“Antequera – das Herz von Andalusien”, wie man die sympathische Stadt mit ihren ungefähr 40 000 Einwohnern nennt, gilt als Geheimtipp für Andalusienreisende.
Da ist zum einen die über der Stadt thronende Alcazaba, die alte Maurenburg mit ihren Türmen und Zinnen. Sie bietet bereits beim Aufstieg den besten Blick auf das Weiß-Rosa-Häusermeer, das sich hinter ihr den Hang hinaufzieht.
Im Norden wird Antequera vom markanten “Fels der Verliebten” (auch “Kopf eines Indio” genannt) überwacht.
In einer breiten Talsenke, unweit der Stadt, befinden sich zwei riesige Dolmen (Hügelgräber) aus der Kupfersteinzeit.
Doch dazu später mehr.
Zuvor ein paar Hinweise für kulturell und geschichtlich Interessierte:
Auf dem Kreuzpunkt der Provinzen Sevilla, Córdoba, Granada und Málaga liegend, galt Antequera mehr als 2000 Jahre lang als eine der wichtigsten Städte Andalusiens, bekannt auch für die besondere Qualität des hier gehandelten Olivenöls.
Heute geht es in Antequera eher “beschaulich” zu. (Zumindest im Mai 2024 war von “Übertourismus” nichts zu spüren oder zu sehen, obwohl auch diese Stadt auf dem beliebten Jakobsweg liegt.)
Bevor man sich sich jedoch im Palmenschatten eines der gemütlichen Cafés oder Restaurants niederlässt, sollte man zumindest die Alcazaba besichtigt haben, deren Standort schon die Römer schätzten.
Römerspuren in “Antecaria”
Noch vor den Römern wussten aber bereits die Iberer (bzw. die Turdetaner*) die Qualität der hier wachsenden Oliven zu schätzen, und sie vermarkteten offenbar erfolgreich das Öl.
Aber es waren die Römer, die der Stadt ihren heuten Namen gaben: ANTECARIA. Sie errichteten eine militärische Befestigungsanlage auf dem markanten Hügel.
Schon beim Aufstieg zur Zitadelle im Südosten kann man ihre ehemaligen Bäder / Thermen in Augenschein nehmen.
Auch auf dem Gelände und in der Zitadelle selbst hat man zahlreiche römische Spuren gefunden.
Mitte des 8. Jahrhunderts, also weit nach den Römern, ließen sich die nordafrikanischen Araber, die Mauren, in den antiken Gebäuden des römischen (und später westgotischen) Antecaria nieder – und sie erweiterten zielgerichtet und in großem Ausmaß die Anlage auf dem Hügel.
*Die Turdetaner – ein Iberischer Volksstamm in vorrömischer Zeit – verstanden sich u.a. auch darauf, Metalle zu veredeln. Nach Herodot waren sie zivilisiert, friedlich, gebildet; ja, sie besaßen sogar eine schriftliche Rechtsordnung.
Nach ihrer Unterwerfung durch die Römer übernahmen sie deren Sprache und Kultur.
Die römischen Bäder/Thermen
Die Alcazaba von Antequera – der Lieblingssitz der Emire von Granada
Die Alcazaba
Gesäumt von herrlichen alten Pinienbäumen gilt die Alcazaba heute als Wahrzeichen der Stadt.
Sie nimmt eine Fläche von 62 000 Quadratmetern ein. (Besichtigung: täglich von 10 – 18 Uhr.)
Der relativ späte Ausbau der Burg (auf den römischen Ruinen) durch die Mauren war erfolgt, um den stetigen Vormarsch der christlichen Reconquista (Rückeroberung der Iberischen Halbinsel) zum Stillstand zu bringen, denn die “Medina Antaquira”, wie die Araber die Stadt nannten, war zuvor immer wieder den Angriffen der christlichen Könige ausgesetzt gewesen.
Erst im Jahr 1410 konnte das christliche Heer unter Führung Ferdinands I. von Aragón auch Antequera erobern, was dem König den Beinamen “Ferdinand von Antequera” einbrachte.
Er ließ die Moscheen niederreißen, die Muslime teils ermorden, teils vertreiben.
Noch heute trägt die Hauptstraße von Antequera seinen Namen: Calle Infante Don Fernando.
Die Alcazaba gleicht übrigens noch heute ihrem Anblick im 14. Jahrhundert –
mit Ausnahme des großen rechteckigen Torre de Homenaje, der erst im 16. Jahrhundert errichtet wurde.
