Saissac – in den Schwarzen Bergen

Nachdem in meinem Roman “ALIX – Das Schicksalsrad” Bertrand von Saissac, der Onkel und langjährige Vormund des Vizegrafen von Carcassonne, eine nicht unwichtige Rolle spielt, bin ich während meiner Vorort-Recherchen auch nach Saissac gefahren, um Ausschau nach seiner ehemaligen Burg zu halten.

Der gleichnamige malerische Ort mit vielen Fachwerkhäusern liegt im Herzen der Montagne Noire, (die Schwarzen Berge), d.h. im Nordwesten von Carcassonne. Die Burgruine steht etwas unterhalb auf Terrassen vor einer wirklich außerordentlich schönen Landschaft, die am Horizont von der Pyrenäenkette begrenzt wird.

Im Dorf selbst existieren noch zwei Türme aus dem 12. Jahrhundert, die evtl. die tatsächlichen Überrreste der Festung des Bertrand von Saissac sind. Man weiß es nicht genau … Nachstehend der “Tour Carré”:

… und der “Tour Grosse”

Auf dem Weg zur großen Burganlage kommt man an der (teils) romanischen Kirche vorüber:

Zwei hübsche Engel im Inneren des Gotteshauses weisen den Weg – wohin auch immer:

Die imposante Burganlage, die – wie gesagt – etwas unterhalb des Ortes liegt, taucht erstmals im Jahr 960 in den Schriften auf: Der Bischof von Toulouse vermachte sie seinerzeit dem Grafen von Carcassonne, der sie ab dem 11.Jh. mächtigen Vasallen belehnte.


Vor dem Kreuzzug gegen die Albigenser (1209) gehörte der Ort dem oben genannten Bertrand von Saissac. Der durchsetzungsfähige und -bereite Bertrand ist insbesondere wegen seiner Intervention bei der Wahl des Priors von Alet bekannt: Er zögerte nicht, den verstorbenen Abt wieder auszugraben, seine Leichnam auf den Abt-Thron zu binden, um – unter dem Vorsitz einer Leiche – die Wahl eines seiner Freunde durchzusetzen. (Näheres zu diesem unglaublichen Vorfall im Roman “Alix: Das Schicksalsrad”).

Im Jahr 1209 ergaben sich die Lehnsherren von Saissac den Kreuzzüglern und wurden enteignet, vorübergehend zu Gunsten von Bouchard de Marly und ab 1234 von Lambert de Thurey. Ab dieser Zeit war die Lehnsherrschaft Saissac auf mehrere Co-Prinzen aufgeteilt: ein Teil wurde von Ludwig IX. den „gesetzlosen“ Lehnsherren von Saissac zurückgegeben. Danach ging Saissac von Hand zu Hand.


Wen wundert`s, dass man auch einen Schatz in Saissac gefunden hat! Bei Arbeiten in der Gemeinde kam 1979 ungefähr 2000 Deniers, die auf 1250 – 1270 datiert wurden, ans Tageslicht. Fast alle Münzen sind auf die königliche Autorität zurückzuführen, was die Machtübernahme der Kapetinger-Zentralverwaltung in der Region Languedoc bezeugt.
Die seit Mitte des 18.Jh. teilweise zerstörten Burg-Gebäude wurde nach und nach aufgegeben. Darüber hinaus wurden sie 1862 durch Schatzsucher weiter beschädigt.

In einem kleinen Museum (Light-Show) ist für die Besucherkinder der glitzernde Schatz der Burgherrin Eleonore von Saissac ausgestellt …

Saissac und die Katharer 

Im Jahr 1195 gab es in Saissac eine starke Katharergemeinschaft. Bertrand von Saissac schützte die Häretiker, notfalls auch mit Gewalt. Er hatte berühmte Troubadoure zu Gast, wie Raimon von Miraval und Peire Vidal, die ebenfalls der Häresie nahestanden.

Noch heute erinnert man sich im Dorf an Bertrand von Saissac:

 

Damit auch Sie den Burgherren näher kennenlernen –  ein kleiner Auszug aus “Alix: Das Schicksalsrad”:

“Bertrand von Saissac, sonst geplagt von allerlei Gebrechen, vor allem Schmerzen in den Gelenken, stürzte in heller Aufregung in das Schlafgemach seines Neffen. “Mein guter Raymond”, rief er, “steht auf, soeben kam ein Bote aus Montpellier. Es geht um Eure Braut!” Er überreichte dem jungen Trencavel einen Brief, dessen Siegel bereits erbrochen war. Obwohl Saissac die Vormundschaft längst abgegeben hatte, besaß er noch immer das unumschränkte Vertrauen seines Neffen.

Bereits bei den ersten Zeilen wurde der Vizegraf blass. Als er das Schreiben zu Ende gelesen hatte, gab er es zurück. Dann stand er auf, strich sich das blonde Haar hinter die Ohren: “Jhesu Crist! Ist es zu fassen?”, sagte er leise. “Die Desponsatio ist geplatzt? Meine Braut hat Montpellier mit unbekanntem Ziel verlassen, gemeinsam mit ihrer Stiefschwester Marie? Ein halbes Jahr vor der geplanten Hochzeit?”

