuzfahrer, wirft sich mehrfach gegen die Mauern von Toulouse, kämpft aber auch gegen die Feigheit seiner eigenen Barone und Ritter, die ihn oft vor Ablauf der vereinbarten Zeit verlassen.

Simon von Montfort, der militärische Heerführer der Kreuzfahrer

Sein Feind und Gegenspieler, Raymond, der Graf von Toulouse VI. – in der Vergangenheit mehrfach von Rom exkommuniziert und als Ketzerfreund gedemütigt -, weigert sich standhaft, Montfort Truppen zuzuführen und zugleich die Katharer aus seinen Ländereien zu vertreiben. Raymond VI., nach dem König von Frankreich der wohl mächtigste „Seigneur der Christenheit“, stützt sich bei seiner Verteidigung auf ergebene Vasallen und einflussreiche Verbündete wie den König von Aragón, Peter II., an dessen Treue zu Rom kein Zweifel besteht.

König Peter II. von Aragón

Zur Festigung seiner eigenen Territorien und Bündnisse in Okzitanien hat König Peter II. seine Schwestern Leonora und Sancha mit den Raymonds, den Grafen von Toulouse (Vater und Sohn) verheiratet.

Ihr gemeinsames Ziel ist es nun, die drohende Okkupation durch die Franzosen abzuwenden, damit es nicht schon bald heißt:
Ai, Tolosa! O weh, Toulouse!

(Foto HLK 2006)  Raymond VII. von Toulouse mit seiner Gemahlin Sancha – die einzige Abbildung, die die beiden als Paar zeigt. Zu finden in Cordes-sur-Ciel, einem Ort im Departement Tarn, gegründet von Raymond VII. im Jahr 1222.

Zu weiteren PERSONEN

Die meisten Personen, die in meinem neuen Roman vorkommen, haben wie Sancha und ihr Gemahl tatsächlich gelebt. Im nächsten Bild sieht man Raymond VI., der zugleich Sanchas Schwiegervater und Schwager war. Raymond VI., als Dichter und Mann der Kultur bekannt, galt als tolerant gegenüber Juden und Katharern; er hasste den Krieg, sorgte für kommunale Freiheiten in Toulouse und in vielen anderen Städten seiner Grafschaft (frei gewählte Capitouls).

(Foto: “GFDL Guerin Nicolas”)

… eine wichtige Romanrolle hat auch Ramon von Miraval inne. Er war Troubadour und zugleich ein enger Freund Raymonds VI. Von Miraval gibt es nur diese Abbildung:

Weitergehende Informationen über Personen, Orte usw. finden Sie im umfangreichen Romananhang.

Ein Wort noch zu Falk von Hagelstein (fiktiv):

Ihn entdeckte ich kurz nach dem “Schöpfungsakt” zufällig auf einem Foto: Ein Narr aus Ton – im Gesicht pure Eitelkeit. Ich wusste sofort: Das war Falk von Hagelstein! Der Künstler Dominique Friedrich (//www.frsw.de/keramik2.htm) hat mir erlaubt, ihn auf meiner Autoren-Homepage vorzustellen. (Danke Michael Meurer für die Überlassung des Fotos und die Kontaktherstellung!)

(Foto Michael Meurer)

… und zu den beim Schreiben so wichtigen Inspirationen:

Das Mittelalter war durchdrungen vom Geist der Apokalypse. Zur Einbindung der Offenbarung des Johannes in den Roman hat mich die Handschrift des Beat de Liébana angeregt, aber vor allem der geheimnisvolle Balken von Saint-Polycarpe (alle weiteren Fotos HLK 2008)

Das ehemalige Kloster Saint-Polycarpe (Aude):

Und hier der berühmte Balken – nur über Kopf zu fotografieren! Abbildung 3: Die drei Weisen aus dem Morgenland!

Abbildung 4: die armen Seelen werden im Purgatorium geläutert, überwacht von einem Engel?

Abbildung 5: das merkwürdige Tier mit den Bärentatzen, das Johannes in seiner Offenbarung beschreibt …

KLEINE LESEPROBE

“Der Schmerz wird nachlassen, Liebste”, sagte Miraval, “denn die Zeit kennt kein Ufer!”

Erstes Nachtgewölk erkämpfte sich den rosenrot gefärbten Himmel, als sie sich mit kleinem Gefolge und hoch zu Ross auf den Weg zur Kirche machten. Knechte hatten dafür gesorgt, dass die Gassen, durch die sie kamen, weitgehend von Unrat und Bettelvolk befreit worden waren. Einzig ein Bauernmädchen, das sich in der Rue de Filatiers aufhielt, schrie bei ihrem Anblick entsetzt: “Santa Katerina!” und schlug im Laufen mit der Gerte auf ihre bockige Ziege ein.

