Toulouse – “von allen Städten die Blume und die Rose”

LA VILLE ROSE.

“Die Stadt, die die Franzosen ihrer vielen alten Backsteinhäuser wegen La ville rose nennen, war an diesem Tag in ein eher malvenfarbenes Licht getaucht …”, erzählt Sandrine Feuerbach, als sie in Toulouse eintrifft, um ihre Tante zu beerdigen (Die Affäre Calas, Roman).
Das Farbenmeer hatte mit dem obligatorischen Veilchenfest zu tun – das auf Napoleonische Soldaten zurückgeht, die das Parmaveilchen aus Italien mitgebracht hatten. Seitdem ist diese Blume der ganze Stolz der Toulouser Blumenhändler mit ihren Gewächshäusern im Norden der Stadt, der Parfumhersteller sowie der Pâttisserien, die in dieser Zeit von kandierten Veilchenblüten geradezu überquellen.
Eine Vorliebe für Veilchen besaß Toulouse aber schon im 14. Jahrhundert, als hier erstmals die berühmten Jeux floraux* abgehalten wurden, die sog. Blumenspiele. Es handelte sich um einen Dichterwettbewerb, der sich auf die Fahne geschrieben hatte, die provenzalische Troubadourdichtung zu erhalten. Das Fest stand unter dem Schutz der damaligen Capitouls (Ratsherren). An jedem dritten Mai wurden seitdem durch die Académie de Jeux Floraux** die besten Gedichte in französischer und okzitanischer Sprache prämiert: Es winkten fünf goldene oder silberne Blumen: das Veilchen, die Heckenrose, die Ringelblume, der Amaranth und die Lilie.
Wer drei dieser Blumen erhielt, wurde zum “Meister der Dichterspiele” ernannt.

*Die Jeux floraux gehen auf die römischen Blumenspiele zurück, die zu Ehren der Göttin Flora gefeiert wurden.
**Die Académie des Jeux Floraux (okzitanisch, Acadèmia dels Jòcs Florals) ist eine literarische Gesellschaft, die 1694 von Ludwig XIV. als königliche Akademie anerkannt wurde und das 1323 in Toulouse von sieben Troubadouren gegründete Consistori del Gay Saber ablöste, das unter dem Schutz des Capitouls stand.

Der Brunnen auf dem Place Wilson wurde dem provenzalischen Dichter Pierre Godolin (17. Jh.) gewidmet.

Godolins Meisterwerk ist Ramelet Moundi, was mit “Der Strauß von Toulouse übersetzt werden kann, aber ein Titel mit mehreren Bedeutungen ist: Ramelet bedeutet auch “der Zweig”, und “Moundi” ist ein Wortspiel mit Moundi = Raymond, dem Vornamen der Grafen von Toulouse, aber auch “die Welt”, sogar “mein Gott”, und auch “mon dire” = “das, was ich sage”.
Die Veröffentlichung dieser Sammlung in okzitanischer Sprache erfolgte zwischen 1617 und 1648.

Ein kleiner Spaziergang durch die Altstadt von Toulouse

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Die berühmten “Raymonds” – die Grafen von Toulouse

“Das Glockenspiel von St. Sernin schlug gerade elf, als wir an der Mauernische mit den steinernen Sarkophagen der vier berühmten Raymonds, der Grafen von Toulouse, vorbeischlenderten. Ein Gitter versperrte uns beinahe die Sicht, der Gehsteig davor war aufgerissen, es wurden Leitungen verlegt, und wir mussten auf die Straße ausweichen …

Der bekannteste Toulouser Graf, Raymond VI., war einer der ruhm- und einflussreichsten Fürsten Frankreichs, ein Freund der Katharer wie auch sein Sohn, Raymond VII., und Toulouse zu jener Zeit – im 13. Jahrhundert – eine der größten Städte des Abendlandes …”

aus “Die Affäre Calas”, S. 181 ff

Toulouse – Luft- und Raumfahrtmetropole

Die alte Metropole Okzitaniens, einst Sitz der großen und mächtigen Grafschaft Toulouse, hat sich längst der Zukunft verschrieben: Heute ist Toulouse (mehr als 400 000 Einwohner) nicht nur die Hauptstadt der Verwaltungsregion Okzitanien sowie Verwaltungssitz des Départements Haute-Garonne – Die Stadt gilt u.a. auch als Luft- und Raumfahrtmetropole. (Fertigung der Concorde und Airbus-Flugzeuge, Trägerrakete Ariane, Raumgleiter Hermès usw.)
Unvergessen in der Bevölkerung ist die schreckliche Chemiekatastrophe in der Stadt, die sich im Jahr 2001 ereignete, eine Explosion größten Ausmaßes in der Düngemittelfabrik Azote, die zu TotalFinaElf gehörte. Sie beschädigte große Teile der Stadt, forderte 31 Todesopfer und tausende Verletzte. Bis heute ist das Unglück nicht restlos aufgeklärt. Im Jahr 2006 entschieden die Untersuchungsrichter jedoch, die Akte zu schließen; ein Jahr später lehnte das Berufungsgericht alle neuen Nachforschungsanträge ab.

Das Hôtel Clary in der Rue de la Dalbade

Unter den zahlreichen Kirchen in Toulose, (z.B. Saint-Sernin – die größte erhaltene romanische Kirche Frankreichs, an deren Außenseite die Sarkophage der Grafen stehen, Fotos oben), ist die alte Basilica minor Notre-Dame-la Daurade erwähnenswert. Sie liegt im Herzen des Stadtteils Carmes, in Flussnähe.
Auf dem Weg dorthin, durch die Rue de la Dalbade, sollte man unbedingt noch einmal innehalten, denn hier stehen die prachtvollsten Bürgerhäuser von Toulouse aus Stein, nicht wie üblich aus Ziegeln. Sehenswert ist vor allem die Fassade der Hausnummer 25 – des sog. “Hôtel Clary”. Dieses imposante Privatgebäude ist eines der Schmuckstücke der zivilen Architektur in Toulouse. Es wurde im 16. Jahrhundert für die Familie Clary von dem berühmten Architekten Nicolas Bachelier erbaut.

