Unter einem Oratorium (deutsch: “Haus der Beter”) versteht man einen privaten oder halböffentlichen Versammlungsraum früher Christen.
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Die Wegbeschreibung
Dieses weitgehend unbekannte Westgoten-Oratorium – ein sog. Hypogäum* – besteht aus drei in den Felsen gehauenen Höhlen. Es befindet sich in Spanien/Andalusien, in der Provinz Jaén, ungefähr 6 km von der Gemeinde Rus und dem gleichnamigen Bach entfernt, der in den Fluss Guadalimar mündet. Der von oben nicht sichtbare Höhlenkomplex liegt unterhalb des mit Olivenbäumen und Tamarisken bewachsenen Alcobilla-Hügels zwischen Zagahón und Los Escuderos.
Warnhinweis:Valdecanales war Ende April 2024 nur über einen ungesicherten, holprig-steilen Abhang erreichbar!
*Ein Hypogäum (lat. hypogeum, gr. hypógeion, von hypo „unter“ und gẽ „Erde“, „das unter der Erde Liegende“) ist ein unterirdischer, mit einem Gewölbe versehener Grabbau.
Beschreibung der alten Stätte
Die in den Hang gehauene Hauptfassade weist eine lange Blendarkade mit klassischen Hufeisenbögen auf (Westgoten-Bauweise!) – von denen drei mit einem palmetten- oder muschelförmigen Relief verziert sind. Diese Verzierungen ähneln den westgotischen Toren, die man im Archäologischen Museum von Mérida findet. Tritt man in den Komplex ein, entdeckt man eine Kapelle mit drei Schiffen mit Tonnengewölben auf quadratischen Pilastern. Die zwei kleineren Höhlen, ebenfalls mit Tonnengewölben und Apsidiolen, wurden vermutlich als Baptisterium (Taufkapelle) und Refektorium (Speisesaal eines Klosters) genutzt.Die dritte Höhle ist größer. Sie liegt weiter von der Haupthöhle entfernt und war wohl der Wohnraum der Bewohner, die sich dort aufhielten. Sie weist einen rechteckigen und gewölbten Grundriss auf, und liegt der Wasserquelle am nächsten. Der Ausbau geht auf das 6. und 7. Jahrhundert zurück.
Sein kultureller Wert wurde 1968 von Rafael Vañó Silvestre und dem Eigentümer des Landes, Cesáreo Pérez Díaz entdeckt.
Kurzer geschichtlicher Abriss über die Westgoten (418 n. Chr – 725 n Chr.)
Das Reich von Tolosa wird zum Reich von Toledo
Nach der Sesshaftwerdung der Goten in Gallien um das Jahr 418 n. Chr., begann ein neuer Abschnitt in ihrer langen, wechselhaften Geschichte: Mit dem Tolosanischen Reich (Hauptstadt Tolosa / Toulouse) hatten die Westgoten das erste barbarische* Königreich innerhalb des Römischen Imperiums gegründet. Nach ihrer vernichtenden Niederlage gegen die Franken, im Jahr 507 (Schlacht von Vouillé), verlagerte sich ihr Schwerpunkt auf die Iberische Halbinsel – mit einem ersten wichtigen Stützpunkt in Mérida (vormals das römische Emerita Augusta). Ein neues Reich wurde ins Leben gerufen: Das Toledanische Reich, mit der neuen Hauptstadt Toledo. Es hatte Bestand bis zur maurischen Eroberung im Jahr 711 n. Chr., bei der die letzten Goten in alle Winde zerstreut wurden – bis auf eine Ausnahme: Im südgallischen Septimanien (heute Le midi, der Süden Frankreichs, der sich entlang der Mittelmeerküste etwa von der Rhonemündung bis zu den Pyrenäen erstreckt) hielten sich die Westgoten noch bis zum Jahr 725.
* “barbarisch” – alle fremdsprachlichen Völker waren für die Römer Barbaren.
Valdecanales – einst eine Eremiten-Klause?