Vor der Kirche brandete Jubel auf. Ihr Besuch war angekündigt worden. “Tolosa! Tolosa!”, riefen die Leute begeistert, als Roç vom Pferd sprang und Sancha den Arm reichte. Ein leichter Wind lupfte ihren dünnen hellgelben Schleier, der, am schmalen Stirnreif befestigt, auf maurische Art nicht nur das Haar, sondern auch das halbe Gesicht verbarg. Es war ihr noch immer Ernst mit dem Schwur, erst an jenem Tag auf den Schleier zu verzichten, an dem Toulouse erkennen würde, dass sie statt Liebreiz und Schönheit, Mut und Verstand zu bieten hatte.

Als sie an der Seite ihres Gemahls und gefolgt von Petronilla, Miraval, den Pagen und Knappen, durch das Portal in das Dunkel der Kirche schritt, dachte sie im Stillen, dass sie sich eigentlich immer am wohlsten in der Umgebung von klugen Männern fühlte. Das war schon in Zaragoza so gewesen. Kemenatengeplänkel, das Lesen frommer Breviere oder gar feine Nadelarbeiten, wie Leonora sie schätzte, lagen ihr nicht. Wie hatten sie alle drei gelacht, Roç, Miraval und sie, bevor sie zum Kirchgang aufgebrochen waren: Magische Kreuze an den Wänden! Mene, mene Tekel!

Auch Miraval war der Meinung gewesen, dass Bischof Fulco eine neue Schurkerei angezettelt hatte, um das Volk auf seine Seite zu ziehen. Aber wer hatte das „Wunder“ für ihn eingefädelt und wie? Diese neue Bruderschaft der Weißen Büßer? (Copyright: HLK)

Für eine längere Leseprobe:  Amazon-Bestell-Link anklicken – und dann “Blick ins Buch”; hier stehen fast 6 Kapitel zum Einlesen bereit.

Und zum Schluss das Aquädukt, das im Roman ebenfalls eine Rolle spielt. Welche, wird an dieser Stelle nicht verraten …

Viel Freude beim Lesen und Mitfiebern mit Sancha und ihren Freunden wünscht Ihnen und euch

Helene L. Köppel

 

 

 

Schöne Feiertage und ein gutes Neues Jahr!

Pack die Beredsamkeit, dreh ihr den Hals um!

In vollem Eifer tust du gut daran,

den Reim ein wenig zur Vernunft zu bringen.

Passt man nicht auf, rennt er wer weiß wohin!

(Paul Verlaine, Art poétique – Dichtkunst)

Den Reim ein wenig zur Vernunft bringen, dafür eignen sich solche Feiertage wie sie uns ins Haus stehen. Nach langen Wochen des “Feilens und Korrigierens” am neuen Roman werde auch ich für ein paar Tage die Füße hoch legen.

Jedes Buch braucht seine Zeit: Im Januar ist es dann soweit, dass mein neuer Roman “SANCHA – Das Tor der Myrrhe” das Licht der Welt erblickt. Ein guter Monat für einen Neubeginn, finde ich.

🙂 🙂 🙂 Und wer weiß, wohin dieser Roman rennt!

Ein packendes Katharer-Epos vor dem Hintergrund großer Geschichte …

Der Schmerz wird nachlassen, Liebste“, sagte Miraval, „denn die Zeit kennt kein Ufer.“

Südfrankreich 1211: Der Kreuzzug gegen die Katharer bewegt sich auf Toulouse zu. Getrieben vom heißen Wunsch, sich Liebe und Anerkennung zu verschaffen, machen sich SANCHA, die junge Gräfin von Toulouse, der Troubadour Miraval, der deutsche Narr Falk von Hagelstein sowie zwei junge Novizen auf die Suche nach dem Tor der Myrrhe. Dort soll sich ein Gegenstand befinden, von dem es heißt, er würde sogar Päpste und Könige erschüttern. Kann Sancha mit dem Auffinden des Tores die Stadt vor dem Zugriff der Kreuzfahrer retten? Simon von Montfort, der charismatische Anführer der Kreuzfahrer, zwei hochrangige Prälaten und die Tempelritter sind ebenfalls hinter dem Geheimnis her. Jeder bespitzelt jeden. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt …

Allen Leserinnen und Lesern, lieben Freunden und guten Bekannten wünsche ich SCHÖNE FEIERTAGE – Zeit zum Füße hochlegen, für gute Gespräche oder ein spannendes, interessantes Buch – und für das Jahr 2013 viel  GESUNDHEIT, GLÜCK UND ERFOLG!