“So steht es geschrieben!” Saissacs Gesicht war wie versteinert …”

 

 

Etwas später – Saissac zu seinem Neffen Raymond-Roger Trencavel:

“Raymond, ich habe mir die Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ein Verlöbnis ist bindend. Es stellt einen Vertrag dar, dessen Verletzung eine schwere Buße nach sich zieht. Wilhelm von Montpellier hat diesen Vertrag mit eigener Hand unterzeichnet. Obendrein ist der Brief, den seine Witwe schickt, eine einzige Beleidigung. Ihr seid Oberlehnsherr über mehr als sechzig Ritter und diese alte Ränkeschmiedin bietet Euch die jüngere Schwester Eurer Braut wie ein Stück Vieh an, so als ob ein Trencavel jederzeit auch mit der zweiten Wahl vorlieb nehmen müsse. Wilhelm hätte das nie zugelassen, ja er würde sich vor Scham im Grabe herumdrehen, wüsste er davon! Dahinter steckt niemand anderer als …”

 

 

Tja, wer steckt wohl hinter dieser Intrige?

Lesen Sie selbst! Viel Spaß!

Ein ketzerisch` Lied?

Nicht nur die Trobadoure Südfrankreichs (Marcabru, Miraval, Vidal usw.) wurden im Hochmittelalter verdächtigt, insgeheim der katharischen Häresie anzuhängen – auch Walther von der Vogelweide, einer der bedeutendsten Minnesänger Deutschlands (um 1200), kam zumindest in den Geruch, ein “ketzerisch` Lied” zu singen.

(Abbildung Codex Manesse: “Ich saz ûf eime steine und dahte bein mit beine …”)

Walther – der historisch in nur einer einzigen Urkunde fassbar ist (s. nächste Abbildung) -, war ein Mann, der sich nach eigener Aussage das “eindringliche Nachdenken, auf welche Weise man auf der Welt leben müsse”, nicht verbieten lassen wollte:

(Die einzige urkundliche Erwähnung des Sängers findet sich in den Reiserechnungen des Bischofs von Passau, Wolfger von Erla, 1m 12.11.1203: “Dem Sänger Walther von der Vogelweide für einen Pelzrock 5 Schillinge.)

Als Papst Innozenz III. (Lothar von Segni) im Jahr 1201 den Bann über Philipp von Schwaben aussprach, waren erste romkritische Töne ( “ze Rome” – damit  war natürlich Innozenz gemeint) aus des Sängers Mund zu hören.

(Philipp von Schwaben, von 1198 bis 1208 römisch-deutscher König)

Walther hielt den Bann für eine Fehlentscheidung und schrieb ironisch über den damals erst 38jährigen Papst:

“owê, der bâbest ist ze junc, hilf, hêrre, dîner cristenheit!”

(O weh, der Papst ist zu jung, hilf, Herr, Deiner Christenheit!)

“Wes Brot ich ess, des Lied ich sing” – kann man dem “höfischen” Dichter und Sänger  sicherlich zu Recht vorhalten, nachdem er – nach Aufenthalten bei verschiedenen deutschen Fürsten – nachweislich auch am Hofe des Staufers Philipps weilte. In eine “Hoffamilie” aufgenommen zu werden, bedeutete Ehre und Verpflichtung – das war bei den Troubadours des provenzalischen Südens nicht anders. Aber es bedeutete zugleich Sicherheit, Kleidung (Pelzrock!) und Auskommen:
Wie sehr sich Walther von der Vogelweide, der vermutlich nicht mit großen Reichtümern gesegnet war, freute, als er im Jahr 1220 von Friedrich II. das mehrmals erflehte Lehen erhielt, beweist folgender Lehensdank:

“Ich habe mein Lehen, hört es, ihr Leute alle, ich hab’ mein Lehen! Nun fürchte ich nicht mehr den Februarfrost an den Zehen und will in Zukunft die geizigen Herren nicht mehr anbetteln. Der edelmütige König, der großzügige König, hat so für mich gesorgt, dass ich im Sommer Kühlung und im Winter Wärme habe. Gleich erscheine ich auch meinen Nachbarn um manches vornehmer. Sie sehen mich nicht mehr wie vordem als Schreckgespenst an. Leider bin ich zu lange arm gewesen. Ich war so schmähsüchtig, dass mein Atem stank. Das alles hat der König wieder rein gemacht und meinen Sang dazu.”

Doch zurück in das Jahr 1212 …

Dass es sich bei Walthers Romkritik nicht nur um “Herrscherpreis” gegenüber seinem Gönner Philipp gehandelt hat, zeigen seine deutlichen Worte, die er im März 1212 auf dem Hoftag zu Frankfurt von sich gab, als es um den Bannspruch gegen Kaiser Otto (Otto IV.) ging. (Nach Philipps Ermordung, hatte sich Walther an Ottos Hof begeben.)