Exerzierplatz Ausgrabungsstätte
Römergrabstätte aus dem 1. Jh. n. Chr.
Überall auf dem weitläufigen Gelände der Alcazaba sind archäologische Ausgrabungen zugange; neben einer römischen Grabstätte und einer Villa, hat man hier auch die Grundmauern der ehemaligen Moschee der Araber entdeckt.
Rekonstruktion der ehemaligen Moschee
Das Tor der Giganten
Einer der Zugänge zur Alcazaba führt durch den Arco de Los Gigantes. Dieser Riesenbogen ist ein Bauwerk, das 1585 auf Initiative der Stadt im Rahmen des Humanismus errichtet wurde. Ziel war es, den “geschwungenen Zugang zur muslimischen Umzäunung” zu ersetzen. Mit seiner großen halbrunden Öffnung sollte das Tor vielmehr an die Triumphbögen der klassischen Welt erinnern.
Nach der Errichtung der Bogenmauer beschloss der Stadtrat jedoch, sämtliche römischen Statuen und Stelen, die in den ehemaligen römischen Ansiedlungen rings um Antequera gefunden worden waren, an dieser Mauer zur Schau zu stellen.
Arcos de Los Gigantes
Arcos de Los Gigantes/Römerstelen Arcos de Los Gigantes/Römerstelen
Ein kleiner Stadtbummel durch Antequera
In der Altstadt schließlich warten – neben den besagten gemütlichen Cafés und Restaurants – etliche interessante Kirchen (u.a. San Sébastian mit dem hübschen Turm), Klöster, Herrenhäuser, Paläste, malerische Innenhöfe und Museen auf neugierige Besucher.
Dass in der Karwoche auch in Antequera die traditionellen religiösen Prozessionen stattfinden, ist geradezu selbstverständlich in Andalusien.
Mitte August feiert man hier auch die Ernte mit Stierkämpfen, Tänzen und Paraden.
Iglesia de San Sebastian
Eine weitere Römische Villa mit 14 freigelegten außergewöhnlichen Mosaiken
Erwähnt werden sollte auch eine relativ neue Ausgrabungsstätte in Bahnhofsnähe, wo die Archäologen eine besonders prächtige Römer-Villa entdeckt haben.
Bereits seit dem Jahr 1998 wird hier fleißig gegraben. Bislang hat man 14 großflächige Mosaiken in besonders gutem Zustand gefunden; doch noch längst ist nicht alles freigelegt.
Man vermutet noch weitere herrschaftliche Villen aus dem 1. Jh., deren Besitzer vermutlich einst erfolgreich Oliven angebaut haben.
Leider war die Anlage am Tag unseres Aufenthaltes in Antequera geschlossen, deshalb nur einige wenige Aufnahmen durch den Zaun.
Die Königliche Stiftskirche von Antequera: Santa María de Mayor
Am Fuße der Alcazaba gelangt man über den „Arco de los Gigantes“ zur Königlichen Stiftskirche. Der Bau dieses großen Gebäudes fand auf Initiative des Bischofs von Málaga in den Jahren 1514 – 1550 statt. Bei den Arbeiten wurden Quadersteine aus der römischen Stadt Singilia Barba verwendet, deren Reste sich nur wenige Kilometer von der Stadt entfernt befinden.
Das Innere des imposanten Gebäudes ist derzeit fast leer; die dreischiffige helle Säulenhalle wird nur noch für Konzerte und Wanderausstellungen verwendet – aber auch für einen wahrhaft aufsehenerregenden Prozessionswagen, der wohl zur jährlichen Semana Santa zum Einsatz kommt:
Auf ihm bekämpft der Legende nach Santa Marta (franz. die Heilige Marthe) ein wahres Ungeheuer – nämlich die siebenköpfige Tarasque* … 🙂
(*thematisiert u.a. in meinem Roman “Marie, die Erbin des Grals” {ISBN-13 : 978-3749453818})
Link zu Teil II.: “Antequera – Dolmen und Legenden”
Für uns unverzichtbar war natürlich auch eine Besichtigung der ca. 1,4 km von der Stadt entfernten DOLMEN aus der frühen Kupfersteinzeit: der Dolmen de Menga und der Dolmen Víera.
Sie gehören heute zum Weltkulturerbe.
Geheimtipp Spanien:
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