Unter der Herrschaft der Westgoten, vor allem im 6. und 7. Jahrhundert, entstanden erste kleine christliche Zufluchts- und Rückzugsorte. In der Regel handelte es sich um einsame Behausungen in abgelegenen Höhlen, die sich nach und nach zu Klöstern entwickelten. Valdecanales war vermutlich eine sehr frühe Klause für einen Eremiten, seine Familie und/oder seine Anhänger. Auch in Südfrankreich – im oben erwähnten Septimanien – gab es christliche Höhlen-Rückzugsorte der Westgoten, wie z.B. das alte Quellheiligtum Las Brugos/Rennes-les-Bains; s. mein Roman “Adieu, Marie! – Die Briefe”
Valdecanales – heute stark gefährdet!
Obwohl die Höhleneinsiedelei Valdecanales schon im Jahr 1970 zum historisch-künstlerischen Denkmal erklärt wurde, ist ihr Status nicht gesichert. Das Denkmal ist völlig ungeschützt und somit Witterungseinflüssen aber auch Vandalismus ausgesetzt (unzählige Einritzungen!). Die starke Erosion des Bodens am Fuße der herrlichen Hufeisenbögen hängt aber auch mit der Nutzung der drei Höhlen in den letzten Jahrhunderten zusammen: Sie dienten als Unterschlupf für Hirten, Jäger und Holzfäller, deren Viehbestand vermutlich zu dieser starken Abnutzung beigetragen hat.
Weitere interessante Orte in Spanien: Reisezielezum Anklicken:
“ABKEHR” ist mein zwölfter Roman – und zugleich das (in sich abgeschlossene) spannende Finale meiner SÜDFRANKREICH-thriller.Die fiktive Story um die “Kinder der Bösen”, um unheilige Allianzen und wechselseitige Schuld ist im Künstlermilieu angesiedelt. Die Handlung spielt im Hier und Jetzt – genauer im Jahr 2019, also noch vor Corona. Eine kleine Vorgeschichte (im Roman “die alte Sache” genannt) reicht jedoch bis in das Jahr 1944 zurück. Schauplätze sind Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Marokko. Inspiriert haben mich beim Schreiben ein längerer Aufenthalt vor drei Jahren in Salamanca (einer der Romanschauplätze) sowie ein Gedicht von Bertolt Brecht: “Die Maske des Bösen” – in dem es in der letzten Zeile heißt: “Wie anstrengend es ist, böse zu sein!”
Salamanca 2019
Kurzer
Inhalt
“Ich,
ganz arglos, tat es, im Glauben, es sei so.”
Berlin 2019. Ein nasskalter Apriltag. Die Malerin Laura Tillby freut sich auf ihre bevorstehende Hochzeit mit dem Galeristen Wolf van der See. Aber es kommt anders. Wolf und sein prominenter Vater werden unversehens verhaftet. Um dem Presserummel zu entgehen, legt man ihr nahe, Deutschland zu verlassen. Ihre Flucht führt sie bis nach Salamanca. Doch die Sicherheit in dieser lebendigen spanischen Stadt ist trügerisch.
Der Roman hat 408 Seiten und ist in drei Abschnitte unterteilt: Zweifel, Schuld und Abkehr. Neben den Hauptfiguren Laura Tillby und Wolf van der See, die die Geschichte tragen, ermittelt nun zum letzten Mal “mein” Kommissar aus Toulouse, Maurice Claret. Ihm zur Seite steht wieder die bodenständige Nürnbergerin Steffi Conrad. Claret und Steffi sind seit “Die Affäre Calas” fester Bestandteil in meinen Gegenwartsromanen.