Die Vorgeschichte

Drei Jahre zuvor hatte Innozenz III. Ottos Krönung mit folgendem Segens- bzw. Fluchspruch bedacht:

´Wer immer Dich segnet, der sei gesegnet, wer immer Dir flucht, der sei verflucht mit der ganzen Härte des Fluchs.`

(Otto IV. und Papst Innocenz III. reichen sich vor den ankommenden Schiffen Friedrichs II. die Hände; Otto IV. war von 1209 bis 1218 römisch-deutscher Kaiser des Heiligen Römischen Reiches)

Der Fluch

Und nun “fluchte” Innozenz plötzlich Otto. Ein Grund für Walther von der Vogelweide “Tacheles zu reden”:
Er stellt den Papst bloß, erinnert ihn an seinen Segen und daran, dass die “Fluchformel” mit dem Bann Ottos auf Rom zurückfällt:

“Herre bâbest, ich mac wol genesen, wan ich wil iu gehôrsam wesen …”

Übersetzt: “Herr Papst, ich kann wohl selig werden, denn ich will Euch Gehorsam leisten. Wir hörten, wie Ihr der Christenheit aufgetragen habt, wie wir uns dem Kaiser gegenüber verhalten sollten, als Ihr ihm Gottes Segen gabt – dass wir ihn (nämlich) Herr heißen und vor ihm niederknien sollten. Auch dürft Ihr nicht vergessen, wie Ihr spracht: ´Wer immer Dich segnet, der sei gesegnet, wer immer Dir flucht, der sei verflucht mit der ganzen Härte des Fluchs.` Um Gottes willen, besinnt Euch dabei, wenn Euch das Ansehen der Kleriker irgend am Herzen liegt.”

(Allerdings erwähnt Walther von der Vogelweide in seinen Strophen nicht den Angriff Ottos auf Sizilien – den eigentlich Grund des Bannspruches.)

Der sog. “Unmutston”

Entwickelten sich die ersten “antipäpstlichen Äußerungen” des Sängers unter dem Schutz seiner Gönner und Mäzene (z.B. Ottentonstrophen), entstanden seine späteren papstkritischen Strophen (um 1213) im Rahmen des sog. “Unmutston” – der allgemeinen deutschen Papstkritik:

Theodor Nolte * schreibt hierzu:

“Erst in der Reformationszeit wird wieder in ähnlicher Schärfe an Papst und Kirche Kritik geübt (etwa bei Ulrich von Hutten).

Die “Opferstock-Strophen

Es entstehen die berühmten “Opferstock-Strophen” des Sängers, in denen es vorrangig um den Kreuzzugsaufruf des Papstes geht (Bulle Quia major, 1213). Innozenz hatte in diesem Zusammenhang die Aufstellung von Opferstöcken in allen größeren Kirchen zur Finanzierung der Kreuzzüge befohlen.

(Papst Innozenz III.)

“Das habe ich fein hingekriegt!”

Walthers Versuch, mit Worten und Gesang den Papst zu entlarven, d.h. seine wahren Motive (Bereicherung) aufzuzeigen, hörte sich folgendermaßen an.

Ahî, wie kristenlîche nû der bâbest lachet, swanne er sînen Walhen seit: ìch hânz alsô gemachet!`

(Ahiiii, wie christlich jetzt der Papst lacht, wenn er seinen Welschen sagt: ´Das habe ich fein hingekriegt!`…)

“Saget an, Herr Stock …”

In der zweiten Strophe spricht er den “Opferstock” persönlich an (Herr Stock):

Sagent an, her Stoc, hât iuch der bâbest her gesendet, daz ir in rîchet und uns Tiutschen ermet unde pfendet? Swenne im dui volle mâze kumt ze Latrân, so tuot er einen argen list, als er ê hât getân. Er seit uns danne, wie daz rîche stê verwarren, unz in erfüllent aber alle pfarren. Ich waene, des silbers wênig kumet ze helfe in gotes lant, grôzen hort zerteilet selten pfaffen hant.

Übersetzt: “Sagt an, Herr Stock, hat Euch der Papst hergeschickt, auf dass Ihr ihn reich macht und uns Deutsche arm macht und ausplündert? Wenn ihm die ganze Fülle in den Lateran gebracht worden ist, dann wird er zu einem schlimmen Trick greifen, wie er das schon früher getan hat. Er wird uns dann sagen, in welcher Unordnung sich das Reich befinde; so lange (wird er das tun), bis er sich abermals von allen Pfarreien anfüllen läst. Ich glaube, von dem Silber kommt kaum etwas der Hilfe für Gottes Land zugute. Die Hand der Pfaffen zerteilt höchst selten einen großen Schatz. Herr Stock, Ihr seid in schädlicher Absicht hergeschickt worden: um unter den deutschen Menschen Törinnen und Narren zu suchen.

Theodor Nolte* schreibt hierzu:

“Das ist jetzt keine kultivierte Hofpoesie mehr, vor einem erlauchten adligen Publikum und mit dessen gütiger Duldung vorgetragen. Das ist jetzt ein Gesang, dem man mit größerem Recht das Attribut des Politischen zuerkennen mag …”

Nur eine “zu lange Zunge”?

Walthers Opferstock-Strophen hatten ein Nachspiel:

Thomasin von Zirclaere (italienischer Adel) verfasste im Jahr 1216 ein langes Gegengedicht: 

“Wer da in seinem Übermut sagt, ihr Haupt sei nicht gut, tut der Christenheit große Schande an. Wer eine zu lange Zunge hat, dem gebe ich den Rat, er möge sie sich kürzen lassen!”

Niemals, so Thomasin, könne Walther von der Vogelweide den von ihm verursachten Schaden finanziell wiedergutmachen.

Oder doch ein Ketzer?

