1. Zeittafel zur Geschichte der Katharer


(Foto Olaf Jacobskötter, Katharertaube in Minerve)

Katharer /Albigenser – bedeutende Ketzerbewegung im 12. und 13. Jahrhundert, hauptsächlich im Süden Frankreichs, aber auch in der Lombardei, in Flandern und in Deutschland (Köln).
Nach neuesten Schätzungen zählte eine halbe Million Gläubige zu ihren Anhängern. Enge Übereinstimmung in der Lehre mit den bogomilischen Kirchen in Bulgarien. Dreiteilung der Katharischen Kirche in Gemeinde – Parfait – Bischof. Trotz blutiger Verfolgung konnten sie sich in Südfrankreich bis ins 14. Jahrhundert halten.
Den Katharern/Albigensern schlossen sich große Teile des südfranzösischen Adels an. Seine Macht wurde nach dem Kreuzzugsaufruf von Papst Innozenz III. durch die Albigenserkriege (1209 – 1229) gebrochen und damit die Beherrschung Okzitaniens durch die Krone Frankreichs eingeleitet.

Kreuzzugsaufruf Innozenz` III: Voran, Ritter Christi! Voran ihr kräftigen Soldaten des Heeres Christi! Möge das allgemeine Wehklagen der heiligen Kirche euch aufrütteln, möge ein frommer Eifer, die eurem Gott angetane ungeheure Gewalttat (Attentat auf den päpstlichen Legaten Castelnau) zu rächen, euch entflammen! Das geschieht dadurch, dass ihr den Grafen von Toulouse und seine Helfer aus den Burgen treibt und ihnen das Land wegnehmt, auf dem die verklagten Häretiker durch katholische Bewohner ersetzt werden sollen, die nach der Lehre des rechten Glaubens, der auch der eure ist, in Heiligkeit und Gerechtigkeit öffentlich dienen mögen.
Gegeben im Lateran an dem VI. Tag der Iden des März im elften Jahr Unseres Pontifikats.

