Ripoll – und die Radkarte des Heiligen Isidor von Sevilla

(Ein Blick auf das Rathaus von Ripoll und den alles überragenden Turm der Abtei)

Wir befinden uns in Katalonien – in der Stadt Ripoll

Ripoll liegt in der Provinz Girona in Katalonien (Spanien); am Zusammenfluss der Flüsse Ter und dessen Nebenfluss Freser. Ripoll ist Hauptstadt der Comarca Ripollès in den katalanischen Vorpyrenäen. Die Stadt hat ca. 10 000 Einwohner und ist relativ “unspektakulär” –

nicht jedoch das dort befindliche Kloster Santa Maria de Ripoll aus dem 10. Jahrhundert!

Das Portal von Ripoll – ein Triumphbogen!

ein Wunderwerk mittelalterlicher Steinmetzkunst! Heute ist es vom Steinfraß bedroht und steht geschützt hinter Glas. Das Ensemble ist beherrscht von der Siebenzahl: Sieben hintereinander gestaffelte Bögen rahmen die Pforte. Die mächtige Schauwand, die sie umgibt – ein Viereck mit 11,60 Meter Breite und 7,65 Meter Höhe – ist ihrerseits in sieben horizontalen Streifen unterschiedlicher Höhe gegliedert. Nur der oberste Bereich – dem Himmel zugehörig – erstreckt sich über die ganze Breite des Portals.

Bereits im Jahr 888 wurde die erste Kirche geweiht; 935 trat ein Neubau an ihre Stelle – der jedoch ebenfalls als “ungenügend” empfunden wurde. Etwas Größeres musste her:

Im Jahr 977 entstand eine fünfschiffige Basilika.

Später führte der berühmte Abt Oliba das Werk zu Ende. Er verlängerte das Langhaus, ließ zwei Glockentürme errichten sowie das monumentale Querschiff mit 7 Absiden (Weihe 1032). Zweihundert Jahre später entstand das prachtvolle Portal mit seiner symbolhaltigen Figurenwelt.

Santa Maria de Ripoll gehört neben Cuxa und Sant Pere de Roda zu den intellektuellen Zentren Kataloniens, aus seiner Schreibstube kamen prachtvoll illuminierte Handschriften usw.

Das Kloster von Ripoll verfügte schon früh über Handschriften griechisch-arabischer Gelehrsamkeit, die sich mit Arithmetik, Astronomie und Geometrie befassten. Ab dem 10. Jh. begannen die Mönche in den Schreibstuben von Ripoll diese Schriften aus dem Arabischen ins Lateinische zu übersetzen, um sie später in ganz Europa zu verbreiten. Aus den Beständen der Klosterbibliothek kamen diese Werke auch in das Archiv der Krone von Aragon.

Die Weltkarte des Heiligen Isidor

Das Isidor-Manuskript, das in Ripoll angefertigt wurde (benannt nach dem Erzbischof von Sevilla um 570 – 636 n. Chr.), befindet sich heute in Rom.
Um was geht es dabei? Die wichtigste Stelle in der Bibel, nach der sich die christliche Geographie zu richten hatte, war in der Schöpfungsgeschichte zu finden, denn Gott hatte dem Wasser und dem Land jeweils einen besonderen Ort zugewiesen. Und es war im 7. Jh. erstmals Isidor von Sevilla, der in seiner enzyklopädischen Sammlung „Etymologiae“ nicht nur diese biblischen Vorgaben visualisierte, sondern auch das Wissen der Antike zu bewahren versuchte. Seine Kosmographie De naturare rerum beinhaltet die erste schematische T-O-Weltkarte, welche nachfolgenden Generationen als Vorbild und Kopiervorlage diente. Die Herstellung von Karten erfolgte mehr dem künstlerischen und illustrativen Zweck und hauptsächlich wurde zu der damaligen Zeit die Isidor-Karte kopiert, wobei nicht nur alte Fehler sondern auch noch neue Irrtümer übertragen wurden. Auch wurden die kopierten Karten noch mit Einzelheiten aus beliebten Mythen ausgeschmückt, und dabei spielte die Phantasie eine größere Rolle als die darstellerische Genauigkeit. Die von Isidor in seinen Schriften erwähnten Wunderwesen (Pygmäen, Schattenfüßler, Hermaphrodite) und verwandelten Menschen (Werwölfe, Hexen, Schweine, etc.) wurden phantasievoll ausgestaltet.

