Jerez de la Frontera und die Schlacht am Río Guadalete
– zwischen Muslimen und Westgoten
Unweit von Cádiz, in fruchtbarer Hügellandschaft, liegt Jerez de la Frontera. Die gut 200 000 Einwohner zählende Stadt am Südrand der Andalusischen Tiefebene wurde durch den Wein berühmt, der hier angebaut wird – den Jerez-Wein, besser bekannt als Sherry.
Weniger bekannt ist evtl., dass sich der Name Jerez (sprich : Scheres) aus der arabischen Bezeichnung der Stadt herleitet: Sherish – und dass der Namenszusatz “de la Frontera” (an der Grenze) auf die sog. “Entscheidungsschlacht” am Río Guadalete* hinweist.
Wie kam es zu dieser Schlacht im Jahr 711
– und damit zum Untergang des Westgotenreichs?
Das muslimische Heer, bestehend aus Berbern und Arabern, überquerte im Frühjahr 711 die Straße von Gibraltar, um auf die Iberische Halbinsel einzudringen. Zu dieser Zeit befand sich der Westgotenkönig Roderich (710 – 711) auf einem Feldzug gegen die Basken im Norden. Zur Abwehr der Invasion kehrte er sofort zurück.
Das muslimische Heer zählte 12 000 Mann, die westgotischen Verteidiger waren jedoch in der Überzahl (es werden Zahlen von bis zu 100 000 Mann genannt, was heute bezweifelt wird.) Gesichert ist einzig, dass die Westgoten innerhalb von 7 Tagen geschlagen wurden und König Roderich im Kampf fiel. Die überlebenden gotischen Streitkräfte flohen nach Norden, nahmen Roderichs Leichnam mit und bestatteten ihn Viseu, einer Stadt in Nordportugal.
Mit Roderichs Tod war zugleich der Untergang des Westgotenreichs ** besiegelt.
Der Befehlshaber des muslimischen Heeres, das im Frühjahr 711 in Andalusien einfiel, hieß Tariq Ibn Zivad. Noch heute wird der Gibraltar-Felsen nach ihm benannt: Dschebel al-Tariq.
Ermutigt von diesem raschen Sieg eroberten die Muslime in den folgenden Jahren die gesamte Iberische Halbinsel.
Erst im Jahr 1248, während der Reconquista, kam Jerez de la Frontera in den Besitz von Kastilien und damit wieder in christliche Hand.
Arabische Sprachreste oder sogar ganze arabische Begriffe sind auch heute noch in Andalusien zu finden.
*Der Río Guadalete (arabisch Guad = Tal oder Fluss) ist ein Fluss in der spanischen Provinz Cádiz im Südwesten Andalusiens. Er entspringt in der Sierra de Grazalema und mündet nach 157 km bei El Puerto de Santa María in die Bucht von Cádiz. Er stellte einst die Grenze zwischen dem maurischen und dem christlichen Spanien dar.
19. Juli 711 – Tariq ibn Ziyad besiegt Rodrigo in der Schlacht von Guadalete
(//www.historia.com/magazine/tag/tariq-ibn-ziyad/)
Interne Machtkämpfe des westgotischen Adels
Verrat? Rache? Intrige?
Ab dem 9./ 10. Jahrhundert behaupteten christliche Historiker, dass der Vernichtung des Westgotenreichs – nach einem Streit über die Thronfolge? – ein übler Verrat vorausgegangen sei:
König Roderich soll die Tochter eines westgotischen Edelmanns namens Witizas entehrt haben, worauf Witizas Familie (aus Wut und Enttäuschung?) die Muslime zur Invasion eingeladen hätten.
Die “ungesicherte” Geschichte – über den letzten Gotenkönig Roderich ist leider kaum etwas bekannt – stammt aus der Mozarabischen Chronik. Der Verfasser war ein christlicher Kleriker, der direkt vor Ort lebte, also in al Andalus, in dem von den Muslimen beherrschten Teil der Iberischen Halbinsel.
(Die damals unter muslimischer Herrschaft lebenden Christen nannte man Mozaraber.)
In meinem Roman “Talmi” (in dem es im Hintergrund um die Ursprünge der sog. “Cagoten” geht) gehe ich u.a. auf diesen zumindest “denkbaren” Verrat ein.