Die Basilica Notre Dame de Daurade und ihre Legenden

Der Name “Daurade” bezieht sich auf die Basilica Notre Dame de la Daurade. An diesem Ort stand in römischer Zeit ein Apollontempel. Die im 6. Jahrhundert erbaute Kirche Notre Dame de la Daurade wurde nach einem Brand am Ende des 15. Jahrhunderts vollständig neu errichtet. Ursprünglich war das Äußere mit Kalk bedeckt, was ihm ein makelloses Weiß verlieh. Äußerlich ist das Weiß heute nur noch im Inneren der Kirche zu finden. Bestechend hingegen das “farbenfrohe” Renaissance-Portal aus dem Jahr 1878, ein Werk von Gaston Virebent, einem berühmten Keramiker, inspiriert von der “Marienkrönung” von Fra Angelico. (Foto Mitte).
Der Turm der Kirche war mit 91 Metern lange Zeit der höchste der Stadt, stürzte aber 1926 plötzlich ein.

Der Überlieferung nach (Quelle Ean Begg) soll die Schwarze Madonna von Toulouse, die sich in der Daurade-Kirche befindet, ursprünglich eine Statue von Pallas Athene gewesen sein, der griechischen Anath, wie es heißt, die mit der Legende um die “schwimmfüßige Königin des Südens, La Reine Pédauque” verbunden wird. Der Name “La Reine Pédauque” (Königin Gänsefuß) soll auch der (dunklen) Königin von Saba zugeschrieben worden sein.

Die Daurade-Madonna hat aber noch in einer weiteren Geschichte ihre Hände im Spiel …

Der Delphi-Schatz, ein merkwürdiger Fisch und das verfluchte “Gold von Toulouse

“Daurade” (Dorade) ist bekanntlich eine Art Fisch. Doch weshalb nannte man eine christliche Madonna “La Daurade”?

Die Bezeichnung könnte auf den römischen Konsul Servilius Caepio zurückgehen, der im Jahr 106 v. Chr. nach Toulouse kam, um hier die Herrschaft Roms wiederherzustellen. Er plünderte und zerstörte die gallischen Heiligtümer (Toulouse war damals die Hauptstadt der Tektosagen) und ließ dabei an der Stelle der heutigen Daurade-Kirche auch einen See trockenlegen, weil er darin das gesuchte “Gold von Toulouse” vermutete, das die Tektosagen angeblich aus Delphi* gestohlen hatten. Doch statt des Delphi-Schatzes schwamm die Statue einer “dunklen Mutter” in der abgelassenen stinkenden Brühe des “heiligen Sees”.
Diese Statue wurde tatsächlich bis in das 5. Jh. hinein als Pallas Athene verehrt. Nach dem Verbot aller heidnischen Kulte, im Jahr 415, beschloss man, dass die “Braune”, wie sie im Volksmund genannt wurde, in Wirklichkeit Maria, die Mutter Gottes sei.
Die alte Statue wurde im 14. Jh. gestohlen und später durch eine “Schwarze Madonna” ersetzt.
*Nach Posidonius (griech. Geschichtsschreiber um 50 v. Chr.) soll es sich beim Delphi-Raub um fünfzehntausend Talenten in Gold gehandelt haben –
darunter aber auch der berühmte Omphalos, der Nabelstein von Delphi, sowie andere heilige Gegenstände.

Eine weitere Wort-Erklärung: “Daurade könnte auf “Deaurata” zurückgehen (“von Gold bedeckt”), und sich auf die prachtvollen Mosaike der ersten Kirche beziehen.
Aber auch der Fisch ist noch nicht vom Tisch: Die Daurade (Dorade) ist schließlich als “Goldbrasse” bekannt. 🙂


Das verfluchte Gold von Toulouse

Beim “verfluchten Gold von Toulouse” handelt sich um eine von vielen antiken Autoren (darunter Strabo) erzählte Geschichte, in der sich Historie und Legende vermischen.
Ob der von dem römischen Konsul Caepio gesuchte Schatz tatsächlich mit der Plünderung des Apollon-Heiligtums von Delphi (anlässlich der Großen Keltenexpedition im Jahr 279 v. Chr.) zusammenhing, weiß man nicht. Gesichert ist wohl, dass der Konsul im Jahr 106 v. Chr. etwa siebzig Tonnen Gold, wie die Autoren berichten, sowie hunderttausend Pfund in Silberbarren erbeutete – und auf den Weg nach Rom schickte, wo jedoch dummerweise nur das Silber ankam.
“Apollos Rache”? Oder was war passiert?
Caepios Karawane war zwischen Toulouse und Marseille unter die Räuber gefallen. Die gesamte Eskorte wurde massakriert und die siebzig Tonnen Gold verschwanden auf Nimmerwiedersehen. Die römische Welt stand Kopf: Caepio wurde beschuldigt, den Überfall erfunden zu haben, um das Gold für sich zu behalten. Man klagte ihn der Veruntreuung an und beschlagnahmte seinen Besitz. Einmal im Unglück, bezichtigte man ihn ferner (105 v. Chr.) die vernichtende Niederlage der Römer in Orange (Arausio) herbeigeführt zu haben, bei der 80 000 römische Soldaten von den Kimbern und Teutonen erschlagen wurden.

Kein Wunder, dass das “Gold von Toulouse” seitdem als verflucht gilt. Man sucht es übrigens noch heute – wie auch die drei Tore, von denen wiederum andere örtliche Legenden erzählen: “Das Tor des Geldes, das Tor des Goldes und das Tor der Myrrhe.
“Das verfluchte Gold” und Caepios Schicksal blieb in den Köpfen der Menschen hängen: Mit “Es un cépiou!” bezeichneten die Okzitanier noch im Mittelalter einen gierigen oder unehrlichen Menschen.

“Quintus Servilius Caepio raubt das Gold von Toulouse …”

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Musée des Augustins – Das ehemalige Augustiner-Kloster

Einer der Gründe, weshalb ich im Jahr 2004 nach Toulouse fuhr, waren die Recherchen für meinen Roman “Die Affäre Calas”. Für einen Besuch im ehemaligen Augustiner-Kloster (seit 1793 Musée des Beaux-arts, heute größtes europäisches Museum für Romanische Kunst) hatte ich mich telefonisch angemeldet. Der dortige Kurator für Gemälde, Axel Hémery, bot mir am Ruhetag des Museums eine Privatführung an und machte mich nicht nur auf die Symbolsprache des Malers Nicolas Tournier (+1639 in Toulouse) aufmerksam, sondern beantwortete mir auch geduldig meine Fragen nach den Büßern von Toulouse im 18. Jahrhundert.
Bei der späteren Auswertung bzw. Vergrößerung meiner Fotos entdeckte ich auf dem Portalwappen der Schwarzen Büßer (letztes Zeugnis dieser Bruderschaft!) merkwürdige Buchstaben, die mit bloßem Auge nicht zu sehen waren: Die Inschrift links unten lautet NIGRA SUM SED FORMOSA – Schwarz bin ich, aber schön …
– womit sich für mich im Nachhinein der Kreis zur Schwarzen Daurade-Madonna schloss.