(Radkarte des Isidor/Ripoll)

(Mappae mundi von Ripoll (ca. 1050) in der Biblioteca Apostolica Vaticana, Ms Reg. Lat. 123, f. 143v-144r.)

Radkarte, TO-Karte, E tripartite type, T-O mappamundi, meist kleines kreisrundes Erdbild, die allgemeine Form der mittelalterlichen Darstellung des christlichen Weltbildes nach der Lehre des Kirchenvaters Augustinus. Die obere Hälfte dieser geosteten Erdbilder stellt Asien mit dem Paradies dar, das durch ein T-förmiges Gewässer von Europa (links unten) und Afrika (rechts unten) getrennt ist. Der Außenring (O) symbolisiert das Weltmeer, daraus ergibt sich die Bezeichnung als TO-Karte. Solche Karten finden sich hauptsächlich als kleine Textabbildungen in Psaltern vom 8. Jh. bis um 1100. Nach 1100 wird der Inhalt durch Einflüsse der Kreuzzüge reicher, im Mittelpunkt steht jetzt Jerusalem. Aus dem 13. Jh. sind große, reich ausgeschmückte Radkarten bekannt. (Quelle Spektrum.de)

Sowohl die Ritter des Salomonischen Tempels als auch die Grabesritter waren hier zugange:

(Tatzenkreuz der Tempelritter)

(Jerusalemkreuz der Grabesritter)

Der doppelstöckige Kreuzgang von Ripoll

Dieser Kreuzgang auf zwei Etagen ist etwas Besonderes.
Im großen Erdbeben von 1428 wurde das Kloster Ripoll zerstört. Außer dem prachtvollen Portal (s. Foto oben) – das heute geschützt hinter Glas steht – ist nur dieser interessante Kreuzgang weitgehend erhalten geblieben.

Hier eine kleine Foto-Show der Kostbarkeiten am Portal und an den Kapitellen im Kreuzgang:

Vielen Dank für Ihr Interesse!

San Juan de la Peña – der Hort des Heiligen Grals

San Juan de la Peña ist ein ehemaliges Benediktinerkloster in Aragon (Spanien, südwestlich der Stadt Jaca).

Die Legende besagt, hier sei der Hort des Heiligen Grals gewesen.

(Alle Fotos können durch Anklicken vergrößert werden)

Die Geschichte dieses alten Klosters

beginnt im Jahr 720 mit der maurischen Invasion, als sich, auf der Flucht vor den Muselmanen, hier eine Handvoll Einsiedler versteckte. Im 10. Jahrhundert entstand ein bescheidenes Höhlenheiligtum, das Johannes dem Täufer geweiht war. Aus dieser Zeit ist nur eine kleine mozarabische Kirche erhalten geblieben.
Im 11. Jahrhundert ließ Sancho, der König von Navarra, über dieser Stelle das Felsenkloster San Juan de la Peña bauen. Das Kloster wurde benediktinisch und das erste “spanische” Kloster, das die Messe in Latein abhielt.

Im Foto rechts – der Kreuzgang des Klosters unter dem überhängenden Fels

Im Untergeschoß des Klosters, das als eines der heiligsten Orte Spaniens gilt, befindet sich die schon erwähnte mozarabische Kirche aus dem 10. Jh., die an der Stelle des Höhlenheiligtums errichtet wurde. Sie enthält Wandmalereien aus dem 12. Jh.

Folgt man der Legende, so wurde hier in diesem Kloster der Heilige Gral versteckt (vor den Muselmanen).