Kleine Leseprobe
“Sie betrat den Balkon, weil Wolf mit einem wichtigen Kunden aus Mailand telefonierte. Die Tür zog sie bis auf einen kleinen Spalt hinter sich zu. Atmete tief durch. Schneeluft und ein aschefarbener Himmel über Berlin. Fröstelnd schloss sie den Reißverschluss ihrer weißen Fleece-Jacke und stellte den Kragen hoch. Da vernahm sie von innen das Schleifen der Schiebetür, eilige Schritte, dann die gepresste Stimme ihres Schwiegervaters in spe: »Leg auf! Hast du es ihr schon gesagt? Laura muss raus aus Berlin. Noch heute. Es wird ernst!« Laura stockte der Atem. Was redete Fritz da? Wie angewachsen blieb sie stehen. Legte den Kopf schräg. Lauschte. Doch jetzt vernahm sie nur noch Gemurmel. Raus aus Berlin? Sie? Sollte sie nicht besser reinplatzen und Fritz zur Rede stellen? Sie zögerte … Fritz, der immer nur schneckenbraune Anzüge trug, hatte nichts Sympathisches an sich. War launisch. Besser man ging ihm aus dem Weg. Aber raus aus Berlin? Drei Wochen vor der Hochzeit? Die mit allem Pipapo stattfinden sollte? Für die allein dreihundert Einladungen bereits verschickt waren? Niemals. Nein, eine solche Blöße würden sich die van der Sees nicht geben. Die Aufregung hing vielleicht mit der Fusion zusammen … Hatte ihr Bruder wieder Mist gebaut? Was schrieb Fabian ihr heute morgen: Unter uns: Bin weg. Später mehr. Pass auf dich auf! … Was bedeutete das: Bin weg! Bin mal kurz weg? Zigaretten holen? … Es wird ernst, hatte Fritz gesagt – und komisch, es hatte geklungen, als ob’s ums nackte Überleben ginge. Ihre Füße waren schon kalt. Sie wippte auf und ab. Krümmte und streckte die Zehen. Lauschte wieder. Die beiden redeten noch immer. Angespannter Tonfall. Verflixt, und sie fror sich hier draußen den Hintern ab und malte sich den Schrecken aller Schrecken aus! Aber nein, die Hochzeit fand statt! Wolf würde seinen Vater schon wieder auf Linie bringen. Das, was sie beide, Wolf und Laura, verband, war Liebe. War mehr als … Fritz. Sie hatte Wolf erst im Mai letzten Jahres kennengelernt. In Hamburg. Auf der Beerdigung ihres Vaters. Sein Auftauchen hatte alle überrascht. Sie vor allem, und das aus gutem Grund: Wolf sah aus wie Otto Dix, einer ihrer Lieblingsmaler. Die gleichen blonden Stirnfransen, der skeptische Blick, die kraftvolle Nase – und dieser leicht trotzig wirkende, sinnliche Mund, eingerahmt von zwei markanten Furchen, die sich bis zum Kinn hinabzogen. Alle Untiefen des Lebens muss ich selber erleben, hatte Otto Dix bei seinem Kriegseintritt im Jahr 1915 gesagt. Steckten jetzt Wolf und sein Vater in irgendwelchen Untiefen fest?”
Salamanca, Rio Tormes, 2019
Eine augenzwinkernde Bemerkung zum Romanende: Abkehr vom “Bösen” bedeutet selbstverständlich nicht, dass meine Romanfiguren zukünftig nur “Gutes” tun, wie auch die Abkehr von einer “Romanreihe” nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Autorin den Stift für immer beiseite legt!
Ich wünsche Ihnen einige spannende Lesestunden mit “ABKEHR”! Ihre Helene L. Köppel
Ausgaben: Taschenbuch 408 Seiten, ISBN: 9 783756 886210, 20.– Euro E-Book KindleASIN : B0BNLWB4S6, 6.99 Euro
Die erste Rückmeldung einer Leserin aus Frankreich: “… Spannend und gut recherchiert; diese ganzen geschichtlichen und politischen Hintergründe lebendig geschildert. Faszinierend!! Félicitations!!“
“Die Stadt, die die Franzosen ihrer vielen alten Backsteinhäuser wegen La ville rose nennen, war an diesem Tag in ein eher malvenfarbenes Licht getaucht …”, erzählt Sandrine Feuerbach, als sie in Toulouse eintrifft, um ihre Tante zu beerdigen (Die Affäre Calas, Roman). Das Farbenmeer hatte mit dem obligatorischen Veilchenfest zu tun – das auf Napoleonische Soldaten zurückgeht, die das Parmaveilchen aus Italien mitgebracht hatten. Seitdem ist diese Blume der ganze Stolz der Toulouser Blumenhändler mit ihren Gewächshäusern im Norden der Stadt, der Parfumhersteller sowie der Pâttisserien, die in dieser Zeit von kandierten Veilchenblüten geradezu überquellen. Eine Vorliebe für Veilchen besaß Toulouse aber schon im 14. Jahrhundert, als hier erstmals die berühmten Jeux floraux* abgehalten wurden, die sog. Blumenspiele. Es handelte sich um einen Dichterwettbewerb, der sich auf die Fahne geschrieben hatte, die provenzalische Troubadourdichtung zu erhalten. Das Fest stand unter dem Schutz der damaligen Capitouls (Ratsherren). An jedem dritten Mai wurden seitdem durch die Académie de Jeux Floraux** die besten Gedichte in französischer und okzitanischer Sprache prämiert: Es winkten fünf goldene oder silberne Blumen: das Veilchen, die Heckenrose, die Ringelblume, der Amaranth und die Lilie. Wer drei dieser Blumen erhielt, wurde zum “Meister der Dichterspiele”ernannt.