Südländisches Treiben in Toulouse

Toulouse bietet nicht nur Flaniermeilen mit exklusiven Modeboutiquen und Schuhläden, zahlreiche Kirchen, Museen und Ausstellungen, gemütliche Straßencafés und kulinarische Köstlichkeiten (in der Markthalle oder den Restaurants mit regionaler oder internationaler Küche). Ein Hightech-Themenpark im Südosten der Stadt gehört dazu, wie auch eine Bootsfahrt auf – oder einfach nur der herrliche Sonnenuntergang an der Garonne.
Toulouse ist eine Stadt besonders für junge Leute, eine StudentInnenstadt. Schon im 12. Jh. gab es hier Universitäten, an denen mehrere Sprachen gelehrt wurden, u. a. auch Hebräisch – während zur selben Zeit im Norden Frankreichs viele Adelige nicht einmal ihren eigenen Namen schreiben konnten. Heute zählt Toulouse, nach Paris und Lyon, die meisten Studierenden in Frankreich.

Anerkannte Street art-Künstler haben sich in Toulouse einen Namen gemacht und die multikulturelle Kulturszene steht den Millionenstädten Marseille und Lyon in nichts nach. Dass tatsächlich auch südländisches “Treiben” in Toulouse herrscht, spürt man abends. Hier tanzt man in den Diskotheken schon mal nach afrikanischen oder karibischen Rhythmen – manchmal sogar draußen, mitten auf der Straße, was aber selbst von den Autofahrern lächelnd goutiert wird.

Das berühmte Château Narbonnaise, der Sitz der ruhmreichen Grafen Raymond, damals ebenfalls aus rosa Ziegelsteinen erbaut, existiert leider nicht mehr. Das ist ein echter Verlust. Vergessen haben die Toulouser (oder Tolosaner) ihre Vergangenheit jedoch nicht. Nicht die tausenden Katharer, die ihr Leben in den Albigenserkriegen verloren haben, und auch nicht den alten Tuchhändler und Hugenotten Jean Calas, der hier in den Religionskriegen (1762) auf dem Rad sein Leben lassen musste.
Überlassen wir das Schlusswort dem südfranzösischen Dichter und Geschichtsschreiber Wilhelm von Tudela (13. Jh.), der Toulouse kannte. Er beschreibt die alte Metropole Okzitaniens – die frühere Hauptstadt der Tektosagen, Galloromanen und Westgoten mit folgenden Worten:

Que de totas ciutatz es cela flors e rosa – von allen Städten ist sie die Blume und die Rose!

(s. “Sancha, Das Tor der Myrrhe”, S. 517)

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Den Kopf in den Kessel: Der Kult der Madonna von Nuría

Dass ich mich im September 2015 auf den Weg hinauf nach Nuría machte, lag mal wieder an Ean Begg. Das Sachbuch des englischen Autors “The Cult of the Black Virgin” steht seit Jahren wie festgetackert auf der Packliste für mein Handgepäck. Ean Beggs Studie über das Phänomen der Schwarzen Madonnen, die er im Jahr 1985 veröffentlichte, ging eine Fleißarbeit voraus: Mit einem von ihm entwickelten Fragebogen bereiste er diejenigen Kultplätze in Europa, die mit einer Darstellung der Schwarzen Madonna in Verbindung stehen – darunter Basiliken, Kathedralen und winzige Dorfkirchen. Er notierte alles auf, was er vor Ort erfuhr (heidnische Ursprünge in der Antike, keltische Naturreligionen, volkstümliche Überlieferungen usw.) Eine wahre Fundgrube an nützlichen Informationen, wenn man sich für alte Überlieferungen und Traditionen interessiert.

Hier ein Auszug aus seiner Beschreibung der Madonna von Nuría. Der Ort liegt in fast 2000 Meter Höhe im Norden von Katalonien (Provinz Gerona, nahe der Grenze zu Frankreich):

Der Kult der berühmten Schwarzen Madonna von Nuría (archaisch-rustikal, ohne Schleier) begann, der Legende zufolge, mit dem Einsiedler Gil und seinen Gefährten. Die Statue wurde während der maurischen Okkupation versteckt und war bis 1032 verschwunden. In diesem Jahr erhielt Amadeus, ein Verehrer der Jungfrau Maria, in Damaskus die Anweisung durch einen Engel, sich in die Pyrenäen zu begeben und dort einen Tempel an einem Ort zu errichten, wo ein weißer Stein zwischen zwei Flüssen stehe. Würde er dort graben, so fände er einen großen Schatz. Als er diesen Ort erreichte, konnten ihn die Hirten dort verstehen, obwohl er sie in syrischer Sprache anredete. Am Berghang sah man einen brüllenden Ochsen, der in der Erde grub. An dieser Stelle entdeckte man dann eine lichterfüllte Höhle, in deren Innern man eine Glocke, ein Kreuz, einen großen Tiegel und die Statue fand, die zur Heiligen Jungfrau von Nuria wurde …

Ean Begg, The Cult of the Black Virgin, S. 257 ff

Nuría und der Heilige Gil

Wie von Ean Begg geschildert, beginnt die Geschichte im 7. Jahrhundert nach Christus …
Ein frommer Kaufmann namens Gil* macht sich auf den weiten Weg von Athen in die Pyrenäen, um sich in die Einsamkeit der Berge zurückzuziehen. Sein einziger Kontakt sind fortan die Schäfer und Hirten, mit denen er seine kargen Mahlzeiten teilt. Für sie predigt er und er schnitzt ihnen aus dunklem Holz eine schlichte Madonna. Doch als die Mauren ihn bedrohen, muss er fliehen. Gil versteckt seine Schätze: die Madonna, ein Kruzifix, die Glocke, mit der er die Hirten zur Messe rief, sowie den Kessel, in dem er die Mahlzeiten zubereitete. Dann verschließt er seine Höhlenklause mit schweren Steinen.
Gils Schatz gerät in Vergessenheit …

