GUADIX – mehr als ein Bahnhof für “Jäger von verlorenen Schätzen” …

GUADIX – der berühmte Bahnhof

Nach den andalusischen Filmdrehorten Monsul und Tabernas-Wüste darf natürlich auch ein Abstecher zum Bahnhof von GUADIX nicht fehlen. Hier wurden im Jahr 1988 mehrere Szenen mit Harrison Ford und Sean Connery gedreht. Obwohl man die Szenen aus dem fertigen “Indiana Jones”-Film wieder strich, ist der schöne Bahnhof noch immer ein Anziehungspunkt für Cineasten. Und wie man so hört, sollen sich einige Film-Fans hier sogar mit Fedora-Hüten und/oder Peitsche ablichten lassen! 🙂

Die anhaltende Filmbegeisterung nahm die Stadtverwaltung im Jahr 2018 zum Anlass, ein großes Fest zum 30-jährigen Gedenken an den legendären “Indy-Dreh” zu feiern – aber vielleicht auch, um an diesem Tag zu zeigen, dass die “tausendjährige Stadt GUADIX” mehr zu bieten hat, als einen Bahnhof für Film-Nostalgiker oder Jäger von verlorenen Schätzen

GUADIX – im Wandel der Zeiten

Die kleine Stadt vor den schneebedeckten Bergen der Sierra Nevada liegt im Landesinneren der Provinz Granada und hat ungefähr 20 000 Einwohner. GUADIX blickt tatsächlich auf eine mehr als bewegte Geschichte zurück: Sie gilt als eine der ältesten menschlichen Siedlungen Spaniens, d.h. hier ließen sich seit prähistorischen Zeiten Menschen nieder, was zahlreiche archäologische Funde bestätigen.

Und weil der Landstrich Guadix y el Marquesado an einem “natürlichen Durchlass” liegt, der die spanische Ostküste mit dem Guadalquivir-Tal verbindet, ließen sich auch die PHÖNIZIER hier nieder.
Sie nannten ihre Siedlung Acci.

*Die Phönizier werden auch als Karthager oder Punier bezeichnet. Als ausgezeichnete Seefahrer kolonisierten sie bereits ab dem 10. Jh. v. Chr. den Mittelmeerraum von Zypern über Sizilien bis Spanien.
(s. auch Cádiz – in der Hand der Phönizier.)

Um das Jahr 45 v. Chr. wurde GUADIX unter den RÖMERN zu einer wohlhabenden Militärkolonie.
Sie übernahmen den alten Namen, nannten den Ort Colonia Julia Gemella Acci.

Im 1. Jh. n. Chr. machte sich vermutlich Torquatus von Acci auf den Weg nach GUADIX. Er soll der erste Bischof von Acci gewesen sein. Man feiert hier sein Hochfest. Dass er mit 6 weiteren Bischöfen von den Aposteln Petrus und Paulus auf die Iberische Halbinsel geschickt worden wäre und in Cádiz an Land ging, geht auf eine Legende aus dem 8. Jh. zurück.

Unter den WESTGOTEN (418 bis 711 (bzw. 725) wurde GUADIX zu einer Münzstätte und einem wichtigen Zentrum des Christentums.
Bischöfe von hier spielten eine Rolle auf den Konzilien von Toledo ab dem Jahr 400.

Ihren heutigen Namen erhielt die Stadt jedoch erst nach der Besetzung durch die MAUREN, die im Jahr 711 in das christliche Reich der Westgoten eindrangen. (Guadix bedeutet auf arabisch: “Fluss des Lebens”).
Die Mauren beherrschten bis 1492 weite Teile der Iberischen Halbinsel. Unter ihrer Herrschaft blühte GUADIX abermals auf und wurde, wie auch die benachbarte (ca. 40 km entfernte) Stadt BAZA, zu einem Zentrum der Seidenherstellung* in Al-Andalus.

(*Maulbeerbäume sind bis zu 15 Meter hohe Bäume mit gräulichen Ästen, die Anfang Frühling zu blühen beginnen. Ihre Blätter dienen als Nahrung für Seidenraupen, aus deren Kokons Seide gewonnen wird.)

GUADIX ist auch für seine schönen Töpferwaren bekannt: Seit der Ankunft der Mauren in Granada erlebte die Keramik in ganz Spanien eine Blütezeit …

GUADIX – die Höhlenwohnungen

Der größte Schatz von GUADIX liegt hier wohl unter der Erde, nämlich im Süden der Altstadt – im Barrio de Santiago, dem Viertel der Kunsthandwerker: Es ist das Höhlenviertel.
Bis zu 10 000 Menschen sollen hier noch weit über 2000 Wohnhöhlen bewohnen, erkennbar an den zahlreichen, direkt aus der Erde zu kommen scheinenden weißen Kamine und Tuffkegel.
Die ersten, ab dem 8. Jh. n. Chr. künstlich angelegten troglodytischen Wohnräume gehen auf die Mauren zurück, die bei ihrer Ankunft den weichen Löss (Kalktuff) der umliegenden Hügel zu schätzen gewusst hatten.
Frostfreie Winter und trockene, relativ heiße Sommer begünstigen noch heute diese besondere Art des Wohnens.
Die Ausstattung der Höhlen ist teils ärmlich – teils aber recht komfortabel, wie man vor Ort hört.
(Besichtigungen sind möglich.)

GUADIX – und die Traditionen

Dass sich GUADIX noch heute zur maurischen Tradition hingezogen fühlt, beweisen nicht nur das Kunsthandwerk und/oder die Speisekarten in den Lokalen. Auch in einigen Straßen in der Altstadt (z.B. im Barrio de Santa Ana) ist der arabische Einfluss unübersehbar.

Aber auch das “christliche Mittelalter” hat hier Spuren hinterlassen: Eine davon spiegelt sich in der “berühmt-berüchtigten” FIESTA DE CASCAMORRAS wider.

Zur Vorgeschichte des dreitägigen Festes, das jedes Jahr Anfang September hier gefeiert wird:

Cascamorras, ein Bauer aus Guadix, entdeckte einst bei der Feldarbeit* die (vermutlich aus Holz geschnitzte) Abbildung einer weiblichen Figur, in der er die Virgen de la Piedad (Jungfrau der Barmherzigkeit) erkannte.
Auf dem Heimweg ins Dorf schnappte sich jedoch ein “von Neid entbrannter” Mann aus dem Ort Baza (das iberische Basti) die “heilige Figur” und nahm sie mit nach Hause.
Über den dreisten Diebstahl war es damals zu einem “handfesten Streit” zwischen den rivalisierenden Ortschaften gekommen – bei dem man sich zuletzt aber wieder versöhnte.

Um an dieses “rustikale” Ereignis aus dem Mittelalter zu erinnern, feiern die zwei Städte GUADIX und BAZA einmal im Jahr, vom 6. – 9. September, die Fiesta de Cascamorras.

*Immer wieder ist in alten Geschichten (auch in Frankreich) von derartigen “Madonnen-Figuren” zu lesen, die zufällig in einem Gebüsch, einem Baumloch oder beim Pflügen auf dem Feld entdeckt und ins Dorf gebracht gebracht wurden, wo sie jedoch über Nacht postwendend wieder an ihren Fundort zurückkehrten. Meist wurde dann an Ort und Stelle eine Kapelle für die Madonna errichtet.

Im Jahr 2013 wurde CASCAMORRAS zu einem Fest von internationalem touristischem Interesse in Spanien erklärt.

Und welches Spektakel wird in diesen 3 Tagen vor Ort aufgeführt?

Ein mittelalterlich bunt gekleideter Gaukler aus Guadix eilt am 6. September in den “verfeindeten” Ort Baza, um die heilige Statue zurückzuholen. Doch die Bewohner von Baza lassen dies nicht zu. Sie ergreifen ihn und “seifen” ihn gründlich ein. Mit leeren Händen, aber von Kopf bis Fuß mit Farbe und Dreck beschmiert, kehrt der arme Gaukler am 9. November zurück – wo ihn nun auch die enttäuschten Leute von Guadix kräftig “einseifen” – ja, sie “teeren und federn” ihn geradezu, denn bei diesem Spektakel ist an “Farbe” nahezu alles erlaubt – selbst Sägemehl, Eier, Wasser oder Schmieröl.! 🙂

GUADIX – die maurische Festung Alcazaba

Die Alcazaba, die maurische Festung von GUADIX, liegt auf einem Hügel im Zentrum der Stadt. Von den Türmen hat man eine phantastische Sicht auf das Tal und die Berge der Sierra Nevada. Die Festung, die heute unter Denkmalschutz steht, wurde im 10. und 11. Jh. auf den Ruinen einer früheren maurischen Burg (aus dem 8. Jh.) errichtet, deren Grundmauern wiederum auf einer Burg aus der Römerzeit stammten.
Die gesamte Zitadelle mit den vielen Zinnen ist aus gestampfter Erde erbaut worden, daher die orangerote Farbe.
Im Jahr 1489, nach der Reconquista (der christlichen Rückeroberung) übergaben die Mauren die Stadt und die Alcazaba an die Katholischen Könige, wie man die spanischen Monarchen Isabella I. von Kastilien (1451-1504) und König Ferdinand II. von Aragon (1452-1516) bezeichnet.
Die Moschee wurde in eine christliche Kirche umgewandelt.
Doch mit dem blühenden Leben in der Stadt war es mit dem Abzug der Mauren vorbei. GUADIX verlor an Bedeutung.
Im 16. Jahrhundert wurden alle Wohngebäude innerhalb der Alcazaba zerstört.