Westgotische Könige: Chindeswind, Rekkeswinth und Egica – aus Codex Vigilanus 976)
Photo scan //www.vallenajerilla.com/albeldense/index.htm
** Das Westgotenreich (418 – 711 bzw. 725 n. Chr.) hatte seinen Schwerpunkt zunächst im Süden Galliens (Reich von Toulouse); ab 550 war Toledo das Zentrum der Westgoten.
Zum Arianischen Streit:
Die Westgoten waren Anhänger des sog. Arianismus, einer theologischen Auslegung innerhalb des Frühchristentums, die ihren Ausgangspunkt im namensgebenden Theologen Arius (ca. 260 – 327 n. Chr.) hatte.
Was war der Grund für den “Arianischen Streit” und die damalige Abspaltung?
Für Rom war Christus wahrer Gott – aber zugleich eine andere Erscheinungsform des Vaters. Arius hingegen vertrat einen strengen Monotheismus, sah Christus zwar ebenfalls als Gott, aber Gott Vater untergeordnet.
Bischof Wulfila (311-383), selbst Arianer, bekehrte seinerzeit die Westgoten zu diesem Glauben und übersetzte die Bibel ins Gotische, wodurch sie für alle germanischen Völker zugänglich wurde.
Der Alcázar von Jerez de la Frontera
Der Alcázar – also der mittelalterliche Palast von Jerez de la Frontera, mit seinem achteckigen Wehrturm im arabischen Almohadenstil * wurde im 11. Jahrhundert errichtet und ist heute das älteste Bauwerk von Jerez de la Frontera (al-qasr = Festung). Die Mauern der Festung haben einen Umfang von 4 Kilometern.
Die Erbauer legten herrliche Gärten an, mit Orangen- und Olivenbäumen, schlanken Zypressen und hohen Palmen, und ließen sich in ihren vornehmen Badehäusern verwöhnen. Die obligatorischen “Hufeisenbogen-Tore” der Mauren sind noch vorhanden, auch herrliche Mosaike und sogar der sog. Mihrab, die Gebetsnische der Muslime; s. nachstehende Fotos.
Almohaden: muslimische marokkanische Berber-Dynastie, die zwischen 1147 und 1269 über weite Teile des Magrheb und von al-Andalus herrschte.
Archäologische Ausgrabungen im Park des Alcázar
Arabisches Flair im Alcázar
Zum Mihrab: In allen Moscheen und moslemischen Gebetshäusern ist die Gebetsnische nach Mekka ausgerichtet. Die “Kibla” genannte Richtung wird vorher genau ermittelt.
Die Kathedrale von Jerez de la Frontera
– ein Mix aus Orient und Okzident, Gotik, Barock und Neoklassizismus
In unmittelbarer Nähe zum Alcázar befindet sich die Kathedrale von Jerez de la Frontera, einst als Stiftskirche errichtet.
Sie steht auf den Fundamenten der größten maurischen Moschee von Jerez, die im 13. Jahrhundert erbaut wurde. Der Grundstein der rechteckigen Kathedrale mit ihren fünf Kirchenschiffen, die in einer Kreuzform angelegt sind, wurde im Jahr 1695 gelegt, die Kuppel im Jahr 1778 vollendet. Der heutige Glockenturm ist aus dem ehemaligen Minarett hervorgegangen (s. übernächstes Foto).
Man betritt die Kathedrale über eine große Freitreppe. Im Inneren des Gotteshauses findet sich eine ähnliche Abfolge von Stilrichtungen wie in der Kathedrale von Ronda. Darunter zahlreiche Kunstschätze, wie z.B. das berühmte Gemälde von Zurbarán: “La Virgen Niña“, das die Gottesmutter als Kind zeigt (s. letztes Foto).
Die Kostbarkeiten in der Kathedrale von Jerez de la Frontera
Was ist sonst noch über Jerez de la Frontera zu sagen? 🙂
Neben der Erzeugung von Sherry ist diese Stadt auch für ihre Flamenco-Musik berühmt und für ihre Königlich-Andalusische Reitschule.
Vorführungen mit “tanzenden” Pferden werden angeboten sowie Kutschfahrten.
(Tickets für die Vorführungen besser im Vorverkauf/Internet besorgen,)
Danke für Ihr Interesse!
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