Nach der Wiederentdeckung im 11. Jahrhundert (Amadeus, Pilger aus Damaskus) verbreitete sich schnell der Ruf, alles in Nuría müsse heilig sein: Die Menschen pulverisieren die Steine, um sie als Medizin zu verwenden. Das Wasser der Quelle neben der Höhle soll Augenkrankheiten heilen. Glocke und Kessel werden gar zum Fruchtbarkeitsritual, das sich ziemlich skurril anhört: Während der Mann die Glocke des Heiligen Gil läutet, steckt die Frau den Kopf in den Kessel und betet zur Schwarzen Madonna. (Doch Vorsicht: jedes Läuten führt angeblich zu einer Geburt! 🙂 ) Wird ein Mädchen geboren, nennt man es selbstverständlich Nuría, wird es ein Junge, heißt er Gil

Der Kult um Nostra Senyora de Nuría ist bis heute ungebrochen. Unzählige Menschen suchen Jahr für Jahr dieses hochgelegene Dorf auf, um hier Ruhe zu finden und Gebete an die alte Schutzheilige der Pyrenäenschäfer zu richten, die natürlich noch immer auch für den Kindersegen zuständig ist.
Man erzählt sich, es gäbe sehr viele Nurías in Katalonien! 🙂

*Hinter Gil steckt der Heilige Ägidius, der als Einsiedler in der Provence lebte, und um das Jahr 680, unterstützt vom Westgotenkönig Wamba, das Kloster Saint-Gilles gründete.

Sancta Maria de Nuría – heute geweißt!

In der nachgebildeten Eremitenhöhle thront die Madonna (eine Replik), um die Bittgesuche ihrer Besucherinnen und Besucher entgegenzunehmen.
Das Original befindet sich in der Kirche.

Im Netz, s. Foto oben links, existiert noch eine Abbildung der ursprünglichen schwarzen Nuría-Madonna. Diese soll bis ins 17. Jh. in der alten Einsiedelei gestanden haben.
Die heutige buntbemalte Figur mit dem netten Lächeln und den roten Wangen wird offiziell wie folgendermaßen beschrieben:

… In ihrem eigenen Heiligtum hoch in den Pyrenäen,
etwa eine Stunde von Barcelona entfernt,
7. bis 12. Jahrhundert,
56 cm, bemaltes Holz,
kürzlich bei der Restaurierung geweißt.

Nuría und der Templer-Eremit

Nachdem im Jahr 1162 eine Papstbulle den hiesigen Marienkult bestätigte, entstand hundert Jahre später (1271) eine erste Pilgerherberge oben auf dem Berg. Die Pilger wurden von einem Eremitenbruder des Templerordens bewacht und betreut. (In Katalonien gab es etliche Templerkommanderien; die u. a. auch zum Schutz der Pilger auf ihrem Weg nach Santiago de Compostela dienten. )
Zur Erinnerung an die Templerzeit schmücken in der Kirche von Nuría noch heute Tatzenkreuze selbst die Rücklehnen der Kirchenbänke.

Während des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939) hat man die Nuría-Madonna aus Sicherheitsgründen in einem Bankschließfach in der Schweiz untergebracht.

Nuría – die Kirche

Die heutige Kirche stammt aus dem Jahr 1911. Ein Vorgängerbau wurde 1883 auf den Grundmauern der ehemaligen Einsiedelei errichtet.
Am 1. September, am Ägidius Tag, findet alljährlich eine Wallfahrt von Hirten beiderseits der katalanisch-französischen Grenze nach Nuría statt.
Die Originalmadonna befindet sich oberhalb des Altars, gut gesichert hinter Glas. Im Jahr 1956 wurde sie zur Schutzpatronin der Diözöse von Urgel erklärt. 1967 hat man sie gekrönt, danach wurde sie offenbar, so Ean Begg, von einer “katholisch-nationalistischen Gruppe” kurzzeitig gestohlen.
Der Festtag von La Morenita (wie die Frauen ihre Schwarze Madonna liebevoll nennen) ist der 8. September. An diesem Tag feiern alle Frauen mit dem Namen Nuría ihren Namenstag, und die Jungfrau wird in einer Prozession von ihrem Thron in der Kirche zur Einsiedelei des Heiligen Gil getragen.

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Wie in Montserrat kann man auch in der Kirche von Nuría in einem Raum hinter dem Hauptaltar sitzen und meditieren!

Nuría – und die Cremallera, die Zahnradbahn

Das autofreie Gebirgsdorf Nuría ist nicht nur ein Ort der stillen Einkehr, es ist auch ein herrliches Wander- und Ski-Gebiet. Der sog. Camí Vell (der “alte Weg”) führt vorbei an Wasserfällen und tiefen Schluchten. Der Aufstieg (Höhenunterschied 730 Meter; trittsicheres Schuhwerk ist erforderlich) dauert etwa 2,5 – 3 Stunden.
Wem das zu beschwerlich ist, der nimmt die Zahnradbahn, die sog. Cremallera. Karten im Talort Ribes de Freser. Die Fahrt führt über Queralbs (Parkplatz) in das Hochtal. Oben in Nuría gibt es auch Hotelzimmer (Berghotel seit 1931) und Caféterias.

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Hymnus an die Sonne von Arles

“Hymnus an die Sonne”

… ist ein Gedicht von Frédéric Mistral (1830 – 1914), worin er die “Goldene Sonne der Provence” rühmt. Der französische Dichter und Linguist schrieb seine Werke auf Provenzalisch und erhielt dafür im Jahr 1904 den Nobelpreis für Literatur. Das damit verbundene Preisgeld verwendete Mistral für den Ausbau der von ihm im Jahr 1896 gegründeten ethnographischen Sammlung im Museum Ariaten in Arles.
Mit dem letzten Vers dieses schönen Gedichtes möchte ich nun Sie einstimmen, mit mir einen Gang durch das im Sommer meist sonnendurchflutete Arles zu unternehmen:

Lass dein goldnes Feuer glühen,
Dass die Sorg’, die Schatten fliehen.
Glüh in deines Glanzes Wonne,
Lächle uns, o schöne Sonne!