Die Burg kann derzeit besichtigt werden.

Auch die Stadt Baza besaß ein aus maurischer Zeit stammendes Castillo; dessen Ruinen 15 km nördlich von Baza liegen. Die Festung wurde durch ein Erdbeben weitgehend zerstört.
Weitere Ruinen der iberischen, später römischen und westgotischen Stadt Basti befinden sich knapp 8 km nordöstlich von Baza.

GUADIX – Die Kathedrale de la Encarnación (der Menschwerdung)

Nach der christlichen Rückeroberung fiel im Jahr 1489 auch GUADIX wieder in christliche Hand. Zahlreiche Kirchen wurden errichtet. Der Bau der Kathedrale im Zentrum der Altstadt wurde im Jahr 1510 an der Stelle der ehemaligen Moschee begonnen – jedoch erst im Jahr 1796 beendet. Die lange Bauzeit führte zu einem Stilmix von Gotik über Renaissance bis zu Barock.
Im Inneren beherbergt das Gotteshaus bedeutende Kostbarkeiten, etwa die Sakristei, die ein Werk des Meisters Diego de Siloé ist, oder den großartigen Barockchor von Ruiz del Peral.

GUADIX – Die Pietà

Die Pietà von GUADIX, aus weißem Carrara-Marmor, ist eine originalgetreue Replik der Pietà von Michelangelo, die in Rom, im Vatikan, aufbewahrt wird.
Sie wurde mithilfe eines besonderen Abdruckverfahrens direkt vom Original abgenommen und reproduziert. Das Kunstwerk wurde erstmals im Jahr 1930 auf dem Bologna Art Salon der Öffentlichkeit vorgestellt und dort mit dem ersten Preis für die Sparte Skulptur ausgezeichnet.
Während des Spanischen Bürgerkriegs (1936 – 1939) wurde es brutal zerstört und erst vor einigen Jahren von der Bildhauerin María Ángeles Lázaro Guil meisterhaft restauriert und wieder aufgebaut.

GUADIX – Die Hinterlassenschaften der Römer

Das letzte Wort hat die prachtvolle DAMA DE BAZA

Nachdem sich die Einwohner von GUADIX Jahr um Jahr mit den Leuten von BAZA eine “Schlammschlacht um eine Madonnenfigur” liefern, hat die Geschichte für BAZA im Jahr 1971 eine überraschende Wendung genommen: Archäologen haben hier eine wunderschöne Statue aus der alten Iberischen Kultur (4. Jh. v. Chr.) ausgegraben.
Die DAMA de BAZA muss eine sehr vornehme Dame gewesen sein, wie man sehen kann, reich gekleidet und mit Schmuck behängt.

Die Dame von Baza (4. Jahrhundert v. Chr.):
Am 20. Juli 1971 wurde die berühmte “Dame von Baza” in einer unterirdischen Kammer entdeckt, während die Ausgrabungen der iberischen Nekropole am Hügel des Heiligtums von Baza (Granada) stattfanden. Diese beeindruckende Statue ist aus einem einzigen Kalksteinblock gefertigt worden und prunkt mit einem Gipsüberzug, bemalt in den Farben Rot, Blau, Weiß und Schwarz.
Die Dame dient als Cinerarium (als antike Urne), da im rechten Bereich eine Vertiefung vorhanden ist, die Aschereste einer Frau enthielt, was ihre Bestimmung als Graburne beweist.
(Quelle Wikipedia)


Heute befindet sich DIE DAMA VON BAZA im Museo Arqueológico Nacional de España in Madrid – zusammen mit der Dama de Elche, der Dama del Cerro de los Santos und anderen etwa zeitgleichen Skulpturen.
Im Archäologischen Museum von Baza (im alten Rathaus) kann man jedoch eine Nachbildung betrachten.

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Cartagena – “Das neue Karthago in Spanien”

Cartagena – in den Händen Hannibals

Es war Hasdrubal der Schöne, ein Verwandter Hannibals, der im Jahr 227 v. Chr. in Spanien ein “Neues Karthago” gründete und diese Stadt Qart Hadasht nannte, also “neue Stadt”. (Zuvor hatte sie den Namen Mastia de Tarsis getragen und war im Besitz der Iberer oder Tartesser gewesen.)
Unter Hannibal, dem größten Feldherrn der Antike, galt Qart Hadasht als das Neue Karthago. Aufgrund seiner Lage – Cartagena, umgeben von 5 Hügeln, liegt an einer tiefen Bucht an der Costa Cálida, der “warmen Küste” – und der Silberbergwerke galt diese Stadt seinerzeit als der zentrale Punkt des gesamten Karthagischen Reiches in Spanien.

Rückschau auf das “Karthagische Reich”

Karthago/Tunesien- Ausgrabungsstätte im Jahr 1969 (Foto HLK)

Karthago (heute Ort nahe Tunis/Tunesien) war in der Antike die Hauptstadt der gleichnamigen See- und Handelsmacht – ursprünglich jedoch nur eine Kolonie der Stadt Tyros im heutigen Libanon. Dido, eine Tochter des tyrischen Königs, soll die Gründerin Karthagos gewesen sein.

Als Tyros von den Persern erobert wurde (332 v. Chr.), machte sich Karthago unabhängig und gründete eigene Kolonien auf Sizilien, Sardinien, Korsika, den Balearen, an der Nordküste Afrikas (heute Tunesien) und im Süden Spaniens.
Die Einwohner Karthagos wurden von den Römern als “Punier” bezeichnet – abgeleitet von “Phönizier”.

Das  Kartagische Reich (hauptsächlich in Nordafrika aber auch in Spanien herrschend) stand in den drei Punischen Kriegen (264 – 146 v. Chr.) dem Römischen Reich gegenüber.
Nach der Zerstörung durch die Römer wurde das Karthagische Reich im Jahr 146 v. Chr. aufgelöst und ging im römischen Reich auf.

Cartagena – unter römischer, westgotischer und maurischer Herrschaft

Im Jahr 209 v. Chr., während des 2. Punischen Krieges, eroberte der römische Feldherr Publius Cornelius Scipio Africanus die Stadt Cartagena.
Carthago Nova, wie auch die Römer sie nannten, entwickelte sich unter ihnen (der Hafen, die Silberlagerstätten!) zu einer der reichsten und bedeutendsten Städte Spaniens; im Jahr 45 v. Chr. erhob Gaius Iulius Caesar die Stadt zu einer römischen Kolonie.

Kaiser Augustus modernisierte schließlich das “Neue Karthago” und ließ hier ein Forum und ein prächtiges Theater errichten – das TEATRO ROMANO, das Platz für bis zu 7000 Menschen bot und damit zu den größten auf der iberischen Halbinsel zählt.
Nach der Aufteilung der Provinz Tarraconensis in drei Provinzen unter Kaiser Diokletian im Jahr 298 n. Chr. bildete sich schließlich die römische Provinz Carthaginensis heraus – mit Cartagena als Hauptstadt.

Im Jahr 425 wurde Cartagena durch die VANDALEN (germanischer Volksstamm) zerstört.

Im Jahr 475 besetzten die WESTGOTEN* die Stadt, bis Cartagena im Jahr 554 unter dem Namen Carthago Spartaria die Hauptstadt der oströmischen Provinz Spania wurde.
Im Jahr 625 fiel Cartagena abermals in die Hände der Westgoten.

Ab dem Jahr 711, nach dem Untergang des Westgotenreichs, kam Cartagena zum Reich TODMIR (maurische Herrschaft) – und im Jahr 756 wurde die Stadt, wie fast die gesamte Iberische Halbinsel, Teil des Emirats von Córdoba.

*Das Reich der Westgoten (418 – 711, bzw. 725 n. Chr.) hatte seinen Schwerpunkt zunächst in Südwestgallien und später auf der Iberischen Halbinsel.

