MIREPOIX – die Stadt der Belisama

Hinter dem Wort Mirepoix verbirgt sich nicht nur eine Art “Röstgemüse (s. Ende des Beitrags)”, sondern vor allem eine kleine pittoreske Stadt in Südwestfrankreich, in der die Zeit stehengeblieben zu sein scheint.  (Departement Ariège, Region Midi-Pyrénées, ca. 3000 Einwohner).

Mittelalter pur. Betritt man die Altstadt, ziehen die malerischen, oft vorkragenden Fachwerkhäuser, aber vor allem die Holzarkaden und Lauben sofort alle Blicke auf sich. Rings um den Place Géneral Leclerc kann man es sich unter ihrem Schatten gutgehen lassen, einen Café trinken, ein Glas Rosé oder Blanquette aus Limoux … Mirepoix ist ein Wohlfühlort, aber es gibt dort auch einiges zu entdecken.

Wenn Sie Lust auf eine Reise in die Vergangenheit haben, dann folgen Sie mir bitte:

Mirepoix (Mirapiscem = Sieh den Fisch) trägt einen goldenen Fisch im Wappen, darüber drei geheimnisvolle Sterne, die auf vorchristliche Traditionen zurückgehen, in der Mirepoix von den Römern “Stadt des Lichts” genannt wurde.

Im Hochmittelalter beherbergte Mirepoix viele Katharer, darunter zwei der berühmt-berüchtigten Belissensöhne, nämlich Peire-Roger von Mirepoix (der Ältere und sein gleichnamiger Sohn, der Jüngere).  Sie waren die Herren der Stadt und bewohnten eine Burg, die – Der Turm – hieß. Auf ihrem Wappen befanden sich Fisch, Turm und Mondsichel.

Was hat es nun mit den Sternen und der Mondsichel auf sich?  Eine Hommage an die Mondgöttin Belissena (die keltiberische Astarte), als deren Abkömmlinge sich die Belissensöhne angeblich sahen?

Astarte mit der Mondsichel gilt als Vorläuferin von Maria, der Mutter Gottes. Als Stella Maris wird Maria ebenfalls mit Sternen abgebildet und balanciert oft auf der Mondsichel (nächstes Foto, Notre Dame, Paris). Im Gegensatz zu Astarte jedoch, die sich mit dem Mond krönt, tritt Maria die Mondsichel  – das Heidentum! – mit den Füßen und dokumentiert damit den Sieg über Astarte!

Dass sich hinter Belissena/Astarte die keltische Göttin Belisama verbirgt, liegt schon aufgrund der Namensähnlichkeit nahe. Belisama, die Gefährtin des Gottes Belenus (Abellio/der strahlende Apoll!), nannte man “die Strahlendeste, Leuchtendste”. Sie wurde mit der römischen Minerva gleichgesetzt und sowohl mit Licht  und Feuer, aber auch mit Seen und Flüssen (der Fisch!) in Verbindung gebracht.

Zu Belisama gibt es eine heiße Spur: Im Departement Ariège (wo auch Mirepoix liegt) entdeckte man eine lateinische Inschrift folgenden Inhalts:

Minervae Belisamae sacrum Q(uintus) Valeriu[s] Montan[us e]x v(oto) [s(uscepto)]

Keltischer Abellion:

Tatsächlich sind nicht wenige Orte in der Umgebung nach Belisama/Belenus benannt: Belesmes, Blesmes und Blismes; und man weiß heute auch, dass sich auf dem Gipfel des Pic du Saint-Barthélemy (der Tabor der Pyrenäen, in der Nähe des Montségur gelegen) ein Abeillo-Heiligtum befand, zu dem die alte Katharer-Straße führte.

Mirepoix und die Katharer …

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts waren die Herren von Mirepoix und die meisten ihrer 36 Mitherren entweder selbst Katharer oder Anhänger bzw. Beschützer dieser Häresie. In der Stadt Mirepoix existierten nachweislich 50 Katharer-Häuser, in denen Diakone und Parfaits ausgebildet wurden. Ein Diakon namens Mercier “hielt Hof”; ein anderer bat im Jahr 1204 den Burgherrn inständig darum, die Festung Montségur wiederherstellen zu lassen – was bemerkenswert ist, weil es um diese Zeit überhaupt noch keine gewaltsamen Übergriffe auf die Katharer gab. (Allerdings zogen bereits päpstliche Legaten durch die Lande, die kräftig Stimmung gegen die Katharer machten.) Unterstützung fand der Diakon bei Esclarmonde, der Vizegräfin von Foix, die 1204 das katharische Consolamentum erhielt, also in die Reihen der Perfekten aufgenommen worden war.  Zwei Jahre später – 1206 – sprach sich Esclarmonde auf einem Katharerkonzil, das in Mirepoix stattfand, erneut für den Ausbau der Burg Montségur aus.

(Foto Olaf Jacobskötter, Katharertaube)

(Foto HLK 2009, Rathaus von Mirepoix)

Belissensohn – ein Ehrentitel?