*Die Jeux floraux gehen auf die römischen Blumenspiele zurück, die zu Ehren der Göttin Flora gefeiert wurden. **Die Académie des Jeux Floraux (okzitanisch, Acadèmia dels Jòcs Florals) ist eine literarische Gesellschaft, die 1694 von Ludwig XIV. als königliche Akademie anerkannt wurde und das 1323 in Toulouse von sieben Troubadouren gegründete Consistori del Gay Saber ablöste, das unter dem Schutz des Capitouls stand.
DerBrunnen auf dem Place Wilson wurde dem provenzalischen Dichter Pierre Godolin (17. Jh.)gewidmet.
Godolins Meisterwerk ist Ramelet Moundi, was mit “Der Strauß von Toulouse“übersetzt werden kann, aber ein Titel mit mehreren Bedeutungen ist: Ramelet bedeutet auch “der Zweig”, und “Moundi” ist ein Wortspiel mit Moundi = Raymond, dem Vornamen der Grafen von Toulouse, aber auch “die Welt”, sogar “mein Gott”, und auch “mon dire” = “das, was ich sage”. Die Veröffentlichung dieser Sammlung in okzitanischer Sprache erfolgte zwischen 1617 und 1648.
Ein kleiner Spaziergang durch die Altstadt von Toulouse
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Die berühmten “Raymonds” – die Grafen von Toulouse
“Das Glockenspiel von St. Sernin schlug gerade elf, als wir an der Mauernische mit den steinernen Sarkophagen der vier berühmten Raymonds, der Grafen von Toulouse, vorbeischlenderten. Ein Gitter versperrte uns beinahe die Sicht, der Gehsteig davor war aufgerissen, es wurden Leitungen verlegt, und wir mussten auf die Straße ausweichen …
Der bekannteste Toulouser Graf, Raymond VI., war einer der ruhm- und einflussreichsten Fürsten Frankreichs, ein Freund der Katharer wie auch sein Sohn, Raymond VII., und Toulouse zu jener Zeit – im 13. Jahrhundert – eine der größten Städte des Abendlandes …”
aus “Die Affäre Calas”, S. 181 ff
Toulouse – Luft- und Raumfahrtmetropole
Die alte Metropole Okzitaniens, einst Sitz der großen und mächtigen Grafschaft Toulouse, hat sich längst der Zukunft verschrieben: Heute ist Toulouse (mehr als 400 000 Einwohner) nicht nur die Hauptstadt der Verwaltungsregion Okzitanien sowie Verwaltungssitz des Départements Haute-Garonne – Die Stadt gilt u.a. auch als Luft- und Raumfahrtmetropole. (Fertigung der Concorde und Airbus-Flugzeuge, Trägerrakete Ariane, Raumgleiter Hermès usw.) Unvergessen in der Bevölkerung ist die schreckliche Chemiekatastrophe in der Stadt, die sich im Jahr 2001 ereignete, eine Explosion größten Ausmaßes in der Düngemittelfabrik Azote, die zu TotalFinaElf gehörte. Sie beschädigte große Teile der Stadt, forderte 31 Todesopfer und tausende Verletzte. Bis heute ist das Unglück nicht restlos aufgeklärt. Im Jahr 2006 entschieden die Untersuchungsrichter jedoch, die Akte zu schließen; ein Jahr später lehnte das Berufungsgericht alle neuen Nachforschungsanträge ab.