Cartagena – in Spanischer Hand

Nach der Eroberung im Jahr 1269 durch König Jakob I., im Zuge der christlichen Reconquista, zählte Cartagena zum Königreich Aragon.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erhob Philipp II*., König von Spanien, Cartagena zu neuem Glanz und machte es zu einem bedeutenden Marinestützpunkt.

Während des Spanischen Bürgerkrieges (1936–1939) war Cartagena der Hauptstützpunkt der spanischen republikanischen Marine und eine der Hochburgen der republikanischen Regierung.
Cartagena behauptete sich länger als jede andere spanische Großstadt gegen die Truppen General Francos, die Cartagena erst am 31. März 1939 einnahmen.

*Zum Habsburger Phillip II., König von Spanien (geb. 1527 – gest. 1598):
Philipps Reich erstreckte sich über die spanischen Kerngebiete sowie über die Niederlande und Burgund. In Italien standen Mailand, Neapel, Sizilien und Sardinien unter seiner Herrschaft. Durch die enorme Expansion der Kolonialgebiete in Amerika und Asien wuchs auch der außereuropäische Machtbereich Philipps. Die 1564/65 in das spanische Kolonialreich eingegliederte Inselgruppe im Pazifischen Ozean wurde ihm zu Ehren Philippinen genannt. 1580 wurde auch noch Portugal mitsamt seinen überseeischen Kolonien Teil der spanischen Monarchie.

Die Überreste der “Alten Kathedrale Santa María”

Die alte Kathedrale Santa María beim Römischen Theater war der Sitz der Diözese Cartagena, bis diese im 13. Jh. in die Stadt Murcia verlegt wurde. Das Bauwerk wurde im spanischen Bürgerkrieg (1936 – 1939) verwüstet. In Dokumenten aus dem Mittelalter und der Renaissance erscheint diese Kirche unter der Bezeichnung „Iglesia Mayor“ und wurde erst ab dem  18. Jahrhundert „Alte Kathedrale“ genannt.

Um 1270 gründete König Alfons X. der Weise den Militärorden der Heiligen Maria von Spanien. Er stellte ihn unter die Schirmherrschaft einer Romanischen Madonna, der Virgen del Rosell, richtete seinen Hauptsitz in einem Zisterzienserkloster in Cartagena ein, bei dem es sich vermutlich um die “Alte Kathedrale” gehandelt hat.

Die Virgen del Rosell ist heute die Schutzpatronin von Cartagena. Sie ist auch als Heilige Maria von Spanien, Jungfrau des Rosenkranzes oder Jungfrau des Sterns bekannt.

Das Museum im Römischen Theater von Cartagena

Mit dem Eingang, der sich gegenüber dem Rathauspalast von Cartagena befindet, ist das Museum des Römischen Theaters in zwei separate Gebäude unterteilt.
Durch einen unterirdischen Gang gelangt man nach der Besichtigung der Ausstellungsstücke direkt in das Innere des Römischen Theaters.

Cartagena – heute

Heute ist Cartagena die zweitgrößte Stadt in der Region Murcia mit über 200 000 Einwohnern, eine quirlige, junge und moderne Metropole.
Sie besitzt den bedeutendsten Handelshafen Spaniens und die größte spanische Marinebasis am Mittelmeer. Die Stadt ist zudem Sitz des Parlaments der Region sowie Bischofssitz. Es besteht eine Eisenbahnverbindung in die Stadt Murcia.
Auch was die Architektur betrifft, kann sich Cartagena sehen lassen: Zu den herausragenden Gebäuden zählen das Rathaus, das Casino, das Gran Hotel, der Aguirre-Palast, Casa Cervantes und Casa Maestre, letzteres von Gaudí selbst inspiriert – und die prachtvolle Fußgängerzone.

Das Castillo de la Concepción im malerischen Torres-Park

Um sich einen Überblick über die Lage der Stadt zu verschaffen, ohne selbst die Hügel hinaufsteigen zu müssen, hat man einen Panoramaaufzug errichtet, in dem man in wenigen Minuten einen 45 m hohen Aussichtspunkt über dem Meer erreicht. Von hier aus hat man die beste Rundumsicht auf Cartagena, das Römische Forum, den Hafen und das Meer.

Auf dem Platz der alten Burg de la Conception, die sich hier oben befindet, soll einst ein römischer Tempel gestanden haben, dem Gott der Heilkunst Äskulap geweiht.
Später diente das Castillo den Mauren als Festung; und im Bürgerkrieg warnte eine dort installierte Sirene die Bevölkerung von Cartagena.

Hier oben lässt es sich gut aushalten; und hat man irgendwann alle Aufnahmen im Kasten – den Leuchtturm aus der Maurenzeit bitte nicht vergessen! 🙂 – besichtigt man vielleicht das kleine Castillo-Museum (Filmvorführung) oder man unternimmt einen gemütlichen Spaziergang durch den malerischen Parque Torres, in dem heute nur noch freilaufende Pfaue und andere schillernde Vögel ein herrschaftliches Leben führen.

Cartagena – Romanschauplatz in meinem Thriller “Knotenstricker”

“Auf See: Cartagena, Mittwoch, 1. August 2012
Als er im Yachthafen von Cartagena am Pier Alfonso XII an Land geht, bringt er sogleich den Müll von Bord und sucht anschließend eine Lavanderia auf, um seine Klamotten waschen zu lassen. Schließlich geht er zu Fuß in Richtung historische Altstadt. Sie interessiert ihn, nicht zuletzt, weil sie die Namensgeberin von Cartagena de India ist, einer Stadt in Kolumbien, an der Karibikküste gelegen, wo er sich vor vier Jahren, nach einer verlorenen Bataille, für einige Zeit niedergelassen hat. Kolumbien ist eine Zäsur gewesen in seinem Leben. Eine Herausforderung. Einmal hat man sogar auf ihn geschossen!
Er wirft einen Blick aufs stolze Castillo, das wie die kolumbianische Anlage zwei Forts besitzt … besichtigt die Überreste eines römischen Amphitheaters, kauft sich den billigsten Stadtführer, der zu haben ist, setzt sich am Plaza Ayuntamiento in eine Bar unter einen weißen Sonnenschirm.

Er liebt weiße Sonnenschirme. In all seinen Geschichten sitzen die Figuren im Sommer unter weißen Sonnenschirmen. Mit Fransen oder ohne.

(aus Kapitel 33, Der Freibeuter)

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Vorsätzlich zerstört? –
Cerrillo Blanco (Porcuna) – der bedeutendste Fund in der Iberischen Archäologie

Porcuna – das Erbe der antiken Kulturregion Ipolca Oretana

Die südspanische Kleinstadt Porcuna (ca. 6000 Einwohner) liegt im Westen der Provinz Jaén, in der Autonomen Gemeinschaft Andalusien, ungefähr 70 km westlich von Córdoba. Sie ist das Erbe der antiken iberischen Kulturregion Ipolca Oretana, die sich nach dem 7. Jh. v. Chr. entwickelte (keltische Einflüsse).
Die hier gefundenen archäologischen Überreste beweisen jedoch bereits eine stabile Besiedlung seit Beginn der Eisenzeit. Außer Zweifel steht, dass Porcuna, das im Quellgebiet mehrerer Bäche liegt, viele Jahrhunderte lang das wirtschaftliche Zentrum des Gebiets zwischen den Städten Cástulo und Córdoba war – mitunter jedoch mit seinen Besitzern den Namen wechselte.
Laut dem antiken griechischen Geschichtsschreiber Strabon waren die ersten Siedler in dieser Gegend die sog. TARTESSER (s. unten). Sie befestigten das Dorf und gaben ihm den Namen NELIA. Im 8. Jh. v. Chr. sorgten die PHÖNIZIER für den weiteren Ausbau der Befestigungsanlagen.
In IBERISCHER ZEIT (s. unten) hieß der Ort OBULCO und war ein Agrar- und Handelsdorf, das seine eigenen Münzen prägte (mit einer Kornähre als Symbol).
Im Jahr 38 v. Chr., also während der RÖMISCHEN HERRSCHAFT (206 – 19 v. Chr.), bereitete Julius Cäsar im Oppidum Obulco seine Armee auf die berühmte Schlacht von Munda vor. (Die Schlacht von Munda war die letzte Schlacht im Bürgerkrieg zwischen Cäsar und den konservativen Republikanern.)
Der Ort ist nun durch römisch geprägte Münzen nachweisbar – sowie durch die Erwähnung als eine der Stationen der Via Herculea, später Via Augusta genannt.
WESTGOTISCHE Zeugnisse über den Ort fehlen.
Während der muslimischen Herrschaft (AL-ANDALUS 711 – 1492 n. Chr.) wurde Obulco in BOLCUNA umbenannt.
Seinen heutigen Namen PORCUNA erhielt der Ort schließlich im Jahr 1238, in der Zeit der RECONQUISTA (christliche Rückeroberung 792 – 1492 n. Chr.).