Thomasins nachfolgender Abschnitt bezieht sich auf die Ketzer (Waldenser und Katharer, die von Frankreich und Italien ausgehend, auch in Deutschland Fuß gefasst hatten) – und er rückt Walther von der Vogelweide deutlich in ihre Nähe, zumal einige Strophen des Sängers die Armutsbewegung der Waldenser (pauperes Christi) und ihre Kritik am Papsttum zum Inhalt haben.
Dafür, dass Walther von der Vogelweide tatsächlich einer dieser Häretikergruppen angehörte, gibt es jedoch keinen Beweis!

(Thomasin von Zirclaere: Seite aus “Der wälsche Gast” (Heidelberger Handschrift CPG 389, fol. 116r, Mitte 13. Jahrhundert)

Walthers Kritik jedoch (die Mutmaßung, dass Gelder veruntreut würden), stand indes nicht auf tönernen Füßen: Drei Jahre später schrieb der Abt des französischen Klosters Prémontré, Gervasius, einen Brief nach Rom, in dem er auf die Missstände unter denen, die das Kreuz genommen hätten, hinweist:

” … Es erklärten nämlich alle, dass denen, die das Kreuz zu nehmen beabsichtigt hätten, versprochen worden sei, das in den Opferstöcken oder auf andere Weise gesammelte Geld solle für die Ausgaben der ärmeren Kreuzfahrer verwendet werden. Das scheint nicht geschehen zu sein, deshalb bittet Gervasius den Papst, Ordinatoren einsetzen zu lassen, die, um einen Skandal zu vermeiden, das gesammelte Geld unter die mit dem Kreuz bezeichneten oder zu Bezeichnenden verteilen sollen.”

Kein Wunder, dass Innozenz III. im Jahr 1215 – auf dem berühmten IV. Laterankonzil – anordnete, dass Kleriker den Sängern, Vaganten und Spielleuten keine Aufmerksamkeit mehr schenken dürften … 🙂

Vielen Dank für Ihr Interesse!

Helene Köppel

Quelle: “Papst Innozenz III. Weichensteller der Geschichte Europas, Stuttgart: Steiner, 2000.; Theodor Nolte: “Papst Innozenz III. und Walther von der Vogelweide”, Seiten 69 ff.

* Theodor Nolte ist Professor für Ältere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Passau.

Wie es zum Kreuzzug gegen die Katharer kam und wie alles endete, erfahren Sie auf den nachstehenden Seiten
z.B. Zeittafel zur Geschichte, Teil 1
oder Zeittafel der Geschichte, Teil 2,
Empfehlenswert auch:Ein Streifzug durch die Katharerzeit.
Der Kampf um Toulouse: “Ai Tolosa,1”, und “Ai Tolosa 2”.
Die Geheimen Schriften, Scripta secreta
Die Katharer und ihr Glaube an die beste aller Welten”
Alles über den Kampf um den Montségur
Finale am Montségur
“Ein ketzerisch Lied”
oder aber in meinen Historischen Romanen

CHRONISTEN, Augenzeugen und Parteigänger

Es gibt nicht viele Zeitzeugen, die in engem Kontakt mit den Katharern standen und deren Aufzeichnungen uns noch heute vorliegen, aber es gibt sie …

Caesarius von Heisterbach  – (ca. 1180 – 1240);  aus Köln oder aus der Nähe von Köln gebürtig), Zisterzienstermönch und Novizenmeister.

Von Heisterbach verfasste um das Jahr 1220 sog. Wundergeschichten – Zwiegespräche zwischen Mönch und Novize über die Irrtümer der Häretiker (Katharer). Er steht darin auf Seiten der Kreuzfahrer, legitimiert ihr Vorgehen. Aus seiner Feder stammt folgende Szene:

Als die Kreuzfahrer vor Béziers ihren geistlichen Anführer, den päpstlichen Legaten Arnold Amaury fragten, wie man denn die Katholiken von den Ketzern in der Stadt unterscheiden könne, soll seine Antwort gewesen sein:

“Schlagt sie alle tot, der Herr erkennt schon die Seinen!”

(Cäsarius von Heisterbach zu Füßen des heiligen Benedikt, Handschrift C 27 der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf.)

Wilhelm von Tudele  (Guillem de Tudèle; um 1200, ein in Navarra geborener Okzitanier.

Tudele gilt (nicht gesichert!) als Dichter des ersten Teils der Chanson de geste, dem Lied vom Kreuzzug, das er im Jahr 1212 in okzitanischer Sprache verfasst hat. Es handelt sich um 131 Tiraden. Er steht inhaltlich auf Seiten der Albigenser, hat im Jahr 1204 – auf der Hochzeit des Grafen Raymond VI. von Toulouse mit Eleonore von Aragón – den jungen Trencavel, den Vizegrafen von Carcassonne, kennengelernt und begegnet ihm später in seinem Werk mit großer Sympathie und Respekt. Tudele bedauert offen die Gräuel der Kreuzfahrer – nimmt aber dennoch die obersten Führer aus der Verantwortung.

Der Verfasser des 2. Teils der “Geste” (altfranzösisch) bleibt anonym. Er sieht sich im Gegensatz zu Tudele als Parteigänger Montforts und der Kreuzfahrer, ist streng gegen die Häretiker, sieht ihr Unglück als selbstverschuldet an.
Beide Teile des “Chanson de geste” sind unvollendet und unterscheiden sich nicht nur in der Aussage (Tendenz), sondern auch im Sprachstil.

