Saint-Michel-de-Cuxa – ein kultureller Mittelpunkt des Roussillons

Die Abtei Saint-Michel-de-Cuxa liegt malerisch am Fuße des sagenumwobenen Canigou

Drei Klöster sind für die katalanische Romanik von großer Bedeutung: Die Abtei von Serrabone, Saint-Martin-du-Canigou und Saint-Michel-de-Cuxa, wobei die berühmte Abtei Cuxa am leichtesten erreichbar ist, weil sie im Tal liegt, direkt am Fuße des Canigou-Massivs.
Auch von ihrer Größe her, sticht sie hervor.
(Tipp: Von der Stadt Prades aus ist die Abtei Saint-Michel-de-Cuxa über die D 27 in fünf Minuten erreichbar. (Prades ist bekannt durch die Musikwochen, die Pablo Casals (Exil-Katalane und Franco-Gegner) dort alljährlich abzuhalten pflegte.)

Abt Oliba – der geistige Vater Kataloniens

Bereits vor Beginn des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts entwickelte sich Saint-Michel-de-Cuxa (katalanisch Sant Miquel de Cuixà) zu einem religiösen und damit geistigen Mittelpunkt des Roussillons, wie man die historische Provinz im Süden Frankreichs bezeichnete (heute Pyrénées Orientales).
Die ursprüngliche Abtei wurde im Jahr 840 an den Quellen von Thuès (in den Schluchten des Têt) erbaut, oberhalb von Villefranche-de-Conflent. Nach einem großen Unglück (Überschwemmung mit Erdrutsch) fanden die überlebenden 36 Mönche im Haus eines gewissen Protasius in Cuixà eine neue Unterkunft.
Im Jahr 878 errichteten die Mönche hier ein neues Kloster, in dem sie nach den Regeln des Heiligen Benedikts lebten.
Ihre Glanzzeit erlebte die neue Abtei unter dem berühmten Abt Oliba (s. a. Ripoll). Oliba (* 971 in Besalú, † 1046 hier in Cuxa) war Graf von Berga, Abt verschiedener Benediktinerklöster und Bischof von Vic. Er wird heute als geistiger Vater Kataloniens angesehen.

Für immer verloren gegangen …

Von der einst kostbaren Ausstattung aus Olibas Zeit ist leider nur wenig erhalten geblieben. Einige Bruchstücke vom Skulpturenschmuck der Empore (die noch großartiger als die von Serrabone gewesen sein soll!) existieren jedoch noch. Ihre Reste finden sich heute im Haupteingang der Kirche der Abtei Cuxa.
Der Altartisch aus Marmor wurde irgendwann in einem alten Haus in der Nachbarschaft der Abtei entdeckt, wo er zweckentfremdet als Boden des Balkons diente.
Für immer verloren gegangen ist leider auch ein Großteil des Kreuzgangs aus dem 12. Jahrhundert. Er wurde nach Amerika verkauft. Heute kann man ihn im New Yorker Cloisters Museum bewundern. Zwei der abtransportierten Arkadengänge konnten wieder rekonstruiert werden, wobei man sich an den Kapitellen der Abtei von Serrabone orientierte, weil es sich bei beiden Klöstern und die gleiche Werkstatt gehandelt hat.

Zusammen mit Sant-Pere-de Rodes (Spanien/Katalonien),
ist Saint-Michel-de-Cuxa einer der leuchtenden Beispiele der vorromanischen Baukunst.

Maurisch-mozarabische Anklänge

Im Kircheninneren fehlt es nicht an maurisch-mozarabischen Mauerdurchbrüchen, wie man unschwer an den charakteristischen Hufeisenbögen erkennen kann.

Die vorromanische Krypta mit der Kapelle der Heiligen Jungfrau der Krippe…

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


Magische Orte in der Umgebung: Boule d’Amont, Belpuig, Ille-sur-Têt, Prieuré de Serrabone, Taurinya


Ripoll – und die Radkarte des Heiligen Isidor von Sevilla

(Ein Blick auf das Rathaus von Ripoll und den alles überragenden Turm der Abtei)

Wir befinden uns in Katalonien – in der Stadt Ripoll

Ripoll liegt in der Provinz Girona in Katalonien (Spanien); am Zusammenfluss der Flüsse Ter und dessen Nebenfluss Freser. Ripoll ist Hauptstadt der Comarca Ripollès in den katalanischen Vorpyrenäen. Die Stadt hat ca. 10 000 Einwohner und ist relativ “unspektakulär” –

nicht jedoch das dort befindliche Kloster Santa Maria de Ripoll aus dem 10. Jahrhundert!

Das Portal von Ripoll – ein Triumphbogen!

ein Wunderwerk mittelalterlicher Steinmetzkunst! Heute ist es vom Steinfraß bedroht und steht geschützt hinter Glas. Das Ensemble ist beherrscht von der Siebenzahl: Sieben hintereinander gestaffelte Bögen rahmen die Pforte. Die mächtige Schauwand, die sie umgibt – ein Viereck mit 11,60 Meter Breite und 7,65 Meter Höhe – ist ihrerseits in sieben horizontalen Streifen unterschiedlicher Höhe gegliedert. Nur der oberste Bereich – dem Himmel zugehörig – erstreckt sich über die ganze Breite des Portals.