(Porcuna wurde später zur Verteidigung und zur Wiederbesiedlung dem Orden von Calatrava übergeben. Dieser Orden gehörte ursprünglich zur Familie der Zisterzienserorden.)

Die Ausgrabungsstätte Cerrillo Blanco

Der von ausgedehnten Olivenhainen umgebene Tumulus (Grabhügel) Cerrillo Blanco, 4 km nördlich der Kleinstadt Porcuna, geht auf das 7. Jh. v. Chr. zurück, auf die Zeit der sog. Tartesser (s. unten) .
Er weist 24 Einzelgräber in Gruben auf – und eine iberische Nekropole, die über einer Nekropole aus der späten Bronzezeit errichtet wurde: Ein sog. Megalith-Grab für zwei Personen (Doppelbestattung).

Im Grabhügel von Cerrillo Blanco haben die Archäologen im Jahr 1975 eine sensationelle Entdeckung gemacht …

In einem mit großen Steinplatten bedeckten Graben fanden sie 40 iberische, künstlerisch hochwertige Skulpturen aus weißem Sandstein:

Bildnisse von mythologischen Tieren, von Göttern, von heldenhaften Kämpfen zwischen Mensch und Tier, von Jagdszenen und Pferden – sowie eine Figurengruppe, die vermutlich auf die Familiengeschichte der damaligen Aristokratie abzielt, d.h. es könnte sich um reale Abbildungen der Herrscher von Porcuna aus dem 5. Jh. v. Chr. gehandelt haben.

Soweit so gut (oder so erfreulich, möchte man meinen), wenn – ja, wenn all diese prachtvollen Skulpturen nicht vorsätzlich zerstört gewesen wären, ja, teilweise sogar regelrecht verstümmelt!

Der seinerzeit verwendete weiße Sandstein stammte aus den Steinbrüchen von Santiago de Calatrava, südlich von Porcuna. Er wurde nach der Bearbeitung von dem Künstler/den Künstlern so lange geschliffen und poliert, bis eine hohe ästhetische Qualität erreicht worden war.

Rache? Antiker Vandalismus?

Wie im Rausch hatten die Zerstörer den teils über 1 m hohen menschlichen Figuren ihre Identität genommen, ihnen vorzugsweise Arme, Hände oder Füße abgeschlagen.
Es war nicht nur blinde Wut, es muss etwas Persönliches dahintergesteckt haben – denn ganz besonders gründlich waren die Gesichter zerschlagen worden!

Einer der “weißen Damen” (heute genannt Woman with Child) schlug man sogar das Kind auf dem Arm ab; einer anderen kopf- und armlosen Frau (Woman with Snake) beließ man einzig die Schlange, die noch immer ihre Schulter schmückt.

Was war diesem beispiellosen Vandalismus vorausgegangen, dem auch die mythologischen Figuren und Götter zum Opfer fielen?
Tyrannei? Grausamkeit? Blasphemie? Vielleicht ein allzu ausschweifender Lebenswandel der adligen Herrscher von Porcuna?
Oder war diese Familie gewaltsam durch eine andere Elite (mit anderer Götterwelt?) ersetzt worden?
Vorgänger müssen nicht selten die Rache ihrer Nachfolger fürchten!

Es gibt aber noch einen anderen Verdacht: Dieses merkwürdige Vorkommnis könnte im Zusammenhang mit einer mysteriösen, zwischen 520 und 480 v. Chr. in mehreren iberischen Gebieten verbreiteten Zerstörung von Kultstätten stehen.
Zeitlich käme es hin, gesichert ist jedoch nichts …

Die Rettung der Fragmente im 5. Jh. v. Chr. – Schwerstarbeit!

Es muss jedoch damals in Porcuna mindestens eine Person – besser eine Gruppe von Menschen – gegeben haben, die diese Zerstörung missbilligte.
Diese Leute transportierten nämlich – womöglich bei Nacht und Nebel und unter Gefahr für das eigene Leben ? – die insgesamt mehrere 100 Kilo schweren Fragmente hinaus zum Tumulus – also zur 4 km entfernten alten Nekropole, die hier im 7. Jh. v. Chr. angelegt worden war.
In einer von ihnen wieder hergerichteten alten Grablege bestatteten sie anschließend die 1400 Fragmente – “mit größter Sorgfalt!”, wie es aus Archäologenkreisen heißt.
Zuletzt bedeckten sie das Versteck noch mit großen, schweren Steinplatten.

Eine wirklich spannende Geschichte aus der Antike – zumal es sich bei diesem Fund nicht nur um die bislang bedeutendste und monumentalste Ausbeute in der iberischen Archäologie handelt, sondern zugleich um einen wichtigen Schlüssel zum Verständnis des damaligen Totenkults und der damaligen Kultur.

Heute zählen die Skulpturen zum Bestand des Museo Arqueológico Nacional de España in Madrid und können im Provinzmuseum von Jaén besichtigt werden (s. nachstehende Fotos).

Verschiedene Urnen, Vasen, Schalen – Fundstücke, die in der Grablege aus der Jungsteinzeit entdeckt wurden
(Brandbestattung 4. – 2. Jh. v. Chr.), können heute ebenfalls im Museum von Jaén bewundert werden.

Das sagenhafte Tartessos – das “Atlantis” Spaniens?

Das sagenhafte Königreich Tartessos (oder die Hafenstadt Tartessos) wird noch immer gesucht. Es gilt als Spaniens “Atlantis”!
Was weiß man heute darüber?
Das Kerngebiet lag vermutlich im unteren Guadalquivir-Tal – westlich der Straße von Gibraltar.
Der im Alten Testament mehrfach erwähnte Ort Tarschisch soll mit Tartessos identisch sein.
In der Antike war Tartessos für seinen sagenhaften Metall-Reichtum (vor allem Silber) bekannt.
Der deutsche Althistoriker und Archäologe Adolf Schulten suchte zeitlebens wie besessen nach Tartessos, einem Ort, von dem der griechische Geschichtsschreiber Herodot um 460 v. Chr. schrieb:

Kolaios von Samos wollte nach Ägypten segeln, doch ein Ostwind trieb sie von ihrer Route und sie hielten, von einem Gott geführt, nicht eher als hinter den Säulen des Herkules, so kamen sie nach Tartessos. Die Gegend war damals noch nicht ausgebeutet und sie kamen zurück mit der wertvollsten Ladung, die bis dahin je ein Grieche erlangte …”

Tartessos entdeckte Adolf Schulten nicht, wohl aber (im Jahr 1924) die Ruinen einer eigenständigen Vorgängerkultur aus dem 26. – 13. Jh. v. Chr.

In der heutigen Geschichtsschreibung bezeichnet man die endbronzezeitliche und früheisenzeitliche Kultur Südspaniens als tartessisch. Die Entwicklung dieser Kultur ist aber auch vom Handel mit den Phöniziern (Tyros) geprägt. Im 6. bzw. frühen 5. Jh. v. Chr. bricht die tartessianische Kultur jäh ab. Möglicherweise wurde sie von den Karthagern zerstört, die die phönizische Kolonie Gadir (heute Cadiz) übernommen hatten.
Die Tartessos stellten kunstvolle Objekte und Dekorationsgegenstände her, wie die nachstehenden Bilder zeigen:
Das Tartessische Gesicht von El Turuñuelo (Badajoz) und eine Keramik aus der tartessianischen Epoche (um 850–550 v. Chr.)

Wer waren die Iberer?

Die Iberer, die vermutlich aus Nordafrika kamen, waren ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. bis um das 1. Jh. v. Chr. die vorrömischen Bewohner des Ostens und Südens der Iberischen Halbinsel, darunter das heutige Andalusien, die Provinzen Murcia und Valencia, Teile von Aragon und Katalonien. Der Name Iberia ist zwar erst zur Zeit des 2. Punischen Krieges (218 – 201 v. Chr.) nachweisbar, ist jedoch älter als die Bezeichnung Hispania. Er geht vermutlich auf die antike Benennung des Flusses Ebro (griechisch Iber) zurück. Ursprünglich bedeutete Iberia nur das von den Iberern besiedelte Gebiet – seit dem 2. Jh. v. Chr. wird jedoch die ganze Pyrenäenhalbinsel so benannt. Die Iberer besaßen eine eigene, nicht indogermanische Sprache, die sie in einem eigenen Schriftsystem aufzeichneten, das noch nicht dechiffriert werden konnte. Es existierten sog. Stadtstaaten mit einer Elite aristokratischer Krieger, die ihre Macht über die Bauern und Handwerker ausübten. Sie besaßen auch eine eigene Währung und hatten Fertigkeiten in der Metallverarbeitung, auch in der Verarbeitung von Bronze. Ihre künstlerischen Hinterlassenschaften (griechische Ausbildung der Bildhauer?) bestehen in der Hauptsache aus Skulpturen (Beispiele: Die Dama de Elche, die Dama de Guardamar oder die Dama de Baza. Ihre Werke kann man in Jaén, in Córdoba oder aber in Madrid bewundern (Museo Arquelógico Nacional de España).