Herzlichst

Helene Luise Köppel

 

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WELTUNTERGANG am 21. Dezember?

Oder: DER GEHEIMNISVOLLE BERG BUGARACH

Wenn man den alten Maya-Kalender so interpretiert, wie das einige Leute tun, wird es (Anfang Dezember 2012) wohl langsam Zeit, den Weinkeller zu entstauben. Muss ja nicht gleich ein “Château Mouton Bestlage” sein, mit dem man sich über die letzte Stunde hinwegrettet, ein guter, bodenständiger Landwein tut’ s zur Not auch.

Ich selbst glaub natürlich nicht dran – an den Weltuntergang, meine ich. Iwo!

On va voir sagt der Franzose, man wird sehen! Faszinierend finde ich allerdings, dass gerade jener Berg von der Apokalypse verschont bleiben soll, der es mir seit langem angetan hat. Nein, ich meine jetzt nicht den Montségur – der von seiner Bedeutung her tatsächlich mit einer “Bestlage” verglichen werden kann -, ich meine den eher “bodenständigen” BUGARACH.

Aber ist er das wirklich? Bodenständig? On va voir …

(Foto HLK 2008, Bugarach + Wolken-Ufo)

Der Pic de Bugarach liegt In Südwestfrankreich, Departement Aude, Region Languedoc-Roussillon, genauer – im Bergland der wunderschönen Corbières. Mit seinen 1230 m ist er die höchste Erhebung dieses Landstrichs. Und – er hat tausend Gesichter! (s. nächstes Foto)

(Foto HLK Bugarach, 2009)

Stichtag “Weltuntergang”

Die am Fuß des Berges liegende gleichnamige Ortschaft Bugarach hat ungefähr 200 Einwohner. Und diese sind derzeit (Stand Dez. 2012) – verständlicherweise – not amused!
Sie rechnen – Zeitungsberichten zufolge – mit Zigtausenden Endzeitjüngern und Neugierigen, die dort pünktlich zum Stichtag “Weltuntergang” einfallen werden. Alle Zimmer sind ausgebucht und rund um den Berg haben die Sicherheitskräfte weiträumige Sperrungen angekündigt.

Also nicht traurig sein, liebe Leserin, lieber Leser, wenn Sie kein Zimmer mehr bekommen – ab in den häuslichen Weinkeller, Sie wissen schon … :-), dann noch ein spannendes Buch, und es kann doch eigentlich nichts schiefgehen, oder?

Dennoch stellt sich die Frage, was treibt all diese Leute an, die gerade ihre Koffer und Rucksäcke zu packen? Die Angst? Der Herdentrieb? Die Gaudi? Die Hoffnung auf Erlösung? Auf ein besseres Leben in einer anderen Dimension? Ritterromantik? Teufel, Tod und Drachen?

Berg auf Berg ab
Berg auf und Berg ab und Tal aus und Tal ein,
Es reiten die Ritter. Ta! Ta!
Und bläuen sich Beulen und hacken sich klein.
Es fliegen die Splitter. Ta! Ta!
Ein Ritter, auf seiner Prinzessin Geheiß,
Beut Drachen und Teufeln den Krieg.
Dara ta!
Wir schonen das Blut und wir sparen den Schweiß,
Gewinne auf ander und andere Weis
Im Feld und der Liebe den Sieg.
Dara ta!

Johann Wolfgang von Goethe

Ta Ta! Dara ta!

Aber was hat der BUGARACH damit zu tun? 

Die Geschichten, die sich um diesen Berg ranken, sind wirklich SEHR ALT –  und mehr als “abgehoben”. Da fliegen in der Tat die Splitter! 🙂 🙂 🙂

Stairway to heaven Es heißt, der markante Bugarach mit seinen steilen Flanken ähnele vom Aussehen her dem biblischen Berg Sinai, auf dem Gott zu Moses hinabstieg, um den Menschen seine Gebote zu überreichen. Allerdings ist die genaue Lage des biblischen Sinai-Berges gar nicht bekannt. Dennoch: Zumindest ähnelt der Berg, den man heute für den Sinai-Berg hält, stark dem Bugarach.

Ufo-Station … Auf dem BUGARACH soll sich ein Stützpunkt außerirdischer Mächte befinden. Werden die Aliens tatsächlich rechtzeitig am 21. Dezember eintreffen, um ihre gläubigen Jünger vor dem Weltuntergang zu retten? Es soll in der Vergangenheit zahlreiche Ufo-Sichtungen gegeben haben – ich selbst kann mit dem unwiderlegbaren Beweis aufwarten, dass sie ihre Raumschiffe überaus raffiniert hinter Wolken verstecken – s. mein Foto von 2009, ein Schnappschuss, der mir von Rennes-le-Château aus gelang. 🙂 🙂 🙂

Tor in eine andere Dimension?  Sprung im Raum-Zeit-Gefüge? Feen und Wichte? Karneval der Müller? Magische Hutmacher?