Noch einmal zurück zu den Belissensöhnen, die noch heute ein Mysterium umgibt. Es heißt, sie stammten ursprünglich – wie Esclarmonde – aus dem (benachbarten) Grafengeschlecht Foix. Doch der Herr von Saissac, Erz-Katharer, Onkel und Vormund des Vizegrafen Trencavel von Carcassonne, galt ebenfalls als Belissensohn …

Nach einer zusammenhängenden, verifizierten Genealogie der Belissen-Adelslinie suche ich seit langem. Sie ist entweder verlorengegangen oder es scheint sie nie gegeben zu haben. Daher ist die Frage erlaubt, ob der Adelstitel “Belissensohn” nicht nur eine Art Auszeichnung war. Ein Ehrentitel für mutige Faidits wie Pierre-Roger von Mirepoix? Vielleicht dreht es sich aber auch nur schlicht darum, dass die Belissen-Familie die alte Manichäer-Lehre vom Licht in der Dunkelheit (Dualismus) bis in ihre Zeit hinein bewahrt hat.

Kein Wunder, dass sich die Esoteriker aller Länder seit langem leidenschaftlich mit den Belissen beschäftigen, ihnen allerlei Geheimbündeleien andichten und sie in den obersten Gralshimmel versetzen.

(HLK Mirepoix 2009, Sparrenköpfe am Haus des Konsuls)

(letztes Foto – in der Mitte der Heilige Mauritius)

Auf Seite 2 geht es weiter …

Saint-Genis-des-Fontaines

Der beschauliche Ort Saint Genis des Fontaines (2800 Einwohner) liegt ca. 17 Kilometer von Spanien entfernt, am Fuße der Albères-Berge –  also zwischen Pyrenäenausläufern und Meer (Côte Vermeille).

Die Kirche mit ihrem lombardischen Turm, ist absolut sehenswert. Sie gehört zu einer vor dem Jahr 819 gegründeten ehemaligen Benediktinerabtei. Der Neubau wurde im Jahr 1153 eingeweiht.

Mir kam es bei meinem ersten Besuch – bei dem es nicht blieb! – auf den berühmten “Türsturz” an, von dem ich gelesen hatte, und von dem es hieß, er sei der erste seiner Art in ganz Frankreich. Dieses Basrelief stellt tatsächlich die früheste plastische Darstellung romanischer Kunst dar. Es ist aus  Marmor, 2,40 m breit  und 0,75 m hoch.

Zum genaueren Betrachten des Türsturzes von Saint-Genis-des-Fontaines  eine  weitere Abbildung, die ich eingescannt habe (aus  Les Symboles, mémo gisserot, Editions Jean-Paul Gisserot, 2008):

In der Mitte (in einer Mandorla) ein segnender Christus – Majestas Domini -, flankiert vom griechischen Alpha und Omega und getragen von zwei Engeln. Seitlich je drei Apostel. Die Umrahmung: mozarabische Palmettenornamentik.

Im Juni 2013 hatte ich dann eine bessere Kamera dabei und versuchte selbst mein Glück:

Die Werkstatt dieses Türsturzes soll im spanischen Teil der Pyrenäen gelegen haben. Ähnliche, wenngleich jüngere Werke finden sich nämlich im benachbarten St. André, in Arles-sur-Tech und im ehemaligen Kloster zu Roda. (Beiträge zu St. André und Arles-sur-Tech folgen)

Die nachträglich (um das Jahr 1020) eingefügte Inschrift des Basreliefs lautet: ANNO VIDESIMO QUARTO REGNANTE ROTBERTO REGE WILLELMUS GRATIA DEI ABBA ISTA OPERA FIERI IUSSIT IN ONORE SCI GENESII CENOBII QUE VOCANT FONTANAS.

Übersetzt: “Im vierundzwanzigsten Jahr der Regentschaft des Königs Robert befahl Guillaume, Abt von Gottes Gnaden, dass dieses Werk geschaffen werde zu Ehren des heiligen Genis (Genesius), genannt “von den Quellen”.

(Gemeint ist der Kapetingerkönig Robert der Fromme; ein Gemälde, das ihn zeigt, hängt in der Bibliothèque nationale de Paris):

Die Epitaphe mit Inschriften neben dem Eingang zur Abteikirche Saint Genis …

Links vom Eingang zwei Epitaphe, zum einen zur Erinnerung an den verstorbenen Klosterbruder Berenguer (+ 1307) und seiner Schwester Mathia; zum anderen an einen gewissen Dulce de Mont-Roig (+1271)

Rechts zwei weitere Epitaphe, die an den Klosterbruder Miguel Mesner (+1307) erinnern und an Ramon de Pollestres.

Der heutige Kreuzgang stimmt mit dem, der im 13. Jahrhundert neu erbaut wurde, nur weitgehend überein, wie man gleich hören wird …

Im Jahr 1507 wurde das Kloster Saint-Genis dem Kloster Montserrat angeschlossen. Die letzten Mönche verließen es jedoch erst im 18. Jahrhundert, in den Jahren der französischen Revolution, worauf die ursprüngliche Abteikirche 1846 zur Gemeindekirche Saint-Michel wurde.