Das Empfangszentrum von Cerrillo Blanco

Die archäologische Stätte Cerrillo Blanco – eine der Stationen der Kulturroute “Viaje al tiempo de los Ìberos” (eine Reise in die Zeit der Iberer) – verfügt über ein
modernes Empfangszentrum, das sich an der Straße von Porcuna nach Arjonilla am Kilometerpunkt 1 befindet.
Eintritt frei; geführte Besichtigungen möglich;

Öffnungszeiten bitte im Netz erfragen.

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Munigua – Stolze Römerstadt in Andalusien mit seltenem Terrassenheiligtum

(Grabungsfoto-Übersicht, Fotoquelle: Deutsches Archäologisches Institut/Abtlg. MADRID)

Ein Höhepunkt auf meiner Andalusienreise 2024 war der Besuch in der Ausgrabungsstätte Munigua – einer ehemaligen Römerstadt mit einem seltenen, imposanten Terrassenheiligtum.
Das einstige Municipium* Flavium Muniguense liegt versteckt inmitten von Eichenwäldern in den sevillanischen Bergen (Provinz Sevilla; früher römische Provinz Baetica), in einem Gebiet mit einer historischen Bergbautradition (Sierra Morena).

Der Hügel selbst wird unter “Castillo de Mulva” geführt; seine Besiedlung reicht nachweisbar bis ins 4. Jh. v. Chr. zurück – während die Römerstadt selbst auf das 1. – 3. Jh. n. Chr. zurückgeht. Die Quelle am Fuße des Hügels führte ganzjährig Wasser.

Das gesamte Areal war zu konstantinischer Zeit (293 – 363 n. Chr.) lediglich 4 ha groß, zeichnete sich aber, neben Stadtmauer, Forum, einer doppelgeschossigen Halle, Wohnhäusern, warmen Thermen und zwei Nekropolen, durch weitere Tempelanlagen aus – sowie ein in Spanien einzigartiges TERRASSENHEILIGTUM auf der Spitze des Stadthügels, geweiht den Göttern Fortuna und Herkules (griechisch Herakles).

Munigua wird bereits seit dem Jahr 1956 durch das Deutsche Archäologische Institut/Abteilung Madrid ausgegraben.

(Municipium* = eine von Rom abhängige Stadt.)

Die in Munigua ausgegrabenen Tempel und Profanbauten

Munigua – eine römische Civitas peregrina

Als Zeugnisse für den damals regen Bergbau in den benachbarten Sierra Morena-Bergen* gelten die aufgefundenen Reste von zahlreichen Verhüttungsöfen auf dem Castillo Mulva-Hügel, was vermuten lässt, dass dieser Hügel sogar länger als 1000 Jahre besiedelt gewesen sein könnte. Belegt ist, dass der Bauschutt aus dem Abriss jener Öfen und der früheren iberischen Stadt den Römern als Füllmaterial für Mauern und Straßenbelag diente – selbst für die Errichtung der Fundamente des Terrassenheiligtums.
(Neben dem Bergbau, der auch für den späteren Reichtum der Stadt Munigua sorgte, war der Export von Öl und Wein entscheidend für den Wohlstand der Römer.)

Bei ihren Grabungen hatten die Archäologen Marksteine ( sog. Termini**) entdeckt, die auf eine gezielte Planung des damaligen Senats (erste Hälfte des 1. Jh. n. Chr.) hinweisen.

Muniguas Blütezeit lag indes im 2. Jh. n. Chr. – nachdem die meisten öffentlichen Bauten und die Tempelanlagen errichtet worden waren.
Die Stadt galt als Zentrum für die umliegenden Weiler und Siedlungen, von denen man eine größere Anzahl entdeckte.

Dass Munigua tatsächlich eine Civitas peregrina war, d. h. einen eigenen Senat und ein Stadtrecht besaß – verliehen von Kaiser Vespasian (9 v. Chr. – 79 n.Chr.) – beweist eine hier aufgefundene Bronzetafel.

*Sierra-Morena: Wichtige Eisen- und Kupfervorkommen, aber auch Silber- und Goldminen.
**Terminus: in der römischen Mythologie der Gott der Grenzsteine.

Wegbeschreibung und Warnhinweise

Aber nun zu unserem Besuch in Munigua Anfang Mai 2024. Um überhaupt dorthin zu gelangen, muss man – ausgehend von der Stadt Villanueva del Rio y Minas – auf einer spannenden (teils holprigen und nicht asphaltierten) Straße ungefähr 6 km bis zur ehemaligen Haltestelle Arenillas fahren. Sein Fahrzeug kann man dann in der Nähe, neben einem ungesicherten Eisenbahngleis “halbwegs sicher” abstellen. (Kein Parkplatz vorhanden!)
Danach geht es ein Stück zu Fuß weiter bis zum Tor des Privatgrundstücks EL FIJO. Dies ist der einzige Zugang zur sog. Enklave!
Das Tor ist außerhalb der Öffnungszeiten (im Netz erfragen!) geschlossen. Der Eintritt ist frei, Durchfahrt jedoch nur Fußgängern oder Radfahrern gestattet, was seinen Grund hat:
Auf dem weitläufigen Gelände wird Landwirtschaft und Viehzucht betrieben – wobei die Stiere am Tag unseres Besuches entweder friedlich hinter ihren Schutzzäunen grasten oder im Schatten der Stein- und Korkeichen faul vor sich hin dösten. Beruhigend! 🙂
Die in Spanien obligatorischen freilaufenden schwarzen Schweine (gezüchtet für den berühmten iberischen Schinken, weil sie sich ausschließlich von gesunden Eicheln ernähren), waren Anfang Mai noch nicht zu sehen.

Eine Warnung sollte man durchaus ernst nehmen:
Im Sommer und bei Regen tritt der in der Nähe liegende Tarmohoso-Fluss gerne über die Ufer!
Außerdem empfiehlt sich eine schützende Kopfbedeckung, festes Schuhwerk und das Mitführen von Wasservorräten, ggf. auch Insektenschutzmittel und Sonnencreme.
Auf dem gesamten Fußweg (nach Erreichen des Tores noch gute 2,5 km) fehlt – wie auch auf der Ausgrabungsstätte selbst – mitunter der Schatten.

Die neun Meter hohen Außenmauern des Terrassenheiligtums

Auf halbem Weg etwa – ein erstes Innehalten und Staunen, als die beeindruckende, gut erhaltene Außenmauer des Heiligtums auftaucht. Sie ist fast neun Meter hoch und gesichert mit dreizehn Stützpfeiler.

(Die gesamte Anlage ist als “interessantes Kulturgut” eingestuft.)

Endlich angekommen:

Das eiserne Tor der Ausgrabungsstätte steht einladend offen …

Ein erster Blick gilt dem Terrassenheiligtum auf der Innenseite der Außenmauer

Die Freilegung des Terrassenheiligtums

Das Terrassenheiligtum Munigua wurde im ersten Grabungsabschnitt im Frühjahr 1957 freigelegt. Die Anlage, bestehend aus drei übereinander liegenden Plattformen, hatte eine Breite von ca. 35 Metern und eine Länge von 54 Metern, wobei sich auf der westlichen Rückseite des gestuften Aufbaus die 9 m hohen Außenmauern (s. Foto zuvor) mit ihren 13 Stützpfeilern besonders gut erhalten haben. Auch seitlich mussten stabile Stützmauern errichtet werden. Der Zugang erfolgte über Rampenstraßen.

Die Wände des Heiligtums waren ursprünglich mit verschiedenfarbigem Marmor verkleidet. Eine quadratische Cella (so bezeichnet man den inneren Hauptraum eines griechischen oder römischen Tempels), in der vormals die Bildnisse (Statuen) der dort verehrten Gottheiten stand – Herkules und Fortuna – erstreckt sich seitlich des Hofes.
Aufgrund von Münz- und Keramikfunden konnte das Heiligtum in die Zeit um 70 n. Chr. datiert werden.
Zu dieser Zeit wurde die Siedlung auch in den Rang eines Municipiums erhoben.

Die im Terrassenheiligtum verehrten Gottheiten Fortuna und Herkules

Zum Vergrößern bitte anklicken!