Das Hôtel Clary in der Rue de la Dalbade
Unter den zahlreichen Kirchen in Toulose, (z.B. Saint-Sernin – die größte erhaltene romanische Kirche Frankreichs, an deren Außenseite die Sarkophage der Grafen stehen, Fotos oben), ist die alte Basilica minor Notre-Dame-la Daurade erwähnenswert. Sie liegt im Herzen des Stadtteils Carmes, in Flussnähe. Auf dem Weg dorthin, durch die Rue de la Dalbade, sollte man unbedingt noch einmal innehalten, denn hier stehen die prachtvollsten Bürgerhäuser von Toulouse aus Stein, nicht wie üblich aus Ziegeln. Sehenswert ist vor allem die Fassade der Hausnummer 25 – des sog. “Hôtel Clary”.Dieses imposante Privatgebäude ist eines der Schmuckstücke der zivilen Architektur in Toulouse. Es wurde im 16. Jahrhundert für die Familie Clary von dem berühmten Architekten Nicolas Bachelier erbaut.
Die BasilicaNotre Dame de Dauradeund ihre Legenden
Der Name “Daurade” bezieht sich auf die Basilica Notre Dame de la Daurade. An diesem Ort stand in römischer Zeit ein Apollontempel. Die im 6. Jahrhundert erbaute Kirche Notre Dame de la Daurade wurde nach einem Brand am Ende des 15. Jahrhunderts vollständig neu errichtet. Ursprünglich war das Äußere mit Kalk bedeckt, was ihm ein makelloses Weiß verlieh. Äußerlich ist das Weiß heute nur noch im Inneren der Kirche zu finden. Bestechend hingegen das “farbenfrohe” Renaissance-Portal aus dem Jahr 1878, ein Werk von Gaston Virebent, einem berühmten Keramiker, inspiriert von der “Marienkrönung” von Fra Angelico. (Foto Mitte). Der Turm der Kirche war mit 91 Metern lange Zeit der höchste der Stadt, stürzte aber 1926 plötzlich ein.
Der Überlieferung nach (Quelle Ean Begg) soll die Schwarze Madonna von Toulouse, die sich in der Daurade-Kirche befindet, ursprünglich eine Statue von Pallas Athene gewesen sein, der griechischen Anath, wie es heißt, die mit der Legende um die “schwimmfüßige Königin des Südens, La Reine Pédauque” verbunden wird. Der Name “La Reine Pédauque” (Königin Gänsefuß) soll auch der (dunklen) Königin von Saba zugeschrieben worden sein. Die Daurade-Madonna hat aber noch in einer weiteren Geschichte ihre Hände im Spiel …
Der Delphi-Schatz, ein merkwürdiger Fisch und das verfluchte “Gold von Toulouse
“Daurade” (Dorade) ist bekanntlich eine Art Fisch. Doch weshalb nannte man eine christliche Madonna “La Daurade”?
Die Bezeichnung könnte auf den römischen Konsul Servilius Caepio zurückgehen, der im Jahr 106 v. Chr. nach Toulouse kam, um hier die Herrschaft Roms wiederherzustellen. Er plünderte und zerstörte die gallischen Heiligtümer (Toulouse war damals die Hauptstadt der Tektosagen) und ließ dabei an der Stelle der heutigen Daurade-Kirche auch einen See trockenlegen, weil er darin das gesuchte “Gold von Toulouse” vermutete, das die Tektosagen angeblich aus Delphi* gestohlen hatten. Doch statt des Delphi-Schatzes schwamm die Statue einer “dunklen Mutter” in der abgelassenen stinkenden Brühe des “heiligen Sees”. Diese Statue wurde tatsächlich bis in das 5. Jh. hinein als Pallas Athene verehrt. Nach dem Verbot aller heidnischen Kulte, im Jahr 415, beschloss man, dass die “Braune”, wie sie im Volksmund genannt wurde, in Wirklichkeit Maria, die Mutter Gottes sei. Die alte Statue wurde im 14. Jh. gestohlen und später durch eine “Schwarze Madonna” ersetzt. *Nach Posidonius (griech. Geschichtsschreiber um 50 v. Chr.) soll es sich beim Delphi-Raub um fünfzehntausend Talenten in Gold gehandelt haben – darunter aber auch der berühmte Omphalos, der Nabelstein von Delphi, sowie andere heilige Gegenstände.