Ein kleiner Auszug aus dem Chanson auf okzitanisch:

(Maestre Bernat, einer der Capitouls/Konsuln von Toulouse, hält eine Rede)

” … Qu` en Dieu ai esperansa que tost sian sobratz, que nos avem gran dreit ed els an los pecatz …”

Übersetzt: ” … Ich vertraue auf Gott, dass die Feinde sehr bald überwunden sein werden, denn wir haben volles Recht, und sie sind im Unrecht.

(Quellen Tudele betreffend: “Über die Entstehung und die Dichter der Chanson de la Croisade contre les albigeois” von Ludwig Kraack, Marburg, 1884; “Aristokraten und Poeten, Die Grammatik einer Mentalität im tolosanischen Hochmittelalter” von Jan Rüdiger,  Berlin 2001.)

Peter von Vaux-de-Cernay (um 1200, Zisterziensermönch der Abtei Vaux-de-Cernay)

Vaux-de-Cernay, ebenfalls Augenzeuge des Albigenserkreuzzugs, den er zeitweise begleitete, gilt als absoluter Parteigänger der Kreuzfahrer – ja, als “Propagandist Roms”.

Er ist der Verfasser der Historia Albigensis (die bis in das Jahr 1218 reicht). Das Werk ist chronologisch aufgebaut und in drei Teile gegliedert:  Häresie, Predigt- und Bekehrungsfeldzug, militärischer Kreuzzug.

Der Autor Gerhard E. Sollbach, der die “Historia Albigensis” ins Deutsche übertragen hat, schreibt auf der Rückseite seines Büchleins (Manesse Bibliothek der Weltgeschichte):

“Zu dieser erstmals in Deutsche übertragenen Chronik vom Beginn des 13. Jahrhunderts passt der Begriff ´finsteres Mittelalter` wie nur selten sonst: Was Pierre des Vaux-de-Cernay erzählt, schlägt düsterste Kapitel der abendländischen Kirchengeschichte auf und bringt die Begegnung mit wahrhaftigen ´Kindern der Finsternis` – auf seiten der Albigenser wie der Papsttreuen. Ein authentischer Bericht über einen Glaubenskrieg, in dem es keine Sieger gab, sondern nur Verlierer: kennzeichnend ist dabei die Vorstellung, der ´richtige Glaube` rechtfertige politische Unterdrückung und militärische Brutalität.”

Vaux-de-Cernay, der trotz seiner penetranten Parteilichkeit und Bigotterie ein sehr guter Beobachter der Belagerungen und Kämpfe, aber auch der Landschaften, Burgen und Städte war, sah in Simon de Montfort, dem Anführer der Kreuzfahrer (den er bereits auf dem 4. Kreuzzug kennengelernt hatte) den ewig strahlenden Helden:

In der Zwischenzeit kam der alleredelste Graf von Montfort eiligst aus Frankreich herbei …”.

An Raymond, dem Grafen von Toulouse, lässt er hingegen kein gutes Haar:

“Oh, was für ein seiner Sinne beraubter Mensch, oh, welch eine verachtenswerte Stumpfsinnigkeit des Verstands!

Dass die drei genannten Chronisten die tatsächlichen Lehren der Katharer weitgehend verschwiegen hätten, um die katholischen Leser vor “Anfechtungen” zu bewahren, ist nicht haltbar, denn die “Leser” ihrer Berichte waren meist geistlichen Standes. Sie haben es einfach nicht besser gewusst!
Die vielen Irrtümer, Ungenauigkeiten, Verleumdungen, verzerrten Darstellungen und Schauermärchen jedoch, sollten sich für die späterer Katharerforschung noch lange Jahre als Problem erweisen …

Ai Tolosa! – Teil II.

Wie umfangreich die Ländereien des Grafen Raymond von Toulouse VOR dem Kreuzzug gegen die Katharer waren, zeigt die nachstehende Karte:

(Karte entnommen aus “Les Cathares, Chronologie de 1022 à 1321; Maurice Griffe, ISBN: 2-907854-14-3)

Erklärungen zur Karte:  Rosa – die Besitztümer/Ländereien der Grafen von Toulouse, Hellrosa – die Gebiete ihrer Vasallen/Lehnsnehmer/Verbündeten.  Grün – die Vizegrafschaften des Trencavel, Albi, Béziers und Carcassonne. Gelb-– die Ländereien des Königs von Aragón.

Die Verwandtschaftsverhältnisse waren kompliziert. Der gesamte Adel des Südens war mehr oder weniger miteinander verbandelt: Peter II. , der König von Aragón, war mit den Tolosanern verschwägert – und zugleich Lehnsherr des Vizegrafen Trencavel, jedoch nur die Stadt Carcassonne betreffend. Der Trencavel wiederum war ein Neffe Raymonds VI. von Toulouse (der Sohn seiner Schwester Adelaide von Toulouse) und sein Vasall, was Béziers betraf. (Die Lehnsrechte wurden stets auf Lebenszeit verliehen.)