Jetzt zum Schicksal des Kreuzgangs:

Bis zum Jahr 1913 blieb der mittelalterliche Kreuzgang weitgehend erhalten, obwohl er unter zwei bis drei Besitzern aufgeteilt war, die darin Wohnungen eingerichtet hatten und Landwirtschaft betrieben. Dann jedoch begab er sich unfreiwillig auf Wanderschaft:

DIE dreiteilige ODYSEE des Kreuzgangs von Saint-Genis-des-Fontaines  

Teil I – auf hoher See

Erste Auflösungserscheinungen zeigten sich ab dem Jahr 1913: Das Brunnenbecken, das den Hof des Kreuzgangs zierte, wurde verkauft. Lange Zeit wusste man nicht, wohin, bis man es wiederentdeckte – und zwar im Kreuzgang von Saint-Michel de Cuxa, der – wie übrigens auch der Kreuzgang von Collioure – nach Amerika verkauft und dorthin verschifft worden war.

Teil II – aus eins mach zwei

Elf Jahre später, im Jahr 1924, erwarb der geschäftstüchtige Antiquitätenhändler Paul Gouvert den (brunnenlosen) Kreuzgang von Saint-Genis, um damit das Heim eines vermögenden Schlossbesitzers zu verschönern. Dabei brachte er das Kunststück fertig, aus dem einen Kreuzgang zwei kleinere zu machen. Das zweite Objekt ging an das  Philadelphia Museum of Art. Am Schluss des lukrativen Deals überließ Gouvert großmütig (und sich vermutlich die Hände reibend) zwei Arkaden dem Louvre.

Teil III  – die glückliche Rückkehr

Erst als sich der private Eigentümer im Jahr 1982 einverstanden erklärte, “seinen” Kreuzgang an den Staat zu verkaufen, kam der “Stein” (im wahrsten Sinne des Wortes) wieder ins Rollen. Bei den Demontagearbeiten entdeckte man auf den Steinen der Säulen bestimmte Setzvermerke, die die Echtheit des Kreuzgangs und seine Herkunft bestätigten. Ähnliche Vermerke befanden sich auch auf den beiden Arkaden im Louvre, die daraufhin ebenfalls demontiert und nach Saint-Genis zurückgebracht wurden. Kopiert wurden lediglich die in den USA befindlichen Teile. Die gesamte Restaurierung des Kreuzgangs von Saint Genis wurde erst 1994 abgeschlossen.

 Interessante Säulenkapitelle aus verschiedenfarbigem Marmor …

Der weiße Marmor kommt aus der Gegend von Ceret, der roséfarbene aus Villefranche de Conflent und der schwarze aus Baixas.

Nun einige Impressionen aus dem Inneren der Kirche:

  Eine der hochverehrten Monserrat-Madonnen:Wer sich hinter der nächsten Figur verbirgt, erschließ sich mir leider bis heute nicht …

Der Heilige Judas – in der Ecke stehend:

Mein Favorit in Saint-Genis ist eine mannshohe Schwarze Witwe (Nostra Senyora Dels Dolors – schmerzensreiche Jungfrau) – die schönste, die mir bislang in den Kirchen Südfrankreichs begegnete …

… thematisiert in “Die Affäre C.” (Thriller, E-book)

Auszug: “Sieh nur, Sandrine, die ersten Schwarzen Witwen”, raunte mir Henri unauffällig zu. Und tatsächlich: Wie von Zauberhand waren sie aufgetaucht, halbmannshohe Puppen in Trauer gekleidet, das Haupt verhüllt mit einer Spitzenmantille, sieben silberne Schwerter auf der Brust aufgenäht … “Nostra Senyora Dels Dolors. Unsere schmerzensreiche Frau … Vor einem Antiquitätengeschäft in der Rue St. Vincent stand eine besonders schöne Witwe, eingerahmt von zwei weißen Stehlampen und zusätzlich mit einem Spot in Szene gesetzt. Wir traten näher. Ein schmales, edles, sehr junges Gesicht unter der schwarzen Mantille, die Hände zum Gebet gefaltet, jedoch mit auffällig rot gefärbten Lippen. Vor ihr, auf einem schwarzen Polster liegend, der tote Jesus, ihr göttlicher Sohn. “Dass man die Muttergottes schminkt und als Witwe verkleidet, habe ich noch nirgends gesehen”, sagte ich. “Es handelt sich nicht um die Muttergottes, auch wenn man den Anschein erweckt.” Henri senkte seine Stimme. “In Wirklichkeit steht hier Maria Magdalena, die um ihren Gatten Jesus trauert. Der Tod eines Kindes macht schließlich keine Mutter zur Witwe!”

Hier eine Aufnahme vom Juni 2013:

Sie altert nicht, sie wird von Jahr zu Jahr schöner! 🙂

Um wen es sich bei der schönen Witwe von Saint-Genis mit den roten Lippen auch immer handelt – Maria Magdalena fand ich ganz in ihrer Nähe, und zwar auf einem Gemälde …

Und ein weiteres Mal auf einer Kreuzweg-Station:

Einer der Altäre – und nachstehend ein wunderschöner, alter Taufstein, natürlich romanisch, aus dem 12. Jahrhundert:


Noch eine letzte Anmerkung zu “Saint Genis” – es handelt sich um den Heiligen Genesius von Rom (um 305). Er war ein christlicher Märtyrer und galt als Patron der Schauspieler, Künstler, Tänzer und Spielleute. Deshalb wird er in der Kunst oft mit einem Saiteninstrument, mit einer Maske oder einem Taufstein dargestellt.