1. Zeittafel zur Geschichte der Häresie in Westeuropa
vom Jahr 1000 bis zum Jahr 1218

1000 – Häretische Gemeinschaften entstehen quer durch Europa.
1022 – Erster Scheiterhaufen der Geschichte: Zwölf Domherren brennen in Orleans.
1025 – Weitere Scheiterhaufen in Turin, Toulouse und in Aquitanien.
1119 – Papst Calixtus II. klagt in Toulouse die Ketzer an und exkommuniziert sie.
1135 – Scheiterhaufen in Liége. Erste Erwähnung katharischer Gemeinschaften mit einer bischöflichen Hierarchie.
1145 – Missionszug Bernhard v. Clairvaux` in das Gebiet von Toulouse und Albi. Bernhard verflucht den Ort Verfeil. Der Missionszug scheitert.
1157 – Konzil in Reims gegen die Häresie.
1163 – Scheiterhaufen in Köln.
1165 – Konferenz in Lombers, im Albigensergebiet. Gegenüberstellung beider Lehren.
1167 – Katharerkonzil in St. Felix-de-Caraman, im Lauragais; 4 katharische Bischöfe werden ordiniert, anwesend Bischof Niketas aus Bulgarien.
Festlegung und Ausweitung der katharischen Kirche in Frankreich. Wechsel auf die radikal-dualistische Seite des Glaubens.
1178 – Einige Waldenser-Gruppen wenden sich plötzlich gegen die Katharer.
1181 – Papst Alexander III. ruft zum ersten Kreuzzug auf, unter der Leitung von Heinrich von Clairvaux. Der Kreuzzug erweist sich als Fehlschlag.
1198 – Neuer Papst in Rom: Innozenz III. Er klagt die Ketzer an, entsendet zwei Legaten Gui (Guido) und Rainer nach Okzitanien.
1202 – Neuer päpstlicher Legat Peter von Castelnau, Ausweitung der Vollmachten der Legaten.
1204 – Berufung des Abtes von Citeaux, Arnaud Amaury, der weitere Äbte für den Predigtdienst gegen die Katharer verpflichtet,
unter ihnen Fulco, den späteren Bischof von Toulouse; erfolgloser Versuch, König Philipp II., zu einem gewaltsamen Vorgehen gegen die Häretiker in Okzitanien zu bewegen;
Konferenz in Carcassonne; Peter II. von Aragon schließt Bündnis mit Raymond VI. von Toulouse (Treffen in Millau).
1206 – Das „Predigtwerk Jesu Christi“ des Dominikus (Wanderprediger) zeigt wenig Wirkung. Gründung des Klosters Prouille für bekehrte Katharerinnen.
1207 – Innozenz III. fordert König Philipp erneut auf, das Schwert gegen die Katharer einzusetzen; er verspricht den Ablass aller Sündenstrafen,
sowie materielle Gewinne aus den konfiszierten Gütern von Häretikern.
Der Versuch Castelnaus, ein antihäretisches Bündnis mit Graf Raymond von Toulouse zu schließen, scheitert. Raymond VI. wird exkommuniziert,
Interdikt über sämtliche Ländereien; König Philipp II. steht militärischem Eingreifen noch immer skeptisch gegenüber.
1208 – Mord am Legaten des Papstes, Peter von Castelnau, in der Nähe von Saint-Gilles-du-Gard (kirchliche Rechtfertigung für den Kreuzzug);
Papst zieht Raymond VI. von Toulouse zur Verantwortung, überzieht den europäischen Adel mit Anklageschriften gegen ihn, Appelle zur Teilnahme am geplanten Kreuzzug;
Kreuzzugsprediger in allen europäischen Städten und Fürstenhöfen.
1209 – Beginn des Albigenserkreuzzuges. Schauprozess gegen Raymond VI. in St. Gilles-du-Gard; Massaker von Béziers; Eroberung von Carcassone; Tod des Grafen Raymond-Roger Trencavel.
Simon de Montfort wird neuer Graf von Carcassone. Die Burgen des Cabaret werden erfolglos belagert.
1210 – Belagerung und Eroberung von Minerve. 140 parfaits brennen.
Eroberung von Termes und Puivert.
Erste Belagerung von Toulouse, Verhängung des Interdikts.
1211 – Belagerung von Lavaur: größte Hinrichtung okzitanischer Ritter.
Schlacht von Castelnaudary. Ermordung neu hinzugekommener Kreuzfahrer durch den Grafen von Foix.
Scheiterhaufen von Les Cassès: 94 Ketzer brennen.
1212 – Simon de Montfort erobert das Quercy, das Agenais, das Comminges.
Belagerung von Moissac. Castelsarrasin ergibt sich und Rhedae wird eingenommen. Toulouse soll isoliert werden.
Penne-d-Albigeois widersteht den Angriffen.
1213 – Peter II. von Aragon greift ein, nachdem ihn sein Schwager, Raymond VI. von Toulouse um Beistand gebeten hat. September:
Schlacht von Muret. Tod von Peter II. von Aragon. Wilde Flucht der okzitanischen und aragonesischen Truppen.
Fünfzehntausend Tote bleiben zurück.
1215 – Viertes Laterankonzil. Raymond VI. von Toulouse wird seiner Ländereien beraubt. Investitur Simon von Montforts.
Gründung des Ordens der Dominikaner.
Besetzung von Toulouse. Montauban wird erobert.
1216 – Beginn der Befreiungskriege und Rückeroberung einiger verlorener Gebiete durch Raymond VI. von Toulouse und Sohn.
Innozenz III. stirbt. Honorius III. wird Papst.
1218 – Aufstand von Toulouse. Rückkehr Raymonds VI. und seines Sohnes, Raymonds VII. Wilde Kämpfe um die Stadt. Montfort fällt. Sein Sohn Amaury wird sein Nachfolger.
Raymond VI. und sein Sohn nehmen Toulouse wieder in Besitz. Die katharische Kirche bekommt erneut Aufschwung.

Helene L. Köppel

Link zur 2. Zeittafel der Geschichte – hier klicken!

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Wie es zum Kreuzzug gegen die Katharer kam und wie alles endete, erfahren Sie auf den nachstehenden Seiten
z.B. Zeittafel zur Geschichte, Teil 1
oder Zeittafel der Geschichte, Teil 2,
Empfehlenswert auch: Ein Streifzug durch die Katharerzeit.
Der Kampf um Toulouse: “Ai Tolosa,1”, und “Ai Tolosa 2”.
Die Geheimen Schriften, Scripta secreta
Die Katharer und ihr Glaube an die beste aller Welten”
Alles über den Kampf um den Montségur
Finale am Montségur
“Ein ketzerisch Lied”
oder aber in meinen Historischen Romanen

Béziers

In Memoriam Béziers …

 

Im Mai 2009 lernte ich Béziers näher kennen, eine südfranzösische Stadt, die in meinem historischen Roman ALIX – Das Schicksalsrad eine Rolle spielt.

Ai! Tolosa e Provença e la terra d` Argença, Besers et Carcassei:

Com vos vi et c`us vei!

O weh! Toulouse und Provence,
Und auch ihr, Land an der Argens,
Béziers und Carcassonne:
Wie habe ich euch gesehen,
wie muss ich euch jetzt sehen!

Bertrand Sicard de Marvéjols,
Troubadour, um 1200

 

 

Béziers (ca. 80 000 Einwohner) liegt auf einem Karsthügel über dem Fluss Orb. In vorrömischer Zeit existierte hier ein keltisches Oppidum; in römischer Zeit eine wichtige Etappenstation auf der Via Domitia. Im Hochmittelalter herrschte der berühmte Vizegraf von Albi und Carcassonne, Raymond-Roger Trencavel (1185-1209) mit seinen Konsuln über die wohlhabende Stadtrepublik: Ein junger Mann mit blondem Haar, wie er beschrieben wird, freigiebig, gebildet und tolerant. Als Vasall des Grafen von Toulouse beschützte er sowohl die Juden als auch die Katharer.