UND NUN KOMMT DIE LILIE INS SPIEL:

König Philipp II. August (1165-1223), ; ein Kapetinger, hatte bereits am 3. Kreuzzug zur Befreiung Jerusalems von Saladin teilgenommen. Er war Oberlehnsherr von Raymond VI. von Toulouse und zugleich sein Oheim (Onkel). Ein Umstand, der ihn ganze zehn Jahre zögern und zaudern ließ, dem von Rom geforderten Kreuzzug gegen die Katharer zuzustimmen. Als er jedoch befürchtete, Raymond von Toulouse und Peter II. von Aragón könnten einen pyrenäenübergreifenden Reichsverband schließen – Frankreich wäre damit vom Mittelmeer abgeschnitten gewesen – gab  er im Jahr 1208 dem Drängen des Papstes (Innozenz III.)  nach und beorderte seine Barone in den Süden.

(Philipp II. von Frankreich, Stahlstich, 1845, von Jacques Étienne Pannier.)

Die höchsten weltlichen Adligen auf französischer Seite, die für den König am Albigenserkreuzzug teilnahmen – Philipp selbst zog nicht mit in den Süden – waren der Herzog von Burgund, die Grafen von Nevers, Saint-Pol, Valence, sowie Peter von Auxerre  und Robert von Courtenay – Vettern von Raymond von Toulouse.

Der Chronist Wilhelm von Tudela spricht von 20 000 Rittern in glänzenden Rüstungen und mehr als 200 000 Fußsoldaten, die Kleriker und Bürger nicht inbegriffen. Diese Zahlen sind heute umstritten. Zeitgleich zog eine kleinere Armee unter dem Vorsitz des Erzbischofs von Bordeaux los; über ihren Verbleib schweigen die Quellen.

Als ihren weltlichen Heerführer bestimmten die Barone der Kreuzfahrer – jedoch erst nach der Eroberung von Carcassonne – Simon von Montfort, s. Teil I.


Der geistliche Heerführer des Kreuzzugs gegen die Katharer war von Anbeginn an der Abt von Citeaux, Arnold Amaury – auch “Abt der Äbte” genannt. Er entstammte der alten Familie von Narbonne. Als Haupt des Zisterzienserordens setzte er sich mit Eifer und großer Hartnäckigkeit für die Sache seiner Kirche ein. Die Okzitanier jedoch verspotteten ihn aufgrund seiner Eitelkeit: “Ara roda l`abelha” nannten sie ihn hinter seinem Rücken (“die Biene summt herum”) und sie forderten, dass er sich entweder für seinen Luxus oder seine Predigten entscheiden sollte.

(Im Bild Arnold Amaury, der “Abt der Äbte”)

Der größte Widersacher Raymonds von Toulouse war jedoch der Bischof seiner eigenen Stadt – Fulco von Marseille, später Fulco von Toulouse genannt, (um 1150 – 1231).

Der Zisterzienserabt Fulco (verheiratet und Vater von zwei Söhnen) war vor seiner geistlichen Laufbahn Troubadour gewesen. Er entwickelte sich zum erbitterten Feind der Grafen von Toulouse, verglich die Katharer mit Wölfen und die Rechtgläubigen mit Schafen. Dante versetzte Fulco in seiner Göttlichen Komödie in den Himmel der Venus. Fulco von Toulouse findet aber auch Erwähnung bei Nikolaus Lenau in dessen Versepos “Die Albigenser” (andere Bezeichnung für Katharer):

“Wie kam es, dass der frohe Troubadour Fulco sich hat gesellt dem Priesterorden, der Kirch Spür- und Hetzhund ist geworden, nachwitternd ohne Rast der Ketzerspur?”

ZUM ABSCHLUSS von “AI, Toulouse, Teil II”, noch ein kleiner Auszug aus meinem Roman “ALIX”

“Rot, gold und weiß. Die Farben des Kreuzzugs leuchteten schon von weitem, die mitgeführten Fahnen, Wimpel und Standarten gingen in die Tausende. Unaufhaltsam bewegte sich der Zug durch das Land der Katharer. Hinter der riesigen Schar der Geistlichen und Edelleute, zogen die Ritter und Waffenknechte einher, angetan mit schweren Ringelpanzern, begleitet von ihren Knappen – ein Wald von Lanzen und prächtigen Wappenschildern …

Gott will es!, schallte es mehrmals am Tag aus allen Kehlen, immer dann, wenn die Einpeitscher des Abtes von Citeaux – rhetorisch besonders begabte Prediger – das Feindbild in schwärzesten Farben ausmalten. Die Farben des Kreuzzugs …

Simon von Montfort gab das prächtigste Bild von allen ab, die an der Spitze ritten: Groß, stattlich, ein Bart so schwarz wie der des Apostels, welcher Jesus verriet, ein leuchtend roter Wappenrock – auf der Brust der weiße Löwe seines Hauses …

Bischof Fulco, der Vierte im Bunde, lachte spöttisch. Er war in seiner Jugend Troubadour gewesen und hatte die Rosenwangen der Damen gepriesen, bevor er sich die Tonsur scheren ließ …” (Seite 418 ff)

Das Rad des Schicksals nimmt seinen Lauf …

 

 

 

DAS PERSONALTABLEAU der Kreuzfahrer gegen die Albigenser kann auf einer Autoren-Homepage wie dieser natürlich nur unvollständig aufgezeigt werden. Weitergehende Informationen oder Quellenangaben finden Sie in seriösen Sachbüchern oder im Anhang meines o.g. Romans.