Erstmals im Jahr 1071 erwähnt, wurde er im Jahr 1399 nach Saragossa gebracht. Heute wird der Gral von San Juan de la Peña mit dem Santo Cáliz identifiziert, der in der Kathedrale von Valencia steht.

Nun zum Kreuzgang aus dem 12. Jh. Der Schatz dieses Kreuzgangs und des Klosters sind die prachtvollen romanischen Kapitelle …

Eine kleine Foto-Show zum Betrachten der einzelnen Kapitelle:

Das Neue Kloster

Im Jahr 1889 wurde das alte Felsenkloster zum Baudenkmal erklärt und ein neues Kloster darüber errichtet, das jedoch im Jahr 1923 ebenfalls den Rang als geschütztes Baudenkmal erhielt.

Besuchertipp für Autorfahrer: Die Parkplätze befinden sich oberhalb, in der Nähe des Neuen Klosters, wo man auch die Eintrittskarten lösen kann. Ein Sammelbus bringt die Besucher dann hinunter ins alte Felsenkloster.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Helene Köppel

Ausflugstipp: Castillo de Loarre

Cuenca – unter dem Einfluss der Templer?

Eine Reise auf der Suche nach verborgenem Wissen …

Es ist dem Autor Ean Begg zu verdanken, dass es mich auf der Rückfahrt von Segobriga nach CUENCA verschlug, denn Begg ortete dort eine berühmte Madonna: La Virgen de la Luz, und er schrieb in diesem Zusammenhang über den Ort: “Starker Einfluss der Templer. Verbindung mit heidnischen und häretischen Traditionen.”
Das fand mein Interessse, und ich nahm mir vor, die Augen offen zu halten!

(zum Vergrößern bitte die Fotos anklicken!)

Cuenca – Region Kastilien-La Mancha – ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Die Stadt hat ihren Ursprung in einer alten Burg, die im Jahr 1177 von den Arabern zurückerobert wurde.

Cuenca liegt zwischen den Schluchten zweier smaragdgrüner Flüsse – Júcar und Huécar (s. Foto unten)

Die Altstadt befindet sich im oberen Bereich der Huecar-Schlucht. Man nennt dort Häuser, deren Holzbalkone quasi über dem Abgrund schweben: “Casas Colgantas” – die Hängenden Häuser – der Ausdruck ist angeblich “Gotisch-volkstümlichen Ursprungs”; klingt für mich nach Golgatha 🙂

Die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Altstadt

und hier die malerische Plaza Mayor – mit Rathaus:

Wenden wir uns der prachtvollen Kathedrale zu  – dem ersten gotischen Bauwerk Spaniens: Nuestra Señora de Gracia. Leider stürzte im Jahr 1902 ein Turm ein. Das inzwischen barockisierte Gebäude bietet trotzdem beeindruckende An-, Aus- und Durchblicke:

Mit dem Bau wurde im 12. Jh. begonnen – die Bauzeit dauerte allerdings bis zum 20. Jh.
Ich war skeptisch, ob es hier tatsächlich Templerspuren geben würde … entdeckte aber sofort eines auf dem Sockel, der die goldene Madonna trägt (man sagt den Templern ja eine besondere Marienverehrung nach!)

Bei dieser Madonna handelte es sich allerdings nicht um die berühmte Virgen, auf die mich Ean Begg aufmerksam gemacht hat, sondern um die Namensgeberin der Kathedrale: Nuestra Señora de Gracia.