Frédéric Mistral, aus “Hymnus an die Sonne”

Arles in der Antike

Nachdem mich bei meinem Aufenthalt im Jahr 2009 das südfranzösische Arles (Département Bouches-du-Rhône, ca. 50 000 Einwohner) zu meinem zweiten Thriller Blut.Rote.Rosen inspiriert hat, kommt man bei dieser alten Stadt, deren Wurzeln bis ins 10. Jh. v. Chr. zurückreichen, um ein Stück Geschichte nicht herum. Offiziell gegründet wurde Arles von den Griechen (den Phokäern aus Kleinasien) – ursprünglich ging diese Stadt aber aus der keltoligurischen* Handelssiedlung Ar Laith hervor.
Der antike Name von Arles lautete Arelate – (die Stadt in den Sümpfen).
Im Jahr 123 v. Chr. kam Arles unter römische Herrschaft (Provinz Gallia Narbonensis). Kein Geringerer als Gaius Julilus Caesar machte sie im Jahr 46 v. Chr. zur römischen Militärkolonie Colonia Julia Paterna Arelate Sextanorum. Mehr oder weniger gut erhalten aus dieser Zeit sind das Amphitheater (Arena) und die Reste der ehemaligen Thermen – beide ein Anziehungspunkt für Touristen. Vom römischen Forum, das sich im Stadtzentrum befand, existieren nur noch Spuren an einer Hauswand. Der ägyptische Obelisk aus dem Circus (der ehemaligen Rennbahn) schmückt heute, stolz und schlank, den Platz vor dem Rathaus, bzw. vor der Kathedrale Saint-Trôphime.

Arles war in der Antike aufgrund seiner Lage (am Ostufer der Rhône) eine wohlhabende Stadt: Die wichtigsten Handelsstraßen waren erreichbar: Hier kreuzte sich die Via Agrippa nach Lugdunum (Lyon) und weiter nach Augusta Treverorum (heute Trier) bis zur Colonia Claudia Ara Agrippinensium (heute Köln) mit der Via Aurelia, die Massilia (Marseille) mit Rom verband.

* vorrömische Bevölkerung im Rhônegebiet

Die Arena (Amphitheater) – das Highlight von Arles

“Das kleine Rom von Gallien” – so nannte man früher die Stadt Arles. Das Amphitheater aus dem 1. Jh. n. Chr. (aus der Epoche des Augustus*) gilt als beachtliches Beispiel römischer Ingenieurskunst. Es fasste über 20 000 Zuschauer und ist älter und größer als die Arena von Nîmes. Die Sitzplätze sind um das riesige Oval angeordnet. Es existieren dreißig Sitzreihen bis zu den Oberseiten der Eingangsbögen. Im Mittelalter hatte man diese Bögen mit Steinen blockiert und die Arena als befestigte Stadt benutzt. Dabei wurden die (damals kleinen) Häuser eng an eng in das zentrale Oval gepfercht. Erst zu Beginn den 19. Jh. erfolgte die Entfernung des Häusergewirrs im Inneren der Arena. Fortan benutzte man das Amphitheater für Stierkämpfe, kulturelle und folkloristische Veranstaltungen.
Hier, in der Arena, entdeckte man die berühmte Venus d’Arles, die sich heute im Louvre befindet, sowie andere Skulpturen.

* Augustus (Oktavian), 1. römischer Kaiser von 31 v. Chr. bis 14 n. Chr.; Alleinherrscher des Römischen Reiches.

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Der römische Obelisk und das Forum

Im ehemaligen Circus der römischen Stadt (Rennbahn) entdeckte man einen 15 m hohen ägyptischen Granit-Obelisken, der nun seit dem Jahr 1676 an der Place de la République steht, direkt vor dem Rathaus (Foto links).
Das sogenannte Forum war in den Städten des römischen Reiches ein zentraler Platz, der das politische, juristische, ökonomische und religiöse Zentrum des Orts bildete. Es entsprach dabei weitgehend der griechischen Agora.
Die Reste des ehemaligen Forums von Arles befinden sich an der noch heute stark frequentierten Place du Forum (Foto Mitte), wo sich auch eine Statue des Dichters Frédéric Mistral befindet.

Die Thermen des Konstantin

In der Antike stand Arles, was die Bedeutung betraf, mit Marseille (Massilia) im Wettstreit. Ihre Blütezeit erreichte die Stadt unter dem römischen Kaiser Konstantin*, der sie ausbaute und ihr den Beinamen Constantina gab. Durch seine Besuche “adelte” der Kaiser gewissermaßen die Stadt, die daraufhin – nach der Gründung von Konstantinopel – die Rolle einer zweiten Hauptstadt spielte.
Im Jahr 395 n. Chr. wurde Arles die Hauptstadt des römischen Galliens und wenige Jahre später sogar, anstelle von Trier, Regierungssitz des römischen Westreichs.  

* Kaiser Konstantin der Große war von 306 – 337 römischer Kaiser; ab dem Jahr 334 Alleinherrscher

Unten an der Rhône befinden sich die Überreste des antiken Badehauses, das auf Veranlassung von Kaiser Konstantin erbaut wurde. Diese Bäder, die es in allen römischen Städten gab (s. auch Rennes-les-Bains), wurden zur Körperpflege, zum Trainieren und für soziale Kontakte benutzt. Sie waren sowohl für Männer als auch für Frauen und teilweise sogar für Kinder zugänglich. Die Technik war aufwendig, das Wasser kam aus den römischen Aquädukten und die Temperatur wurde durch Holzöfen geregelt. Verziert waren die Badehäuser mit farbigem Marmor und Fresken. Der Eintritt war frei oder zumindest sehr billig.

(nachstehendes Foto: Nordapsis der Thermen)

Arles und die antike Totenallee (Alyscamps)

Das bereits in der Antike angelegte Gräberfeld, genannt Alyscamps, das schon Dante, van Gogh und Gauguin faszinierte, liegt an der ehemaligen Römerstraße Via Aurelia, am südöstlichen Rand der Altstadt. Zwischen den mehr oder weniger gut erhaltenen Resten zweier alter Kirchen reihen sich auf beiden Seiten einer fünfhundert Meter langen Platanen-Allee antike Steinsarkophage aneinander. Der Name Alyscamps kommt von Campi elissi (elysische Gefilde).