“ALIX – Das Schicksalsrad”

D`Amors es tots mos cossiriers – All meine Gedanken gelten der Liebe …“

(Raimon de Miraval, Troubadour, okzitanisch)

(Foto priv. HLK, Tempradura, Châteaudun, 2012)

Der historische Roman “Alix …”      

ist ab sofort als Amazon/Kindle E-book im Rahmen meiner HLK Sonderedition KATHARER-romane erhältlich.

Klappentext:

Südfrankreich 1202: Im lebensfrohen, toleranten Okzitanien dreht sich das Rad des Schicksals. Päpstliche Legaten ziehen durchs Land. Sie predigen den Kreuzzug gegen die „Brutstätte der Häresie“ – die Katharer.

In dieser unruhigen Zeit wird die blutjunge Alix von Montpellier von ihrer Mutter nach Cahors verschachert, an den Hof des für seine Grausamkeit berüchtigten Fürstbischofs Bartomeu. Ihre um ein Jahr jüngere Schwester Inés soll an ihrer Stelle den im Volk beliebten Trencavel heiraten, den Vizegrafen von Carcassonne und Béziers, einen jungen, blonden Mann, von dem es heißt, er lache mit seinen Rittern und Knechten und sei ihnen kaum wie ihr Gebieter.

Lange kämpft Alix gegen das ungerechte Schicksal und ihren geistlichen Widersacher an. Als sie vergilbte Pergamente findet und darin den wahren Grund für ihre Gefangenschaft entdeckt, bereitet sie ihre Flucht vor. Ihr Weg führt sie nach Carcassonne, das bereits im Visier der anrückenden Kreuzfahrer steht. Neben all den verwirrenden Ereignissen, die auf die junge Frau einstürmen, muss sie auch mit ihren Gefühlen ins Reine kommen, denn Alix liebt ausgerechnet den Gemahl ihrer Schwester. Und ihr Todfeind, der Fürstbischof – einer der Finanziers des Kreuzzugs – sinnt auf Rache.

Die Mauern von Carcassonne … (Foto HLK, 2008)

(Printausgabe 2009 “Carcassonne. Das Schicksalsrad”, Spiel + Buch)

Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit Alix und ihrer Schwester Inés!

Herzlichst

Helene Köppel

 

 

Rennes-le-Château – Die Wahrheit hinter den vielen Legenden

Pressebericht Schweinfurter Tagblatt am 14. Juni 2012 (von Hannes Helferich)

SCHWEINFURT
Die Wahrheit hinter den vielen Legenden

Autoren lüften Südfrankreichs Geheimnisse – Helene Köppel dabei

  •  „Pommes bleues“-Treffen in Schweinfurt: Die Mitglieder aus Deutschland, den Niederlanden, Italien, Frankreich, Schweiz und Österreich beschäftigen sich seit Jahren mit den Geheimnissen Südfrankreichs. Hintere Reihe von links: Markus Menzendorff, Erik van Leenders, Stefan Köppel (Administrator), Olaf Jacobskötter, Erich Limmer, vorne von links: Hannes Stuber, Jürg Caluori, Helene Luise Köppel, Marion Boskemper und Thorsten Stute.
    Foto: Köppel
 
 Nach einem ersten Treffen im September 2005 und weiteren Konferenzen in Frankfurt, München und im französischen Rennes-les-Bains hat nun bei der Schweinfurter Autorin Helene Köppel ein zweites Arbeitstreffen der inzwischen auf fünfzehn Mitglieder angewachsenen Internet-Gruppe „Pommes bleues“ stattgefunden.

Die Mitglieder aus Deutschland, den Niederlanden, Italien, Frankreich, Schweiz und Österreich beschäftigen sich seit Jahren mit den Geheimnissen Südfrankreichs. Sie tauschen Erkenntnisse aus, stöbern in Archiven, analysieren alte Schriftstücke, „versuchen Irrtümer auszuräumen, um die Wahrheit hinter der Legende zu finden“, beschreibt die Oberndorfer Buchautorin das Tätigkeitsfeld der Gruppe.

Helene Köppel hat sich mit ihren Romanen über die Katharer einen Namen gemacht. Kürzlich legte sie einen Kriminalroman vor, ebenfalls in Südfrankreich angesiedelt. In „Die Affäre Calas“ geht es um eine Erbschaft, ein dunkles Familiengeheimnis und eine geheime Bruderschaft. Der Roman beruht zum Teil auf historischen Fakten, einem jeweils ungeklärten Justizfall Calas und Unglücksfall in einer Chemiefabrik, ebenfalls in Toulouse.

Beim aktuellen Treffen der internationalen Internet-Gruppe spielte der Ort Rennes-le-Château eine Hauptrolle. Das kleine Pyrenäennest, in dem sich auch schon François Mitterrand (1981) umgesehen habe, hat die Gruppe „gewissermaßen zusammengeführt“, erinnert Köppel. „Der Anfang des Mythos’, mit dem wir uns hauptsächlich beschäftigen, geht auf eine Geschichte aus dem 17. Jahrhundert zurück“, schildert die Schriftstellerin.