Eine weitere Wort-Erklärung: “Daurade könnte auf “Deaurata” zurückgehen (“von Gold bedeckt”), und sich auf die prachtvollen Mosaike der ersten Kirche beziehen. Aber auch der Fisch ist noch nicht vom Tisch: Die Daurade (Dorade) ist schließlich als “Goldbrasse” bekannt. 🙂
Das verfluchte Gold von Toulouse
Beim “verfluchten Gold von Toulouse” handelt sich um eine von vielen antiken Autoren (darunter Strabo) erzählte Geschichte, in der sich Historie und Legende vermischen. Ob der von dem römischen Konsul Caepio gesuchte Schatz tatsächlich mit der Plünderung des Apollon-Heiligtums von Delphi (anlässlich der Großen Keltenexpedition im Jahr 279 v. Chr.) zusammenhing, weiß man nicht. Gesichert ist wohl, dass der Konsul im Jahr 106 v. Chr. etwa siebzig Tonnen Gold, wie die Autoren berichten, sowie hunderttausend Pfund in Silberbarren erbeutete – und auf den Weg nach Rom schickte, wo jedoch dummerweise nur das Silber ankam. “Apollos Rache”? Oder was war passiert? Caepios Karawane war zwischen Toulouse und Marseille unter die Räuber gefallen. Die gesamte Eskorte wurde massakriert und die siebzig Tonnen Gold verschwanden auf Nimmerwiedersehen. Die römische Welt stand Kopf: Caepio wurde beschuldigt, den Überfall erfunden zu haben, um das Gold für sich zu behalten. Man klagte ihn der Veruntreuung an und beschlagnahmte seinen Besitz. Einmal im Unglück, bezichtigte man ihn ferner (105 v. Chr.) die vernichtende Niederlage der Römer in Orange (Arausio) herbeigeführt zu haben, bei der 80 000 römische Soldaten von den Kimbern und Teutonen erschlagen wurden.
Kein Wunder, dass das “Gold von Toulouse” seitdem als verflucht gilt. Man sucht es übrigens noch heute – wie auch die drei Tore, von denen wiederum andere örtliche Legenden erzählen: “Das Tor des Geldes, das Tor des Goldes und das Tor der Myrrhe. “Das verfluchte Gold” und Caepios Schicksal blieb in den Köpfen der Menschen hängen: Mit “Es un cépiou!” bezeichneten die Okzitanier noch im Mittelalter einen gierigen oder unehrlichen Menschen.
“Quintus Servilius Caepio raubt das Gold von Toulouse …”
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Musée des Augustins – Das ehemalige Augustiner-Kloster
Einer der Gründe, weshalb ich im Jahr 2004 nach Toulouse fuhr, waren die Recherchen für meinen Roman “Die Affäre Calas”. Für einen Besuch im ehemaligen Augustiner-Kloster (seit 1793 Musée des Beaux-arts, heute größtes europäisches Museum für Romanische Kunst) hatte ich mich telefonisch angemeldet. Der dortige Kurator für Gemälde, Axel Hémery, bot mir am Ruhetag des Museums eine Privatführung an und machte mich nicht nur auf die Symbolsprache des Malers Nicolas Tournier (+1639 in Toulouse) aufmerksam, sondern beantwortete mir auch geduldig meine Fragen nach den Büßern von Toulouse im 18. Jahrhundert. Bei der späteren Auswertung bzw. Vergrößerung meiner Fotos entdeckte ich auf dem Portalwappen der Schwarzen Büßer (letztes Zeugnis dieser Bruderschaft!) merkwürdige Buchstaben, die mit bloßem Auge nicht zu sehen waren: Die Inschrift links unten lautet NIGRA SUM SED FORMOSA – Schwarz bin ich, aber schön … – womit sich für mich im Nachhinein der Kreis zur Schwarzen Daurade-Madonna schloss.