Auf den Auslöser des Kreuzzugs, den päpstlichen Legaten Peter von Castelnau, werde ich gelegentlich noch einmal eingehen … es gibt da nämlich eine merkwürdige Begebenheit, die näher betrachtet werden sollte …

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Wie es zum Kreuzzug gegen die Katharer kam und wie alles endete, erfahren Sie auf den nachstehenden Seiten
z.B. Zeittafel zur Geschichte, Teil 1
oder Zeittafel der Geschichte, Teil 2,
Empfehlenswert auch: Ein Streifzug durch die Katharerzeit.
Der Kampf um Toulouse: “Ai Tolosa,1”, und “Ai Tolosa 2”.
Die Geheimen Schriften, Scripta secreta
Die Katharer und ihr Glaube an die beste aller Welten”
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“Ein ketzerisch Lied”
oder aber in meinen Historischen Romanen

Collioure – die Eremitage

Im Hinterland von Collioure liegt eine alte Einsiedelei – die Eremitage de Consolation – deren Ursprung auf das 10. – 12. Jahrhundert zurückgeht. Der idyllisch gelegene Ort ist mit dem Auto – aber besser noch zu Fuß über den alten Pilgerweg erreichbar, der durch die Weinberge von Collioure führt und eine herrliche Panoramasicht bietet.

Die alte Einsiedelei besteht aus drei Gebäuden, von denen eines bewirtschaftet ist. Der schattige Innenhof, in dem sich Hühner, Schafe, Ziegen, aber auch Esel aufhalten, lädt zur Rast ein.

Hier der etwas versteckte, unscheinbare Eingang zur Kapelle, deren Tür aber stets geöffnet ist … Eintritt frei.  Man sollte allerdings einige Euro-Münzen in der Tasche stecken haben, wenn man nicht im Dunkeln stehen will.

Wie wichtig den Menschen in und um Collioure das Meer und die Fischerei war, sieht man am nächsten Bild: Ein Schiff baumelt von der Kapellendecke!

Ein wahres Sammelsurium an Bildern und Heiligenfiguren …

… und an Votivgaben, wie z.B. von Kreuzfahrern oder anderen Fernreisenden mitgebrachte Krokodile – als Dankesgabe für die Errettung aus der Not:

Die im Süden Frankreichs schon fast obligatorische “Schwarze Witwe” (s. mein Roman “Die Affäre C.”) fehlt auch hier nicht:

Ein Rätsel?
Lange Zeit wusste ich tatsächlich nicht, was es mit dem Römischen Soldaten (nächstes Foto) auf sich hatte:

Aber: “Nichts ist so schwierig, als dass es nicht durch Nachforschen aufgespürt werden könnte”, sagt Terenz, und er hat recht:

Es handelt sich um den Heiligen Expeditus, den Anführer einer römischen Legion, der unter Diokletian (4. Jh) für seinen Glauben gemartert wurde. Auf dem Kreuz, das er in der Hand hält, steht das für ihn als Christen wichtige “Hodie” – was “heute” bedeutet.

Mit dem Fuß hingegen zertritt der Heilige Expeditus den Unglücksbringer – einen heidnischen Raben, der “Cras, Cras” schreit – was “morgen, morgen” heißt.

Möglicherweise steckt hinter der Rabengeschichte der alte Mithraskult, der im Römischen Reich weit verbreitet war In ihm spielte der Rabe – das Symbol für den 1. Grad der Weihe – eine wichtige Rolle.(Anmerkung: Im Jahr 1906 wurde der Heilige Expeditus von Rom aus dem Heiligenkalender gestrichen.)

(Abbildung: Mithras begleitet vom Raben, links oben. Fresko mit Stiertötungsszene aus dem Mithräum in Marino, 2. oder 3. Jahrhundert)

Die Eremitage von Collioure ein heidnischer Kultort?

Der Legende nach befindet sich die Einsiedelei von Collioure tatsächlich auf einem alten heidnischen Kultort. Nachstehend – voilá – das Foto der ursprünglich Neptun geweihten Quelle:

Danke für Ihr Interesse und

Au revoir!

 

Übrigens: Die Burg von Collioure und die hier vorgestellte Einsiedelei werden in meinem Roman “Sancha: Das Tor der Myrrhe” thematisiert.

 

 

 

 

Galamus-Schlucht und ein heidnisches Rätsel

Die Galamus-Schlucht – oder das große Zittern!

Ein Wohnwagen sollte einem besser nicht entgegenkommen, wenn man sich mit dem PKW durch die Galamus-Schlucht wagt – eine der atemberaubendsten Schluchten Frankreichs!

Die überaus kurven- und felsenreiche Passage,  die ein spanischer Bauunternehmer, namens Ventura, gemeinsam mit seinen fünf Arbeitern gebaut hat  (mit Spitzhacke und Schaufel und reichlich Dynamit), erstreckt sich zwar “nur” über zwei Kilometer, ist aber nichts für empfindliche Mägen oder schwache Nerven. Zwar gibt es einige Ausweichbuchten, wenden oder zurückfahren ist jedoch nicht möglich.

Eine Passage lohnt sich dennoch, egal in welche Richtung, und am besten natürlich zu Fuß – wie einst die Katharer! Die Galamusschlucht liegt nämlich in der Nähe ihrer Fluchtburgen und damit im Herzen der Corbières, einer der schönsten und geheimnisvollsten Gegenden Südfrankreichs (Departements Aude und Pyrénées Orientales).