Das gallorömische Theater

Das gallorömische* Theater von Arles befindet sich ebenfalls in der Altstadt. Es war eine Art Open-Air-Theater, das ungefähr 10 000 Menschen fasste. Die im Halbrund angelegten Sitzplätze umgaben eine große Bühne mit mehreren Steinsäulen/Bögen. Ging es in der Antike um griechische Tragödien und Komödien (ludi Graeci), die man ins Lateinische übersetzte und dem jeweiligen römischen Publikumsgeschmack anpasste (ludi Romani), werden heute dort vorzugsweise Sommerkonzerte veranstaltet.

* Gallische und römische Kultur verbanden sich ab Mitte des 1. Jahrhunderts nach Christus zur gallorömischen Kultur.


Arles und die Kryptoportique

Den sog. Kryptoportikus (Cryptoportique) von Arles erreicht man über das Rathaus. Dort erhält man die Eintrittskarten für die Führungen, wobei auch Einzelerkundigungen möglich sind. Hier unten, tief im Bauch der Stadt, bewegt man sich gewissermaßen noch immer auf “römischem Grund und Boden”. Das riesige Gewölbe mit seinen Säulen, Kammern und Bögen erstreckt sich über zwei Ebenen. Es wurde seinerzeit zur Stabilisierung des damaligen Forums errichtet. Hier unten befanden sich aber auch die Unterkünfte der Sklaven. Die Kammern sind feucht und dunkel. Ungemütlich. Gruselig. Also der ideale Schauplatz für einen Thriller! 🙂

Kurzer Romanauszug:

Als ich feststellte, dass der Fremdenführer bei jedem einzelnen Säulenfragment innehielt und lang und breit die Stile und Ornamente erklärte, stahl ich mich davon und machte mich tapfer auf den Weg zu den Pforten des Hades. Bald verstummten die Stimmen hinter mir. Einzig das stetige Platschen der Wassertropfen begleitete mich. Ich hätte schwören können, dass die Werkstattlampen – nannte man sie nicht auch Krötenlampen? – heute noch düsterer brannten als gestern. Einige flackerten sogar nervös. Ich hoffte, sie hielten durch. Ich musste das auch. Plitsch. Platsch … Peinlich genau hielt ich mich an die Mitte des breiten Ganges, wenn mich nicht gerade eine Pfütze oder ein größeres Rinnsal daran hinderte. Mehrmals drehte ich mich um. Einmal weil ich einen kleinen Hund kläffen hörte. Ein andermal – mein Herzschlag beschleunigte sich – weil ich den Eindruck hatte, es folgte mir wer. Als ich ungefähr Zweidrittel des Weges hinter mich gebracht hatte, entdeckte ich die ersten Kreidemarkierungen. Mein Herz hämmerte. Ich öffnete meine Umhängetasche und tastete nach der Pistole und der Taschenlampe. Dann blieb ich stehen. Lauschte auf das stete Tropfen des Wassers und mein Atemgeräusch. Ich knipste die Taschenlampe an, doch sie zitterte so sehr in meiner Hand, dass die Schatten an den Wänden den reinsten Totentanz aufführten …

“Blut.Rote.Rosen”, von Helene Köppel, S. 218 ff

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Arles im Christentum – die Kathedrale Saint-Trophime

Bereits im 3. Jahrhundert wurde Arles Bischofssitz. Hier fand das erste Bischofskonzil Galliens statt und hier wurde der hl. Trophimus (der Legende nach ein Schüler des Apostels Petrus) zum ersten Bischof der Stadt geweiht. Er christianisierte die Provence. (Die Gebeine des Heiligen ruhen heute in der Kirche.) Hundert Jahre später bekam Arles ein Erzbistum.
Obwohl von Normannen, Westgoten und Sarazenen mehrmals erobert und zerstört, behauptete sich Arles; und als die Stadt ab dem Jahr 536 zum Frankenreich zählte, erkor man sie (im Jahr 879) zur Hauptstadt des Königreichs Burgund. Im Jahr 1033 kam Arles schließlich zum Heiligen Römischen Reich.
Ende des 11. Jahrhunderts war Arles mit 15.000 bis 20.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt in der Provence. Als “Königreich Arelat” war die Stadt unabhängig und zog viele religiöse Orden an. Weitere Kirchen wurden gebaut.
Im Jahr 1178 krönte man in der Kathedrale Saint-Trophime Friedrich Barbarossa (Rotbart) zum König von Burgund.
Im 13. Jahrhundert unterwarf sich Arles König Karl von Anjou, bis die Stadt im Jahr 1481 schließlich an Frankreich fiel.

Der romanische Teil der von der Antike beeinflussten Kathedrale (und ehemaligen Benediktiner-Abteikirche) Saint-Trophime wurde zwischen 1100 und 1150 erbaut. Bei ihrem Bau verwendete man Steine aus dem antiken Theater. Mitte des 15. Jahrhundert entstanden der Gotische Chor und weitere Umbauten. In Saint-Trophime versammelten sich früher die Wallfahrer, um gemeinsam von Arles aus nach Santiago de Compostela zu pilgern. Das prächtige Eingangsportal (Tympanon: Christus als Weltenrichter) stellt neben der etwas früher entstandenen Fassade der Abtei Saint-Gilles eine der schönsten Skulpturen in der Provence dar. Der Kreuzgang soll ebenfalls zu einem der schönsten der Provence zählen, halb romanisch, halb gotisch.

Das Rathaus, die Straßen und Gassen von Arles

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Arles und die Maler van Gogh und Picasso

Nahezu unzertrennlich sind zwei Namen für immer verbunden: Arles und Vincent van Gogh. Hier, unter der besonderen Sonne von Arles, hat der niederländische Maler innerhalb von fünfzehn Monaten (und ungeachtet seiner psychischen Probleme!) mehr als dreihundert Bilder gemalt. Die Terrasse des Cafés La Nuit, wo er sich oft aufhielt, malte er im September 1888. Das Gemälde ist mit Ölfarben auf Leintuch gemalt. Das “Gelbe Haus an der Place Lamartine”, in dem er damals wohnte, wurde im Zweiten Weltkrieg leider zerstört, aber er hat es ebenfalls gemalt.
Eine ähnliche Leidenschaft für die Sonne von Arles entwickelte Pablo Picasso. Neben dem Malen frönte er hier auch seiner Leidenschaft für Stierkämpfe, die damals in der Arena stattfanden. Eine erste Ausstellung seiner Bilder fand bereits im Jahr 1957 im Réattu Museum in Arles statt. Zu diesem Anlass schenkte Picasso 57 seiner Zeichnungen der Stadt.