Südländisches Treiben in Toulouse
Toulouse bietet nicht nur Flaniermeilen mit exklusiven Modeboutiquen und Schuhläden, zahlreiche Kirchen, Museen und Ausstellungen, gemütliche Straßencafés und kulinarische Köstlichkeiten (in der Markthalle oder den Restaurants mit regionaler oder internationaler Küche). Ein Hightech-Themenpark im Südosten der Stadt gehört dazu, wie auch eine Bootsfahrt auf – oder einfach nur der herrliche Sonnenuntergang an der Garonne. Toulouse ist eine Stadt besonders für junge Leute, eine StudentInnenstadt. Schon im 12. Jh. gab es hier Universitäten, an denen mehrere Sprachen gelehrt wurden, u. a. auch Hebräisch – während zur selben Zeit im Norden Frankreichs viele Adelige nicht einmal ihren eigenen Namen schreiben konnten. Heute zählt Toulouse, nach Paris und Lyon, die meisten Studierenden in Frankreich. Anerkannte Street art-Künstler haben sich in Toulouse einen Namen gemacht und die multikulturelle Kulturszene steht den Millionenstädten Marseille und Lyon in nichts nach. Dass tatsächlich auch südländisches “Treiben” in Toulouse herrscht, spürt man abends. Hier tanzt man in den Diskotheken schon mal nach afrikanischen oder karibischen Rhythmen – manchmal sogar draußen, mitten auf der Straße, was aber selbst von den Autofahrern lächelnd goutiert wird.
Das berühmte Château Narbonnaise, der Sitz der ruhmreichen Grafen Raymond, damals ebenfalls aus rosa Ziegelsteinen erbaut, existiert leider nicht mehr. Das ist ein echter Verlust. Vergessen haben die Toulouser (oder Tolosaner) ihre Vergangenheit jedoch nicht. Nicht die tausenden Katharer, die ihr Leben in den Albigenserkriegen verloren haben, und auch nicht den alten Tuchhändler und Hugenotten Jean Calas, der hier in den Religionskriegen (1762) auf dem Rad sein Leben lassen musste. Überlassen wir das Schlusswort dem südfranzösischen Dichter und Geschichtsschreiber Wilhelm von Tudela (13. Jh.), der Toulouse kannte. Er beschreibt die alte Metropole Okzitaniens – die frühere Hauptstadt der Tektosagen, Galloromanen und Westgoten mit folgenden Worten:
Que de totas ciutatz es cela flors e rosa – von allen Städten ist sie die Blume und die Rose!
Die aus den Weinbergen der “Blanquette” auftauchende Benediktinerabtei Saint-Hilaire liegt im malerischen Tal des Baches Lauquet, etwa 15 km von Carcassonne und 10 km von Limoux entfernt. Die Abtei wurde im Jahr 825 erstmals erwähnt.
Ursprünglich war das Kloster dem heiligen Saturninus, dem ersten Bischof von Toulouse geweiht. Als man aber im Jahr 970 die Überreste des Heiligen Hilaire dort entdeckte, benannte man das Kloster um. Hilaire war im 6. Jahrhundert Bischof von Carcassonne. Er gilt heute als “Hammer” der Römisch-katholischen Kirche aufgrund seines Kampfes gegen die Häresie der Arianer.
Bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts stand die Abtei unter dem Schutz der Trencavels, der Grafen von Carcassonne, die ihrerseits der Häresie der Katharer anhingen und in Saint-Hilaire ihre Grablege hatten. Was wiederum die rechtgläubigen Kreuzfahrer aus dem Norden veranlasste, mit ganz besonderer Härte gegen die Grafen, das Kloster und die Mönche vorzugehen. Saint-Hilaire wurde verwüstet.
(Die kleinen Bilder können durch Anklicken vergrößert werden!)
Die Blanquette de Limoux und ihre Erfinder
Die Blanquette de Limoux ist ein französischer Schaumwein aus der Region Languedoc. Das Anbaugebiet liegt bei Limoux, im Département Aude in der Region Okzitanien, westlich des Anbaugebietes Corbières. Die im Süden liegenden Hänge bestehen aus kalkreichem Schichtsilikat und Kieselerde. Das Klima wird sowohl vom Mittelmeer wie auch vom Atlantischen Ozean beeinflusst, die für eine ausreichende Sonnenscheindauer und eine gut verteilte Niederschlagsmenge sorgen. Der Weinbau ist in der Gegend um Limoux bereits seit dem Jahr 931 schriftlich belegt. Der Schaumwein wird erst ab dem Jahr 1531 erwähnt. Es waren die Mönche der Abtei Saint-Hilaire, denen die Herstellung der Blanquette de Limoux gelang.
Für Genießer: Man unterscheidet die Blanquette de Limoux brute von der Blanquette méthode acestrale, einem alten Herstellverfahren. Es gibt aber noch eine dritte Sorte des berühmten Schaumweins: Der Crémant de Limoux.