Die “echte” Virgen de la Luz (Jungfrau vom Licht), von der Begg sprach, steht in einer abseits gelegenen kleinen Wallfahrtskapelle namens St. Antòn. Dort balanciert sie auf einer Mondsichel und hält einen Hirtenstab in der Hand. Leider war es mir an diesem Tag aus Zeitgründen unmöglich, die Kapelle zu suchen und zu besichtigen.
Daher vorerst nur ein Foto aus dem Netz – und eine kühne Spekulation:

Virgen de la Luz: Diese schwer verhüllte Madonna im Lichtstrahlenkranz kommt mir – im Gegensatz zum Kind – recht alt vor. Es könnte sich um eine der Statuen handeln, die von Kreuzfahrern (Templern?) aus Ägypten oder dem Heiligen Land mit nach Hause gebracht worden sind. Angeblich fanden Hirten sie versteckt in einer Felsspalte am Fluss (an welchem Fluss wird nicht gesagt.)
Ich erlaube mir daher die Frage: Handelt es sich hier vielleicht um einen “inthronisierten Irrtum” *, d.h. um eine verschleierte Isis, die den Hirtenstab des Osiris in der Hand hält?

(* “Isis entschleiert”, Helena Petrowna Blavatzki)

In der Kathedrale von Cuenca gab es noch zwei weitere Marienfiguren – allerdings jüngeren Datums: 

Auch hier (rechtes Foto) ist wieder der MOND im Spiel – “die Mutter des Universums”, wie der alte Plutarch meinte, “der Mond, der das Licht besitzt, das feucht und schwanger macht und die Zeugung lebender Wesen und die Befruchtung von Pflanzen fördert …” Dass die Bevölkerung in Frankreich, Spanien und Portugal die Mondgöttin (in all ihren Erscheinungen und Namen) irgendwann mit der Mutter Jesu vermengte und diese “Notre Dame” nannte, ist bekannt. Auch die halbmondförmigen Abendsmahlsbrote und sogar die französischen Croissants sollen mit der Mondmutter-Verehrung zu tun haben. Und selbst schottische Frauen knicksten vor dem Mond, wenn sie ihn sahen, und sie sagten: “Es ist eine schöne Mondin, Gott segne sie!” (B.G.Walker)

Die nachstehende Madonna jedoch trägt das Abbild der Sonne über dem Herzen:


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Shades of Green – Der Spanienblues

03. Oktober 2014: Längst hat mich der Alltag wieder in seinen Klauen. Aber keine Angst: Ich werde nicht klagen und jammern, weil die schöne Reise vorüber ist. Ich möchte hier auf meiner Website nur unbedingt den “Blues” festhalten, den Spanienblues, wie ich ihn bezeichne, und dabei einige Shades of Green– Eindrücke, die mich auf meiner Reise bewegt haben, präsentieren. Allerdings zeigen Naturfotos selten jene Tiefen und Schatten, die das Auge wahrnimmt. Jedes Foto ist nur zweidimensional. Aber das macht nichts, im Kopf ist ja die ganze Pracht vorhanden …

Die Dächer von Cuenca …

Shades of Green: Olivenbäume haben es mir seit Jahren besonders angetan:

Dieses Prachtexemplar entdeckte ich in Ullastret, inmitten der Ausgrabungstätte einer alten Iberersiedlung:

Meine Reise begann in diesem Jahr ausnahmsweise nicht in Katalonien – sondern in Kastilien, und zwar in Madrid – Spaniens Metropole mit über 3 Millionen Einwohnern.

Zu meiner Überraschung gab es selbst hier in der Stadt viel Grün, jede Menge gepflegte Parkanlagen – und einen ägyptisch-nubischen Tempel, der geheimnisvolle Schatten warf.

  • Dass es in Madrid Fußgängerampeln gibt, bei denen in der GRÜN-Phase aus Lautsprechern lustiges Vogelgezwitscher ertönt, fand ich zum Urlaubsauftakt einfach herrlich –  auch wenn es sich in diesem Fall um “schräge” Vögel handelte.

Wie immer standen Kultur und Natur auf meiner To-do-Liste:

Für einen Tag führte mich von Madrid aus meine Reise nach La Mancha, in die Heimat Don Quijotes. Ich wollte mir den Ort Segobriga ansehen, wo die Römer einst zuhause waren – und auch die Westgoten.
Shades of Green: In der Mancha war das Gras schon dürr – aber die Bäume zeigten sich Ende August noch immer in ihrer grünen Pracht und Vielfalt, auch wenn sie aufgrund ihres jugendlichen Alters, und bei 35° im Schatten, kaum einen solchen warfen!