Im Jahr 1653 soll der Schafhirte Ignac Paris auf der Suche nach einem verlorenen Schaf eine Höhle entdeckt haben, in der ein Schatz lag. Er stopfte seine Taschen mit Goldstücken voll und präsentierte sie im Dorf. Der damalige Herr von Rennes-le-Château, Baron Blaise d’Hautpoul, zitierte ihn zu sich, wollte den Fundort wissen. Der Schäfer weigerte sich angeblich – und wurde zum Tod verurteilt. Es stellt sich jedoch die Frage, ob er nicht doch vor seinem Tod gesprochen hat und als Mitwisser beseitigt wurde.

Heute verdanke Rennes-le-Château seine Bekanntheit alten Pergamenten und einem Schatz, der 1887 vom örtlichen Priester Bérenger Sauniere entdeckt wurde. Gleich, woher der Schatz stammte (Westgoten, Katharer, Tempelritter): Der Fund machte den Priester reich – und löste eine Lawine weiterer Entdeckungen, Enthüllungen und Veröffentlichungen aus.

Köppel schrieb darüber 2003 den Roman „Die Erbin des Grals“ (auch als Kindle E-book unter dem Titel „Marie …“ erhältlich ). Ihre Freunde Sabina Marineo, Udo Vits und Olaf Jacobskötter verfassten mehrere Sachbücher, weitere Autorenkollegen wichtige Abhandlungen davon. Sabina Marineo, die beim diesjährigen Treffen nicht teilnehmen konnte, schreibt zur Zeit über Rennes-le-Château in ihrem jüngsten Sachbuch: „Stück um Stück zeigt sich das Dorf als die Spitze eines inzwischen hohen Berges, der aus politischen Intrigen, historischen Tatsachen und mythologischen Erzählungen besteht.“

Für Köppel steht fest: Das Geheimnis ist wesentlich komplexer, als es beispielsweise in TV-Sendungen dargestellt werde. Es sei durchsetzt von Fälschungen, merkwürdigen Funden, Inschriften, sonderbaren Andeutungen – und natürlich auch von der Symbolik, mit der Bérenger Sauniere seine Kirche versehen hat. Aber auch ein altes Grabmal spielt im Geheimnis von Rennes-le-Château eine Rolle.

Gemeinsames Ziel der Autorengruppe ist laut Helene Köppel, „die Spreu vom Weizen zu trennen, herauszufinden, was hinter den Kulissen vorging, als gewisse klerikale Kreise aus dem Languedoc sowohl im 16. als auch im 19. Jahrhundert zu plötzlichem Reichtum kamen“. Die Mitglieder wollten herausfinden, wer die Fälschungen zu verantworten hat, die mit den ersten Büchern über das Geheimnis von Rennes-le-Château (1960er Jahre) zum Vorschein kamen. „Ob uns unsere Suche irgendwann zum Ziel führt, ist dabei unwesentlich“, sagt Köppel. Es mache einfach Spaß, „sich mit guten Freunden auf den Weg dorthin zu machen“.

Übrigens: Der harte Kern der frankophilen Forscher und Autoren kennt sich heuer seit zehn Jahren. Der runde Geburtstag wurde in Schweinfurt begossen – mit fränkischem Spätburgunder und französischem Blanquette aus Limoux.

 
Von unserem Redaktionsmitglied Hannes Helferich
 
 

   

Aktualisiert mit Fotos aus dem Jahr 2017, nach der Zerstörung des Asmodi, am Eingang der Kirche, und dem Attentat auf das Magdalenen-Bild unter dem Alter, am 23. April 2017:

Puivert – ein berühmter “cour d’amour”

Im Jahr 1210 nahmen die Kreuzfahrer unter Simon von Montfort auch die Katharer-Burg Puivert ein.

Diese Burg, die in einer wunderschönen Landschaft liegt, stand schon lange auf meiner Rechercheliste.  Bei meinem ersten Besuch hieß es “Eintritt verboten”, denn es wurde gerade gefilmt. Ich musste unverrichteter Dinge umkehren und konnte Puivert später nur als “Schauplatz” im Mystery-Thriller “Die neun Pforten” mit Johnny Depp bewundern. Auch nicht schlecht …

Im Jahr 2009 unternahm ich einen zweiten Anlauf:

Im Vergleich zu anderen Katharer-Burgen, die wie Adlernester auf schwindelerregenden Felsen kleben, ist der Aufstieg nach Puivert leicht, denn die Burg thront auf einer relativ kleinen Anhöhe, inmitten einer weitläufigen Talsole.

Ein blankgefegter Himmel und ein überwältigender Duft nach Ginster, Thymian und Lavendel  begleitete mich an diesem warmen Vorsommertag auf dem Weg nach oben. Bienen, Hummeln und Schmetterlinge flogen und es wimmelte überall nur so von Eidechsen.
In Sichtweite mit Schneehauben bedeckte Pyrenäengipfel …

Der kleine See am Fuße der Ortschaft Puivert fand Eingang in meinen Roman  “ALIX”.

Ein kurzer Auszug aus dem Roman, der zu Beginn des 13. Jahrhunderts spielt.