Der Merkur-Tempel im mittleren Terrassenbereich

Der genaue Zeitpunkt der Errichtung des Merkur-Tempels (der einst komplett verputzt war) ist nicht bekannt, weil die Römer ihn direkt auf dem Grundgestein errichtet haben; jedoch entdeckte man im Inneren zwei Weihe-Inschriften für Mercurio.
Neben dem Tempel, auf der Forumstraße, noch vor den Säulen der benachbarten doppelgeschossigen Halle, standen einst die Statuen der Kaiser Vespasian und Titus, die jedoch nach dem Tod der jeweiligen Herrscher entfernt wurden.

Podiumstempel und Forumtempel im mittleren Bereich der Terrassenanlage

Neben dem Merkur-Tempel haben die Archäologen im mittleren Bereich der Anlage einen über Treppen erreichbaren Podiumstempel ausgegraben (ein Tempel, dessen Säulen auf einem Podiums-Unterbau ruhen) – und direkt unterhalb, auf dem Forum, einen Forumtempel (vermutlich zu Ehren des Kaisers und des Staates), sowie daneben liegend ein kleines Heiligtum für Jupiter-Dispater* und (wahrscheinlich?) das Tabularium, das Städtische Archiv.
Welche Gottheit im Podiumstempel, der ebenfalls mit Marmor verkleidet war, verehrt wurde, ist nicht bekannt.

Das Forum selbst (auf dem mittig der Forumtempel stand), lag auf der Ostseite des Hügels (Zwischenterrasse), und war über die sog. Forumstraße erreichbar. Auf der Südseite des Forums befand sich (wahrscheinlich?) eine sog. Basilika (Halle für Vertragsabschlüsse und Justizangelegenheiten).

Die schöne Statue der Nymphe (s. Plakat) wurde in den Thermen ausgegraben (s. weiter unten).

*Jupiter-Dispater: Eine reduzierte und vereinfachte Version des keltischen Himmelsgottes und Göttervaters. Dispater wurde im römischen Gallien weitläufig verehrt und in seiner keltischen Erscheinungsform mit Aspekten von Jupiter – sowie von Pluto (dem Gott der Unterwelt) und von Vulkan (dem Gott der Bergleute) verbunden. (Munigua lag schließlich in einem Bergbaugebiet!)

Die weiteren Ausgrabungsorte (Wohnhäuser, Thermen, Nekropole usw.)

Von den am Fuße des Hügels liegenden Wohnhäusern ist derzeit nur etwa die Hälfte ausgegraben. Sie entstammen einer Bauphase, die um das Jahr 70 n. Chr. einsetzte – bis zum Beginn des 2. Jh. n. Chr. Die Häuser wiesen verschiedene Abmessungen auf: So hatte Haus 1, mit einer Fläche von 500 qm, ganze 22 Zimmer. Die jeweiligen Stockwerke (alle besaßen mindestens 1 Obergeschoß) waren an die existierende Stadtplanung angepasst und wurden im Laufe ihres Bestehens mehrfach renoviert.
Die Untergeschosse wurden vermutlich gewerblich genutzt, auch noch in späteren Jahrhunderten, denn in einem der Räume von Haus 5 hat man eine Schatztruhe mit 122 Münzen aus der zweiten Hälfte des 4. Jh. n. Chr. entdeckt.
Im Haus 2 entdeckte man Holzreste, die als Schränke identifiziert wurden.

Die Thermen

Die Thermen wurden in der zweiten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. errichtet, und im 2. und 3. Jh. mehrmals umgebaut. Es existierten das Caldarium (der Heißwasserraum), das Tepidarium (der Warmraum) und das Frigidarium (der Kaltwasserraum = das Nymphäum), wo die Statue der Nymphe entdeckt wurde.
Im Innenhof lag die Heizstelle, also der Ofen.
Hier, in den Thermen, haben die Archäologen noch viele weitere Fragmente von Statuen gefunden. Einer der Räume war im Inneren mit Wandmalereien versehen.

Die Nekropole und die Munigua-Mine

Die beiden Nekropolen der Stadt Munigua lagen außerhalb der Stadt, südlich und östlich. Sie wurden bis zum 4. Jh. n. Chr. genutzt. Bislang hat man fast 200 Gräber gefunden (Urnengräber und Erdbestattungen). Auch ist ein im 2. Jh. n. Chr. erbautes Mausoleum zu erwähnen, von dem eine Mauerhöhe von bis zu 2,7 m erhalten blieb. Es war offenbar von einem halben Tonnengewölbe und einem Satteldach bedeckt. Im Inneren des Mausoleums, unter dem Boden, fand man fünf Gräber: Zwei Erdbestattungen in Sarkophagen und drei Einäscherungen. Die Leichen waren mit teils reichen Grabbeigaben bestattet worden, die jedoch in späteren Jahrhunderten teilweise gestohlen wurden.

Bei ihren Grabungen in den Nekropolen entdeckten die Archäologen auch eine ausgedehnte römische Kupfermine, die über einer viel älteren aus der Zeit um 2000 v. Chr. liegt, in der bereits die Ureinwohner der Region, die sog. Turdetaner (Volksstamm der Iberer) Erz abgebaut hatten.
Die Schächte der Römer waren in verschiedenen Höhen miteinander verbunden, wobei sie sich für die Tunnel ein ausgeklügeltes System belüfteter Galerien ausgedacht hatten, um immer noch tiefer graben zu können.
Die sog. Munigua-Mine versorgte das Römische Reich mit großen Mengen an Eisen und Kupfer bis zum Ende des 2. Jh. n. Chr., als alle Minen in Spanien geschlossen wurden.

Bewegliche Grabungsfunde und Inschriften

Die frühesten Funde in Munigua (punische Keramik) stammen aus dem 7. Jh. v. Chr., obwohl eine Besiedlung in dieser Zeit bislang nicht nachgewiesen werden kann. Aus der frühen Kaiserzeit (27 v. Chr. – 284 n. Chr.) kam Gebrauchskeramik ans Tageslicht sowie aus der augusteischen Epoche (44 v. Chr. – 14. n. Chr.) rote Keramikteller, die als Tafelgeschirr verwendet wurden.
Andere Keramiken wiesen Motive auf: Palmetten, konzentrische Kreise, Rosetten, Gitter, Quadrate, Kleeblätter, Friese und (antike) Crismon-Darstellungen.
Die entdeckten Fibeln weisen auf italische Einflüsse hin.
Hervorzuheben sind zwei Stücke Glaspaste (1,8 cm) zum Einsetzen in Fingerringe (Motive: ein Vogel in einem Garten; Apollon Patros im langen Gewand).

Die Archäologen entdeckten auch ein Teil einer großen Kuhglocke – und ein interessantes 28 cm großes Spielbrett:
Auf der einen Seite des Brettes befand sich das mittelalterliche Spiel der Könige, genannt Albuquerque*, auf der anderen Seite Tic-Tac-Toe.
In der östlichen Nekropole stießen sie auf runde Spielsteine aus Glas, einer schwarz, der andere weiß, Durchmesser 1,8 cm.

Des Weiteren kamen in den Urnengräbern neben Bronze- auch amphorenförmige Salbgefäße aus Glas zum Vorschein, zum Aufbewahren von Duftölen usw., sowie dünne Nadeln und lange Stifte.
Ein Keramik-Siegel aus der Zeit des Tiberius sollte noch erwähnt werden, sowie diverse Steinfiguren, darunter eine thronende Mutter mit Kleinkind (Nutrix), herrliche weibliche Büsten – aber auch kugelförmige Flaschen aus grünem Glas sowie eine kleine Henkelkanne aus der Zeit der Westgoten.

Unter unzähligen anderen Fundstücken entdeckten die Archäologen auch eine steinerne Grabtafel, die die Freigelassene Antonia Ocellia ihrer Schutzpatronin gewidmet hat; zwei Steinsockel für einen L. Quintius Rufius und seinen Sohn; einen Brief des Kaisers Titus (9 v. Chr. – 79 n. Chr.) an die Muniguaner – sowie ein “Holztäfelchen der Gastfreundschaft”, mit dem Text eines Vertrages zwischen dem Quästor Sextus Curvius Silvinus und der Gemeinde von Munigua.

Alle beweglichen Funde sind im Archäologischen Museum von Sevilla aufbewahrt; sowohl in den Räumen, die ausschließlich der Fundstätte von Munigua gewidmet sind, als auch in Vitrinen, die über die anderen Räume verteilt sind.
(Achtung jedoch: Das Museum ist bis 2026 wg. Renovierung geschlossen.)

Albuquerque* ist die spanische Übersetzung des arabischen Namens für das Spiel, das im “Buch der Spiele” von König Alfons dem Weisen zu finden ist.

