Die alte Zisterzienserabtei von Sylvanès liegt in Frankreich in der Region Okzitanien, im Süd-Aveyron. Sie gehörte einst zu den Klöstern Mazan und Citeaux. Das noch heute bestehende Gebäude wurde im Jahr 1151 in geringer Entfernung vom früheren Standort errichtet.
Die einschiffige Kirche ist 48 m lang und – ohne die Seitenkapellen – 14 m breit. Das Querschiff misst fast 26 m.
Der Gründer der Abtei – ein ehemaliger Räuber!
Pons de Léras, der als Gründer der Abtei Sylvanès gilt (1120), wird in der Chronik des Mönches Hugues Francigena als ein Brigant beschrieben, ein Räuber und Gesetzloser, gewalttätig und gierig – bis er sich der Religion zuwandte und sühnte.
Er verkaufte seinen Besitz und leistete Wiedergutmachung. Zusammen mit sechs Begleitern verließ er sein Land und seine Familie und pilgerte nach Santiago de Compostela.
Auf dieser Reise besuchte er u.a. auch den Mont Saint-Michel, und das Kloster Saint-Guilhem-le-Désert.
Nach seiner Rückkehr in die Heimat lud ihn Arnaud von Pont de Camarès ein, auf seinem Land eine religiöse Gemeinschaft zu gründen. Sie rodeten das Land und errichteten eine rudimentäre Kirche und einige Hütten (Cellae) rund um die Silvanium-Therme (lateinisch silva, Wald), die sie in Salvanium umbenannten.
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Eine Romanische Madonna
Pons de Léras und seine Gefährten lebten in Kontakt mit der Natur und in Armut. Sie fühlten sich als Teil einer neuen Religiosität, die zu Beginn des XII. Jahrhunderts ganz im Gegensatz stand zur Opulenz des Mönchtums von Clunis. Diese neue Spiritualität spiegelte sich auch in der Entscheidung wider, die Kapelle der Jungfrau Maria zu weihen, der Beschützerin der gesamten Menschheit.
Im Jahr 1591 (Religionskriege) erlitt Sylvanès schwere Zerstörungen; 1791 lebten noch ganze vier Mönche im Kloster. Später wurde die Kirche zur Pfarrkirche ernannt – die anderen Gebäude wurden verkauft.
(Notre Dame de Assomption – Himmelfahrt)
Romanische Madonna, 11. Jh., Original)
Das 20. Jahrhundert: die Wiederentdeckung der Abtei
Obwohl die Abtei 1834 von Prosper Mérimée unter Denkmalschutz gestellt wurde, behielt sie ihre landwirtschaftliche Funktion bis zum Jahr 1970, als die Gemeinde Sylvanès sie zurückkaufte. Anfang der 70er Jahre entdeckte der Dominikanermönch André Gouzes die Abtei mit ihrem Kirchenschiff und ihrer außergewöhnlichen Akustik wieder. Er gründete einen Verein und die Renovierungsarbeiten begannen. Neben ihren religiösen Funktionen entdeckt die Abtei eine neue Berufung: die eines internationalen Kulturzentrums.
Ein Schwerpunkt des Kulturtourismus im Süd-Aveyron
Der Dominikaner André Gouzes komponierte in Sylvanès zahlreiche auf der byzantinischen Musik beruhende Messen sowie Wechselgesänge zum Stundengebet: Insgesamt rund dreitausend Kompositionen, die in Frankreich häufig im Rahmen der katholischen Liturgie aufgeführt werden.
Im Juli und August findet in der Abtei das Festival international de musique sacrée de Sylvanès statt.
Am 27. Mai 2017 hatte ich die Ehre, einer der Gesangsproben beiwohnen zu dürfen. Eine wirklich beeindruckende Akustik!
Mit einem letzten Blick auf die außergewöhnlichen Fensterossetten der Abteikirche von Sylvanès bedanke ich mich herzlich für Ihr Interesse!