“ARAGON IST DAS BURGUND SPANIENS” – schoss es mir beim Anblick der bunten Dachziegel durch den Kopf, vor allem, als ich in Zaragoza die große Basilica del Pilar vor Augen hatte.

Auf dem Weg dorthin – ein Zwischenstopp im Zisterzienserkloster Santa Maria de Huerta

das exquisite Kulturschätze, darunter eine besonders schöne Romanische Madonna beherbergt:

Das  Auto vollgepackt mit alten spanischen Kunstführern – das Kloster hatte einen Ausverkauf organisiert – fuhr ich weiter in Richtung Zaragoza – und stieß unterwegs auf diese prächtige Maurenburg. Da musste ich einfach anhalten und raufklettern!

Das Castillo stammt aus dem 9. – 10. Jahrhundert.

Shades of Green mit Maurenburg … In Zaragoza, einer quirligen jungen Stadt, besuchte ich u.a. auch das berühmte Castillo, in dem Sancha von Aragon lebte, die Heldin meines gleichnamigen Historischen Romans.

Der Burggraben, der sich rings um das beeindruckende Castillo ihres Vaters zog, war von einem frischen, fast unnatürlichen Grün.

Und die Architektur der Mauren war einfach spitzenmäßig! Dass in Sanchas Hof inzwischen Mandarinenbäume wachsen, hätte sie bestimmt gefreut! 🙂 🙂 🙂

Frühe Vorgeschichte, Römer, Iberer, Westgoten … überall waren Spuren zu finden! Stein im Grün, Grün am Stein …

Die schönsten grünblauen Schatten lagen jedoch rings um mein Feriendomizil Can Terrades, das in Katalonien, in der Nähe der mittelalterlichen Stadt Besalu liegt.

Hier blühten noch die Wiesen und in den umliegenden Pyrenäen-Bergwäldern wuchsen Pilze,  Feigen- und Granatapfelbäume:

Can Terrades war für mich eine Oase der Ruhe und Inspiration!

LESEN HÄLT WACH …
Ein neuer Romanplot entstand in dieser Zeit, mein vierter Thriller – eine ausgefuchste Geschichte, wie ich finde. Sie spielt in Südfrankreich – und in den Pyrenäen. Schriftsteller sollten viel häufiger einen Ortswechsel vornehmen, alten Spuren folgen, neue Erkenntnisse gewinnen, Zusammenhänge erkennen, Licht ins Dunkel bringen oder auch nur mal die Füße hochlegen und sich dem Pyrenäenblues aussetzen – der in Can Terrades am Abend reinste Stille ist.

Shades of Green – in der Abendsonne …

(Die Fotos lassen sich durch Anklicken vergrößern!)

Danke für Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Interesse!

Helene L. Köppel
My fantasy is my castle

 

“TALMI” – der erste CAGOTEN-Roman?

DIE CAGOTEN

 

Wahre Gräuelmärchen hat man über sie erzählt. Jahrhundertelang. Man hat sie stigmatisiert, unterdrückt, verfolgt, verantwortlich gemacht für alle Übel in der Welt. Doch ihre Heimat war nicht etwa Indien (Parias!), wie man vermuten könnte, sondern der Südwesten Frankreichs, das Baskenland und Nordspanien.
Im Juni 2006 habe ich mich erstmals auf ihre Spuren begeben – gelandet bin ich in Arreau, mitten in den Pyrenäen, in einem Ort, der mir seinerzeit genauso düster vorkam wie das Schicksal der CAGOTEN.

 

Wieso ARREAU?

Der abgelegene Ort Arreau liegt in den Hautes-Pyrénées, also in den Zentralpyrenäen (Region Midi-Pyrénées).
Dort wurde im Jahr 2002, im Château des Nestes (Foto), das erste CAGOTEN-Museum eröffnet.

