Es gibt nicht viele Zeitzeugen, die in engem Kontakt mit den Katharern standen und deren Aufzeichnungen uns noch heute vorliegen, aber es gibt sie …
Caesarius von Heisterbach – (ca. 1180 – 1240); aus Köln oder aus der Nähe von Köln gebürtig), Zisterzienstermönch und Novizenmeister.
Von Heisterbach verfasste um das Jahr 1220 sog. Wundergeschichten – Zwiegespräche zwischen Mönch und Novize über die Irrtümer der Häretiker (Katharer). Er steht darin auf Seiten der Kreuzfahrer, legitimiert ihr Vorgehen. Aus seiner Feder stammt folgende Szene:
Als die Kreuzfahrer vor Béziers ihren geistlichen Anführer, den päpstlichen Legaten Arnold Amaury fragten, wie man denn die Katholiken von den Ketzern in der Stadt unterscheiden könne, soll seine Antwort gewesen sein:
“Schlagt sie alle tot, der Herr erkennt schon die Seinen!”
(Cäsarius von Heisterbach zu Füßen des heiligen Benedikt, Handschrift C 27 der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf.)
Wilhelm von Tudele (Guillem de Tudèle; um 1200, ein in Navarra geborener Okzitanier.
Tudele gilt (nicht gesichert!) als Dichter des ersten Teils der Chanson de geste, dem Lied vom Kreuzzug, das er im Jahr 1212 in okzitanischer Sprache verfasst hat. Es handelt sich um 131 Tiraden. Er steht inhaltlich auf Seiten der Albigenser, hat im Jahr 1204 – auf der Hochzeit des Grafen Raymond VI. von Toulouse mit Eleonore von Aragón – den jungen Trencavel, den Vizegrafen von Carcassonne, kennengelernt und begegnet ihm später in seinem Werk mit großer Sympathie und Respekt. Tudele bedauert offen die Gräuel der Kreuzfahrer – nimmt aber dennoch die obersten Führer aus der Verantwortung.
Der Verfasser des 2. Teils der “Geste” (altfranzösisch) bleibt anonym. Er sieht sich im Gegensatz zu Tudele als Parteigänger Montforts und der Kreuzfahrer, ist streng gegen die Häretiker, sieht ihr Unglück als selbstverschuldet an.
Beide Teile des “Chanson de geste” sind unvollendet und unterscheiden sich nicht nur in der Aussage (Tendenz), sondern auch im Sprachstil.
Ein kleiner Auszug aus dem Chanson auf okzitanisch:
(Maestre Bernat, einer der Capitouls/Konsuln von Toulouse, hält eine Rede)
” … Qu` en Dieu ai esperansa que tost sian sobratz, que nos avem gran dreit ed els an los pecatz …”
Übersetzt: ” … Ich vertraue auf Gott, dass die Feinde sehr bald überwunden sein werden, denn wir haben volles Recht, und sie sind im Unrecht.
(Quellen Tudele betreffend: “Über die Entstehung und die Dichter der Chanson de la Croisade contre les albigeois” von Ludwig Kraack, Marburg, 1884; “Aristokraten und Poeten, Die Grammatik einer Mentalität im tolosanischen Hochmittelalter” von Jan Rüdiger, Berlin 2001.)
Peter von Vaux-de-Cernay (um 1200, Zisterziensermönch der Abtei Vaux-de-Cernay)
Vaux-de-Cernay, ebenfalls Augenzeuge des Albigenserkreuzzugs, den er zeitweise begleitete, gilt als absoluter Parteigänger der Kreuzfahrer – ja, als “Propagandist Roms”.
Er ist der Verfasser der Historia Albigensis (die bis in das Jahr 1218 reicht). Das Werk ist chronologisch aufgebaut und in drei Teile gegliedert: Häresie, Predigt- und Bekehrungsfeldzug, militärischer Kreuzzug.
Der Autor Gerhard E. Sollbach, der die “Historia Albigensis” ins Deutsche übertragen hat, schreibt auf der Rückseite seines Büchleins (Manesse Bibliothek der Weltgeschichte):
“Zu dieser erstmals in Deutsche übertragenen Chronik vom Beginn des 13. Jahrhunderts passt der Begriff ´finsteres Mittelalter` wie nur selten sonst: Was Pierre des Vaux-de-Cernay erzählt, schlägt düsterste Kapitel der abendländischen Kirchengeschichte auf und bringt die Begegnung mit wahrhaftigen ´Kindern der Finsternis` – auf seiten der Albigenser wie der Papsttreuen. Ein authentischer Bericht über einen Glaubenskrieg, in dem es keine Sieger gab, sondern nur Verlierer: kennzeichnend ist dabei die Vorstellung, der ´richtige Glaube` rechtfertige politische Unterdrückung und militärische Brutalität.”
Vaux-de-Cernay, der trotz seiner penetranten Parteilichkeit und Bigotterie ein sehr guter Beobachter der Belagerungen und Kämpfe, aber auch der Landschaften, Burgen und Städte war, sah in Simon de Montfort, dem Anführer der Kreuzfahrer (den er bereits auf dem 4. Kreuzzug kennengelernt hatte) den ewig strahlenden Helden:
“In der Zwischenzeit kam der alleredelste Graf von Montfort eiligst aus Frankreich herbei …”.
An Raymond, dem Grafen von Toulouse, lässt er hingegen kein gutes Haar:
“Oh, was für ein seiner Sinne beraubter Mensch, oh, welch eine verachtenswerte Stumpfsinnigkeit des Verstands!
Dass die drei genannten Chronisten die tatsächlichen Lehren der Katharer weitgehend verschwiegen hätten, um die katholischen Leser vor “Anfechtungen” zu bewahren, ist nicht haltbar, denn die “Leser” ihrer Berichte waren meist geistlichen Standes. Sie haben es einfach nicht besser gewusst!
Die vielen Irrtümer, Ungenauigkeiten, Verleumdungen, verzerrten Darstellungen und Schauermärchen jedoch, sollten sich für die späterer Katharerforschung noch lange Jahre als Problem erweisen …
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