“Villaine lachte auf. „Peire von Auvergnes Stimme hallt, wie Froschgequak im Sumpf erschallt!“
Ein Lächeln erhellte Alix` Augen. Auf ihre Nachfrage erklärte ihr der Spielmann, dass dieses
Spottlied am See von Puivert entstanden sei, in dem sich einzig die Berge und der Mond spiegelten …”

(Der Troubadour Peire von Auvergne lebte und wirkte im 12. Jh.)

Ein verwunschener See, in dem sich einzig die Berge und der Mond spiegelten ?

Der kleine See auf dem Foto, der sich heute am Ortsrand des Dorfes Puivert befindet, wurde erst vor ca. 40 Jahren von der Gemeinde geschaffen.

Im Mittelalter befand sich jedoch an gleicher Stelle ein viel größerer See – eine Art Schicksalssee:  Als im Jahr 1279 der Seespiegel gesenkt werden sollte, brach der natürliche Damm und das Wasser floss nach Norden ab. Er überschwemmte und zerstörte das Dorf Puivert und andere in der Nähe liegenden Städte und Dörfer, wie z.B. Mirepoix. Sofort kam das Histörchen auf, die Dame in Weiß – die in Vollmondnächten bekanntlich auf vielen Burgen über die Zinnen tanzt und allerlei Schabernack treibt,  soll bei dem Unglück eine Rolle gespielt haben. Wer weiß …

(Anmerk: Das Dorf Puivert wurde tatsächlich erst im 15. Jahrhundert wieder aufgebaut.)

Zurück zur Burg (s. Grundriss), die ihren Ruf vor allem den ruhmreichen Troubadouren verdankt, die sich hier im Mittelalter zu Dichter- und Sängerwettstreiten versammelten. Den Vorsitz hatte im 11. Jahrhundert die berühmte Adélaide von Carcassonne (1040 -1102, verheiratet mit Roger I. von Carcassonne), die eine große Schönheit gewesen sein soll.

... entre las catalans valens e las donas aviens,
dichtete z.B. Guiraut Riquier von Narbonne –

Minnedienst und Ruhm und Kraft, Höflichkeit und Huld gewähren, Ehre Geist und Wissenschaft, gastlich Reden und Verkehren, Liebesgunst und offne Hand, feine Bildung, offnes Wesen, all dem sichert den Bestand Katalonien, treu erlesen wo die Herrn so hoch an Mut und die Fraun so hold und gut!

(Nachdichtung von H.G. Tuchel).

Jahrzehnte später brach selbst die berühmte Eleonore von Aquitanien (1122-1204) zu einer großen Dichterversammlung nach Puivert auf. (Im Bild ihre Sterbebüste)

Bei diesen Wettstreiten um die besten Minnelieder und -gedichte ging es, wie am Beispiel ersichtlich, vielfach um die höfische Liebe, die fin amour – insgesamt jedoch um eine ganz bestimmte Lebenseinstellung, die ihre Vorlagen aus der arabischen Kultur nahm und im 12. Jahrhundert im Süden Frankreichs ihren Höhepunkt erreichte.

Im nächsten Foto der große Ehrenhof der Burg Puivert, wo auch die Ritterspiele stattfanden.  Er maß 80 x 50 Meter.

Der Französische Kampf, d.h. die ernsthaften Lanzenturniere wurden irgendwann verboten. Die harmlosen Lanzenstechen – auch Scharlachturniere genannt – fanden aber weiterhin statt. Die Damen erwählten sich ihren Favoriten, übergaben ihm ihr Band, das der stolze Ritter an seine Lanze steckte.

Der Sieger solcher Reiterstechen a plaisance – also mit relativ ungefährlichen Waffen –  bekam nach italienischem Vorbild oft ein wertvolles Scharlachtuch zur Belohnung und obendrein eine Goldmünze. Der zweite und dritte Preis konnte eine Armbrust oder ein Schwert sein. Der letzte zog unter dem Gekichere der aufgeputzten Ritterfräuleins mit einem Schwein unterm Arm von dannen …

Der Ehrenhof von Puivert war im Mittelalter von einer hohen Ringmauer geschützt, die von Türmen flankiert war.Etwas abenteuerlich fand ich die eiserne Treppe (nächstes Foto), die über zwei Etagen in den Donjon – den Wohnturm – führt:

In der ersten Etage eine schöne Kapelle mit gotischer Spitzbogen-Nische:

Im zweiten Stockwerk dann der berühmte Salle des musiciens, in dem die Schlusssteine des gotischen Kreuzrippengewölbes Musiker und ihre Instrumente zeigen: Drehleier, Psalter, Zither, Tambourin, Laute und Dudelsack.

Während an den Steinen noch immer der Zahn der Zeit nagt, offeriert man den Besuchern die nachgebauten alten Musikinstrumente, natürlich unter Glas.

Sonderbare Blicke!  

Am Tag meines Besuches befand ich mich eine ganze Weile mutterseelenallein im Saal der Troubadoure, konnte mich also selbst von der tollen Akustik überzeugen – na ja, offenbar habe ich dann etwas zu laut das Se Canta* gesungen, denn als ich den Saal verließ, warfen mir zwei Neuankömmlinge recht sonderbare Blicke zu! 🙂

Die ältesten Teile der Burg stammen aus dem 12. Jahrhundert, andere aus dem 13. und 14. Jahrhundert.