Zahlreiche Legenden um den Bugarach berichten auch von Feen und äußerst tüchtigen Zwergen – worunter auch die Wichte Bug und Arach zählen, die man in dieser Gegend verehrt haben soll.  Dann gibt es noch die Story von den 13 (!) ehemaligen Tempelrittern, die angeblich auf dem Bugarach spurlos verschwanden … vermutlich in eine andere Dimension – mit dem Gral im Reisegepäck!

L’Affaire de Bettex:  Angeblich spurlos verschwunden ist bis heute ein Schweizer namens Bettex, der Ende des 20. Jahrhunderts in den Ruinen des alten Châteaus von Bugarach eine Inschrift entdeckte. Der Mann nahm Verbindung zu dem berühmten Katharerforscher Deodat Roché auf und machte sich anschließend, im verzweigten Höhlensystem des Bugarachs, auf die Suche nach der verschollenen Bundeslade.

Überliefert sind auch sonderbare Karnevalsbräuche – Los Fecos genannt –, die von den Müllern der Gegend ausgingen und den Hutmachern von Bugarach  – die auf schwarze Melonenhüte spezialisiert waren. Die Müller und Hutmacher galten als die Hüter einer sehr alten Tradition. Noch heute wird der Fasching drei ganze Monate lang gefeiert. Die alten Rituale wurden jedoch von der Kirche verboten.

Die Sache mit dem Karneval hat mich immer interessiert, doch über die Gründe des Verbots hüllt man sich vor Ort in Schweigen. Bei Emmanuel Le Roy Ladurie wurde ich schließlich fündig. In seinem Buch Karneval in Romans heißt es unter dem Stichwort “Limoux” (dieser Ort liegt ganz in der Nähe vom Buchgarach):

 

“Vom 16. bis 20. Jh. hat der Karneval des Languedoc (Montpellier, Limoux), ganz wie der römische, in völligem Einklang mit dem damaligen Katholizismus, die unglücklichen Juden oder Marranen der Gegend verspottet .

 

Logisch, dass da keiner drüber reden will.

(Fotos HLK, Limoux)

Natürlich darf auch Jules Vernes in dieser kuriosen Aufzählung nicht vergessen werden: Der berühmte französische Schriftsteller (1828-1905) gab dem Protagonisten seines 1896 erschienenen Romans “Clovis Dardentor” den Namen “Käpt`n Bugarach”.

Aber nun zu den FAKTEN
– und die haben tatsächlich mit dem Mittelalter (s. Goethe) und hier vor allem mit den KATHARERN zu tun!

BUGARACH und der Sentier Cathar: Einer der berühmten Katharer-Wege führte am Bugarach vorbei. Noch Ende des 13. Jahrhunderts, also lange nach dem Albigenserkreuzzug, gab es in dieser einsamen Gegend Katharer.

BUGARACH – Bougres: Bougres war einer der Schimpfnamen für die Katharer. (Die Katharer in Südfrankreich haben sich 1176 glaubensmäßig an die bulgarischen Bogomilen (Bougres) angeschlossen, s. auch meine Ausführungen unter Katharer.

BUGARACH – Nid d`Aigle: Die Katharer nannten den Bugarach Nid d`Aigle – Adlernest. Bis heute unvergessen ist der freche Ausspruch des berühmt-berüchtigten Katharer-Perfekten Pierre Authié: Der Leib Christi müsse längst von den (katholischen) Priestern aufgegessen sein – und wäre er so hoch wie der Nid d`Aigle!”

BUGARACH und der Montségur: Nach einer unbestätigten Quelle soll der Montségur (der heilige Berg der Katharer) auf den BUGARACH ausgerichtet gewesen sein; d.h. am Tag der Sommersonnenwende hätte – vom Montségur aus gesehen – das erste Sonnenlicht den Gipfel des Bugarach gestreift, bevor es in eine bestimmte Schießscharte des Donjons auf dem Montségur fiel.

(Foto HLK, Montségur)

BUGARACH und Saint-Polycarpe: Im 9. Jh gehörte der Ort Bugarach zur nahegelegenen Abtei Saint-Polycarpe. Hier soll es ein altes Oppidum aus vorrömischer Zeit gegeben haben. Ein römisches Aquädukt existiert noch heute. (s. nächstes Foto)

(Foto HLK, 2008) Saint-Polycarpe und das römische Aquädukt)