 


AUSSEHEN UND HERKUNFT DER CAGOTEN

Über das Aussehen und die Herkunft der CAGOTEN gibt es noch heute die widersprüchlichsten und verrücktesten Aussagen. Nachstehend ein kleiner, zierlicher Vertreter dieser Gattung. Er steht vor dem Château des Nestes in Arreau und sieht recht nachdenklich aus …

 


Ganz anders verhält es sich mit diversen Steinköpfen, die man in Zusammenhang mit den CAGOTEN bringt:
Man zwang die Cagoten, derartige Köpfe anzufertigen und sie zur Abschreckung an ihren Häusern anzubringen.

 


Nachstehend ein solcher Kopf aus St. Savin, in der Nähe von Lourdes:

 

 
 
 
In der Umgebung von St. Savin, in Mailloc existiert noch ein kleines Taufbecken (“benetier des cagots”):

 

 
In St. Bertrand de Comminges (Département Haute-Garonne) habe ich im Jahr 2006 eine der “berüchtigten” kleinen CAGOTEN-Türen entdeckt, denn diesen Menschen war der Eintritt ins Gotteshaus durch den Haupteingang verwehrt.  Sie sollten beim Eintritt sichtbar “demütig” das Haupt senken!  Während der Messe kam es dann für gewöhnlich zu weiteren üblen Herabsetzungen …
 
EINE CAGOTEN-MADONNA?

Diese außergewöhnliche und (von mir) als CAGOTEN-Madonna bezeichnete Muttergottes habe ich in Boule d’Amont entdeckt; (mehr darüber bitte hier klicken):
 
ZU “TALMI”

“TALMI” ist kein reiner CAGOTEN-Roman, auch kein historischer Roman – sondern ein spannender Gegenwartsthriller (Reise-Psychoroman), der sich im Hintergrund mit der vergessenen Geschichte der CAGOTEN beschäftigt.

 

(Ausführliche Informationen über die Cagoten finden Sie im 12-seitigen Anhang des Romans + Literaturnachweis + Landkarte.)

 
Neugierig geworden?
 
Dann lade ich Sie herzlich ein, sich mit den fünf Protagonisten des Romans (zwei Deutsche, zwei Franzosen, ein Engländer) auf die Spurensuche nach den mysteriösen CAGOTEN zu begeben!
 
Bon voyage!
 
Helene L. Köppel
my fantasy is my castle
 
 

Blut ist dicker als Wasser …

Oder: Wie SANCHA von Aragón zu den Raimundinern kam und zu einem politischen Spielball wurde …


Die Raimundiner So bezeichnet man heute die Grafen von Toulouse, von denen ganze sieben den Namen Raymond trugen. Durch lukrative Erbschaften und günstige Erwerbungen entwickelte sich Toulouse im Laufe der Zeit (10. – 13. Jahrhundert) zu einer mächtigen Grafschaft.

(Siegel des Grafen Raimund VI. von Toulouse aus dem Jahr 1204, Centre Historique des Archives Nationales, Paris, XIR 221340)

TOULOUSE “von allen Städten die Blume und die Rose”, wie sie der Troubadour Guillaume de Tudèle einst beschrieb (Que de totas ciutatz es cela flors e rosa) hatte im 12./13. Jahrhundert gut dreißigtausend Einwohner. Die gleichnamige Grafschaft war das mächtigste aller Fürstentümer, die seinerzeit vom Kreuzzug der kapetingischen Krone bedroht waren. Zu den umfangreichen Ländereien der Raimundiner gehörte auch die Provençe.

(GNU Free Documentation License;
Grün Grafschaft Toulouse – Hellgrün Vasallen von Toulouse.  Gelb: Königreich Aragón – Hellbraun Vasallen von Aragón.

Die Titel der Raimundiner lauteten:

Graf von Toulouse,
Herzog von Narbonne,
Markgraf der Provence,
Graf von Melgueil”.