Puivert und die Katharer:

Die adelige Familie von Puivert, die im 13. Jahrhundert auf dieser Burg lebte, war katharischen Glaubens. Bernard und Alpais von Congost erhielten beide das Consolamentum (Geistweihe) auf der Festung Montségur. Ihre Tochter Saissa wurde am Fuße des Montségur als Ketzerin verbrannt.

(Überall auf der Burg hingen herrliche Tapisserien (Repliken) mit Gralsmotiven, Einhörnern usw.)

Simon von Montfort, der Anführer der Kreuzfahrer, nahm Puivert im Herbst 1210 nach nur drei Tagen Belagerung  ein und richtete großen Schaden an.

Er übergab die Burg Thomas de Bruyères, dessen Wappen man noch heute dort finden kann: Ein Löwe mit gespaltenem Schwanz:

Die Weiße Dame ist mir – trotz fleißigen Herbeisingens – nicht untergekommen auf Puivert, dafür liefen mir auch im Ehrenhof ständig kleine Eidechsen über den Weg: Man hat mir erzählt, sie würden als Träger verstorbener Seelen gelten. Da fiel mir natürlich wieder das große Unglück ein, das hier einst stattfand …

* Se Canta, auch bekannt als Se Chanto oder Aqueras Montanhas, ist ein altes okzitanisches Lied (später Protestlied gegen die Vernachlässigung der Region). Es wird in meinem Roman “Alix – Das Schicksalsrad” gesungen.  Zum Hineinhören:

Vielen Dank für Ihr Interesse!

Helene L. Köppel

Saint-Gilles du Gard

Ein stiller Ort in Okzitanien

Im Mai/Juni 2009 führte mich meine Recherchereise auch nach Saint-Gilles du Gard. (Département Gard, Region Okzitanien)
Es war mein zweiter Besuch in diesem stillen Ort, nachdem beim ersten Mal die Besichtigung der berühmten Abteikirche nicht möglich war.

 

Im 11. Jh war die Basilika Saint-Gilles eine der meist besuchten Pilgerstätten neben Jerusalem, Rom und Santiago de Compostela – was an der Verehrung des Heiligen Aegidius (Saint-Gilles) lag. 

Der Heilige, der auch in der Legenda aurea erwähnt wird, hat hier im 8. Jahrhundert gelebt und gewirkt. Er entstammte einer berühmten Athener Familie, war ein Freund der Armen und tat sich durch Wunder hervor. Schon zu Lebzeiten galt er als heilig.

Und so soll er ausgesehen haben, der Heilige Aegidius oder Gilles:

 

Die nördliche u. südliche Mauer der BASILIKA stammen aus dem 12. Jh, wie auch die gesamte Portalanlage.  Ihre Gliederung – vom römischen Triumphbogen inspiriert, wie auch die Anordnung der Säulen, Figuren, Friese,  verdeutlicht, wie sehr die Kunst der Provence dem antiken Erbe verpflichtet war.

 

Während der Religionskriege wurde der zerstörte Chor aufgegeben. Die Reste des romanischen Schiffes wurden – von der Höhe der Arkaden ab – um 1650 zu einer Kirche im spätgotischen Stil ausgebaut.
Im Inneren sind viele Sehenswürdigkeiten aus dem 18. u. 19. Jh. zu bestaunen.

Mich interessierte vor allem die KRYPTA (Romanrecherche für “Alix – Das Schicksalsrad”)
Steil ging es hinunter:

 

Königlicher Empfang: Der Heilige Ludwig (Ludwig IX, Kapetinger):

 

Unzählige dunkle Ecken und alte Grablegen  – der Ort, in dem die Pilger im Mittelalter für gewöhnlich die Nacht verbrachten, bevor sie am nächsten Morgen weiterzogen …

 

Natürlich ruhen hier auch die Gebeine des Saint-Gilles …

 

Sein Steinsarg wurde 1865 von Abbé Goubier wiederentdeckt. Er trägt folgende Inschrift:

IN H TML QI
C B AEGD

“In hoc tumulo quiescit corpus beati Aegidii” – In diesem Grab ruht der Körper des glückseligen Aegidius.

Sofort nach seinem Tod im Jahr 732 pilgerten die ersten Gläubigen aus aller Herren Länder hierher. Saint-Gilles du Gard wurde Zwischenstation auf dem Weg nach Santiago de Compostela.

Der Zugang zu einem alten Brunnen (evtl. heilige, heidnische Quelle):

 

Nachstehend die sog. Äbte-Treppe, mit der es natürlich eine Bewandtnis hat:

 

Diese Treppe wurde im Jahr 1220 aus einem bestimmten Grund angelegt, nämlich um Klerikern einen eigenen Zutritt zum Grabmal des päpstlichen Gesandten Peter von Castelnau zu verschaffen – dessen Ermordung im Jahr 1208 den Anlass zum Kreuzzug gegen die Katharer gab.

Castelnau, mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet, war von Papst Innozenz III. beauftragt worden, die Katharer in Südfrankreich zu bekehren. Als er jedoch erfuhr, dass ihm der Graf von Toulouse seine Unterstützung verweigerte, exkommunizierte er ihn und verfluchte ihn mit folgenden Worten:

Der Christenheit zur Schmach verleiht Ihr öffentliche Ämter an Juden

und haltet es mit den Feinden des wahren Glaubens.