Dass beide Maler auch von den Frauen der Stadt angetan waren, den schönen Arlesierinnen, beweisen zwei Gemälde, die sich in der Umsetzung des Motivs jedoch stark voneinander unterscheiden.

Arles – die Dächer

In Arles sind viele Epochen zu Hause. Die Stadt hat es jedoch geschickt verstanden, ihr antikes Erbe mit der südfranzösischen Leichtigkeit in Einklang zu bringen. Nach der bunten Fülle von Eindrücken und Bildern bezaubert selbst noch der Blick auf das hügelige Hinterland, die Rhône und die schlichten roten Dächer …

Arles bei Nacht

Merci beaucoup!

Museen in Arles

Das Museum Arlaten, im Palais de Laval-Castellane (16. Jahrhundert) gilt als die bedeutendste Sammlung zur provenzalischen Volkskunde. Es wurde von dem provencalischen Dichter Fréderic Mistral gegründet.
Das Museum Réattu zeigt u.a. Werke des Malers Jacques Réattu – sowie Bilder von Picasso und anderen berühmten Malern.
Das Antikenmuseum von Arles (Musée départemental Arles) behandelt die Geschichte der Besiedlung von der Frühgeschichte bis zum Ende der Römerzeit.

Traditionelle Feste in Arles

1. Mai – “Fest der Gardians”, der Hirten der Camargue. Sie ziehen auf Pferden durch die Stadt; Wahl des neuen Hochmeisters der Brüderschaft der Gardians. Alle drei Jahre findet an diesem Tag die Wahl der neuen “Königin von Arles” statt. Der Tag endet mit einem Spektakel in der Arena, wo die Gardians ihre Reiterkünste zeigen.

23. Juni, Johannisfest: Fackeln werden vom Canigou-Berg gebracht; volkstümliche Tänze; Laternenumzug mit “Farandole” in der Arena, Blockflöten, Querpfeifen, Trachten, Folkloretänze.

Ende Juni bis Anfang Juli: diverse Festumzüge und Vorführungen in der Arena; Wettrennen der Stierhüter der Camargue auf ungesattelten Pferden: “La course de Satin”.

Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung:

Abtei Montmajour ( 5 km nordöstlich), 10. Jh.; die Stadt Béziers, das keltische Oppidum Enserune oder Saint-Gilles du Gard.

Fantasy-like: Das Castillo Coca

Das Wahrzeichen der Stadt Coca

Das Wahrzeichen der kleinen spanischen Stadt Coca, die in Kastilien auf halbem Weg zwischen Segovía und Valladolid liegt, ist das gleichnamige Castillo, das von maurischen Handwerkern im 15. Jahrhundert gebaut wurde. Es gibt zwei zinnenbewehrte Mauerringe aus Backstein, deren Flanken von etlichen Rundtürmen geschützt werden.
Coca selbst schaut geschichtlich auf eine reiche Vergangenheit zurück: Es gibt Spuren aus der Bronzezeit. Die Keltiberer (ca. 2. Jh. v. Chr.) besaßen hier, am Fluss Duero, eine ihrer größten Ansiedlungen. (Coca hatte damals ca. 7000 Einwohner). Um 220 v. Chr. zog Hannibal mit seinen Schlacht-Elefanten durch diese Gegend, die daraufhin unter die Herrschaft der Römer geriet. Coca (auch Cauca genannt) wuchs nun auf 20 000 Einwohner an und wurde zu einem römischen “municipium”, d.h. eine von Rom abhängige Stadt (Geburtsstadt von Kaiser Theodosius im Jahr 347).
Erst mit dem Einfall der Westgoten (ab 409 n. Chr.) verlor Coca an Bedeutung. Ab dem Jahr 712 n. Chr. gehörte die Stadt zum Machtbereich der Mauren, bis Alfons VI. von Kastilien sie im Jahr 1085 zurückeroberte. Im 15. Jh. fiel die Stadt an Bischof de Fonseca I. (zeitweise Ratgeber der kastilischen Könige Johann II. und Heinrich IV.). Dieser Bischof ließ dann, mit Unterstützung maurischer Bauleute, das imposante Castillo erbauen, in dem kein Geringerer als Napoleon ab 1808 eine Garnison unterhielt.

Von einem tiefen Wallgraben umgeben, gilt die Burg Coca heute als herausragendes Beispiel spanischer Burgen im Mudejar-Stil.

Was versteht man unter dem Mudejar-Stil?

Im 12. bis 16. Jahrhundert gegen Ende der Reconquista, der Rückeroberung Spaniens von den Mauren, und danach lebten noch zahlreiche Muslime im Land. Sie durften zwar ihre Religion frei ausüben, mussten sich aber ihrer christlichen Umgebung anpassen und besaßen auch nicht die gleichen Rechte wie jedermann. Darunter befanden sich viele Handwerker: Tischler, Maurer, Töpfer und Gärtner. Aus dem Zusammentreffen von christlichem und islamischem Kunsthandwerk und der Architektur entwickelte sich ein neuer Stil: Er wurde Mudéjar genannt und bedeutet so viel wie »die, die bleiben durften«.

Quelle: Startseite Kultur Architektur Mudéjar – maurische Architektur in Andalusien

 

Fotos zum Vergrößern bitte anklicken!

Verracos in Coca – Keltiberische Tierfiguren

Von der abwechslungsreichen Vergangenheit der Stadt Coca zeugen nicht nur zahlreiche Überreste antiker Gebäude und mittelalterliche Mauern. Es existieren auch noch drei keltiberische Tierfiguren (Verracos), eine befindet sich bei der Burg, zwei weitere vor dem römischen Stadttor. Die Keltiberer lebten in vorrömischer Zeit im zentralen und nördlichen Spanien.

Weitere magische Orte in dieser Region – optimal für einen Tagesausflug mit dem Auto:
(z.B. Römerspuren, die älteste Kirche Spaniens, und Kirchen aus der Zeit der Westgoten, Templer usw.)

