Weihrauchschwaden ziehen durch die andalusischen Städte: Die Semana Santa steht vor der Tür, die Karwoche. Fromme Bruderschaften, Vereine, Großfamilien, ja ganze Ortsteile stehen miteinander im Wettbewerb um den prächtigsten Prozessionswagen. Eifrig wird das viele Silber und Gold geputzt, frische Kerzen aufgesteckt, die Roben der Nazarenos (Penitents), die diese Wagen oder Postamente tragen (oder auch nur in stiller Buße durch die Straßen ziehen), werden aus dem Schrank geholt. Nicht zuletzt gilt es, die wertvollen Gewänder der lebensecht wirkenden Heiligenfiguren zu sichten, die nun unter Glockengeläut aus den Kirchen geholt werden, um sie auf den Bahren und Wagen in Szene zu setzen.
Was mich im Jahr 2022 tatsächlich überrascht – teils sogar belustigt hat – war, dass man selbst noch im Spätherbst auf deutliche Spuren dieser “Karfreitags-Frömmigkeit” stößt: Ohnedies zieren nicht wenige “Kreuzigungsszenen” (aus Mosaiksteinen) dauerhaft viele Hauswände. Dass aber noch im September “Kruzifix-Umzüge” stattfanden (“Fest der Kreuzerhöhung” *, s. das nachstehende Foto) und in den Schaufenstern der Geschäfte wie selbstverständlich noch immer die großartigen Plakate hingen, die fünf Monate zuvor zur Semana Santa einluden, erstaunte nicht nur mich.
Zum Lachen brachte mich aber dann ein frommes Bild, das ich zufällig an einem Ort entdeckte, der eher weniger für “andalusische Frömmigkeit” bekannt ist. (s. letztes Foto) ! 🙂
Nachstehend eine kleine Auswahl meiner “Karfreitagsbilder aus Andalusien” – Statuen, Wägen, Mosaike und Plakate – wie sie mir gerade vor die Linse kamen …
*Das “Fest der Kreuzerhöhung” hat seinen Ursprung in Jerusalem. Dort war am 13. September 335 die Konstantinische Basilika über dem Heiligen Grab feierlich eingeweiht worden.
Einen Karfreitagsumzug der Büßer hatte ich bereits im Jahr 2004 in Südfrankeich, in Collioure, miterlebt. Meine damaligen Eindrücke flossen in meinen ersten Thriller “Die Affäre Calas” – nachstehend ein kleiner Auszug aus der Sicht meiner Romanfigur Sandrine Feuerbach:
“Dann endlich war es losgegangen. Karfreitag – der Tag des Schweigens – gebrochen vom einsamen dumpfen Trommelschlag eines Roten Büßers mit hoher Kapuze. Feierlich schritt er dem Zug voraus. Bumm, bumm, bum-bum-bum … Der Trommelton ging mir durch und durch. Die kleinen flackernden Windlichter der Kinder und die Fackeln der Schwarzen Büßer, die gemessenen Schrittes dem roten Tambour folgten, waren die einzigen Lichter im Städtchen, an diesem Abend. Hinter ihnen acht weitere Kapuzenträger, schwarze Umhänge, um den Leib rote Kordeln. Sie schleppten einen schweren Altar. Die seltsam gegabelten Tau-Stäbe, die die Männer in der freien Hand trugen, muteten ägyptisch an, hatten aber die Aufgabe, bei einem Halt die Altäre zu stützen, wie ich später sah. Es war tatsächlich ein Mummenschanz, aber ich war hin- und hergerissen zwischen Ablehnung und Faszination … Eine große, mit weißer Seide ausgeschlagene Bahre folgte, getragen von acht im Gleichschritt marschierenden Roten Büßern, deren spitze Kapuzen mit den Augenschlitzen verwegen wirkten. Auf der Bahre lag, mit verdrehten Gliedern, eine Nachbildung des Gekreuzigten. Weitere Fackelträger. Die Trommel. Bumm, bumm, bum-bum-bum dröhnte es durch Collioure. Bumm, bumm, bum-bum-bum … Einige Kinder begannen zu weinen. Doch ihre Mütter bewegten sich nicht vom Fleck …
“Die Affäre Calas”, Helene Luise Köppel
Die kleinen Bilder können angeklickt und vergrößert werden!
“Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst”, schrieb einst Friedrich Schiller … 🙂
Fundort: Cadiz, Toilette in der Markthalle, nahe der Fischstände
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