Wer Euch beraubt, hat gut getan;

wer Euch tödlich trifft, wird gesegnet sein!

 

Doch im nasskalten Morgennebel des vierzehnten Januar 1208 wurde Peter von Castelnau selbst tödlich getroffen! Seine Begleiter hatten sich gerade bereit gemacht, über den Fluss zu setzen, als sich von hinten ein schneller Reiter näherte und mit aller Kraft eine Lanze in den Rücken des Legaten schleuderte. Im Todeskampf, so erzählte Rom später, soll sich Castelnau, noch einmal aufgebäumt und gerufen haben: „Gott vergebe dir, wie ich dir vergebe!“

 

Das nächste Foto zeigt Castelnaus Grablege, die wie gesagt, auch über die geheime Äbte-Treppe erreichbar war. Seine Gebeine sollen sich noch bis Mitte des 16. Jahrhundertes hier befunden haben, später wurden sie angeblich von den Hugenotten verbrannt.

 

Nach Castelnaus Tod rief Papst Innozenz III. zum Kreuzzug gegen die Katharer auf und forderte die vollständige Unterwerfung des Grafen von Toulouse – sowie als Unterpfand für seinen guten Willen seine sieben wichtigsten Festungen und die nördlich von Montpellier gelegene Grafschaft Melgueil. Raymond sollte sich verpflichten, die Häretiker mitsamt ihrem Besitz den Kreuzfahrern auszuliefern, und alle Juden aus ihren Ämtern zu entlassen.

Was keiner erwartet hatte, traf ein:
Der Graf von Toulouse – obwohl er stets seine Unschuld beteuerte! – streckte die Waffen und stimmte einer öffentlichen Unterwerfungszeremonie zu (was er später allerdings schwer bereute!)

So kam es, dass im Jahr 1208 die halbe Welt nach Saint-Gilles – den Schauplatz des Attentats auf Peter von Castelnau – pilgerte, um einer bösen Demütigung beizuwohnen, die sich auf den Stufen der Basilika und vor seinem Grab abspielte:

 

 

(Nachfolgend Romanauszug aus “ALIX” – Das Schicksalsrad, Copyright HLK):

“Der Platz vor der Basilika des Heiligen Ägidius war schwarz von Menschen.

Mit nacktem Oberkörper und bloßen Füßen stand der Tolosaner vor der breiten Treppe, um auf die Legaten Roms, die Erzbischöfe und Bischöfe zu warten. Als sie kamen, trugen sie Ruten in ihren Händen. Sie geleiteten ihn zur mittleren der drei roten Portaltüren hinauf, die ins Innere der Basilika führten. Auf ein Zeichen hin begannen sie ihn zu züchtigen, bis ihm das Blut den Rücken hinablief. Kein Klagelaut war zu hören, doch im stolzen Antlitz des weißhaarigen Grafen stand die Abscheu vor diesem entwürdigenden Ritual.Als sie ihn genug geschlagen hatten, hießen sie ihn sowohl auf den Leib Christi als auch auf diejenigen Heiligenreliquien schwören, die sie in goldenen Kistchen und Schreinen mit sich führten. Raymond von Toulouse gelobte mit lauter Stimme, fortan den Befehlen der Heiligen Römischen Kirche in allem zu gehorchen, und anerkannte die fünfzehn Anklagepunkte, die man gegen ihn vorgebracht hatte.

Doch damit war es noch nicht vorüber. Gleich einem Halfter, legte man ihm eine weiße Stola um den Hals und zerrte ihn unter weiteren Rutenhieben wie ein wildes Tier in die Krypta hinunter, wo der ermordete Peter von Castelnau lag. Dort musste er sich entkleiden und dem toten Legaten seine Verehrung erweisen. Auch das vollbrachte der Tolosaner mit großer Würde.”

 

Peter von Castelnau wurde zeitgleich zum “heiligen Märtyrer erklärt” und noch heute scharen sich Pilger und Touristen um sein Grab.

 

Zuletzt noch einige Fotos:

Ein prachtvoller alter Stützpfeiler …

 

 

Eine Statue der heiligen Agnes – von der man im allgemeinen sagt, dass kein Bildnis einer Heiligen älter sei, als das ihre.

Und eine Romanische Madonna – über deren Entdeckung (sie stand in einer dunklen Nische und ich hätte sie um ein Haar übersehen) ich mich besonders gefreut habe, weil ich mich seit Jahren für diese “Schwarzen Madonnen”, wie man sie auch nennt, interessiere:

 

 

Man nennt sie Mutter Gottes von Nuria. Es handelt sich um eine Katalanische Arbeit, jedoch um eine Replik. Das Original, das sich hoch oben in den Pyrenäen, im Santuari de la Mare de Déu de Núria befindet, soll dereinst Saint-Gilles geschnitzt haben.

 

Et voilá – ein prachtvoller Schlussstein  am Ende meines Artikels über den heute “stillen Ort” Saint-Gilles du Gard:

Vielen Dank für Ihr Interesse!

Helene L. Köppel
My fantasy is my castle

LESEN hält wach – garantiert!

 

Interessiert auch an Arles?  “Hymnus an die Sonne von Arles”