(Foto Michael Meurer)

Die gesamte Region rings um die Galamus-Schlucht ist heute ein Naturpark.

(Foto Michael Meurer)

Wer sich virtuell auf den Weg durch die Galamus-Schlucht machen möchte – der kleine you-Tube-Film meines Freundes Michael Meurer (dankeschön!) macht es möglich.

Voila …
//www.youtube.com/watch?v=VG0GrYIvHbE
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Wie entstand eigentlich diese Schlucht? Schuld daran trägt der Agly, ein wilder Fluss, der – vom Pic Bugarach herkommend – tiefe Auswaschungen in den oft schneeweißen Stein gegraben hat. Heute fließt er am Grund der Schlucht und kann mit dem Kanu befahren werden, wenn man waghalsig genug für diesen Sport ist.

(Foto Michael Meurer)

Bekannt ist die Galamus-Schlucht aber nicht nur aufgrund gelegentlichen Zitterns und Zagens bei der Durchfahrt – die Besorgnis, ein Wohnwagen könnte einem begegnen, ist tatsächlich nicht unbegründet, aber es ging alles gut aus! -:

Es gibt dort noch eine weitere Sehenswürdigkeit:

EIN HEIDNISCHES RÄTSEL 

in der Höhlenkapelle der altehrwürdigen Eremitage von Saint-Antoine (7. Jahrhundert):

Die Eremitage wird von Pilgern vor allem am Ostermontag aufgesucht. Die Legende besagt,  ein Troubadour namens Jehan Cantalauze, sei der erste Eremit gewesen. Man rief ihn auch Gadamus – was “lasst uns freuen” bedeutet.

Aus Gadamus wurde irgendwann Galamus …

(Foto Michael Meurer)

(Foto Jürg Caluori)

Weitere Eremiten folgten seinem Beispiel und zogen sich bis an ihr Lebensende in diese Einsiedelei zurück.

Nachfolgend einige Aufnahmen aus dem Inneren des Heiligtums, die mir Freunde zur Verfügung gestellt haben:

(Fotos: Jürg Caluori)

(Foto Olaf Jacobskötter)

(Foto Olaf Jacobskötter)

Die Grotte Saint-Madeleine –  ist sie ein vorchristliches Brunnenheiligtum? Vieles spricht dafür.

In dieser Grotte steht eine wirklich außergewöhnliche Maria Magdalena mit hoher Symbolkraft, denn sie sieht mit verbundenen Augen in den Spiegel … (Die römisch-katholische Männerkirche hat Maria Magdalena jahrhundertelang als Hure verunglimpft  – doch vielleicht hatte sie nur die Kraft, mit dem Herzen zu sehen.)

Wo sich ein altes Brunnenheiligtum mit dem Magdalenenkult verbindet – ist eine Schwarze Madonna (Romanische Sitzmadonna) nicht weit!  Im Gegensatz zur Muttergottes, die hinter oder über ihr steht (Maria trägt vorschriftsmäßig weiß und marienblau!) ist die Romanische Madonna in ein (heute verbotenes!) rotes Gewand gekleidet –  eine Hommage an die Göttinnen der Vorzeit?

(Fotos Jürg Caluori)

Und nun zum heidnischen Rätsel – dem sog. “Magischen Quadrat”: SATOR-AREPO-TENET-OPERA-ROTAS – Wörter, die sowohl horizontal als auch vertikal, vorwärts und rückwärts gelesen werden können. Man nennt es ein “vierfaches Palindrom”. Dieses Quadrat, das man bereits in Pompeii fand, soll magische Eigenschaften besitzen und vor Seuchen und Unheil schützen.

Unwillkürlich fragt man sich dennoch, was das Quadrat ausgerechnet in einer katholischen Kapelle zu suchen hat.

Sator soll Sämann bedeuten …  Auch Jesus wird als Sämann bezeichnet. Ist es die Abbildung seines Hauptes, die über dem Rätsel wacht? Schmückt man deshalb diesen Ort noch heute täglich mit frischen Blumen?

Vielleicht hätte der alte Eremit Saint-Antoine mehr darüber gewusst, doch der schweigt für immer – hier liegt er begraben:

(Fotos Jürg Caluori)

Ein letztes Landschaftsfoto, ganz in der Nähe aufgenommen: Im Hintergrund ragt der markante Wohnbergfried der Burg Queribus in den Himmel. Diese Burg war eine der letzten Zufluchtsstätten der Katharer.  Im Jahr 1020 zum ersten Mal erwähnt, wurde dass Bollwerk gegen Ende des 13. Jahrhunderts – zusammen mit den Burgen Peyrepertuse, Puilaurens, Aguilar und Termes – zu einer der sog. Fünf Söhne von Carcassonne (königliche Festungen, die die Grenze zwischen Frankreich und Spanien schützen sollten).

Die Burg ist für Besichtigungen geöffnet; der Aufstieg über Trampelpfad und steile Treppe ist bei starkem Wind jedoch nicht ungefährlich.

(Fotos HLK – sowie Michael Meurer, Olaf Jacobskötter und Jürg Caluori – mit bestem Dank für die Zurverfügungstellung!)

Viel Spaß bei der Zitterpartie durch die Galamus-Schlucht!

Helene L. Köppel

My fantasy is my castle!