 

 

Wilhelm von Tudéla schreibt über den jungen Trencavel:

“Er ist überaus christlich gesinnt … Aber er ist jung, hélas, und zu gutgläubig. Er lacht mit seinen Leuten, ist mit seinen Rittern gut Freund und dabei kaum wie ein Gebieter.” (Chanson 15, 1 ff.)

 

Von seinem einst stolzen Schloss in Béziers ist leider nur ein kümmerlicher Rest erhalten geblieben:

 

In Béziers gab es im Mittelalter aber nicht nur viele Katharer, sondern auch eine große jüdische Gemeinde – und die Geschichte, dass sich Raymond-Roger Trencavel vor dem Einfall der Kreuzfahrer mit einem Großteil dieser Juden davonmachte, um sie in Carcassonne in Sicherheit zu bringen. Vergebens, wie man heute weiß …

 

 

Im nächsten Bild sehen Sie eine der festlich geschmückten Gassen mit dem Wappen des Trencavel (schwarze Hermeline)

 

Vor 800 Jahren …

Am 22. und 23. Mai 2009 durfte ich an den Feierlichkeiten zum 800sten Gedenken an die Belagerung der Kreuzfahrer aus dem Norden Frankreichs teilnehmen.

Ein Zufall oder Absicht?

Das Massaker fand jedoch ursprünglich am 22. Juli 1209 statt, am Tag der Heiligen Maria Magdalena. Der Chronist des Albigenserkreuzzugs, der Zisterziensermönch Pierre des Vaux-de-Cernay, schreibt darüber:
“Die mehrfach genannte Stadt Béziers wurde 1209 am Tag der heiligen MM (22. Juli) eingenommen. Wie wir zu Beginn dieses Buches ausgeführt haben, behaupten die Häretiker, dass die heilige MM die Konkubine Christi gewesen sei.”


Hier die Einladung zum Festakt:

 

 

Das Hotel, in dem ich untergebracht war, lag im Stadtzentrum; alle Veranstaltungsorte waren fußläufig erreichbar. (Ich kann das Haus wärmstens empfehlen).

 

Kaum, dass der Koffer ausgepackt war, ging es los: Die ersten Böllerschüsse waren zu hören:

DIE BELAGERUNG VON BEZIERS WURDE NACHGESPIELT!

 

Auf der breiten Straße, direkt vor dem Hotel, war ein bunter Mittelaltermarkt aufgebaut:

 

 

… auf dem allerlei Kurioses zu sehen und zu hören war:

 

 

Dualismus … (augenzwinkernd!)

 

Operationsbestecke anno dazumal …


Das okzitanische Kreuz

Und überall gelb auf rot das okzitanische Kreuz – das Wappen der Grafen von Toulouse, die im Mittelalter (12./ 13. Jh) zu den ruhm- und einflussreichsten Fürsten des Südens zählten, verwandt und verbündet mit dem Vizegrafen Trencavel.

 

Selbst auf der “Satteldecke” für den Hund zu sehen:

 

 

Einer der tapferen Verteidiger der Stadt
– nun völlig erschöpft! 🙂

 


Der eigentliche Festakt


fand bei Einbruch der Dunkelheit statt und zwar vor der berühmt-berüchtigten Magdalenenkirche, in der im Jahr 1209 die Einwohner Schutz vor den hereinbrechenden Horden der Kreuzfahrer suchten – und ein schreckliches Ende fanden.

“Tötet sie alle (Katholiken, Katharer, Juden) – Gott wird die Seinen schon erkennen!”

(Arnaud Amaury, Zisterzienserabt und
und Geistlicher Anführer der Kreuzfahrer)

 

 

Schon ab 20 Uhr wuchs die Besucherschlange und sie wurde länger und länger …

 

 

Erst spät ging es los, wie immer in Frankreich! Die Kirche war mit großen weißen Tüchern abgehängt und eine Licht-Show zeigte das mittelalterliche Geschehen:

 

 

“Se Canta …”

Als zum Schluss die Kapelle “Oc” das alte okzitanische Lied Se Canta spielte, fielen gute tausend Stimmen ein:
Die Bitterois (wie man die Leute von Béziers nennt) sangen dieses Lied nicht zuletzt im Gedenken an Raymond-Roger Trencavel – und sie taten dies mit Hingabe und Leidenschaft, was nicht nur mich zu Tränen rührte …

 

 

“Dejos ma fenèstra, l a un auselon,

tota la nuèch canta, canta sa cancon …

Se canta, que cante, Canta pas per ieu,

Canta per ma mia, Qu`es al luèn de ieu.

Der Festumzug am nächsten Morgen

Am nächsten Morgen wälzte sich ein farbenprächtiger (und lautstarker) Umzug durch die festlich geschmückte Stadt:

 

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