Astorga
Ciudad Rodrigo
Merida
Oropesa
Penalba
Pino del Oro
Toledo
Toro 1
Toro 2
Zamora
Santa Maria Wamba
San Pedro de la Nave
San Juan Bautista de Baños
Segovia
Urueña
Verracos

Oropesa und die Burg der Mauren

Die Kleinstadt Oropesa liegt in Spanien, zu Füßen der Sierra de Gredos in der historischen Landschaft der La Mancha, ca. 120 km (Fahrstrecke) westlich der Stadt Toledo. Das Klima im Winter ist rau, die Sommer sind dagegen trocken und warm. Das historische Ortszentrum ist als Nationales Kulturgut anerkannt.
Geschichtliches: Die Kleinstadt liegt an einem alten Handelsweg entlang des Río Tajo. Antike Spuren fehlen, jedoch errichteten die Mauren hier eine Festung, von der noch Reste erhalten sind. Nach der Reconquista im Jahr 1085, unter der Führung von König Alfons VI., wurde die Gegend erneut besiedelt. In einem Dokument wird Oropesa erstmals im Jahr 1277 erwähnt. Hundert Jahre später übergab Heinrich II. die Stadt und ihr Umland an den 1. Herzog von Alba, García Àlvarez de Toledo, in Anerkennung für treue Dienste. Dessen Familie erbaute um 1400 die heutige Burg. Die Katholischen Könige Isabella I. und Ferdinand II. machten aus der Grundherrschaft im Jahr 1475 eine Grafschaft.

Burgblick auf die Stadt Oropesa

Die Burgfestung aus dem Mittelalter wurde in rechteckiger Form aus Bruchsteinen errichtet. Von ihren früheren vier Rundtürmen sind leider nur noch zwei erhalten.
(Fotos können angeklickt und vergrößert werden!)

Innenansichten der Burg (teilweise Museum; früher wurden hier Glocken hergestellt)

Die Fotos können zum Vergrößern angeklickt werden!

Der Parador* von Oropesa – (direkt neben der Burg gelegen)

* spanische Hotelkette

Weitere Sehenswürdigkeiten in der Altstadt von Oropesa:
Iglesia de Nuestra Señora de la Asunción, 16. Jh., Renaissanceportal;
Jesuitenkolleg um 1600;
Steinfassade im Mudéjar-Stil der Kirche San Bernardo;
Das alte Rathaus mit seinem reich gestalteten Portal (ehemals Adelspalast)
Der Uhrenturm an der Plaza del Navarro, 1901.


Muchas gracias!


Magische Orte in der Umgebung

Salamanca
Segobriga
Segovia
Spanienblues
Toledo
Verracos
Wamba
Zamora

Wie aus Tausendundeiner Nacht: Der Aljafería-Palast von Zaragoza

Der Aljafería-Palast ist ein einzigartiges Beispiel islamisch-spanischer Architektur im Mudejar-Stil. Bauherr war König Abù Ahmad Ibn Hud al Mugtadir, der, nach 1065, außerhalb der Stadtmauern von Zaragoza einen Sommerpalast anlegen ließ. Kernstück war ein von Arkaden umgebener, nord-südlich ausgerichteter Innenhof (heute: Patio der Hl. Isabel), an den sich im Norden die Prunkgemächer anschlossen. Die gesamte Anlage war damals von einer hohen Mauer nebst halbrunden Befestigungstürmen umgeben.
Nach der Reconquista und dem Fall von Zaragoza fiel der Palast an Alfonso I., womit er ab dem Jahr 1118 n. Chr. zum Sitz der (christlichen) Könige von Aragon wurde. Weitere Persönlichkeiten, die ihn als Residenz nutzten, sind die nachfolgenden Könige von Aragon, Peter II.* (1174-1213) und Peter IV. (1319-87 n. Chr.) sowie die Katholischen Könige Ferdinand und Isabel.
Später, nach 1593, wurde der Palast zu einem Militärstützpunkt umgebaut und eine Zeitlang sogar als Krankenhaus genutzt.
Im Jahr 1947 begann die Restaurierung durch Francisco Iliguez. Seit 1987 ist die Aljafería Sitz des Regionalparlaments von Aragon.

*Peter II. (1174-1213), König von Aragon – in meinem Historischen Roman “Pedro” genannt, trug nach der erfolgreichen Schlacht der Christen von Las Navas den Beinamen El Catholico. Er war eine stattliche Erscheinung, über zwei Meter groß, kriegerisch, hitzköpfig und tapfer, aber auch verschwenderisch und prachtliebend. Ein Frauenheld, gönnerhaft gegenüber der Kirche und den Troubadouren.
Seine Schwester (meine Romanheldin) war Sancha von Toulouse (1186-1241), verheiratet mit Graf Raymond VII. von Toulouse.

Die Fotos bitte Anklicken zum Vergrößern!

Im 16. Jahrhundert wurde der Palast auf Anordnung des spanischen Königs Philipp II. in eine Zitadelle umgestaltet, also ein militärisches Bauwerk. Dafür wurde der gesamte Komplex mit einer Außenmauer mit fünfeckigen Bollwerken und einem tiefen Graben umgeben. Rückseitig kann man noch etwas vom ehemaligen militärischen Charakter dieser Zeit sehen.

Fertig mit Zaragoza und der Welt nach einem extrem heißen Tag und einer sehr langen Führung durch den Palast … 🙂

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Sancha – Das Tor der Myrrhe

Der Hof von Toulouse – im 12. Jahrhundert eine der zivilisiertesten Stätten des Abendlandes – ist in Gefahr. Ein packendes Katharer-Epos vor dem Hintergrund verbürgter Geschichte.
(537 Seiten, E-book und Taschenbuch)

Südfrankreich 1211:
Der Albigenserkreuzzug bewegt sich auf Toulouse zu. Die Ketzerei soll getilgt und Südfrankreich annektiert werden. Getrieben vom heißen Wunsch, die bedrohte Stadt ihres blutjungen Gemahls zu retten, um sich Liebe und Anerkennung zu verschaffen, macht sich SANCHA von Toulouse mit einigen Getreuen auf die Suche nach dem Tor der Myrrhe. Dort soll sich ein Gegenstand befinden, von dem es heißt, er würde selbst Päpste und Könige erschüttern.
Simon von Montfort, der charismatische Anführer der Kreuzfahrer, zwei hochrangige Prälaten und die Tempelritter sind ebenfalls hinter dem Geheimnis her. Jeder bespitzelt jeden. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Kann die Stadt Toulouse gerettet werden?

Hier geht es zum 1. Teil meines Artikels über Zaragoza!