À votre santé!
Der Kreuzgang von Saint-Hilaire
Der Kreuzgang mit seinen Spitzbogenarkaden wurde im 14. Jahrhundert errichtet. Die Kapitelle sind mit menschlichen Köpfen, Tieren und Blattwerk verziert. Der Brunnen stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert. In der Ostgalerie ist am Sockel der Arkaden ein Schachbrettmuster eingemeißelt, das vermutlich als Rechensystem diente.
Innenansichten der heutigen Pfarrkirche Notre-Dame-de-l’Assomption
Das Glanzstück in Saint-Hilaire ist der “sogenannte” Sarkophag des Heiligen Saturninus – dem ersten Bischof von Toulouse. Angefertigt hat ihn der Meister von Cabestany aus weißem Pyrenäenmarmor!
Geschichtliches: Das Martyrium des Saturninus von Toulouse
Der Legende nach wurde Saturninus im Jahr 250 verhaftet, weil er sich weigerte Jupiter, den höchsten Gott der Römer, anzubeten. Er wurde zum Kapitol von Toulouse gebracht, dort an den Schwanz eines wilden Stiers gebunden und von den Stufen des Kapitols herab zu Tode geschleift (s. mittleres Bild). Um das Jahr 400 überführte man seine Gebeine in die Basilika St-Sernin. Saturninus’ Verehrung ist bereits im 3. Jahrhundert belegt, die Leidensgeschichte, die um 420 verfasst wurde, war im ganzen Westgotenreich verbreitet.
Liebesszenen in der Wohnung des Abtes
Ein besonderes Highlight in Saint-Hilaire ist die prachtvolle Abtswohnung. An den Wänden sind die Wappen aller 55 Äbte von Saint-Hilaire aufgemalt (s. Fotos oben). Auf der farbenprächtigen Holzbalkendecke befinden sich neben Darstellungen von Tieren und Blumen auch Jagd- und Liebesszenen.
Vielen Dank für Ihr Interesse – und à bientôt, bis bald mal wieder!
Zu “Alix – Das Schicksalsrad”
Ein pralles Sittengemälde aus dem Mittelalter, eine Geschichte um Liebe und Leidenschaft, Ehre und Verrat, religiösen Fanatismus, Geldgier und Macht. Ca. 550 Printseiten, Leseprobe hier!
Zu “Sancha – Das Tor der Myrrhe”
Der Hof von Toulouse – im 12. Jahrhundert eine der zivilisiertesten Stätten des Abendlandes – ist in Gefahr. Ein packendes Katharer-Epos vor dem Hintergrund verbürgter Geschichte. Ca. 600 Printseiten, Leseprobe hier!
Zu “Esclarmonde – Die Ketzerin vom Montségur”
Ein Kreuzritterheer zieht im 13. Jahrhundert im Namen des Papstes seine blutige Spur durch Südfrankreich. Ein farbenprächtiger Roman um den Mythos der Katharer und des Heiligen Grals. 416 Seiten, Leseprobe hier!
Zu “Rixende – Die Geheimen Worte”
Südfrankreich im Jahre 1299 – zwischen Liebe und Inquisition. “Herrlicher Lesestoff. Helene Luise Köppel spürt den Pulsschlag eines entfernten Jahrhunderts auf.” (Volkszeitung Schweinfurt), 520 Seiten, Leseprobe hier!
Zu “Marie – Die Erbin des Grals”
Am Rande der Pyrenäen ruht der Gralsschatz. Helene Luise Köppel hat einen faszinierenden Roman um eines der tiefsten Geheimnisse des Abendlandes geschrieben. Ca. 450 Seiten, Leseprobe hier!
Neu hinzugekommen ist im August 2017 mein Roman “Béatris: Kronzeugin der Inquisition”. Er bildet den Abschluss meiner Katharer-Reihe (jetzt 6 Bände).
DIE NEUAUFLAGE 2017/2018 ist als Taschenbuch im Buchhandel/und oder bei Amazon erhältlich. E-book und Kindle Unlimited nur bei Amazon.
Viel Vergnügen beim Lesen wünscht
Helene L. Köppel
My fantasy is my castle
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