Bereits im Jahr 888 wurde die erste Kirche geweiht; 935 trat ein Neubau an ihre Stelle – der jedoch ebenfalls als “ungenügend” empfunden wurde. Etwas Größeres musste her:

Im Jahr 977 entstand eine fünfschiffige Basilika.

Später führte der berühmte Abt Oliba das Werk zu Ende. Er verlängerte das Langhaus, ließ zwei Glockentürme errichten sowie das monumentale Querschiff mit 7 Absiden (Weihe 1032). Zweihundert Jahre später entstand das prachtvolle Portal mit seiner symbolhaltigen Figurenwelt.

Santa Maria de Ripoll gehört neben Cuxa und Sant Pere de Roda zu den intellektuellen Zentren Kataloniens, aus seiner Schreibstube kamen prachtvoll illuminierte Handschriften usw.

Das Kloster von Ripoll verfügte schon früh über Handschriften griechisch-arabischer Gelehrsamkeit, die sich mit Arithmetik, Astronomie und Geometrie befassten. Ab dem 10. Jh. begannen die Mönche in den Schreibstuben von Ripoll diese Schriften aus dem Arabischen ins Lateinische zu übersetzen, um sie später in ganz Europa zu verbreiten. Aus den Beständen der Klosterbibliothek kamen diese Werke auch in das Archiv der Krone von Aragon.

Die Weltkarte des Heiligen Isidor

Das Isidor-Manuskript, das in Ripoll angefertigt wurde (benannt nach dem Erzbischof von Sevilla um 570 – 636 n. Chr.), befindet sich heute in Rom.
Um was geht es dabei? Die wichtigste Stelle in der Bibel, nach der sich die christliche Geographie zu richten hatte, war in der Schöpfungsgeschichte zu finden, denn Gott hatte dem Wasser und dem Land jeweils einen besonderen Ort zugewiesen. Und es war im 7. Jh. erstmals Isidor von Sevilla, der in seiner enzyklopädischen Sammlung „Etymologiae“ nicht nur diese biblischen Vorgaben visualisierte, sondern auch das Wissen der Antike zu bewahren versuchte. Seine Kosmographie De naturare rerum beinhaltet die erste schematische T-O-Weltkarte, welche nachfolgenden Generationen als Vorbild und Kopiervorlage diente. Die Herstellung von Karten erfolgte mehr dem künstlerischen und illustrativen Zweck und hauptsächlich wurde zu der damaligen Zeit die Isidor-Karte kopiert, wobei nicht nur alte Fehler sondern auch noch neue Irrtümer übertragen wurden. Auch wurden die kopierten Karten noch mit Einzelheiten aus beliebten Mythen ausgeschmückt, und dabei spielte die Phantasie eine größere Rolle als die darstellerische Genauigkeit. Die von Isidor in seinen Schriften erwähnten Wunderwesen (Pygmäen, Schattenfüßler, Hermaphrodite) und verwandelten Menschen (Werwölfe, Hexen, Schweine, etc.) wurden phantasievoll ausgestaltet.

(Radkarte des Isidor/Ripoll)

(Mappae mundi von Ripoll (ca. 1050) in der Biblioteca Apostolica Vaticana, Ms Reg. Lat. 123, f. 143v-144r.)

Radkarte, TO-Karte, E tripartite type, T-O mappamundi, meist kleines kreisrundes Erdbild, die allgemeine Form der mittelalterlichen Darstellung des christlichen Weltbildes nach der Lehre des Kirchenvaters Augustinus. Die obere Hälfte dieser geosteten Erdbilder stellt Asien mit dem Paradies dar, das durch ein T-förmiges Gewässer von Europa (links unten) und Afrika (rechts unten) getrennt ist. Der Außenring (O) symbolisiert das Weltmeer, daraus ergibt sich die Bezeichnung als TO-Karte. Solche Karten finden sich hauptsächlich als kleine Textabbildungen in Psaltern vom 8. Jh. bis um 1100. Nach 1100 wird der Inhalt durch Einflüsse der Kreuzzüge reicher, im Mittelpunkt steht jetzt Jerusalem. Aus dem 13. Jh. sind große, reich ausgeschmückte Radkarten bekannt. (Quelle Spektrum.de)

Sowohl die Ritter des Salomonischen Tempels als auch die Grabesritter waren hier zugange:

(Tatzenkreuz der Tempelritter)

(Jerusalemkreuz der Grabesritter)

Der doppelstöckige Kreuzgang von Ripoll

Dieser Kreuzgang auf zwei Etagen ist etwas Besonderes.
Im großen Erdbeben von 1428 wurde das Kloster Ripoll zerstört. Außer dem prachtvollen Portal (s. Foto oben) – das heute geschützt hinter Glas steht – ist nur dieser interessante Kreuzgang weitgehend erhalten geblieben.

Hier eine kleine Foto-Show der Kostbarkeiten am Portal und an den Kapitellen im Kreuzgang:

Vielen Dank für Ihr Interesse!