Muniguas Untergang: vermutlich kurz und schmerzvoll

Im 3. Jh. n. Chr. kam es offenbar durch ein schweres Erdbeben zu Zerstörungen großen Ausmaßes, worauf sich die überlebende Bevölkerung notdürftig in den Ruinen einrichtete.
Endgültig aufgegeben wurde der Ort spätestens im 6. Jh. n. Chr. Vereinzelte Funde islamischer Keramik deuten auf eine (wenn auch spärliche) Weiterbesiedlung unter den Mauren hin.

Und heute?
Munigua ist eine ideale Forschungsstätte auf dem Gebiet des römischen Städtebaus” – wie das Deutsche Archäologische Institut/Madrid betont.

Quellen: Thomas G. Schattner, Munigua – Un recorrido por la arqueologia del Municipium Flavium Muniguense
//www.mauersberger-haarhausen.de/reisebericht_Andaluc%C3%ADa_Sevilla_Campi%C3%B1a-de-Carmona.html

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“Auf nach Cordoba!”: Ein Streifzug durch die Medina

Córdoba, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Süden Spaniens (ca. 300 000 Einwohner) wurde im Jahr 1994 zum “Patrimonio de la Humanidad” – zum Kulturgut der Menschheit erklärt.
Nach den unabdinglichen Pflichtbesuchen (Mezquita-Moschee, Mezquita-Kathedrale, Alcázar de los Reyes Cristianos mit seinen malerischen Gärten) nun ein kleiner Streifzug durch die Medina, die Altstadt – wobei die Judería, Cordobas altes Judenviertel mit seinen schmalen Gassen, bis heute das Herzstück des historischen Zentrums bildet.

Einer der Ausgangspunkte für einen solchen Streifzug (jenseits der bunten Touristenläden, Cafés und Restaurants) könnte die Puente Romano sein, die alte Römerbrücke, direkt unten am Rio Guadalquivir, unterhalb der berühmten Mezquita.

Die Römerbrücke von Córdoba wurde im Jahr 45 v. Chr. errichtet, weist 16 Bögen auf und war einst Bestandteil der Via Augusta, die Girona (Katalonien) mit der alten spanischen Hafenstadt Cádiz verband.
Im 10. Jahrhundert wurde die Brücke von den damals in Córdoba ansässigen maurischen Kalifen vollständig erneuert; und auch nach der Reconquista* wurde sie mehrfach renoviert.
Hier unten am Fluss befinden sich heute die Überreste der einstigen römischen Flussmühlen, nebst einem alten Wasserrad.
Diese Mühlen dienten auch noch den Mauren zum Befördern von Wasser für ihre prachtvollen Gärten.

*Reconquista: Die Rückeroberung des muslimischen Spaniens durch die Christen. (722 – 1492 n. Chr.)

“Auf nach Córdoba!”

Nach dem Schlendern über die Römerbrücke (nicht selten von Straßenkünstlern musikalisch begleitet) erreicht man zuerst die Puerta del Puente, das historische Brückentor, das geradezu einlädt, die geschichtsträchtige schöne Stadt mit ihren engen Gassen, weißgekalkten Häusern und schmiedeeisernen Toren zu besuchen.

Die Puerta del Puente

Kleine Fotos bitte zum Vergrößern anklicken!

Die Medina von Córdoba

Die Reiseführer und Tourguides haben recht: Córdoba – der Geburtsort großer Philosophen wie Seneca oder Averroes – zieht Jahr für Jahr Tausende von fröhlichen Reisenden hierher, die entweder eine geführte Tour buchen oder auf eigene Faust durch die Medina (die Altstadt) mit ihren verwunschenen Ecken und Winkeln flanieren.
Man kann sich aber auch schlicht in eine der Pferdekutschen setzen und gemütlich spazieren fahren lassen.

Drei auf einen Streich: Weltkulturerbe!

Mit ihren blumengeschmückten grünen Patios (Innenhöfen) verfügt die Medina von Córdoba über eine der schönsten Altstädte in ganz Andalusien, wobei selbst die Höfe zum Unesco-Weltkulturerbe zählen – was Córdoba übrigens den Ruf eintrug, die spanische Stadt mit den meisten Weltkulturerbe-Stätten zu sein:
(Mezquita im Jahr 1984, Judería im Jahr 1994, und Patios im Jahr 2012).

Zum Vergrößern anklicken!

Die Judería – mit der alten Synagoge

Besonders anziehend ist die Judería, das alte Judenviertel mit der kleinen, bescheidenen Synagoge aus dem Jahr 1315 – in einzigartiges Zeugnis des sog. Mudejar-Stils, der durch das Zusammenleben von Juden, Mauren und Christen entstand: Geometrische und florale Muster sowie Zitate aus der Thora, die ringsum die Wände schmücken.

Dieses Gebäude gilt als eines der am besten erhaltenen Synagogen aus dem Mittelalter in ganz Spanien.
Nach der Vertreibung der Juden aus Spanien im Jahr 1492 (das Alhambra-Edikt*) wurde es als Krankenhaus, Kapelle und als Schule genutzt.
Erst Ende des 19. Jh entdeckte man dort die Reste hebräischer Inschriften.
Das obere Galerie war für die jüdischen Frauen vorgesehen.

“Alhambra-Edikt: Das Edikt ordnete die Vertreibung der Juden aus allen Territorien der Krone von Kastilien und der Krone von Aragón zum 31. Juli des Jahres an, sofern sie bis dahin nicht zum Christentum übergetreten sind.

Die Kapelle des Heiligen Bartholomäus – einer der schönsten Orte in Córdoba

Ein weiteres Beispiel der weltweit einzigartigen Mudéjar-Architektur in Córdoba (der Hof ist durch einen Spitzbogen erreichbar) ist die in der Judería gelegene Kapelle San Bartolomé.
Sie wurde zwischen dem 14. und 15. Jh., nach der Erstürmung des hiesigen Judenviertels und den damit einhergehenden Enteignungen, erbaut.
Zeitgleich entstand ein neuer Pfarrbezirk: San Bartolomé.

Heute gehört die kleine Capilla de San Bartolomé zur geisteswissenschaftlichen Fakultät, die im Bereich des ehemaligen Krankenhauses Kardinal Salazar liegt.
Das Kopfteil der Kapelle weist Reste einer Wandmalerei aus dem Spätmittelalter auf. Der ursprüngliche Bodenbelag aus dem 15. Jh., mit glasiertem Steingut und Zierfliesen, ist erhalten geblieben.
Die bedeutendsten Umbauten dieser Kapelle fanden jedoch im 19. Jh statt.

Der Zoco de Artesanos

Das spanische Wort zoco leitet sich vom arabischen Wort suq ab, was Markt bedeutet. Der Zoco de Artesanos von Córdoba ist ein Kunsthandwerksmarkt, der sich im Herzen des jüdischen Viertels, ganz in der Nähe der Synagoge befindet. Das zweistöckige Gebäude mit seinen Säulen und Rundbögen ist in einem alten Mudéjar-Palast untergebracht.

Hier kann man sich ungestört in allen Ecken umsehen, den Kunsthandwerkern (Silberschmiede, Keramiker, Gerber) bei der Arbeit zuschauen, ihre Werke käuflich erwerben oder einfach nur die Ruhe (am besten in der Vor- oder Nachsaison) im malerischen Innenhof genießen.

Denkmäler in Córdoba:
Seneca und
Ibn Hazm

Lucius Annaeus Seneca, besser bekannt als Seneca der Jüngere, war ein berühmter lateinischer Stoiker und Philosoph. Er wurde um das Jahr 4 v. Chr. hier in Córdoba geboren. Weil man ihn anklagte, an einer Verschwörung gegen Kaiser Nero beteiligt gewesen zu sein, zwang man Seneca im Jahr 65, ohne Gerichtsurteil, sich selbst zu töten. Sein Bronze-Denkmal steht am Stadttor Puerta de Almódovar; wo man sich in einem nach ihm benannten Café erfrischen kann. Auch ein Hotel trägt seinen Namen.

Zum Vergrößern bitte anklicken!

Ibn Hazm hingegen (Foto rechts) war ein arabischer Universalgelehrter im Kalifat von Córdoba. Er wurde im Jahr 994 in Córdoba geboren. Sein Vater hatte Zugang zu den höfischen Kreisen der Stadt. Aufgrund seiner umfassenden Ausbildung stieg Ibn Hazm zu einem bedeutenden Universalgelehrten auf, der in Theologie, Philosophie und Dichtung bewandert war. Weil er aber Anhänger einer bestimmten Rechtsschule war (Zahiriten), erhielt Ibn Hazm in der hiesigen Mezquita, der Großen Moschee, Lehrverbot. In Sevilla wurden seine Werke sogar verbrannt.