(Die Sarkophage der Raimundiner in Toulouse, HLK 2004)

“Ehrenhaft und tapfer, freimütig, freigebig und gebildet, kühn und ritterlich” – das sind die Attribute, mit denen die Troubadours die Raimundiner schmückten – in diesem Fall Raymond VI. und Raymond VII.

Doch so mächtig die Grafschaft Toulouse auch war, bis zum sog. Albigenser-Kreuzzug gegen die Katharer (1209-1229) existierte der Süden Frankreichs nur als loser Zusammenschluss unterschiedlichster Grafschaften, Lehnsstaaten und Herzogtümer. Die alte Vasallen-Abhängigkeit vom König in Paris war freilich noch gegeben, aber sie hatte längst nichts mehr mit der Realität und der Machtpolitik des Adels im Süden zu tun.

Das wohl größte Problem in dieser Zeit war der Katharismus (eine abweichende Form des Christentums). Diese Häresie befand sich auf dem Vormarsch und musste auf Weisung Roms bekämpft werden. Hier war keine Verständigung mehr möglich.
Die unterschiedliche Sprache hingegen, bereitete vor allem dem Adel kaum Probleme:
Im Norden sprach man frances (französisch), im Süden roman (okzitanisch) – doch “roman, die Sprache der Troubadoure” verstand man überall im Abendland, vor allem bei Hofe. (Okzitanische/provencalische Dialekte wurden damals vom Atlantik bis zu den Westalpen gesprochen; roman  – eng verwandt mit dem Katalanischen! – hatte sich, neben Latein, zu einer hochstehenden Schriftsprache entwickelt.)

BLUT IST DICKER ALS WASSER –
Wie SANCHA von Aragón zu den Raimundinern kam …

Auch der engste Verbündete der Raimundiner, der benachbarte König Peter II. von Aragón, war für die Troubadours, z.B. für Ramon von Miraval

 “mehr wert als alle Recken!“.

Peter II. war von 1196 – 1213 König von Aragón und zugleich Graf von Barcelona, Girona, Osona, Besalú, Cerdanya und Roussillon – was in etwa dem heutigen Katalonien entspricht. Sein Territorium erstreckte sich teilweise bis zu den Alpen (Vasallentum!), aber er besaß auch in Okzitanien Ländereien, die es nach 1209 vor der drohenden Annektion durch die Franzosen (Albigenserkreuzzug) zu schützen galt. (Nachstehend sein Siegel.)

Peter II. und die Raimundiner verstanden sich weit über die Nachbarschaft und die gemeinsame Sprache hinaus:
Der Grund: Zwei politische Eheschließungen!

Um Okzitanien noch enger an sich zu binden, seine Vasallen zu schützen, Einfluss auf die benachbarten und eigenen Ländereien zu nehmen und zugleich den Seehandel und die Salzgewinnung an der Küste im Auge zu behalten, hatte Peter II. seine Schwestern Leonora und Sancha zur rechten Zeit an die Raimundiner (Vater und Sohn) verheiratet. Und obwohl er es – als guter Katholik – nicht dulden konnte und durfte, dass die Tolosaner die Ketzer in ihren Ländereien schützten, sah er sich fortan in der Pflicht, den Raimundinern – seinen Schwägern – militärischen Beistand zuzusichern.

Vor allem Sancha von Aragón wurde mit dieser politischen Eheschließung zu einem der Spielbälle im neuen Bündnis. Als ihr geliebter Bruder Peter im Jahr 1213, während der grausamen Schlacht von Muret (Albigenserkreuzzug) fiel (nachdem er entgegen dem Befehl des Papstes mit seinen Rittern und seiner Mainada (Generalstab), den Raimundinern zu Hilfe geeilt war, trauerte sie lange …

Dann jedoch nahm sie das Schicksal in die eigene Hand …
LESEN SIE DIE GESCHICHTE SELBST – wenn Sie Interesse daran haben!

Aufregende und anregende Unterhaltung beim Lesen von SANCHA – Das Tor der Myrrhe wünscht

Helene L. Köppel

My fantasy is my castle