Zwei weitere Denkmäler in Córdoba:
Maimonides und Averroes

Moses Maimónides wurde im Jahr 1135 als Sohn einer angesehenen Rabbinerfamilie in Córdoba geboren. Sein Denkmal steht in der Judería von Córdoba. Er wirkte als Theologe, Rechtsgelehrter und Arzt. Seine Flucht vor den Almohaden (muslimisch-marokkanische Berberdynastie) führte ihn schließlich nach Ägypten, wo er lehrte und geistiges Oberhaupt Kairos wurde. Im Jahr 1204 verstarb er in Kairo.
Moses Maimonides (Mosche ben Maimon) galt für Jahrzehnte das geistige Haupt der Sephardin.*

*Sephardim ist die Bezeichnung für die Juden, deren Kultur und Sprache auf ihrer iberischen Geschichte beruhen – im Unterschied zu den mittel- und osteuropäisch geprägten Aschkenasim.

Ibn Ruschd, latinisiert Averroes, geboren im Jahr 1126 in Córdoba war ein andalusischer Philosoph, ein muslimischer Gelehrter, Jurist, Arzt und arabischsprachiger Schriftsteller.
Er war Hofarzt der Berberdynastie der Almohaden von Marokko.

Plaza de la Corredera – der Plaza Mayor von Córdoba

Dieser riesige Platz (im kastilischen Stil) mit seinen schattigen Säulengängen, liegt etwas versteckt einige Minuten vom Zentrum und der Mezquita-Moschee entfernt.
Er war früher Schauplatz großer Spektakel: Stierkämpfe, Hinrichtungen, Autodafés der Inquisition.
Im Jahr 1959, beim Abriss der alten Markthalle, die in der Mitte des Platzes stand, entdeckten die Arbeiter jene römischen Mosaiken, die seitdem im Alcázar de los Reyes Cristianos ausgestellt sind.
Heute ist der Platz mit seinen Geschäften, Bars, Tavernen und Cafés ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt.

Der Templo Romano

Der römische Tempel aus dem 1. Jh. n. Chr. kann nur von der heutigen Straße Claudio Marcelo aus besichtigt werden.
Die elf hohen weißen Säulen, die auf einer künstlichen Plattform stehen, kommen besonders nach Sonnenuntergang zur Geltung, wenn sie mit Flutlicht angestrahlt werden.
Der Tempel, der einst dem Kaiserkult gewidmet war, sollte ursprünglich Richtung Osten auf ein großes Amphitheater ausgerichtet werden (für Pferderennen und andere Spektakel).

Römerspuren, selbst noch in der Tiefgarage von Córdoba!

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Teil 1: “Cordóba. Fern und allein …” – Der Alcazar de los Reyes Cristianos

Teil 2: “Die Seele von Córdoba” – Die Mezquita-Moschee


Teil 3: “Die Mezquita-Kathedrale” – Mariä Aufnahme in den Himmel

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“Die Seele von Córdoba”: Die Mezquita-Moschee-Kathedrale

„Auf diesen Seiten nennen wir dieses Gebäude Moschee-Kathedrale […], weil es den doppelten Zustand des Gebäudes widerspiegelt: eine Moschee für die Archäologie und eine Kathedrale für ihre Nutzung“.
So beschreibt Gabriel Ruiz Cabrero, ein Architekt aus Madrid, die “Seele von Córdoba” – die Mezquita.

Die Fassade der Mezquita – mit maurischen Elementen

Die Mezquita liegt in der Medina, im historischen Zentrum Córdobas, und gilt als eines der schönsten Beispiele der arabischen Kunst in Spanien.
Sie steht auf dem Gelände eines Tempels aus der Römerzeit, der seinerseits von einer Kirche der Westgoten abgelöst wurde, die dem Heiligen Vincent von Saragossa (einem Märtyrer) gewidmet war.
Als die Mauren nach der Eroberung von Córdoba (im 8. Jh.) sämtliche Kirchen in der Stadt zerstörten, verschonten sie einzig die alte Westgotenkirche, deren Areal einvernehmlich zwischen den Muslimen und den Christen aufgeteilt wurde.
Erst als der Platz für die Muslime nicht mehr ausreichte, drängte der damalige Emir Abd al-Rahman I. die Christengemeinde zur Aufgabe ihres Gotteshauses. Er zahlte ihnen eine große Ablösesumme und erteilte ihnen die Erlaubnis, außerhalb der Stadt ihre Kirchen zu errichten.
Im Jahr 786 begann Abd al-Rahman I. schließlich mit der Überbauung der alten Gemäuer: Die Mezquita entstand.
Weitere Ausbauten wurden von seinen Nachfolgern vorgenommen.
So errichtete al-Rahmann III. im 10. Jh. z.B. ein neues Minarett.

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Das Säulenlabyrinth der Mezquita – die einstige Bethalle

Die Mezquita ist für Besucher geöffnet – wie auch der Glockenturm (54 m), der im 17. Jh. das alte Minarett ersetzt hat.
Er bietet einen schönen Rundumblick auf die Stadt und den Rio Quadalquivir.
(Es ist empfehlenswert, die Tickets im Vorfeld zu kaufen.)

Beim erstmaligen Betreten der maurischen Bethalle, also des Säulenlabyrinths, kann einem vor Überraschung die Luft wegbleiben:
Die Vielzahl der Hufeisenbögen mit ihren terrakottafarbenen und weißen Streifen ist schlicht überwältigend!
Die übereinander liegenden Bögen sind in 19 etwa gleich hohen Schiffen mit bis zu 36 Jochen aufgeteilt. Die über 800 Säulen aus Jaspis, Onyx, Marmor und Granit stammen teils aus dem ehemaligen römischen Tempel, der an dieser Stelle stand, sowie aus römischen Bauwerken in der Umgebung.
Insgesamt ist die Mezquita (also incl. der darin befindlichen Kathedrale) 179 m lang und 134 m breit. Sie bedeckt eine Grundfläche von mehr als 23.000 m² und ist damit einer der größten Sakralbauten der Erde. (Die reine Gebetshalle nimmt dabei knapp zwei Drittel der Fläche ein.)

Die Überreste der alten Westgotenkirche im Untergeschoß kann man ebenfalls besichtigen, allerdings nur mit einer gesonderten Führung. Es existieren noch Teile der alten Apsis und eine Art Wasserbecken/Taufbecken.

Der Mihrab –
Die eigentliche Seele der Mezquita

Nach der Erbauung des neuen Minaretts unter Abd ar Rhaman III. im 10. Jh., sorgten im gleichen Jahrhundert die Kalifen Al Hakam II. und III. (Förderer von Kunst und Kultur) für eine neuerliche Erweiterung der Mezquita.

Sie waren es, die den Mirhab errichten ließen, die prachtvolle Gebetsnische, die in die Wand eingefügt wurde und nach Mekka ausgerichtet ist.
Es handelt sich dabei um einen kleinen achteckigen Raum, der von einer Muschelkuppe bedeckt ist. Die Fächer-Dekoration des Hufeisenbogens am Eingang knüpft an die byzantinische Tradition an (geometrische und pflanzliche Mosaike), die Inschriften enthalten Verse aus dem Koran.
Der Marmorsockel ist von einer Koran-Sure sowie von einer Inschrift umgeben, die auf die Schöpfer dieses kunstvollen Werkes hinweist.

Der Mihrab von Córdoba zählt heute zu den bedeutendsten seiner Art in der islamischen Welt und ist das wertvollste Stück der Mezquita.

(Die besagten zwei Kalifen sollen in Córdoba auch eine Bibliothek mit angeblich
100 000 Bänden aufgebaut haben.)

Die RECONQUISTA – oder
“wie die Mezquita zur römisch-katholischen Kathedrale wurde …”

Die Reconquista bezeichnet die Zeit der Rückeroberung der von den Mauren besetzten Gebiete auf der Iberischen Halbinsel durch die Christen. Sie ist die längste zusammenhängende historische Periode in der Geschichte Spaniens. Sie dauerte vom Jahr 722 (Schlacht von Covadonga) bis zum Jahr 1492 (Eroberung Granadas), wobei die Umwandlung, also der Übergang von der Mezquita-Moschee von Córdoba zur Katholischen Kathedrale, eher fließend verlief.
Aber dazu mehr im 3. Teil des Artikels über Córdoba …


Zum Übergang ein Fresko aus dem Ende des 13. Jh.,
das die Taufe Jesu im Jordan darstellt

Zum Weiterlesen bitte anklicken!

Teil 1: “Cordóba. Fern und allein …” Der Alcázar de los Reyes Cristianos

Teil 2: “Die Seele von Córdoba” – Die Mezquita-Moschee – Sie sind gerade hier!

Teil 3: “Die Mezquita-Kathedrale” – Mariä Aufnahme in den Himmel

Teil 4: “Streifzug durch die Medina” – Die historische Altstadt

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